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Die Erfindung betrifft die Verwendung von Verbindungen bei der
Behandlung der amyotrophen Lateralsklerose.
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Insulinähnliche Wachtstumsfaktoren (IGFs) wurden in verschiedenen
Tierarten als Polypeptide identifiziert, die dadurch wirken, daß sie das
Wachstum von Zellen in einer Verschiedenheit von Geweben (siehe die
Übersichten von Baxter et al., Comp. Biochem. Physiol. 91B:229-235 (1988);
und Daughaday et al., Encocrine Rev. 10:68-91 (1989)), insbesondere
während der Entwicklung (siehe den Übersichtsartikel von D'Ercole, J.
Devel.Physiol. 9:481-495 (1987)) stimulieren. Die IGFs, von denen jedes
ein Molekulargewicht von etwa 7.500 Dalton besitzt, sind chemisch dem
menschlichen Promsulin verwandt: d.h. sie besitzen A- und B-Domänen, die
(1) in hohem Maße den entsprechenden Domänen des Promsulins homolog
sind, und (2) durch kleinere und nichtverwandte C-Domänen miteinander
verbunden sind. Eine carboxylterminale Erweiterung, die D-Domäne, ist bei
den ICFs ebenso vorhanden, kommt jedoch beim Promsulin nicht vor.
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Es wurde gezeigt, daß bestimmte Polypeptidfragmente der IGFs als
Antigene nützlich sind, um Antikörper zu erzeugen, die für jedes der IGFs
spezifisch sind (siehe z.B. japanische Patentanmeldung Nr. 59065058;
Hintz und Liu, J. Clin. Endocr. Metab. 54:442-446 (1982); Hintz et al.,
Horm. Metab. Res. 20:344-347 (1988)). Unter Verwendung von markierten
IGF-spezifischen Antikörpern als Sonde wurden IGF-I und IGF-II (manchmal
als "Somatomedin C" bzw. "Somatomedin A" bezeichnet) in einer
Verschiedenheit von Geweben nachgewiesen einschließlich des zentralen
Nervensystems (ZNS) der Säuger; das Vorkommen von mRNAs in ZNS, die für diese
Polypeptide codieren, läßt auf lokale Synthese im ZNS schließen (für eine
Übersicht siehe Beskin et al., TINS 11:107-111 (1988)). Zusätzlich wurde
IGF-III (oder "Hirn-IGF"), eine verkürzte Eorm von IGF-I, der die drei N-
terminalen Aminosäurereste des letztgenannten Proteins fehlen, in fötalem
und adultem menschlichem Gehirn (Sara et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA
83:4904-4907 (1986) wie auch in Colostrum (Vormilch) (Francis et al.,
Biochem. J. 251:95-103 (1988)) gefunden. In adultem menschlichem ZNS
(Baskin et al., 1988) einschließlich des Gehirns (Sara et al., Neurosci.
Let. 34:39-44 (1982)) wurden zwei verschiedene IGF-Rezeptoren
identifiziert. Außerdem beschreibt die europäische Patentanmeldung Nr. 86850417.6
Hinweise auf einen dritten IGF-Rezeptortyp, der in menschlichen fötalen
Membranen lokalisiert ist. Die Erforschung auf diesem Gebiet wird durch
(1) Hinweise, daß der Insulinrezeptor der Gehirnmembranen nicht nur
Insulin sondern auch die IGFs erkennt, (2) durch das Auffinden, daß einer der
beiden Typen der adulten IGF-Rezeptoren einige Affinität für Insulin wie
auch für sowohl IGF-I als auch IGF-II besitzt, und (3) durch die
augenblickliche Ungewißheit bezüglich der physiologischen Signifikanz der
Bindung von IGF-II an den zweiten Typ des adulten IGF-Rezeptors (Baskin et
al., 1988) verkompliziert.
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IGF-I und IGF-II scheinen einen stimulatorischen Effekt auf die
Entwicklung oder die Proliferation eines großen Bereiches von
enpfänglichen Zelltypen auszuüben (für eine Übersicht siehe Daughaday et al.,
1989). Die Behandlung mit den IGFs oder mit bestimmten
Polypeptidfragmenten davon wurde verschiedenermaßen als Knochenreparatur und
Ersatztherapie (europäische Patentanmeldung Nr. 88303855.6) als Mittel, um
bestimmten schädlichen Nebenwirkungen karzinostatischer Medikamente
entgegenzuwirken (japanische Patentanmeldung Nr. 63196524) und als Weg, um die
Milchbildung und die Fleischproduktion in Rindern und anderen Tieren auf
dem Bauernhof (Larsen et al., US-PS Nr. 4 783 524) zu erhöhen,
vorgeschlagen. Jeder der IGFs scheint außerdem das Überleben, die
Proliferation und/oder das Auswachsen von Neunten kultivierter embryonischer
Neurone (die, im Gegensatz zu reifen Neuronen, noch nicht ihre Fähigkeit
eine Zellteilung durchzuführen, verloren haben) verschiedener Teile des
ZNS (Aizenman et al., Brain res. 406:32-42 (1987); Fellows et al., Soc.
Neurosci. Abstr. 13:1615 (1985); Onifer et al., Soc. Neurosci. Anstr.
13:1615 (1987); europäische Patentanmeldung Nr. 86850417.6 und des
peripheren Nervensystems (Bothwell, J. Neurosci. Res. 8:225-231 (1982);
Recio-Pinto et al., J. Neurosci. 6:1211-1219 (1986)) zu erhöhen.
Zusätzlich wurde gezeigt, daß IGFs die Entwicklung undifferenzierter neuronaler
Zellen beeinflussen: es wurde gezeigt, daß menschliche
Neuroblastomtumorzellen auf zugegebene IGFs durch das Verlängern von Neunten (Recio-Pinto
und Ishii, J. Neurosci. Res. 19:312-320 (1988)) wie auch durch das
Stattfinden von Mitose (Mattson et al., J. Cell Biol. 102:1949-54 (1986))
antworten. Da gezeigt wurde, daß die Induktion des Enzyms
Ornithindecarboxylase mit der Stimulation der mitotischen Aktivität dieser Zellen
korreliert, wurde ein Zellproliferations-Assay, basierend auf der Messung des
Aktivitätsspiegels dieses Enzyms entwickelt (Mattsson et al., 1986).
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Es wurde gefunden, daß IGF-I die Regeneration durchschnittener
peripherer Nerven steigert und das Andauern einer dauerhaften Defizienz der
Nervenfunktion (EP-A-0 308 386: KabiVitrum AB) verkürzt.
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Sich entwickelnde Vorderhirn-cholinerge Neurone (kultivierte
Septumneurone der Ratte) sind gegenüber einer Verschiedenheit von
Wachstumsfaktoren in vitro sensitiv. IGF-I, IGF-II und Insulin induzieren eine
Cholinacetyltransferase-(ChAT)-Aktivität in kultivierten Septumneuronen
(Knusel et al., J. of Neuroscience 10:558-570 (1990)). Die Effekte von
IGF-I oder IGF-II in Kombination mit Insulin sind in Bezug auf die ChAT-
Aktivität nicht additiv (Knusel et al., 1990).
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In vivo Untersuchungen unterstützen ebenso die Hypothese, daß die
IGFs in der Entwicklung und Differenzierung des unreifen peripheren und
zentralen Nervensystems eine Rolle spielen (Sara et al., J. Dev. Physiol.
1:343-350 (1979); Philipps et al., Pediatr. Res. 23:298-305 (1988); Sara
et al., Prog. Brain Res. 73:87-99 (1988)), obwohl die physiologische
Natur dieser Rolle ungewiß bleibt. Sobald die neuronalen Zellen des ZNS
einmal die Reife erreichen, teilen sich die Zellen weiterhin nicht mehr.
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Andere neurotrophe Faktoren als die IGFs wurden als mögliche Mittel
vorgeschlagen, um das neuronale Überleben zu steigern, z.B. als
Behandlung für die neurodegenerativen Erkrankungen amytropher Lateralsklerose
(unter Verwendung von skelettmuskelabgeleiteten Proteinen mit
offensichtlichen Molekulargewichten in den Bereichen von 20.000 bis 22.000 Dalton
und 16.000 bis 18.000 Dalton: PCT-Anmeldung Nr. PCT/US88/01393) und
Alzheimer-Erkrankung (unter Verwendung von Phosphoethanolamin: PCT-Anmeldung
Nr. PCT/US88/01693).
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Ein Übersichtsartikel betreffend "Small Peptides and Nerve Growth"
(kleine Peptide und Nervenwachstum), einschließlich von Referenzen auf
die Somatomedine, kann in Drug Development Research, Bd. 11, Nr. 2, S.
