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Fernsprechweitverkehrsanlage mit belasteten Vierdrahtleitungen für
mindestens zwei Übertragungskanäle, von denen mindestens einer mit Trägerfrequenz
betrieben wird Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, in Fernsprechweitverkehrsanlagen
die Vierdrahtleitungen für mindestens zwei Übertragungskanäle, von denen mindestens
einer mit Trägerfrequenz betrieben wird, mit einer induktiven Belastung zu versehen.
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Es ist bekannt, daß die induktive Belastung von Trägerfrequenzfernsprechleitungen
erhebliche Schwierigkeiten bereitet, insbesondere wegen der beim Übergang zu hohen
Frequenzen eintretenden Vergrößerung des Klirrfaktors, dessen Wert außer von der
Frequenz und anderen Größen vor allem auch vorn Hysteresefaktor der zur Belastung
der Leitung verwendeten magnetischen Stoffe abhängig ist. Es hat deshalb nicht an
Überlegungen gefehlt, wie groß der Hysteresefaktor bei Trägerfrequenzleitungen sein
darf, und auch nicht an Bemühungen, um magnetische Stoffe mit möglichst kleinem
Hysteresefaktor zu schaffen. In dieser Hinsicht ist es zunächst bekannt, bei Weitverkehrsfernmeldeleitungen
mit einem natürlichen Sprechband und einem auf den gleichen Adern durchgeführten
Unterlagerungstelegraphiebetrieb zur Beseitigung des sog. Flattereffektes den Hysteresefaktor,
der üblicherweise durch das Zeichen F"t in Ohm/Amp-. kHz wiedergegeben wird, von
5ooo auf weniger als rooo herabzusetzen. Für Anlagen dieser Art kommt gegenwärtig
praktisch befriedigend ein F" von 350 zur Anwendung. Trägerfrequenzsprechkreise
sind praktisch bisher nur bei Seekabeln angewendet worden, weil diese Leitungen
teurer als Landleitungen sind und die Trägerfrequenzausnutzung bei ihnen deshalb
relativ größere Vorteile bietet und bei ihnen im Gegensatz zu Landleitungen schon
jetzt wirtschaftlich ist. Bei einem modernen Pupinseekabel, das für Zweibandbetrieb
(also für den Betrieb mit einem Niederfrequenzband und einem einzigen Trägerfrequenzband)
projektiert war, sind Pupinspulen verwendet worden, deren F"l 22,5
betrug.
Schließlich liegt noch eine theoretische Untersuchung vor, bei der zur Nachprüfung
des zulässigen Klirrfaktors eine Überschlagsrechnung angestellt und dabei ein F",
von zo eingesetzt worden ist.
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Im Zuge dieser Richtung der technischen Entwicklung müßten bei der
weiteren unvermeidlichen Verschärfung der Anforderungen
induktive
Belastungen verwendet werden, deren Hysteresefaktor noch wesentlich kleiner wäre.
Bei Belastung durch Pupinspulen stünden an sich die sog. Luftspülen zur Verfügung,
deren F" infolge der Abwesenheit; magnetischer Stoffe unendlich klein ist. Die räumlichen
Abmessungen solcher Luftspulen würden aber so groß sein, daß solche Spulen technisch
und wirtschaftlich nicht brauchbar sind. Auf diesem Wege ist also nicht vorwärtszukommen.
