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Verfahren zur Trennung von Ammoniak und Kohlendioxyd Die bekannten
Verfahren zur Trennung von Ammoniak und Kohlendioxyd sind vielfach unwirtschaftlich,
weil sie einen hohen Verbrauch an Reagentien bedingen, sei es beispielsweise an
Kalk, wenn die Kohlensäure unter Freimachung des Ammoniaks gebunden wird, sei es
an Säure, wenn umgekehrt unter Freimachung der Kohlensäure das Ammoniak zu einem
Salz gebunden wird.
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Einen wesentlich geringeren Reagentienverbrauch bedingt das Verfahren,
nach dem die Trennung von NH3 und C O2 mit starken Lösungen von Carl2 vorgenommen
wird, da hier nur so viel Kalk zu Ca CO1 gebunden werden muß, wie C p2 von der Ca
Cl -Lösung aufgenommen worden ist.
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Zur Trennung von Ammoniak und Kohlensäure bei vollständiger Regenerierung
der eingesetzten Reagentien ist vorgeschlagen worden, das Ammoniak und Kohlensäure
enthaltende Gemisch abzukühlen und mit kaltem Wasser zu einer verdünnten Ammoncarbonatlauge
zu kondensieren, diese in einer zweiten Behandlungsstufe mit überschüssiger kalter,
starker Mononatriumphosphatlösung zu zersetzen, aus der entstehenden verdünnten
Lösung von Mononatrium- und Natriumammoniumphosphat in einer dritten Stufe durch
Erhitzen das Ammoniak wieder abzutreiben und die zurückbleibende immer noch verdünnte
Mononatriumphosphatlösung in emer vierten Stufe auf die ursprüngliche Konzentration
einzuengen. In die Technik hat dieser Vorschlag keinen Eingang gefunden, da er wohl
mit vier Behandlungsstufen zu umständlich und wegen seines großen Wärmeverbrauches
auch nicht wirtschaftlich ist.
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur getrennten Gewinnung
von Ammoniak und Isohlensäure aus Gas- und Dampfgemischen. die diese beiden Bestandteile
enthalten. oder aus festen oder gelösten Ammoniak-Koblensäure-Verbindungen in zwen
Stufen, deren erste in einer Behandlung des Gemisches bzw. der \7erbindungen bei
mäßig erhöhten Temperaturen mit wäßrigen Lösungen besteht, die mehrbasische Säuren
bzw. deren Salze enthalten, während in der zweiten Stufe das absorbierte Ammoniak
bei noch etwas höheren Temperaturen um den Siede punkt abgetrieben und unmittelbar
die regenegierte Ausgangslösung rvieder"erronnen wird, deren Ziege unverändert und
deren Wassergehalt nicht erhöht ist.
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Die Behandlung des .Rmmollialz-Rohlellsäure-Gemisches in der ersten
Stufe gründet sich auf die überraschende Feststellung, daß die Aufnahmefähigkeit
der angewandten Lösungen für Ammoniak mit steigender Temperatur zunächst nur wenig
abnimmt, so daß eine solche Lösung bei 70° und oft auch noch bei So- bis zu 9o0'b
und mehr des durchgeleiteten Ammoniaks auch dann noch zu absorbieren vermag, wenn
sie bereits erhebliche Älengen Ammoniak enthält, und man erhält in dieser Weise
z. B. eine beträchtliche Älenge Triammonphospbat entbaltende Lösung, wenn man von
Diammonphosphat ausgegangen ist. Kohlensäure wird dabeinur in sehr geringem Älaße
aufgenommen, auch wenn sie in großem tfberschuß zum Ammoniak vorliegt.
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Diese Verfahrensstufe kennzeichnet sich also als eine selektive Absorption
des AmmoniaLs, bei der es auf den Aggregatzustand, in dem sich das Ammoniak vorher
im Gemisch oder in Verbindung mit Kohlensäure befunden hat, nicht ankommt. Erfindungsgemäß
wird diese Behandlung bei Temperaturen oberhalb 45, vorzugsweise bei 70 bis 802,
durchgeführt, bei denen Kohlensäure nur in sehr geringen Mengen in Lösung gehen
kann; sie wird so lange fortgesetzt, bis die Absorptionslösung für die jeweiligen
Reaktionsbedingungen erschöpft ist, was an dem Auftreten größerer Ammoniakmengen
im Abgas zu erkennen ist.
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Wird nun die derart mit Ammoniak gesättigte Lösung in der zweiten
Verfahrensstufe auf eine höhere Temperatur als in der ersten Stufe, vorzugsweise
auf eine Temperatur um den Siedepunkt erhitzt, so spaltet sie das Ammoniak wieder
ab, und dieses entweicht, gegebenenfalls mit Resten der von der Lösung festgehaltenen
Kohlensäure, und zwar vollständig, wenn es aus der Gasphase über der Lösung entfernt
wird, sei es durch Anwendung eines Vakuums oder durchigberleiten eines inerten Gasstromes.