75-86 (J.E. Taylor et al.) gefunden werden. In ihm wird festgestellt, daß
"es vorgeschlagen wurde, daß IGF-I signifikante wachstumsunterstützende
Effekte auf regenerierende periphere Nerven ausüben könnte".
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Nichtsdestoweniger schließen Sara et al., obwohl sie eine
"signifikante Erhöhung" der Spiegel von Somatomedin (IGF) in Serum und in
Cerebrospinalflüssigkeit bei Patienten, die an Alzheimer-Erkrankung leiden,
im Vergleich zu normalen Kontrollpatienten finden:
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Ob Somatomedine eine ursächliche (sic) Rolle in der Etiologie der
Demenzstörungen des Alzheimer-Typs spielen, muß noch nachgewiesen
werden. Da jedoch Somatomedine die Aufnahme von Aminosäuren in das
Hirngewebe stimulieren, könnte ihre Anwendung vorteilhafte
therapeutische Effekte zeigen. Letztlich führt die Abnahme der
Somatomedine, die in normalen älteren Patienten beobachtet wird, zu der
allgemeinen Frage ihrer Rolle in der Zellalterung. (Zitat
weggelassen; Sara et al., Neurobiol. Aging 3:117-120, 119 (1982)).
In einem Bericht, daß IGF-I, jedoch nicht IGF-II, die sofortige
(d.h. innerhalb von 20 min) Freisetzung von Acetylcholin aus
Schnitten des adulten Rattenhirnes stimulieren - ein Prozeß, von
dem man glaubt, daß er eher mit der zeitweise erhöhten
Neurotransmission von Acetylcholin als mit einer gesteigerten cholinergen
Enzymaktivität in Verbindung steht - weisen Nilsson et al., Neurosci.
Let. 88:221-226, 221, 224 (1988) darauf hin, daß
[Einer] der Hauptdefizite in der Alzheimer-Erkrankung das
cholinerge System des Gehirns betrifft, wo eine erniedrigte Synthese und
Freisetzung von [Acetylcholin] gefunden wurde ... Es ist von
beträchtlicher Bedeutung, weiterhin die Rolle der IGFs in
neurodegenerativen Erkrankungen, wie etwa der Alzheimer-Erkrankung, zu
untersuchen ... (Zitate weggelassen).
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Unter Verwendung von Antikörpern, die für IGF-I spezifisch sind, um
einen Anstieg des Vorhandenseins von IGF-I in verletzten peripheren
Nerven, insbesondere in den nichtneuronalen Zellen, die als
"Schwaunsche-Zellen" bezeichnet werden, nachzuweisen, schlagen
Hansson et al., Acta Physiol. Scand 132:35-41, 38, 40 (1988) vor:
Somit wird eine gesteigerte IGF-I-Immunreaktivität in
regenerierenden peripheren Nerven nach jeglicher Verletzung beobachtet und
scheint Teil eines allgemeinen Reaktionsmusters, vor allem in
Schwannschen-Zellen, zu bilden. Unsere Ultrastrukturuntersuchungen
haben gezeigt, daß die Schwannschen-Zellen nach einem
Vibrationstrauma hypertroph werden und Zeichen einer Aktivierung zeigen, d.h.
das Ausmaß des granulären endoplasmatischen Retikulums und des
Golgi-Komplexes stieg an. Wir interpretieren somit den Anstieg der
IGF-I-Immunreaktivität in den Schwannschen-Zellen, die in dieser
Untersuchung an Nerven, die einer Vibration ausgesetzt wurden,
dokumentiert wurde, als Teil einer transienten reaktiven Antwort, die
bei frühen Stufen des Reparaturprozesses von Vorteil sind ... Wir
gehen davon aus, daß der Anstieg der IGF-I-Imuunreaktivität
hauptsächlich die initialen Reaktionen in einer Ereigniskette
widerspiegelt, die zur Reparatur des verletzten Gewebes oder Organs führt
[obwohl dieser Anstieg] so interpretiert werden kann, daß er den
gestörten axoplasmatischen Transport [von IGF-I-Molekülen]
teilweise aufgrund der Verringerung von Mikrotubuli, von der berichtet
wurde, daß sie nach dem Aussetzen einer Vibration stattfindet,
widerspiegelt. (Zitate weggelassen)
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Weiterhin haben Sjoberg et al., Brain Res. 485:102-108 (1989)
gefunden, daß eine lokale Gabe von IGF-I zu einem verletzten peripheren
Nerven die Regeneration des Nerven wie auch die Proliferation von
assoziierten nichtneuronalen Zellen stimuliert.
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Es wurden verschiedene Verfahren angewandt, um die Empfänglichkeit
von Polypeptiden gegenüber der Degradation durch Peptidasen zu
erniedrigen einschließlich z.B. des Ersatzes der natürlicherweise vorkommenden L-
Aminosäurereste durch D-Isomere im Polypeptid (Coy et al., Biochem.
Biophys. Res. Commun. 73, 632-8 (1976)). Dort, wo beabsichtigt wird, das
Polypeptid als Therapeutikum für ZNS-Erkrankungen zu verwenden, muß ein
weiteres Problem angegangen werden: das Überwinden der sog.
"Blut-Hirnschranke" der Wandstruktur der Hirnkapillare, die in effektiver Weise
alle bis auf ausgewählte Kategorien an Molekülen, die im Blut vorhanden
sind, ausmustert, um ihre Passage in das Gehirn zu verhindern. Obwohl die
Blut-Hirnschranke in effektiver Weise durch eine direkte Infusion des
Polypeptids in das Gehirn umgangen werden kann, konzentrierte sich die
Suche nach einem mehr praktisch anwendbaren Verfahren auf eine Steigerung
des Transports des interessierenden Polypeptids durch die
Blut-Hirnschranke, z.B. dadurch, daß das Polypeptid liphophiler gemacht wurde, daß
das Polypeptid von Interesse an ein Molekül konjugiert wird, das
natürlicherweise durch die Schranke transportiert wird oder daß die Gesamtlänge
der Polypeptidkette reduziert wird (Pardridge, Endocrine Reviews 7:314-
330 (1986); US-PS Nr. 4 801 575.)
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Erfindungsgemäß stellen wir die Verwendung eines oder mehrerer
IGF-I, einem funktionellen Derivat von IGF-I, IGF-II, einem funktionellen
Derivat von IGF-II und einem Analogen eines davon in der Herstellung
eines Medikaments zur Verwendung bei der Erhöhung des Überlebens
neuronaler Zellen in einem Menschen oder einem anderen Säugetierpatienten, der
an amyotropher Lateralsklerose leidet, bereit.
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Unter cholinerger Aktivität wird die acetylcholinsynthetisierende
Kapazität verstanden.
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Polypeptide, die gemäß der Lehre der Erfindung verabreicht werden,
können chemisch derartig modifiziert werden, daß der Transport des
Polypeptids
durch die Blut-Hirnschranke erhöht wird, z.B. durch
Modifikationen des Polypeptids, die die Lipophilizität erhöhen, durch Änderung der
Glykosylierung oder durch Anstieg der positiven Nettoladung. Die
Polypeptide können additiv wirken; in bestimmten Fällen ist der Effekt
synergistisch.
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Wird auf gereinigte Substanzen Bezug genommen, bedeutet dies, daß
die Substanz eine Reinheit von 95 % oder mehr hat (auf das Gewicht
bezogen). Mit anderen Worten ist sie im wesentlichen frei von Proteinen,
Lipiden und Kohlenhydraten, mit denen sie normalerweise assoziiert wäre.
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Einige der funktionellen Derivate, die in Übereinstimmung mit der
Lehre der Erfindung verwendet werden können, sind aus der Literatur
bekannt; andere können in einfacher Art und Weise durch Routineanwendung
der hier beschriebenen Verfähren hergestellt werden.
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Wir haben gefunden, daß die Anwendung der Lehre der Erfindung, z.B.
die Gabe von IGF-I, das Überleben und die
Neurotransmitter-Synthesekapazität von cholinergen Neuronen auf eine zuvor unbekannte Art und Weise
steigert.
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Das Überleben einer behandelten neuronalen Zelle bedeutet das
Aufrechterhalten der Lebensfähigkeit der Zelle zu einem Maß, das größer ist
als das von unbehandelten Kontrollzellen. Da im allgemeinen angenommen
wird, daß die überwiegende Zahl der neuronalen Zellen des reifen ZNS
nicht in der Lage sind, eine Zellteilung durchzuführen, kann die
Fähigkeit eines Mittels, das Überleben solcher Zellen zu fördern, durch einen
Assay gemessen werden, der die zelluläre trophische Antwort anzeigt, wie
z.B. der Ornithindecarboxylase-Assay, der hier beschrieben wird.