Für die Kerne von Pupinspulen und für die Bewicklung von Krarup= leitern stehen
nun zwar schon magnetische Stoffe zur Verfügung, deren Fh bei den in Frage kommenden
Feldstärken extrem klein ist. Diese magnetischen Stoffe sind aber einerseits infolge
ihrer Zusammensetzung und der für sie notwendigen Wärmebehandlung außerordentlich
teure und andererseits auch sehr empfindliche Legierungen auf der Eisen-Nickel-Basis,
so daß die Verwendung dieser Legierungen für die induktive Belastung von Trägerfrequenzleitungen
praktisch nicht in Betracht gezogen werden kann. Da andere magnetische Stoffe infolge
ihrer mit dem Hysteresefaktor zusammenhängenden Nichtlinearität zwischen den magnetisierenden
Kräften und den durch sie beeinflußten magnetischen Eigenschaften zu erheblichen
Bedenken bezüglich der Stabilität, der nichtlinearen Verzerrungen und gegenseitigen
Störungen der Übertragungskanäle von mit solchen Stoffen belasteten Leitungen Anlaß
gaben, wurde aus dieser Sachlage praktisch die Folgerung gezogen, von einer induktiven
Belastung der Trägerfrequenzleitungen überhaupt abzusehen. Dementsprechend sind
also unbelastete Trägerfrequenzanlagen unter Verzicht auf die Vorteile einer Belastung
entwickelt worden.
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Die überraschenderweise dennoch eine befriedigende induktive Belastung
von Trägerfrequenzleitungen ermöglichende Erfindung baut sich auf folgender Erkenntnis
auf: Einerseits macht die aus Gründen der Verständigungsmöglichkeit erforderliche
Beschränkung der Laufzeit eines Fernmeldezeichens vom Sender bis zum Empfänger,
die praktisch 25o m/Sek. nicht überschreiten soll, die Verwendung von magnetischen
Stoffen mit extrem kleinem Fh entgegen der aus der bisherigen Entwicklung sich ergebenden
Folgerung unnötig, weil sich infolge des bisher nicht berücksichtigten Einflusses
der Laufzeit die angestrebten extrem niedrigen F"- Werte praktisch nicht auswirken
können: Andererseits ist es überhaupt falsch, möglichst kleine F" -Werte der magnetischen
Belastung der Leitungen anzustreben, ohne dabei zugleich die Eigenschaften der zu
belastenden Trägerfrequenzleitungen in Betracht zu ziehen. Bei auf Grund dieser
doppelseitigen Erkenntnis angestellten Untersuchungen. ist folgende Bezi'ehung zwischen
den für die Übertragungse i gen schaften belasteter Träg gerfrequenzlei-.tti-#gen
wichtigen Größen gefunden worden:
Dabei bedeuten F" in
den Hysteresefaktor des Belastungsabschnittes, definiert durch die Formel für den
Hysteresewiderstand Rh = Fh # f # J (f in kHz die Frequenz,
J in Amp. die Stromstärke), L, in Henry die Selbstinduktion des Belastungsabschnittes,
R, in Ohm den Widerstand des Belastungsabschnittes, C in Farad/km die Kapazität
der Leitung, A in Kilometer den Verstärkerabstand; N in Watt die übertragene Leistung.
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Im folgenden wird eine Ableitung für die vorstehende Formel gegeben,
wobei die außer den Formelgrößen verwendeten weiteren elektrischen Größen folgende
Bedeutung haben: L Selbstinduktion in Henry/km, i1 Stromstärke am Anfang der Leitung
in der ersten Pupinspule in Amp., Z Wellenwiderstand der Leitung in Ohm, ß., Leitungsdämpfung
je Spulenfeld, n Anzahl der Verstärkerfelder, ho Klirrfäktor für n Verstärkerfelder.
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Bezüglich der übertragenen Leistung N ist zu beachten, daß diese von
dem zwischenstaatlich festgelegten Normalgenerator abgeleitet ist. Der Klirrfaktor
einer Leitung kann nämlich nicht für Sprache definiert werden, die ein zeitlich
veränderliches Frequenzgemisch wechselnder Stärke darstellt, sondern nur für reine
Sinusschwingungen bestimmter Frequenz und Amplitude. In solchen Fällen ist es seit
langem üblich, von dem zwischenstaatlich festgelegten Normalgenerator auszugehen,
der in derselben Weise anzuwenden ist wie bei der Feststellung der Meßpegel auf
einer Leitung. Nach dem Weißbuch Bd. I bis des CCIF, S.63, speist man also den Anfang
des Sprechkreises (das ist die Stelle mit dem relativen Pegel O) mit dem Normalgenerator:
Dies ist ein Generator mit dem rein Ohmschen Innenwiderstandvon6ooOhm und der elektromotorischen
Kraft von 2 # 0,775 V. Er liefert an 6öo Ohm gerade N, = i mW Leistung. Bezeichnet
man mit p" den Pegel am Anfang des induktiv belasteten Kabels, so hat man dort eine
Leistung N = No # e2pd. Mit dieser Leistung wird im folgenden gerechnet.
