-
Anordnung zur Aufzeichnung von Elektrokardiogrammen Schon seit den
ersten Anfängen einer klinischen Elektrokardiographie hat man sich bemüht, eine
Beeinflussung des Elektrokardiogramms (EKG) durch die verschiedenen physiologischen
Variationen der anatomischen Lage des Herzens im Körper und durch ihre Rotationen
während eines jeden Einzelschlages auszuschalten, um gewissermaßen ein Absolutkardiogramm
(AKG) zu erhalten, das von den jeweils mehr oder weniger willkürlich gewählten Ableitungen,
mögen es Partial- oder Extremitätenableitungen sein, möglichst unabhängig ist. Die
ersten Versuche in dieser Richtung führten zu denn Einthovenschen Ableitungsschema,
dessen gleichseitiges Dreieck die Vorstellungen liefert, die im wesentlichen noch
heute maßgebend sind. Nach diesem Schema werden drei einzelne Ableitungs-EKGs aufgenommen,
welche es ermöglichen, die Lage der elektrischen Spannungsresultanten des Herzens
und ihre Drehung während jeder Herzkontraktion aus ihren Amplitudenverhältnissen
'zu rekonstruieren. Neuerdings ist zu diesem Zweck die Polardiagrammethode der Lissajousfiguren
mit zwei oder mit drei Ableitungen herangezogen worden.
-
Will man die Aktionszacken nur eines Herzschlages einer Ableitung
miteinander vergleichen und in quantitative Beziehungen bringen, muß man stets im
Auge behalten, daß ein einfaches EKG nicht die wahren potentiellen Resultanten der
Herzaktion liefert, weil der Winkel, den die Herzachse mit der gerade gewählten
Ableitung einschließt, seiner absoluten Größe nach unbekannt ist. Wenn man an sich
den hierdurch bedingten Proportionalitätsfaktor auch selbst nicht zu kennen braucht,
so müßte doch vorausgesetzt werden können, daß derselbe während der Dauer einer
Herzaktion zum mindesten konstant bleibt. Das ist aber in Wirklichkeit nicht der
Fall, weil in den Proportionalitätsfaktor der Kosinus des Winkels, unter dem die
Herzachse zu der betreffenden Ableitung liegt, mit eingeht. Da dieser Winkel während
der Herztätigkeit nicht konstant ist, sondern sich je nach der Herzrotation ändert,
gelten
für die einzelnen Zacken des EKGs eines Herzschlages immer
andere Ableitungsgesetze, die eine richtige quantitative Auswertung des EKGs in
dem obigen Sinne unniöglich machen.
-
Die Erfindung betrifft eine Anordnung zur Aufzeichnung von Elektrokardiogrammen,
die den resultierenden Vektor mehrerer verschiedener Ableitungen zur Darstellung
bringen: solche Meßanordnungen sind an sich bekannt.
-
Gemäß der Erfindung wird der vorerwähnten Unsicherheit dadurch begegnet,
daß zur Beseitigung des Einflusses der anatomischen Lage und der durch die Bewegungen
des arbeitenden Herzens verursachten Verlagerungen seiner elektrischen Achse das
an sich bekannte Meßprinzip verwendet wird, wonach die Komponenten des Vektors vor
ihrer Zusammensetzung quadriert werden und die Summe danach gegebenenfalls radiziert
wird. Die Rückwirkungen der Lage und Lageänderungen des Herzens auf das EKG werden
also tunlichst ausgeschaltet, und man erhält ein AKG, dessen quantitativer Auswertung
keine Bedenken entgegenstehen. Die bei der erfindungsgemäßen Anordnung benutzte
Methode fußt im Grunde auf dem Pythagoreischen Lehrsatz, wonach man bei Kenntnis
der beiden Katheten eines rechtwinkligen Dreiecks die Hypotenuse als Wurzel aus
der Summe der Kathetenquadrate ermitteln kann. Diese Beziehung hat an sich bereits
in der allgemeinen elektrischen Meßtechnik Bedeutung erlangt, um z. B. Richtung
und Größe eines beliebigen Vektors als Hypotenuse aus seinen Koiordvnaten, ialso
aus den Katheten, zu ermitteln, indem man die entsprechenden Koordinatengrößen in
elektrische Ströme oder Spannungen umwandelt und einem elektrischen Maßgerät zuführt,
dessen Ausschläge der' Summe der Quadrate der beiden Ströme oder Spannungen proportional
sind. Bei entsprechender Teilung kann die Skala dieses M.eßgerätes unmittelbar in
derAbsolutgröße desursprüngl.ichen Vektors oder in seiner Winkellage innerhalb des
zugrunde gelegtenKoordinatensystems geeicht werden. In dieser Form ist die Methode
besonders zur Fernanzeige einer gerichteten Kraft oder Wirkung geeignet.