Alternativ kann man jeden anderen Assay verwenden, der in reproduzierbarer Art
und Weise die relative Anzahl der überlebenden Zellen anzeigt, wie z.B.
das direkte Zählen von Zellen, die sich wie lebende Zellen anfärben
lassen oder die andere Charakteristika von lebensfähigen Neuronen besitzen
oder das Messen des Einbaus in geeigneter Weise markierter Vorläufer in
mRNA oder Protein. Dort, wo die Wirkung eines zugegebenen
Wachstumsfaktors eines funktionellen Derivates oder einer Kombination von
Wachstumsfaktoren und/oder funktionellen Derivaten für das Funktionieren von
cholinergen Neuronen von besonderem Interesse ist, kann ein alternativer
Assay, der dieses Funktionieren mißt, wie z.B. der hier beschriebene
Cholinacetyltransferase- oder Acetylcholinesterase-Assay verwendet werden.
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Jeder dieser Ansätze kann so adaptiert werden, daß er die
Wirksamkeit der Behandlung mit Wachstumsfaktoren, funktionellen Derivaten oder
ihrer Analoga auf spezifische Untergruppen an Neuronen, von denen man
weiß, daß sie bei spezifischen degenerativen Erkrankungen, wie etwa
rükkenmark-cholinerge Neuronen bei der amyotrophen Lateralsklerose,
verletzlich sind, testet. Eine vorläufige Dürchmusterung auf Polypeptide, die an
die IGF-Rezeptoren binden, kann zuerst durchgeführt werden, um
wahrscheinliche Kandidaten für die oben beschriebenen Assays, z.B. das
Zellüberleben oder den cholinergen Aktivitätstest, anzuzeigen; hier
beschrieben ist ein IGF-I-Rezeptor-Verdrängungs-Assay, der für einen derartigen
Zweck entwickelt wurde. Die Polypeptide, die das Zellüberleben oder die
cholinerge Aktivität bei einem oder mehreren der oben genannten Assays zu
fördern scheinen, können weiterhin durch geeignete in vivo Gabe im
Hinblick auf ihre Fähigkeit, den degenerativen Wirkungen der amyotrophen
Lateralsklerose entgegenzuwirken, ausgetestet werden.
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Die Verwendung eines jeglichen Polypeptids als Therapeutikum erhebt
die Frage der Stabilität des Polypeptids nach der Gabe zum Organismus,
wenn das Polypeptid der Wirkung verschiedener Peptidasen sowohl innerhalb
als auch außerhalb des Zielgewebes unterworfen ist. Dort, wo der Mangel
einer solchen Stabilität als Problem erwartet wird, können bestimmte
stabilitätserhöhende Modifikationen, die hier beschrieben sind, am
Polypeptid vorgenommen werden. Andere Modifikationen, die entwickelt wurden, um
den Transport des Polypeptids durch die Blut-Hirnschranke zu erleichtern,
können, wie hier beschrieben, am Polypeptid vorgenommen werden.
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Im folgenden wird die Erfindung in spezifischerer Weise mit Hilfe
von Beispielen beschrieben, die lediglich auf die beigefügten Zeichnungen
Bezug nehmen, die zunächst kurz beschrieben werden.
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Fig. 1 ist ein Graph, der die Wirkung von IGF-I auf das Überleben
von cholinergen Neuronen in Rückenmarkkulturen der Ratte illustriert.
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Fig. 2 ist ein Graph, der die Wirkung von IGF-II und IGF-III auf
das Überleben von cholinergen Neuronen in Rückenmarkkulturen der Ratte
zeigt.
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Fig. 3 ist ein Graph, der die Wirkung bestimmter synthetischer
Peptidfragmente von IGF-I und IGF-II auf das Überleben der cholinergen
Neuronen in Rückenmarkkulturen der Ratte illustriert.
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Fig. 4 ist ein Graph, der den Effekt von steigenden Dosen an IGF-I,
das in die Gehirne unreifer Ratten initiiert wurde, auf die
Hirnornithindecarboxylaseaktivität darstellt.
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Fig. 5 ist ein Graph, der die Wirkung der Injektion von IGF-I oder
synthetischen Peptidfragmenten von IGFs in die Gehirne unreifer Ratten
auf die Hirnornithindecarboxylaseaktivität zeigt.
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Fig. 6 ist ein Graph, der die Wirkung der Injektion von IGF-I in
die Hirne unreifer Ratten auf die Hirnornithindecarboxylaseaktivität
darstellt.
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Fig. 7 ist ein Graph, der die Wirkung eines IGF-II-Derivats und von
IGF-I auf das Überleben kortikaler Zellen, wie durch Leucininkorporation
bestimmt, illustriert.
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Fig. 8 ist ein Graph, der die Wirkung eines IGF-II-Derivats und von
IGF-I auf das Überleben kortikaler Neurone, wie durch morphologische
Charakteristika bestimmt, darstellt.
Die Peptide
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Die Erfindung ist u.a. auf die Verwendung von neuroaktiven
Polypeptiden, wie z.B. IGF-I und IGF-II und ihre funktionellen Derivate, als
Therapeutika der amyotrophen Lateralsklerose gerichtet, die eine
neurologische Erkrankung ist, welche durch eine gesteigerte Verletzlichkeit von
Neuronen gegenüber dem Tod charakterisiert ist. Ein "neuroaktives
Polypeptid" oder "Wachstumsfaktor" ist als ein Polypeptid definiert, das
einen überlebenssteigernden Effekt auf neuronale Zellen ausubt: z.B. die
IGFs, z.B. IGF-I und IGF-II, Nervenwachstumsfaktor (NGF), epidermaler
Wachstumsfaktor, Fibroblastenwachstumsfaktor und Insulin. Ein
"funktionelles Derivat" eines Polypeptids ist eine Verbindung, die ein Fragment,
ein Analogon oder ein Analogon eines Fragments dieses Moleküls ist und
das die gewünschte biologische Aktivität besitzt, die hier als die
Fähigkeit definiert ist, das Überleben und/oder die cholinerge Aktivität
neuronaler Zellen zu fördern. Ein "Fragment" eines Polypeptids bezieht sich
auf jeglichen Polypeptidteil dieses Polypeptids. Ein "Analoges" eines
Polypeptids verweist auf ein Molekül, das biologische Aktivität besitzt,
jedoch einige strukturelle Unterschiede im Vergleich zu dem Polypeptid
aufweist: z.B. eine geänderte Aminosäuresequenz oder das Vorhandensein
zusätzlicher chemischer Teile, die normalerweise kein Bestandteil des
Moleküls sind. Derartige Teile (z.B. durch Acylierungs-, Alkylierungs-,
Kationisierungs- oder Glykosylierungsreaktionen eingeführt) können die
Löslichkeit, die Adsorption, den Transport, die biologische Halbwertzeit
usw. des Moleküls verbessern. Alternativ oder zusätzlich können einige
Teile die Toxizität des Moleküls vermindern oder etwa jegliche
unerwünschten Nebenwirkungen des Moleküls eliminieren oder attenuieren.
Teile,
die in der Lage sind, derartige Wirkungen zu vermitteln, sind in
Remington's Pharmaceutical Science (Mack Pub. Co., Easton, PA, 1980)
beschrieben. Obwohl einige IGF-I- und IGF-II-Derivate allein oder in
Kombination nicht wirksam sein können, kann ein Fachmann erkennen, welche
wirksam und welche nicht wirksam sind, wie im folgenden unten genauer
beschrieben werden wird. Ein "Transmitterverstärker" ist ein Polypeptid,
das einen Anstieg des Tranemitterspiegels bewirkt. Ein "Transmitter" ist
ein Neutrotransmitter, z.B. Acetylcholin. Ein "transmitterspezifisches
Enzym" ist ein Enzym, daß in Neuronen vorkommt und im
Transmittermetabelismus beteiligt ist, z.B. im Falle der cholinergen Neuronen,
Acetylcholinesterase (AChE) oder Cholinacetyltransferase (ChAt). Eine "neuronale
Zelle" ist ein Neuron.
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Einige der Verbindungsverwendungen, die gemaß der Erfindung erwogen
werden, sind in Tabelle 1, die die Aminosäureseguenzen (ausgedrückt unter
Verwendung der Einbuchstabenabkürzungen, wie in Tabelle 2 definiert) von
IGF-I, IGF-II und einer Anzahl funktioneller Derivate von IGF-I und IGF-
II dargestellt. Diese Derivate wurden für die Untersuchung auf der Basis
eines oder mehrerer der folgenden Kriterien ausgewählt, die in Beziehung
zu der Fähigkeit, an IGF-I- oder IGF-II-Rezeptoren zu binden, stehen und
die daher zur Identifikation zusätzlicher nützlicher funktioneller
Derivate nützlich sind: (1) Aminosäureseguenzkonservierung zwischen den
Arten; (2) Vorhandensein von "konservativen" Aminosäuresubstitutionen
zwischen Arten (d.h. Aminosäuren mit ähnlicher Form, Ladung oder anderen
herausragenden Charakteristika); (3) Rezeptorabschirmung von
Tyrosinresten gegenüber Radioiodierung (Maly und Luthi, J. Biol. Chem. 263:7068-
7072 (1988)); (4) Vorherrschen hydrophiler Reste, die darauf hindeuten,
daß eine Rezeptorbindungsdomäne an der Oberfläche des Polypeptids liegt,
was eine mutmaßliche Anforderung für eine Rezeptorinteraktion darstellt;
und (5) Betrachtung von hydrophoben und polaren Regionen von
dreidimensionalen Modellen (z.B. Blundell et al., Fed. Proc. 42:2592-2597 (1983))
und die Identifikation von Regionen, die mögliche Bindungsstellen
darstellen.