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Um die durch die Hysterese entstehenden Störströme (Oberschwingungen)
möglichst niedrigzulhalten; ist es wichtig, daß die sog. Klirrdämpfung niedriggehalten
wird. Nach dem Aufsatz von Deutschmann in der Zeitschrift :>Elektrische Nachrichtentechnik«
1929, Bd.6, Hefte; S. 8o, ist nach der Gleichung (i2)
auf
S.83 die Klirrdämpfung, umgerechnet auf die Frequenz f in kHz,
Da in dieser Gleichung der Hysteresefaktor F" auf o,81cHz bezogen ist, in der erfindungsgemäß
entwickelten Regel aber der Hysteresefaktor F" in
angegeben sein soll, ist eine Korrektur dieser Gleichung mit
erforderlich, so daß
' Die Formel von Deutschmann gilt für ein einziges Verstärkerfeld, und den Klirrfaktor
ho für n Verstärkerfelder erhält man durch Multiplikation mit Daß die Multiplikation
mit und nicht
mit n geschehen
soll, beruht darauf, daß die Störwirkungen und nicht die Störströme oder die Störspannungen
addiert werden. Der aus der Formel von Deutschmann hergeleitete Klirrfaktor für
n, d. h. für beliebig viele Verstärkerfelder, ist also
Die Dämpfung ß, je Spulenfeld ist aus Widerstandsdämpfung und Ableitungsdämpfung
zusammengesetzt. Wenn man in der bekannten Formel für den Dämpfungskoeffizienten
die Ableitungsdämpfung vernachlässigt, was im allgemeinen zulässig ist, erhält man
für .den genannten Koeffizienten
Dementsprechend ist
Aus den Gleichungen (i), (2) und (3) erhält man
Für die Stromstärke il und die zugelassene 'Übertragungszeit T gelten die gewöhnlichen
Formeln
wo N die übertragene Leistung und A die Verstärkerentfernung ist.
Hieraus folgt
Werden die Ausdrücke für il und n in Gleichung (4) eingeführt, so erhält man
Es wird nun angenommen, daß als kritische Frequenz f. für die Klirrspannung der
3. Oberschwingung 1/3 der Grenzfrequenz f, in Betracht kommt. Die Grenzfrequenz
ist bekanntlich
so daß also
ist. Wenn man nun in Gleichung (5) diesen Wert einführt, so erhält man
Da s # L = L, ist, so erhält man
Für den Klirrfaktor k, wird ein Zahlenwert von 1/50o angenommen. Die höchst zulässige
Fortpflanzungszeit beläuft sich wie gewöhnlich auf T = 1/4 Sekunde. Werden diese
beiden Werte für k, und T in Gleichung (6) eingeführt, so erhält man schließlich
Durch Anwendung dieser Regel gelingt es, Fernsprechweitverkehrsanlagen mit induktiv
belasteten Vierdrahtleitungen auszurüsten und mit einer Mehrzahl von Trägerfrequenzkanälen
zu belegen, ohne daß die Gefahr besteht, daß infolge der Hysterese des Belastungsmaterials
nichtlineare Nebensprechstörungen zwischen den Übertragungskanälen verschiedener
Gespräche entstehen. Die Reichweite der Leitungen wird dann nicht mehr durch das
Auftreten nichtlinearer Nebensprechstörungen beschränkt, sondern ist dann lediglich
durch die Laufzeit der Leitungen bestimmt.