-
Bei der vorliegenden Erfindung ist davon auszugehen, daß die Aktionsspannung
des Herzens an sich bereits durch einen elektrischen Vektor darzustellen ist, dessen
Absolutbetrag aus den die entsprechenden Koordinaten bildenden Ableitungen in jedem
Augenblick und damit auch in seinem zeitlichen Verlauf bestimmt und festgehalten
werden kann. - Um dies zu zeigen, muß auf die geometrischen Gesetze der Extremitäten-oder
Partialableitungen näher eingegangen werden In Abb. i bedeuten die Punkte i, 2 und
3 drei Partialelektroden, die in der dargestellten Weise auf die Brustwand oder
an sonstigen Stellen des Körpers aufgesetzt werden mögen. Mit A sei die Spannungsresultante
oder der elektrische Vektor des Herzens beieichnet, dessen Länge die zu einem beliebigen
Zeitpunkt erzeugte Herzaktionsspannung darstellt, während seine Lage und Richtung
der anatomischen Orientierung des Herzens entspricht. Sie sei durch den Winkel a,
den der Spannungsvektor mit der Horizontalabteilung i bis 2 einschließt, gekennzeichnet.
Wie man leicht einsieht, haben die von den beiden Ableitungen i bis 2 und 2 bis
3 abgegriffenen Aktionsspannungskomponenten die Größen b=Acosa c = A sin
a.
-
Um aus diesen beiden Gleichungen, in denen A und
a unbekannt sind, A zu errechnen, quadriere und addiere man: b2 +
c° = A2 (sing a -j- cos2 a)
= A2. Um A zu erhalten, braucht
man nur aus dieser Summe der OOuadrate wieder die Wurzel zu ziehen und hat damit
den Winkel a eliminiert. Man erhält also auf diesem analytischen Wege die in jedem
Augenblick im Herzen tatsächlich entstehenden Aktionsspannungen, ohne daß dieselben
durch die Lageänderungen oder Drehungen des Herzens beeinflußt werden können. Ein
auf Grund dieses Verfahrens gewonnenes AKG erlaubt damit einen quantitativen Vergleich
der einzelnen Zacken, der zu einem wesentlich anderen Bild führt, als es sich aus
der entsprechenden Auswertung der bisher üblichen EKGs ergibt.