Man erhält also bei diesem Verfahren sowohl das Ammoniak wie das Kohlendioxyd in
freier Form getrennt wieder, bei ständiger Regenerierung der verwendeten Lösung,
die dadurch ohne Substanzverlust beliebig oft verwendet werden kann, wobei die verhältnismäßig
geringen nicht getrennten Anteile an C O2 mid NH3 als NH1CO2NH2, NH1HCO3 oder (NH4)2CO
abgeschieden und dem zu trennenden Gemisch wieder zugesetzt werden können.
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Die Eignung der mehrbasischen Säuren bzw. von Salzen mehrbasischer
Säuren für die Durchführung der getrennten Gewinnung von Ammoniak und Kohlensäure
aus Gemischen gemäß der Erfindung findet eine zwangslose Erklärung in dem Umstand,
daß bei ihnen die Azidität durch teilweise Absättigung in weiten Grenzen variiert
werden kann. Bei ihnen ist es auch nicht erforderlich, den geeigneten Aziditätsgrad
von vornherein richtig einzustellen; nach mehrmaligem Regenerieren und Wiedersättigen
ergibt sich das beste - Aziditätsintervall von selbst.
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Leitet man beispielsweise durch einen mit Raschigringen gefüllten
Turm, in dem eine starke Lösung von Monoammon-, Mononatrium- oder Monokaliumphosphat
herab rieselt, im Gegenstrom ein Gemisch von Ammoniak und Kohlendioxyd bei Temperaturen
zwischen 65 und 850 C, so entweicht oben fast nur Kohlendioxyd mit sehr wenig Ammoniak,
bis die Lösung einen bestimmten Sättigungsgrad an Ammoniak erreicht hat.
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Dann steigt die Ammoniakmenge im Kohlendioxyd rasch an. Wird nun eine
derart mit Ammoniak gesättigte Monoammonphosphatlösung, die also viel Diammonphosphat
und unter Umständen auch schon Triammonphosphat enthält, durch einen gleichen Turm
gerieselt, aber bei 95 bis 1050 C und unter Durchleiten eines mäßigen inerten Gasstromes
in aufsteigender Richtung, so entweicht nunmehr ein Gemisch des inerten Gases mit
Ammoniak und etwas Wasserdampf, das nur sehr wenig CO enthält, wenn die Lösung in
der ersten Stufe nicht übersättigt wurde. hiit Diphosphatlösung müßte in der zweiten
Stufe begonnen werden.
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Der praktisch erreichte Trennungsgrad ist um so höher, je vollständiger
die Regenerierung der Lösung jeweils erfolgt, d. h. je saurer die in der ersten
Stufe aufgegebene Lösung ist. Allerdings ist hier durch den erforderlichen Aufwand
an Zeit und Wärme eine praktische Grenze gesetzt, die beispielsweise für die regenerierte
Monoammonphosphatlösung bei einem Gehalt von wenigstens 10 bis 15°/0 Diammonphosphat
liegt, der aber auch bei entsprechender Anpassung der
Arbeitsbedingungen,
~ insbesondere hinsichtlich der Temperatur, bis 50 und sogar 800/o ansteigen kann.
Naturgemäß ist der Trennungsgrad auch bestimmt durch den Sättigungsgrad, mit dem
man die Lösung aus der ersten Stufe auslaufen läßt; doch wird dieser Faktor praktisch
nicht so stark ins Gewicht fallen, da die Vunvendung einer größeren Lösungsmenge
keinen wesentlich erhöhten Aufwand darstellt.
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Praktisch werden bei den angegebenen Bedingungen ohne besondere Maßnahmen
in einem' Arbeitsgang mit einem Raumteil Lösind 50 und mehr Raumteile Ammoniakgas
zu 80 bis 90 0/o vom mitanavesenden Kohlendioxydgas getrennt, auch wenn letztgenanntes
in mehrfachem Überschuß vorliegt.
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Nach besonders sorgfältiger Regenerierung und bei genauer Temperaturführung
und Konstanthaltung der Strömungsgeschwindigleiten von Lösung und Gas können auch
mit noch höheren Raumverhältnissen ebenso hohe oder höhere Trennungsgrade erzielt
werden, ebenso auch durch stärkeres Versprühen bzw. Verteilen der Lösung im Turm.
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In ähnlicher Weise wie im Rieselturm läßt sich das Verfahren in m
vorzugsweise zylindrischen - Gefäßen durchführen, in denen sich die Lösung befindet,
in die festes Ammoniaksalz eingetragen wird, bzw. vom Boden her in der ersten Stufe
das Gemisch von Ammoniak und Kohlendioxyd durchgeleitet, während in der zweiten
Stufe inertes Gas durchgeleitet wird.