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Erfindungsgemäß aufgebaute, dieser Bedingung genügende Trägerfrequenzleitungen
zeichnen sich einerseits dadurch aus, daß sie optimal hinsichtlich der technischen
und zugleich
auch der wirtschaftlichen Anforderungen belastet sind,
und anderseits dadurch, daß ihre Belastung aus wohlfeilen magnetischen Stoffen bestehen
kann. Die Erfindung schafft somit die Möglichkeit einer praktisch ausführbaren,
hochwertigen induktiven Belastung von Trägerfrequenzfernsprechleitungen überhaupt
und zugleich eine optimale Belastung. Die Mittel für die Bemessung der induktiven
Belastung, derart; daß sie der angegebenen Formel genügt, sind bekannt und bestehen
beispielsweise in der Anwendung von Massekernen oder Bandkernen mit großen wirksamen
Luftspalten, in der Wahl großer magnetischer Volumina oder auch bekannter magnetischer
Stoffe mit ohnehin der Formel genügenden kleinen Hysteresewerten.
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Im folgenden sind einige Ausführungsbeispiele der Belastung von Leitungen
nach der Erfindung näher erläutert: i. Für eine Trägerstromfernsprechübertragüng
im Vierdrahtzweibandverkehr, beispielsweise mit einem in einem Kanal hin und zurück
geführten Sprachband zwischen 300 und 27oo Hz und einem Trägerfrequenzsprachband
von 3300 bis 57oo Hz, seien die Stammleitungen eines Pupinkabels mit einer
Grenzfrequenz von etwa 77oo Hz vorgesehen. Die leicht belasteten Leitungen mögen
mit den üblichen Spulen von etwa 30 m11 in Abständen von etwa 1,7 km und mit einem
Hysteresefaktör, der kleiner odergleich 8 Ohm je Amp.kHz ist, ausgerüstet sein.
Dadurch wird die Reichweite auf die durch die Laufzeiten gegebene Entfernung von
7000 km erhöht.
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In ähnlicher Weise können auch die Phantomspulen für eine Trägerstromausnutzung
bemessen werden.
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2. Ein Trägerstromverkehr sei über ein Kabel geführt, das durch ein
Niederfrequenzsprachband und drei Trägerstromsprachbänder beispielsweise im Bereich
zwischen 6 und 15 kHz ausgenutzt sei. Das für diesen Zweck vorgesehene Kabel wird
mit einer Grenzfrequenz von 2o ooo Hz mit Belastungsspulen von etwa 3;2 m11 Induktivität
und einem Hysteresefaktor von o,6 Ohm je Amp. l@Hz in Abständen von etwa 1,7 km
belastet. Die bei einem solchen Kabel erzielte Reichweite beträgt sowohl mit Rücksicht
auf das nichtlineare Nebensprechen als auch auf die Laufzeit etwa 21 ooo km. 3.
Auf einem Püpinkabel sollen außer dein Niederfrequenzsprachband. acht Trägerstromsprachbänder
beispielsweise im Bereich von 6 bis 30 kHz auf ein und derselben Leitung
übertragen werden. Das Pupinkabel erhält eine Grenzfrequenz von 4o kHz und Belastungsspulen,
die in 0,85 km Abstand mit einer Induktivität von 1,6 m11 und einem Hysteresefaktor
von o, i 5 eingebaut werden. Die Reichweite solcher Kabel beträgt etwa 21 ooo km,
Die für Pupinkabel ohne weiteres zu benutzende Formel ist auch für Krarupkäbel anwendbar,
sofern in ihr die kilometrischen Werte des Hysteresefaktors, der Selbstinduktivität
und des Ohmschen Widerstandes des jeweils betrachteten Belastungsabschnittes eingesetzt
werden. Die Belastungsregel ist im übrigen unabhängig davon anwendbar, ob in dem
Kabel ein oder mehrere Leitungen in gleicher oder ähnlicher Weise betrieben werden.