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Gegenstände aus gut schweißbarem Temperguß Mit dem Fortschritt der
Schweißtechnik, der zur Anwendung geschweißter Gegenstände auf allen Gebieten des
Maschinenbaues geführt hat, ist naturgemäß auch die Frage des Gußeisenschweißens
immer mehr in den Vordergrund gerückt. Es ist verständlich, daß man sich dabei vornehmlich
mit demjenigen Werkstoff befaßt, der seiner Natur und seiner Verwendung nach schon
gewisse Beziehungen zum schweißbaren Flußeisen oder Stahl hat, nämlich dem Temperguß.
Die Versuche, Tempergußstücke zu schweißen, insbesondere geschweißte Verbindungen
zwischen ihnen und Stücken aus Schmiedeeisen oder Stahl herzustellen, haben bis
heute zu befdedigenden Ergebnissen nicht geführt.
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Es hat sich herausgestellt, daß es selbst mit dem nach dem europäischen
Glühfrischverfahren hergestellten Temperguß mit weißer Bruchfläche nicht gelingt,
haltbare und dichte Schweißverbindungen herzustellen. Das liegt an dem eigentümlichen
Gefügeaufbau des Tempergusses, der wiederum durch die Natur des Ausgangswerkstoffes
und des Temperverfahrens, wie man sie bisher verwenden zu müssen glaubt, bedingt
ist. Das Temperverfahren wird heute bewußt auf einen Zerfall des Eisenkarbids geführt
und das Glühirischverfahren dann so geleitet, daß der entstehende Graphit in statu
nascendi durch den Sauerstoff des Glühmittels oxydiert und entfernt wird. Um den
Zementitzerfall zu befördern, geht man von einem Rohguß bestimmten Siliziumgehaltes
aus und regelt mit ihm und der Glühtemperatur die Graphitisierungsgeschwindigkeit.
Je nach der Wandstärke muß der Rohguß dabei einen Siliziumgehalt von o,6 bis z,5o°/o
haben.
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Wenn man, wie bisher, den Glühirischprozcß mit Hilfe des Siliziums
im Rohguß über einen Eisenkarbidzerfall führen und dabei den als Graphit sich ausscheidenden
Kohlenstoff durch Oxydation entfernen will, dann ist eine restlose Entkohlung der
Temperstücke in den Randzonen nicht zu erreichen. Es gelingt nämlich nicht, den
Zerfallkohlenstoff so zu vergasen, wie er entsteht, d. h. es ist praktisch unmöglich,
die Oxydationsgeschwindigkeit gleich oder annähernd gleich der Zerfallsgeschwindigkeit
zu machen. Einmal ausgeschiedene Temperkohle ist aber bekanntlich nur noch schwer
zu oxydieren. Diese Zusammenhänge machen das mit Hilfe eines bestimmten Siliziumgehaltes
über den Eisenkarbidzerfall entstandene auch dem stark getemperten weißen Guß eigentümliche
Gefüge verständlich, bei dem in ferritischer oder zementitischer Grundmasse Temperkohle
liegt.
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Dieser zwischen oder in den Ferritkristallen lagernde Zerfallsgraphit
ist nun aber die Ursache
für die mangelnde Schweißbarken der aus
Temperguß gefertigten Gußstücke. Unter dem Einfluß der beim Schweißen angewandten
hohen Temperaturen findet - eine Verzasun"
Umstand hat jedes Schweißen- von Tempei'-gußstücken bisher praktisch unmöglich gemacht
-, geht der Zerfallsgraphit während des Schweißens mit dem Werkstoff des Schweißstabes
und auch mit dem Ferrit der Schweißstelle in Lösung, so daß die Schweißnaht selbst
und ihre Umgebung wieder stark zementitisches Gefüge erhält und dann hart und leicht
brüchig wird.
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Auf diesen Erkenntnissen aufbauend und davon ausgehend, daß es in
erster Linie die Temperkohle ist, die das Sehweißen von Tempergüßstücken erschwert,
wird zur Herstellung gut schweißbarer Gegenstände aus Temperguß erfindungsgemäß
nun ein Rohguß von solcher Zusammensetzung verwendet, daß mit ihm die Natur des
Giühfzischprozesses geändert und dieser nicht mehr über den Eisenkarbidzerfall,
sondern über einen allmählichen direkten Kohlenstoffabbau des Zementits geführt
wird. Anders wie bei den bisher üblichen Temperverfahren kommt dabei ein Rohguß
mit niedrigem Siliziumgehalt, im übrigen aber folgender Zusammensetzung zur Verwendung:
2,2 bis 3,2°/o C, unter o,6°% Si, 0,15 bis 1,2°/o Mn und unter o,i°/o S. Es hat
sich gezeigt, daß ein derartiges Eisen bei den üblichen Glühtemperaturen und Glühzeiten
nicht zum Eisenkarbidzerfall neigt und daß hier der wesentlichste Teil cles Kohlenstoffs
unmittelbar durch Oxydation und allmählichen Kohlenstoffabbau des Eisenkarbids entfernt
wird, so daß die das Schweißen störende und hindernde Temperkohlebildung unterbleibt.
Dabei wird entsprechend der Eigenart des Verfahrens der Kohlenstoffgehalt des Rohgusses
gemäß der Erfindung so niedrig eingestellt, daß der Ausgangswerkstoff von vornherein
einen möglichst geringen Anteil an Zementit aufweist.
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Während der niedrige Siliziumgehalt des Rohgusses von unter o,6°/,
in erster Linie in dieser Richtung wirkt, kommt ihm für die Schweißbarkeit eine
ganz allgemeine Bedeutung zu. Hohe Siliziumgehalte vermindern die Schweißbarkeit
des Werkstoffes, was man mit Recht wohl auf eine störende Kieselsäurebildung zurückführt.
Auch treten bei höheren Si- Gehalten leicht Überhitzungserscheinungen und damit
Sprödigkeit der Schweiße auf.
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Ähnlich wie- durch die beim Schweißen vergasende Temperkohle wird
auch durch die 'üblichen Schwefelgehalte von über o,=°/, das Gefüge der Schweißnähte
gestört, da die sich bildenden S 02- Gase aus ihrer Schmelze entweichen müssen.
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Weil die Gasentwicklung aus dem Rohguß einen so erheblichen Einfluß
auf die Schweißbarkeit des Tempergusses hat, kommt weiter der Urschmelzung des Rohgusses
selbst eine große Bedeutunggzu x"Er,sollgemäß der Erfindung vor dem Abguß weitestgehend
beruhigt und desoxydiert werden.
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Da schließlich der Eisenkarbidzerfall an die Wahl hoher Glühtemperaturen
gebunden ist; soll ihm als weiteres Mittel durch das Glühen des siliziumarmen Rohgusses
unterhalb der Graphitisierungsteinperatur, d. h. unterhalb Temperaturen von etwa-95o
'C, entgegengearbeitet werden.
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Auf die vorbeschriebene Weise und unter Beachtung der gekennzeichneten
Regeln sind insbesondere dünnwandige Tempergußstücke, vornehmlich auch Fittings
o. dgl., leicht schweißbar zu machen, wodurch sich ihr Anwendungsgebiet erheblich
erweitert. -