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Bringt man beispielsweise ein Gewichtsteil neutrales Ammoncarbonat
in 200 Gewichtsteile Lösung, die 32 Gewichtsteile Borsäure enthäIt, so wird schon
in der Kälte CO, ent- -wickelt. Erwärmt man die Lösung gegebenenfalls unter Durchleiten
eines inerten Gasstromes auf 60 bis 80° C, so ist die Zerlegung x bald vollständig.
Dlie jetzt ammonborathaltige Lösung wird nunmehr auf I00° C erhitzt, wobei der größte
Teil des Amn?oniaks entweicht, wenn etwas inertes Gas durchgeleitet wird. Die auch
im regeneriertenZustande noch ammonborathaltige Lösung verhält sich bei Wiederverwendung
fast wie freie Borsäure, gibt dann aber in der zweiten Stufe das gesamte angewandte
Ammoniak ab. Die mit Borsäure bzw. etwas ammonborathaltiger Borsäure erzielten Trennungsgrade
sind gleich den mit Ainmonphosphatlösungen erhaltenen.
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Die Azidität der Borsäure kann für die erste Stufe durch Zusatz von
Mannit, Glycerin oder ähnlichen Stoffen bedeutend gesteigert werden, wodurch die
Abspaltung der Kohlensäure erheblich beschleunigt wird. In der zweiten Stufe wirkt
sich die Steigerung der Azidität nicht nachteilig aus, da die entstehenden Komplexsäuren
nahe bei I00° C zerfallen, so daß bei diesen Temperaturen nur die einfache Borsäure
wirksam ist.
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Ähnlich wie Phosphorsäure und Borsäure verhalten sich deren Gemische
sowie andere mehrbasische Säuren, wie Arsensäure, Schwe felsäure, Flußsäure, Weinsäure
und andere organische Säuren sowie deren Gemische, auch mit einbasischen Säuren
bzw. deren Salzen, wenn ihre praktische Bedeutung auch nicht immer die gleiche ist.
Aber auch mit ammonchloridhaltigen Salzsäurelösungen ließen sich beträchtliche Trennungsgrade
erreichen, die denen der obigen Beispiele nahekommen, wenn das Verhältnis von Gasgemisch
zu Lösung klein genug gewählt wurde.
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Im Grenzfall läßt sich die Trennung nach dem Zweistufenverfahren
der vorliegenden Erfindung auch mit Wasser allein durchführen, allerdings dürfte
dieser Arbeitsweise wegen der erforderlichen wesentlich ungünstigeren Mengenverhältnisse
eine praktische Bedeutung selten zukommen.
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Für die apparative Durchführung des Verfahrens sind alle Arbeitsweisen
anwendbar, die in anderem Zusammenhang für die innige Berührung von Gasen mit Flüssigkeiten
bekannt sind.
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Die Anwendung erhöhter oder verminderter Drucke oder inerter Spülgase
in der ersten Stufe richtet sich nach der Zusammensetzung des zu verarbeitenden
Ammoniak und Kohlendioxyd enthaltenden Gasgemisches bzw. nach der Einbringungsform
von Ammoniak-Kohlensäure-Salzen.
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In der zweiten Stufe, die je nach der gewählten Lösung längere (z.
B. Ammonphosphat) oder kürzere (z. B. Borsäure) Zeit in Anspruch nehmen kann als
die erste Stufe, ist die Anwendung erhöhter Drucke in Verbindung mit Spülgas bzw.
die Anwendung von Vakuum ohne und mit Spülgas von besonderer Bedeutung für die Beschleunigung
der Freimachung des Ammoniaks.
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Während in der ersten Stufe nur wenig Wasserdampf mit dem Kohlendioxyd
abgeht, sind die abgehenden Wasserdampfmengen in der zweiten Stufe beträchtlicher.
Es ist darum gelegentlich zweckmäßig, der Lösung inerte Salze zuzusetzen, gegebenenfalls
bis zur Sättigung, um den Gleichgewichtspartialdruck des Wasserdampfes herabzusetzen.
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Dieses empfiehlt sich besonders, wenn Lösungen mit geringem Gehalt
an trennenden Reagentien verwendet werden.
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Die Einfachheit des beschriebenen Zweistufenverfahrens, die vollständige
Regenerierbarkeit der angewandten Reagentien, die Vermeidung jeder Verdünnung der
angewandten Lösungen und die Durchführbarkeit innerhalb eines sehr kleinen Temperaturintervalls
mit
der sich daraus ergebenden sparsamen Wärmeführung erweisen eine
grundsätzliche Überlegenheit der erfindungsgemäßen Arbeitsweise über alle bisher
bekanntgewordenen Verfahren.