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Da die Fähigkeit von Peptiden, die Blut-Hirnschranke zu
penetrieren, in Bezug zu ihrer Lipophilizität oder ihrer Nettoionenladung steht,
können geeignete Modifikationen dieser Peptide (z.B. durch Substitution
von Phenylalanin durch Pentafluorphenylalanin oder durch Konjugation an
kationisiertes Albumin) zur Steigerung ihrer Transportierbarkeit (Kastin
et al., Pharmac. Biochem. Behav. 11:713-716 (1979); Rapaport et al.,
Science 207:84-86 (1980); Pardridge et al., Biochem. Biophys. Res.
Commun. 146:307-313 (1987); Riekkinen et al., Peptides 8:261-265 (1987))
wichtig für ihre Bioverfügbarkeit sein, die auf die Gabe außerhalb der
Blut-Hirnschranke folgt, und die Verwendung derartig modifizierter
Verbindungen ist innerhalb des Bereiches der Erfindung. Da die
Bioverfügbarkeit von Peptiden durch ihre Empfänglichkeit gegenüber der Degradation
durch Proteasen und Peptidasen (Littlewood et al., Neurochem. Int.
12:383-389 (1988)) begrenzt sein kann, können außerdem Modifikationen
dieser Peptide (z.B. Ersatz von L-Aminosäuren durch D-Aminosäuren) zur
Steigerung ihrer metabolischen Stabilität (Coy et al., 1976) wichtig für
deren therapeutische Wirksamkeit sein, und die Verwendung dieser
modifizierten Peptide bleibt ebenso innerhalb des Bereichs der Erfindung.
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Funktionelle Derivate der oben genannten Verbindungen schließen
u.a. Peptide ein, die von nativen IGF-Molekülen in einer oder mehrerer
der folgenden Arten abweichen:
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1. Chemische Modifikation der Amino- und Carboxylgruppen, die an
den entsprechenden Enden des Peptides vorkommen.
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2. Ersatz einer oder mehrerer der Aminosäurereste in der nativen
Sequenz durch biologisch kompatible andere Aminosäurereste.
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3. Ersatz einer oder mehrerer Aminosäurereste in der nativen
Sequenz durch chemisch modifizierte biologische kompatible andere
Aminosäurereste.
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4. Deletion einer oder mehrerer Aminosäurereste in der nativen
Sequenz.
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5. Wiederholung einer oder vorzugsweise einer Sequenz mehrerer
Aminosäurereste in der nativen Sequenz, mit oder ohne chemische Modifikation
eines oder mehrerer Teile der Sequenz oder Ersatz oder Deletion eines
oder mehrerer Teile der Sequenz.
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6. Zyklisierung, d.h. Verbindung der Amino- und der Carboxylenden
des linearen Peptids.
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7. Bindung eines IGF-I, IGF-II oder eines funktionellen Derivats
von IGF-I oder IGF-II mit einem anderen Molekül, wie z.B. einem
Polypeptid (z.B. einem anderen Fragment von IGF-I oder IGF-II) oder einem
Kohlenhydrat, mittels eines Disulfids, Peptids, Esters oder anderer
kovalenter Bindung.
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Nützliche Verbindungen schließen außerdem eine bevorzugte Subgruppe
innerhalb der oben beschriebenen funktionellen Derivate des IGF ein,
wobei diese funktionellen Derivate folgende Sequenz besitzen:
R&sub1;-AA&sub1;-AA&sub2;-AA&sub3;-AA&sub4;...AAn-R&sub2;, in der AA&sub1;, AA&sub2;, AA&sub3;, AA&sub4; ... AAn
Aminosäurereste von IGF oder der IGF-Peptidreihen sind oder konservative
Austausche für diese, wie in Tabelle 2 definiert, sind und n eine ganze Zahl
von 5 bis 70 für funktionelle Derivate des IGF-I und von 5 bis 67 für
funktionelle Derivate des IGF-II ist. R&sub1; ist an die Aminogruppe AA&sub1;
anfügt und ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Wasserstoff,
Niedrig(C&sub1;&submin;&sub6;)alkyl, Niedrigalkylcarbonyl, Niedrigalkenyl, Niedrigalkinyl,
Formyl, Niedrig(C&sub6;&submin;&sub1;&sub0;)aryl, Aroyl, Aryloxycarbonyl, Aralkyloxycarbonyl,
Niedrigalkyloxycarbonyl, Benzoyl, 1- oder 2-Thenoyl, Nicotinoyl,
Dihydronicotinoyl, N-Alkyldihydronicotinoyl, Isonicotinoyl und
N-Alkyldihydroisonicotinoyl. Der carboxylterminale Substituent (R&sub2;) der Peptide ist aus
den folgenden ausgewählt: OH; NH&sub2;; OR&sub3;, worin R&sub3; ein Niedrigalkyl oder
ein Niedrigaryl bedeutet; OR&sub3;OH, worin R&sub3; wie oben definiert ist; und
NH-R&sub3; oder N(CH&sub3;)R&sub3;, worin R&sub3; wie oben definiert ist. Alternativ kann die
Carboxylgruppe der carboxylterminalen Aminosäure durch jegliche Gruppe,
ausgewählt aus -PO&sub3;H&sub2;, -B(OH)&sub2;, -CH&sub2;OH, -SO&sub3;H oder einer Tetrazolgruppe,
ersetzt werden.
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Die Fragmentpolypeptide von IGF-I und IGF-II sind eine Unterreihe
der IGF-I- und IGF-II-Moleküle (bzw.), die weniger Aminosäurereste als
die nativen Moleküle enthalten. Bevorzugte IGF-Sequenzen haben eine Länge
von 5 bis 40 Resten und sind am bevorzugtesten Sequenzen mit 6 bis 25
Resten. Ein Teil der Aminosäuren der Fragmente kann durch konservative
Austausche oder Deletionen, die die chemische oder biologische Stabilität
der Produktpeptide verbessern oder deren Transport durch die
Blut-Hirnschranke verbessern, substituiert sein. Vorzugsweise sind nicht mehr als
30 % und noch bevorzugter nicht mehr als 20 % der Aminosäurereste
ausgetauscht oder deletiert. Ein Auflisten von geeigneten konservativen
Austauschen wird in Tabelle 2 zusammen mit einem Schlüssel zu der
Einbuchstabenabkürzungen für die allgemein natürlich-vorkommenden
Aminosäurereste, die in Proteinen gefunden werden, gegeben. Bestimmte andere
Abkürzungen, die in Tabelle 2 verwendet werden, sind hier definiert: mit Nle
wird Norleucin gemeint, mit Aib wird Aminoisobuttersäure gemeint, mit
AdaA wird -Adamantylalanin gemeint, mit AdaG wird -Adamantylglycin
gemeint, mit homo-Arg wird L-Homoarginin gemeint, mit D-homo-Arg wird
DHomoarginin gemeint, mit Acp wird -Aminocapronsäure gemeint, mit Chg
wird L- -Cyclohexylglycin gemeint und mit allo-Thr wird L-Allothreonin
gemeint. Zusätzlich bedeutet Cha -Cyclohexylalanin, Me bedeutet
Methyl(CH&sub3;), Orn bedeutet Ornithin, pyro-Glu bedeutet die
Pyroglutamylgruppe,
mit Met(O) und D-Met(O) sind die Sulfoxide, die von L- bzw. D-
Methionin abgeleitet sind, gemeint, -Ala bedeutet -Alanin, Acm bedeutet
Acetamidomethyl, mit L-Dopa ist 3-(3,4-Dihydroxyphenyl)-L-alanin gemeint
und Bpa bedeutet 4-Benzoylphenylalanin.
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Die symbolische Darstellung und die Abkürzungen, die verwendet
werden, sind im ubrigen diese, die von der IUPAC-IUB-Joint Commission on
Biochemical Nomonclature, "Nomenclature and Symbolism for Amino Acids and
Peptides, Recommendations 1983" J. Biol. Chem. 260:14-42 (1985) empfohlen
werden. Wie es ublich ist, werden die gleichen Symbole verwendet, um die
entsprechenden Reste der Aminosäuren zu definieren, wenn sie in einer
Peptidkette verbunden sind. Hat der Aminosäurerest isomere Formen, so ist
es die L-Form der Aminosäure, die dargestellt wird, es sei denn, es wird
in anderer Weise ausdrücklich angegeben. In Übereinstimmung mit der
üblichen Darstellung erscheint die Aminogruppe am N-Terminus eines jeden
Peptids links und die Carboxylgruppe am C-Terminus erscheint rechts.
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Wie unten vollständiger beschrieben, stellt die vorliegende
Erfindung neue Verwendungen von IGF-I und IGF-II und deren funktionellen
Derivaten und Analoga jegliche dieser Verbindungen in der Herstellung von
Mitteln zur Behandlung der amyotrophen Lateralsklerose, einer Erkrankung,
die durch ein gesteigertes Risiko des neuronalen Zelltods charakterisiert
ist, bereit. Die Bioaktivität eines jeden Polypeptids (oder Kombination
von Polypeptiden) gemäß der Erfindung kann in bequemer Weise durch einen
Hirnornithindecarboxylase-Assay, einen Rückenmarkcholinacetyltransferase-
Assay, einen Assay kultivierter Septumzellen oder einem Assay
kultivierter kortikaler Zellen, die alle unten im Detail beschrieben sind,
gemessen werden. Alternativ können die Polypeptide zunächst durch einen
Rezeptorwachstumsfaktor-Verdrängungs-Assay gescreent werden, z.B. den
Rezeptor-IGF-I-Verdrängungs-Assay, der unten beschrieben ist und der die
Fähigkeit des Polypeptids mißt, markiertes IGF-I zu verdrängen, das an
Rezeptoren in homogenisiertem Hirngewebe gebunden ist. Es wurde gezeigt,
daß dieser Assay mit der Bioaktivität des Polypeptids, wie durch die
beiden enzymatischen Assays gemessen, korreliert. Wie in den Beispielen
unten beschrieben, beschreiben diese Assays die bislang unbekannte
Bioaktivität von IGF-I, IGF-II, IGF-III und einiger funktioneller Derivate
dieser Moleküle.
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Somit sollten diese Peptide für die Anwendung bei Menschen oder
anderen Säugetieren, die an amyotropher Lateralsklerose leiden, nützlich
sein.
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Die hier bereitgestellten Formulierungen sind für parenterale
Verabreichung, z.B. intravenöse, subkutane, intramuskuläre, intraorbitale,
ophthalmische, intraventrikuläre, intrakraniale, intrakapsulare,
intraspinale, intrazisternale, intraperitoneale, topikale, intranasale Gabe,
für Gabe in Form von Aerosolen oder durch Hautritzung und auch für orale,
bukkale, rektale oder vaginale Verabreichung nützlich. Die
Zusammensetzungen können zur parenteralen Verabreichung an Menschen oder andere
Säugetiere in therapeutisch wirksamen Mengen (z.B. Mengen, die den
pathologischen Zustand der Patienten eliminieren oder vermindern) formuliert
werden, um eine Therapie für die oben beschriebenen neurologischen
Erkrankungen bereitzustellen.
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Die hier bereitgestellten Verbindungen können als pharmazeutische
Zusammensetzungen durch Beimischung von pharmazeutisch annehmbaren
nichttoxischen Exzipienzien und Trägern formuliert werden. Wie oben vermerkt,
können derartige Zusammensetzungen zur Verwendung einer parenteralen
Verabreichung hergestellt werden, insbesondere in Form von flüssigen
Lösungen oder Suspensionen; für orale Verabreichung, insbesondere in Form von
Tabletten oder Kapseln; oder intranasal, insbesondere in Form von
Pulvern, Nasentropfen oder Aerosolen.
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Die Zusammensetzungen können in zweckmäßiger Art und Weise in
Einheitsdosisform verabreicht werden und können mittels jeglichen
Verfahrens, das auf dem Fachgebiet der Pharmazie bekannt ist, hergestellt
werden, z.B. wie in Remington's Pharmaceutical Sciences beschrieben.
Formulierungen für parenterale Verabreichung können als allgemeines Exzipienz
steriles Wasser oder Kochsalzlösung, Polyalkylenglykole, wie z.B.
Polyethylenglykol, Öle pflanzlichen Ursprungs, hydrierte Naphthaline und
dgl., enthalten. Insbesondere können biokompatible, biologisch abbaubare
Lactidpolymere, Lactid/Glykolid-Copolymere oder
Polyoxyethylen-Polyoxypropylen-Copolymere nützliche Exzipienten sein, um die Freisetzung der
Peptide zu kontrollieren. Andere möglicherweise nützliche parenterale
Verabreichungssysteme für diese Peptide schließen Ethylen-Vinylacetat-
Copolymerpartikel, osmotische Pumpen, implantierbare Infusionssysteme und
Liposomen ein. Formulierungen zur Verabreichung mittels Inhalation
enthalten als Exzipienzien z.B. Lactose oder können wäßrige Lösungen sein,
die z.B. Polyoxyethylen-9-laurylether, Glykocholat und Desoxycholat
enthalten, oder es können ölige Lösungen zur Verabreichung in Form von
Nasentropfen sein, oder es können Gele sein, die intranasal angewendet
werden. Formulierungen zur parenteralen Verabreichung können außerdem
Glykocholat
zur bukkalen Verabreichung, Methoxysalicylat zur rektalen
Verabreichung oder Citronensäure zur vaginalen Verabreichung einschließen.
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Die hier beschriebenen Substanzen können als einziges aktives
Mittel in einem Medikament verwendet werden oder können in Kombination mit
anderen aktiven Wirkstoffen, z.B. anderen Wachstumsfaktoren, die das
neuronale Überleben bei neurologischen Erkrankungen erleichtern oder in
Verbindung mit Peptidase oder Proteaseinhibitoren verwendet werden.
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Die Konzentration der hier beschriebenen Verbindungen in einer
therapeutischen Zusammensetzung wird in Abhängigkeit einer Anzahl von
Faktoren variieren einschließlich der Dosierung des zu verabreichenden
Medikaments der chemischen Charakteristika (z.B. der Hydrophobizität) der
verwendeten Verbindungen und des Verabreichungswegs. Allgemein ausgedrückt
können die Verbindungen in einer wäßrigen physiologischen Pufferlösung
bereitgestellt werden, die etwa 0,1 bis 10 Gew./Vol.-% Verbindung zur
parenteralen Verabreichung enthält. Typische Dosierungsbereiche sind von
etwa 1 pg/kg bis etwa 1 g/kg Körpergewicht pro Tag; ein bevorzugter
Dosierungsbereich ist von etwa 0,01 mg/kg bis 100 mg/kg Körpergewicht pro
Tag. Die bevorzugte Dosierung des zu verabreichenden Medikaments wird
wahrscheinlich von Variablen, wie dem Typ und dem Ausmaß des
Voranschreitens der neurologischen Erkrankung, des Gesamtgesundheitszustands des
einzelnen Patienten, der relativen biologischen Wirksamkeit der
ausgewählten Verbindung, der Formulierung der Verbindungsexzipienten und ihres
Verabreichungswegs abhängen.
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Die vorliegende Erfindung wird weiterhin mit Hilfe der folgenden
Beispiele illustriert.
Beispiel 1
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Rekombinantes menschliches IGF-I, IGF-II und IGF-III wie auch
verschiedene chemisch synthetisierte Peptide, die aus partiellen Sequenzen
von IGF-I oder IGF-II bestehen, wurden von kommerziellen Quellen, wie in
Tabelle 1 angegeben, erhalten. ¹²&sup5;I-markiertes (Threonin&sup5;&sup9;]IGF-I wurde
von Amersham (Arlington Heights, IL) erhalten. Andere Peptide, die aus
partiellen Sequenzen von IGF-I oder IGF-II bestehen, wurden chemisch
unter Verwendung der Fmoc-Chemie mittels eines Milligen-Biosearch-Modell-
9600-Peptid-Synthetisiergeräts synthetisiert und mit Hilfe von Hewlett-
Packard-Modell 1050 und 1090M-HPLCs nach dem Verfahren von Hudson, J.
Org. Chem. 53:617-624 (1988) gereinigt. Fmoc-Aminosäuren, BOP (Castro-
Reagens) und Harze wurden von Biosearch (San Raphael, CA 94901) und
Bachem Bioscience, Inc. (Philadelphia, PA 19104) bezogen. Lösungsmittel
wurden von Burdick und Jackson (Muskegon, MI 49442) bezogen. Andere
Reagentien wurden von Sigma Chemical Co. (St. Louis, MO 63178) bezogen.
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Hirngewebe, das den zerebralen Kortex und das Cerebellum enthält,
wurde aus erwachsenen Sprague-Dawley-Ratten (Hilltop Lab Animals, Inc.
Scottsdale, PA) präpariert und bei niedriger Energie während 5 min in
einem Brinkmann-Polytron-Homogenisierer (Westbury, NY), der 50 Volumen
eiskalten Puffer, bestehend aus 10 mM HEPES, 0,5 % BSA, 0,0125 % NEM,
0,025 % Bacitracin und 100 KIE/ml Aprotinin, pH 7,6 (Bohannon et al.,
Endocrinology 119:943-945 (1986)) enthielt, homogenisiert. Nach der
Homogenisierung wurde das Gewebe nach Zentrifugation bei 7800 x g während
20 min gesammelt und in 10 Volumen Assay-Puffer resuspendiert. Gewebe (50
µl), 100 µl ¹²&sup5;-[Threonin&sup5;&sup9;]IGF-I (20 pM) und 50 l Puffer oder Peptide
varuerender Konzentration wurden zu Platten mit 96 Vertiefungen
zugegeben und auf Eis während 3 h inkubiert. Nach dem Inkubationszeitraum wurde
das Gewebe mittels Whatman-GF/C-Filtern, die zuvor in 0,01 %
Polyethylenimin getränkt worden waren, gesammelt und viermal mit eiskaltem Assay-
Puffer unter Verwendung eines Brandel-Zellernters (Gaithersburg, MD)
gewaschen. Die Filter wurden entfernt und das gebundene
¹²&sup5;I-[Threonin&sup5;&sup9;]IGF-I wurde unter Verwendung eines Beckman-Modell
5500B-Gamma-Zählgeräts gemessen.
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Tabelle 3 faßt die Ergebnisse des
¹²&sup5;I-[Threonin&sup5;&sup9;]IGF-I-Verdrängungs-Assays unter Verwendung von nativen IGFs und IGF-Fragmenten
zusammen. Die Ergebnisse zeigen, daß während IGF-I und IGF-III starke
Verdränger von ¹²&sup5;I-[Threonin&sup5;&sup9;]IGF-I sind, IGF-II im wesentlichen inaktiv ist,
was zeigt, daß der Assay selektiv für den Nachweis von IGF-I-ähnlichen
Molekülen ist. In diesem Assay waren IGF-I(24-41) alleine oder in
Kombination mit IGF-II(54-67) aktiv bei der Verdrängung von
¹²&sup5;I-Threonin&sup5;&sup9;]IGF-I. IGF-II(54-67) allein und mehrere andere Fragmente, die in
Tabelle 3 aufgelistet sind, waren keine signifikant wirksamen Verdränger
¹²&sup5;I[Threonin&sup5;&sup9;] IGF-I.
Beispiel 2
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Gehirne wurden in intakter Form von erwachsenen
Sprague-Dawley-Ratten entfernt, auf pulverisiertem Trockeneis gefroren und in 20 µm
Schnitte geschnitten (auf Höhe des Cerebellums und des Hirnstamms). Diese
Schnitte wurden durch Tauen auf gelatinebeschichtete
Mikroskopobjektträger aufgebracht (Herkenham und Pert, J. Neurosci. 2:1129-1149 (1982)).
Unter Verwendung einer Modifikation des Verfährens von Bohannon et al.
(1986) wurden die Gewebeschnitte mit 200 µl HEPES-Assay-Puffer (siehe
Beispiel 1), enthaltend 0,01 nM ¹²&sup5;I-[Threonin&sup5;&sup9;]IGF-I alleine oder in
Kombination mit unmarklertem IGF-I, IGF-II oder synthetischen
Peptidfragmenten davon beschichtet. Die Schnitte wurden bei 4ºC während 24 h
inkubiert und dann in drei einminütigen Wechseln (jeweils 200 ml) eiskalten
HEPES-Assay-Puffers gewaschen. Die Gewebeschnitte wurden dann von den
Trägern mit Filterpapier weggewischt, und die gewebegebundene
Radioaktivität wurde in einem Beckman-Modell-5500B-Gamma-Zähler gemessen.
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In diesem Assay war im Gegensatz zu dem im Beispiel 1 beschriebenen
Assay die ¹²&sup5;I-[Threonin&sup5;&sup9;]IGF-I-Bindung sowohl durch IGF-I als auch IGF-
II in starker Weise verdrängt, was die Nützlichkeit dieses Assays zum
Nachweis möglicherweise aktiver Derivate beider Moleküle (Tabelle 4)
zeigt. ¹²&sup5;I-[Threonin&sup5;&sup9;]IGF-I-Bindung wurde durch IGF-II(33-40), nicht
jedoch durch IGF-II(54-67), verdrängt.
Beispiel 3
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Die Aktivität von IGF-I, IGF-II oder synthetischen Peptidderivaten
dieser Moleküle wurde an dissoziierten Kulturen von 14 Tage alten
embryonalen Rattenrückenmarkneuronen untersucht. Die Rückenmarkneuronen wurden
aus trypsindissoziiertem Rückmark erhalten, ausplattiert, mit Peptiden
inkubiert und nachfolgend (48 h später) im Hinblick auf
Cholinacetyltransferase-Aktivität, wie von McManaman et al., Dev. Biol. 125:311-320
(1988) beschrieben, untersucht.
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In diesem Assay wurde gefunden, daß IGF-I einen wesentlichen,
dosisabhängigen Anstieg in der Cholinacetyltransferase-Aktivität (Fig. 1)
erzeugt, was den Schluß nahelegt, daß IGF-I in dramatischer Weise die
cholinerge Aktivität der rückenmarkcholinergen Neuronen steigern kann.
Weiterhin wurde gefunden, daß IGF-II und IGF-III im Rückenmark-Assay
aktiv sind (Fig. 2). Zusätzlich wurde außerdem gefunden, daß IGF-I(24-41)
und IGF-II(33-40) einen dosisabhängigen Anstieg in der
Cholinacetyltransferase-Aktivität hervorrufen, was darauf hinweist, daß jedes Peptid ein
aktives IGF-funktionelles Derivat ist (Fig. 3).
Beispiel 4
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Die in vivo Aktivität von IGF-I, IGF-II oder synthetischen
Peptidderivaten dieser Moleküle wurde unter Verwendung eines biochemischen
Markers für ZNS-neurotrophe Aktivität, nämiich die Induktion der
Hirnornithindecarboxylase, getestet. Die Induktion (d.h. gesteigerte Aktivität)
der Ornithindecarboxylase wurde als allgemeiner Marker für die Wirkungen
einer Verschiedenheit trophischer Faktoren berichtet. (Schwartz et al.,
Dev. Brain Res. 1:403-413 (1981); Kanje et al., Brain Res. 381:24-28
(1986); Russel et al., Life Sci. 19:1297-1306 (1976); MacDonnell et al.,
Proc. Natl. Acad. Sci. USA 74, 4681-4684 (1977); Rinehart et al., Proc.
Natl. Acad. Sci. USA 82, 4365-4368 (1985)).
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Vier Tage alte Sprague-Dawley-Ratten wurden intrazerebral (in der
Region des lateralen Ventrikels) mit 5 µl 0,1 M phosphatgepufferter
Kochsalzlösung (PBS), enthaltend IGF-I, IGF-II oder ein synthetisches
Peptidderivat (1,25 bis 2,5 µg Dosis, mit 6 Tieren je Behandlungsgruppe)
injiziert. Nach 6 h wurden die Gehirne entfernt, und Ornithindecarboxylase
wurde im wesentlichen, wie von Lewis et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA
75:1021-1023 (1978) beschrieben, bestimmt.
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Die Verabreichung von IGF-I erzeugte einen dosisabhängigen Anstieg
der Aktivität der Hirnornithindecarboxylase (Fig. 4). Zusätzlich erhöhten
sowohl IGF-I(24-41) als auch IGF-II(54-67) die Hirnornithindecarboxylase-
Aktivität (Fig. 5; auf diese Peptide wird in Fig. 5 als IGF-I(2-4) bzw.
IGF-I(5-6) Bezug genommen).
Beispiel 5
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Um zu bestimmen, ob die Induktion von Hirnornithindecarboxylase
durch IGF-I auf sich entwickelnde Tiere beschränkt war, wurde IGF-I
ebenso intraventrikulär in die lateralen Ventrikel adulter Sprague-Dawley-
Ratten injiziert. Nach 6 h wurden die Gehirne entfernt, in verschiedene
Bereich geschnitten (zerebraler Kortex, mittleres Septum und Hippokampus)
und dann im Hinblick auf Ornithindecarboxylase-Aktivität, wie in Beispiel
4 beschrieben, untersucht. Wie in Fig. 6 gezeigt, stimuliert IGE-I die
Ornithindecarboxylase-Aktivität in allen getesteten Hirnregionen. Diese
Ergebnisse zeigen, daß IGF-verwandte Moleküle in weitgestreuten Regionen
des Gehirns einen potentiellen Nutzen haben.
Beispiel 6
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Die Fähigkeit von IGF-I und eines synthetischen Derivates von
IGF-II (IGF-II(54-67)), den Einbau von [³H]-Leucin zu steigern und das
Überleben von neuritentragenden Zellen zu fördern, wurde in kultivierten
Rattenkortikalzellen untersucht (die Anzahl "54-67" in IGF-II zeigt an,
daß das Fragment die Aminosäurereste 54 bis 67 des nativen IGF-II
einschließt). IGF-II(54-67) erhöhte wie IGF-I die [³H]-Leucininkorporation
in 24 h alten gemischten Kortikalkulturen niedriger Dichte, wie in Fig. 7
gezeigt. IGF-II(54-67) zeigt ebenso eine IGF-I-ähnliche
überlebensfördernde Aktivität in der Hinsicht, daß es das Überleben der
Kortikalneuronen (wie durch das Vorhandensein von neuritentragenden Zellen bestimmt)
erhöhte, wie in Fig. 8 gezeigt.
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Die Messungen wurden unter Verwendung von Standardverfahren, die
dem Fachmann bekannt sind, mit dissoziierten Kortikalzellen, die aus 18
bis 19 Tage alten embryonischen Ratten erhalten wurden, durchgeführt. Die
Zellen wurde in einer Dichte von 1,5 x 10&sup4;/cm² auf
Poly-L-ornithinlamininbeschichteten Plastikgewebekulturzellen in serumfreiem N2-Medium
ausgesät (Bottenstein et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA 76: 514-517
(1978)). [³H]-Leucin wurde den Zellen heim Ausplattieren für den Einbau-
Assay zugegeben. Die Kulturen wurden 24 h nach dem Ausplattieren beendet
und entweder im Hinblick auf [³H]-Leucineinbau oder im Hinblick auf die
Anzahl der neuritischen Zellen durch mikroskopische Untersuchung
gemessen.
Beispiel 7
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Kationisierung ist ein Verfahren, bei dem freie Carhoxylgruppen von
sauren Aminosäureresten eines Polypeptids (d.h. Asparaginsäure- und
Glutaminsäurereste) modifiziert werden, um die positive Nettoladung des
Polypeptids zu erhöhen. Das Verfahren der Kationisierung wurde verwendet,
um die zelluläre Aufnahme von großen Molekülen, wie z.B. Albumin und
Meerrettichperoxidase, in Mäusefibroblastenzellen zu erhöhen (Shen et
al., Proc. Nat. Acad. Sci. USA 75:1872-1876) (1978)). Kumagai et al., J.
Biol. Chem. 262:15214-15219 (1987) zeigten unter Verwendung intakter
Mikrogefäße aus Rinderhirn, die als ein Modellsystem zur Messung von
Transport durch die Blut-Hirnschranke beschrieben wurden, daß die Aufnahme von
kationisiertem Albumin durch isolierte Rinderhirnmikrogefäße im Vergleich
zur Aufnahme von nativem Albumin erhöht war.
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Zur globalen Modifikation freier Carboxylgruppen wurde das
Polypeptid (z.B. IGF-I, IGF-II oder ein funktionelles Derivat) mit einem
Überschuß von Hexamethylendiamin (HMD) (15,5 g/g Gesamtprotein) während 30
min bei Raumtemperatur umgesetzt, gefolgt von einer kovalenten Bindung von
HMD mit 1-Ethyl-3-[3-dimethylaminopropyl]carbodiimidhydrochlorid (EDAC)
(1,0 g/g Gesamtprotein) während 3 h bei Raumtemperatur. Nichtumgesetzte
Arten können durch Filtration unter Verwendung von Centricon-3-MPS-1-
Trennungseinrichtungen (Amicon (Handelsmarke), Danvers, MA) oder
Ionenaustauschchromatographie entfernt werden. Das gereinigte Polypeptid kann
unter Verwendung von isoelektrischer Fokussierung analysiert werden, um
die Höhe der Kationisierung zu bestimmen.
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Wird die globale Modifikation bei einem Polypeptid verwendet, bei
dem es sich um einen Liganden handelt, der an einen
Zelloberflächenrezeptor bindet, und wenn die Modifikation ein Molekül erzeugt, dem
biologische
Aktivität fehlt, kann der Kationisierungsprozeß, wie oben
beschrieben, wiederholt werden, mit Ausnahme, daß das Polypeptid zuvor an
einen geeigneten Rezeptor vor der Kationisierung gebunden werden würde,
um die Rezeptorbindungsstelle auf dem Polypeptid zu schützen. Dieses
Schutzverfahren würde wie folgt ausgeführt werden: Gewebe, z.B. Gehirn,
das Rezeptoren für das interessierende Polypeptid (z.B. IGF-I) enthält,
wird, wie oben in Beispiel 1 beschrieben, präpariert. Nach Inkubation mit
dem Polypeptidligand während 2 h bei 4ºC, um eine Rezeptorbindung zu
ermöglichen, wird das Reaktionsgemisch auf Raumtemperatur gebracht, und die
Kationisierungsprozedur wird unter Verwendung von HMD und EMAC, wie oben
beschrieben, durchgeführt. Das Reaktionsgemisch wird dann bei 16.000 UpM
bei 4ºC während 30 s in einem SS-34-Rotor in einer Sorvall
(Warenzeichen)-RC5B-Zentrifuge zentrifugiert. Der Überstand wird verworfen, und
das Pellet wird dreimal in PBS mit Rinderserumalbumin (1 mg/ml)
gewaschen. Das Pellet wird in 100 mM Essigsäure resuspendiert und während
10 min bei 4ºC inkubiert, um das kationisierte Polypeptid von seinen
Rezeptoren freizusetzen. Nach einer erneuten Zentrifugation bei 16.000 UpM
wird der Überstand, der das freigesetzte kationisierte Polypeptid
enthält, mit NaOH in Bezug auf den pH-Wert neutralisiert. Es kann dann durch
isoelektrische Fokussierung, durch einen Rezeptorbindungs-Assay, wie in
Beispiel 1 beschrieben, oder durch jeglichen geeigneten Assay im Hinblick
auf die biologische Aktivität analysiert werden.
Beispiel 8
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Eine Alternative zu dem Verfahren der allgemeinen Modifikation ist
es, Polylysin an wenigstens eine freie Carboxylgruppe des Polypeptids
(wie z.B. IGF-I, IGF-II oder ein funktionelles Derivat eines der beiden)
mit oder ohne Rezeptorschutz, wie oben in Beispiel 7 beschrieben, zu
binden. Das Verfahren folgt dem Verfahren von Shen et al., 1978. Z.B. werden
Polylysin, IGF-I und Carbodiimid in einem 1:1:1-Verhältnis in Wasser oder
Puffer während 3 h bei Raumtemperatur zugegeben. Das modifizierte Protein
würde getrennt und analysiert werden, wie oben in Beispiel 7 beschrieben.
Beispiel 9
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Ein drittes Verfähren zur Modifikation von Proteincarboxylgruppen
zur Erhöhung des Blut-Hirnschranken-Transports ist die Bildung von Estern
mit Diazomethan oder N,N-Dimethylformardid-R-acetalen (DMF-Acetalen),
worin R für Dimethyl, Diethyl, Dibutyl, Dibenzyl etc. steht. Dieser
Modifikationstyp bildet schnell Ester, ausgehend von negativ geladenen
Carboxylsäuregruppen, wodurch die gesamtpositive Ladung erhöht wird. Ein
weiterer
Vorteil dieser Modifikation ist, daß diese zugegebenen Estergruppen
derartig sein können, daß sie die Gesamtlipophilizität des Polypeptids
steigern und durch intrinsische Esterasen in vivo abgespalten werden
können, um intakten Wachstumsfaktor zu ergeben. Das Verfahren für diese
Modifikation, mit oder ohne Rezeptorprotektion, wie oben in Beispiel 7
beschrieben, ist die Umsetzung von Diazomethan oder DMF-Acetalen mit dem
Polypeptid in einem Verhältnis von 1:1 in Lösung während 30 min bei
Raumtemperatur, gefolgt von einer Reinigung und Charakterisierung, wie oben
in Beispiel 7 beschrieben.
Beispiel 10
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Ein viertes Verfahren zur Kationisierung, mit oder ohne
Rezeptorprotektion, wie oben in Beispiel 7 beschrieben, kombiniert die Vorteile
der Polylysinkationisierung mit der Bildung spaltbarer Ester, um den
Blut-Hirnschranken-Transport zu erhöhen wie auch, um intakten
Wachstumsfaktor nach dem Transport zu erhalten. Polylysin kann durch Umsetzung mit
Benzyloxyacetylchlorid, gefolgt von einer Hydrierung und milder
Veresterungsverfahren (Hassner et al., Tet. Let. 46:4475-4478 (1978); Mihara et
al., Int. J. Peptide Protein Res. 28:141-145 (1986)) reaktiv gemacht
werden. Alternativ könnten DMF-Acetalderivate, die in der Lage sind, mit
Polylysin zu reagieren, verwendet werden, um Polylysin an freie
Carboxylgruppen unter Verwendung von Esterbindungen zu binden.
Beispiel 11
-
Ein weiterer Typ an Polypeptiomedifikation ist Glykosylierung: das
Einfügen von Glucose oder ähnlicher Reste durch reduktive Aminierung
unter Verwendung von z.B. Glucose und Natriumcyanoborhydrid (NaCNBH&sub3;). Es
wurde gezeigt, daß die Glykosylierung von Proteinen die zelluläre
Aufnahme dieser Proteine verstärkt und sich als nützlich zeigen kann, um den
Transport durch die Blut-Hirnschranke zu verbessern (Smith et al., Pharm.
Res., im Druck). Das Verfahren für die Glykosylierung, mit oder ohne
Rezeptorprotektion, wie oben in Beispiel 7 beschrieben, basiert auf dem
Verfahren von Swartz et al., 1977, bei dem ein Polypeptid, wie z.B.
IGF-I, IGF-II oder ein funktionelles Derivat eines der beiden, mit
Glucose und NaCNBH&sub3; in einem molaren Verhältnis von 1:300:1600 in 200 mM
Phosphatpuffer bei einem pH-Wert von 7 während wenigstens 24 h bei 37ºC
kombiniert wird. Nichtumgesetzte Bestandteile können, wie in Beispiel 7
beschrieben, oder durch Lectinaffinitätschromatographie entfernt werden. In
vorherigen Untersuchungen unter Verwendung von glykosyliertem Albumin
wurde das modifizierte Albumin von rattenepididymalen Mikrogefäßen in
einer größeren Rate aufgenommen als natives Albumin (Williams et al.,
Proc. Nat. Acad. Sci. USA 78:2393-2397 (1981)).
Beispiel 12
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Blut-Hirnschrankentransport-Modell: Verfahren von Audus et al.,
Ann. N.Y. Acad. Sci. 507:9-18 (1987).
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Mikrogefäßendotheliale Zellen werden von der zerebralen grauen
Substanz frischer Rinderhirne isoliert. Die Hirne werden von einem örtlichen
Schlachthof erhalten und ins Laboratorium in eiskaltem minimalem
essentiellem Medium (MEM) mit Antibiotika transportiert. Unter sterilen
Bedingungen werden die großen Oberflächenblutgefäße und die Hirnhäute
entfernt. Die kortikale graue Substanz wird durch Absaugen entfernt, dann in
Würfel < 1 mm zerteilt. Die zerteilte graue Substanz wird dann mit 0,5 %
Dispase (BMB, Indianapolis, IN) während 3 h bei 37ºC in einem
Schüttelwasserbad inkubiert. Nach dem dreistündigen Verdauen wird das Gemisch
durch Zentrifugation (1000 xg während 10 min) konzentriert, dann in 13 %
Dextran resuspendiert und während 10 min bei 5800 xg zentrifugiert. Das
im Überstand befindliche Fett, Zellbestandteile und Myelin werden
verworfen und das Rohmikrogefäßpellet wird in 1 mg/ml Collagenase/Dispase
resuspendiert und einem Schüttelwasserbad während 5 h bei 37ºC inkubiert.
Nach der fünfstündigen Spaltung wird die Mikrogefäßsuspension auf einen
vorher hergestellten 50 % Percoll-Gradienten aufgetragen und während 10
min bei 1000 xg zentrifugiert. Die Bande, die gereinigte endotheliale
Zellen enthält (zweite Band von oben des Gradienten) wird entfernt und
zweimal mit Kulturmedium (50 % MEM/50 % F-12-Nährsubstanzgemisch)
gewaschen. Die Zellen werden in Medium, enthaltend 20 % DMSO und 10 %
Pferdeserum, für eine spätere Verwendung gefroren (-80ºC).
-
Nach der Isolierung werden etwa 5 x 10&sup5; Zellen/cm² auf
Kulturschalen oder Polycarbonatfilter mit einer Porengröße von 5 bis 12 @m, die mit
Rattencollagen und Fibronectin beschichtet sind, ausplattiert. 10 bis 12
Tage nach dem Aussäen der Zellen werden die Zellmonolayer im Hinblick auf
Konfluenz mittels Mikroskopie hin untersucht.
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Die Charakterisierung der morphologischen, histochemischen und
biochemischen Eigenschaften dieser Zellen hat gezeigt, daß diese Zellen
viele herausragende Merkmale der Blut-Hirnschranke besitzen. Diese Merkmale
schließen ein: enge intrazelluläre Verbindungen, Fehlen von
Membranfensterungen, niedrige Spiegel von pinocytotischer Aktivität und das
Vorhandensein von gamma-Glutamyltranspeptidase, alkalinischer Phosphatase und
Faktor VIII-Antigenaktivitäten.
-
Die kultivierten Zellen können in einer großen Verschiedenheit an
Experimenten verwendet werden, bei denen ein Modell für polarisierte
Bindung oder Transport benötigt wird. Durch Ausplattieren der Zellen in
Platten mit vielen Vertiefungen, können Rezeptor- und
Nichtrezeptorbindung sowohl von großen als auch kleinen Molekülen durchgeführt werden. Um
Messungen des transendothelialen Zellflusses durchzuführen, werden die
Zellen auf porösen Polycarbonatmembranfiltern (Nucleopore, Pleasanton,
CA) wachsen gelassen. Es werden Filter mit großem Porendurchmesser (5 bis
12 µm) verwendet, um die Möglichkeit zu verhindern, daß die Filter die
geschwindigkeitsbeschränkende Schranke für den Molekularfluß werden. Die
Verwendung dieser Filter mit großem Porendurchmesser ermöglicht nicht das
Zellwachstum unter den Filtern und ermöglicht die optische Untersuchung
des Zellmonolayers.
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Sobald die Zellen Konfluenz erreichen, werden sie in einen
Seitean-Seite-Diffusionszellapparat (Crown Glass, Sommerville, NJ) gegeben.
Für Flußmessungen wird die Spenderkammer der Diffusionszelle mit einer
Testsubstanz pulsförmig beschickt, dann wird nach verschiedenen
Zeitpunkten nach der pulsförmigen Beschickung ein Aliquot von der Empfängerkammer
zur Analyse entfernt. Radioaktive oder fluoreszenzmarkierte Substanzen
ermöglichen die verläßliche Quantifizierung des molekularen Flusses.
Monolayerintegrität wird gleichzeitig durch die Zugabe einer
nichttransportierbaren Testsubstanz, wie z. B. Saccharose oder Inulin, gemessen und
die Wiederholungen von wenigstens 4 Bestimmungen werden gemessen, um
statistische Signifikanz zu sichern.
Tabelle 1
IGF-Peptidsequenzen
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1 Amgen, Thousand Oaks, CA 91320
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2 Peninsula Laboratories, Belmont, CA 94002
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3 Kabigen AB, S-112 87, Stockholm Schweden
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4 Bachem Inc. Torrance, CA 90505
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5 Mittels einer Biosearch-Festphasenpeptid-Synthesegeräts Modell 9600 unter Verwendung von Fmoc-Aminosäuren,
die an p-Alkoxybenzylalkoholharze gebunden sind und die von Bachem Bioscience, Inc. Philadelphia, PA 19104,
geliefert wurden, synthetisiert.
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6 Mittels einer Biosearch-Festphasenpeptid-Synthesegeräts Modell 9600 unter Verwendung von
4-(2',4'-Dimethoxyphenyl-Fmoc-aminomethyl)-phenoxyharz (A 4719), das von Novabiochem, AG Laufelfingen, Schweiz, geliefert
wurde, synthetisiert.
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Mittels einer Biosearch-Festphasenpeptid-Synthesegeräts Modell 9600 unter Verwendung der in Fußnote 6
identifizierten Harze synthetisiert. ACM = Acetamidomethylsubstituent an dem Schwefelatom der
Cysteinseitenkette.
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8 Diese Verbindung ist in nichtkorrekter Weise in dem Katalog der Peninsula Laboratories als "insulinähnlicher
Wachstumsfaktor I(57-70)" aufgelistet.
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9 Collaborative Research, Inc., Bedford, MA 01730
Tabelle 2
Konservative Aminosäureaustausche
Tabelle 3
Zusammenfassung des IGF-I-Rezeptorkompetitions-Assay
Tabelle 4