-
Den im vorhergehenden skizzierten analytischen Weg der Quadrierung,
Addition und Radizierung kann man natürlich rein rechnerisch gehen, indem man die
einzelnen Zacken in zwei Ableitungs-EKGs, die z. B. nach Art der Abb. i aufgenommen
sind, mißt und für jeden Abszissenwert A nach obigem Vorgang einzeln bestimmt. In
der medizinischen Praxis ist diese Methode jedoch zu umständlich und zeitraubend,
ganz abgesehen davon, daß unter Umständen erhebliche Fehler unterlaufen können,
die sich für den Patienten in einer Fehldiagnose auswirken können. Besser und sicherer
ist schon die analytische Auswertung der beiden Ableitungs-EKGs mit Hilfe eines
storchschnabelartigen Gerätes, mit dessen beiden Schenkeln man die beiden Einzel-EKGs
verfolgt und dessen Zeichenstift über einem Quadratgesetz folgend geformte Kurvenscheiben
so betätigt wird, daß er das Normal-EKG direkt aufzeichnet. Immerhin
setzt
die praktische Handhabung eines 'derartigen Gerätes ein gewisses Geschick und gewisse
Erfahrung voraus, die nicht jedem Arzt zugemutet werden können. Im folgenden soll
daher gezeigt werden, auf welche Weise sich die erfindungsgemäße Zusammensetzung
der Einzelableitungen auf automatischem oder richtiger auf elektrischem Wege vornehmen
läßt, so daß der nach der neuen Methode arbeitende Kardiograph direkt das AKG liefert.
-
In Abb. z ist ein Ausführungsbeispiel einer derartigen Registriereinrichtung
schematisch dargestellt. Die von den beiden dem Schema der Abb. i entsprechend gewählten
Ableitungen gewonnenen Aktionsspannungen b und c werden den beiden Verstärkern q.
und 5 zugeleitet. In den Ausgängen dieser beiden Verstärker liegen die beiden Gleichrichter6
und 7, deren Kennlinien quadratischen Verlauf haben, wie es bei Gleichrichtern leicht
zu erreichen ist. Die an den beiden Widerständen 8 und 9 entstehenden Spannungen
sind über diese quadratischen Kennlinien also proportional b2 und c-. An Stelle
der Gleichrichter können natürlich auch andere Entladungsstrecken, z. B. gewöhnliche
Dreipolröhren oder Exponentialröhren, zwischengeschaltet werden. Wenn diese Röhren
an sich noch keine rein quadratischen Kennlinien haben, kann man den Exponenten
durch Einführung einer Gleichstromrückkopplung genau gleich der Zahl :2 machen.
Die beiden Spannungen an 8 und 9, die gegenphasig liegen müssen, damit man die Summe
bilden kann, oder die beiden von den Gleichrichtern gelieferten Ströme werden nun
einem Spannungs- oder Stromoszillographen zugeführt, der mithin A2 als Funktion
der Zeit registriert. Um den quadratischen Maßstab zu vermeiden, kann man vor den
Oszillographen noch eine Röhre mit einer e112- Kennlinie legen, durch welche die
Radizierung automatisch erfolgt. Einfacher ist es aber, den Oszillographen mit einer
nach einem e1/2-Gesetz verlaufenden Empfindlichkeitskurve oder Eichkurve zu versehen,
was sich bei einem elektromagnetischen Oszillographen bekanntlich durch geeignete
Formung des Magnetfeldes oder durch geeignete Formgebung der Polschuhe unschwer
erzielen läßt. In der Abb. z ist als Beispiel eine Kathodenstrahlröhre gezeigt,
deren Ablenkfeld zwischen den Ablenkelektroden io und i i, d. h. in der Ablenkrichtung
des Strahles E, einem e1/2-Gesetz unterliegt. Zu diesemZweck ist die eine Ablenkelektrode
als Fläche mit kleinem Krümmungsradius und die andere als Fläche mit großem Krümmungsradius
ausgebildet, wodurch die verlangte Empfindlichkeitskurve entsteht. Beide Elektroden
liegen an den Widerständen 8 und 9, so daß der Strahl durch die Summe der an. diesen
entstehenden Spannungen, d. h. durch b2+c2, abgelenkt wird. Wegen der e1/2-Empfindlichkeit
der Oszillographenröhre schreibt dieselbe unmittelbar A auf, und zwar auf Grund
der oben angegebenen Gesetze unabhängig von Winkel a.
-
Das an Hand der Abb. r für zwei Ableitungen beschriebene Verfahren
läßt sich auch mit drei Ableitungen durchführen, von denen natürlich die Einthovenschen
Extremitätsableitungen besonders interessant sind. Um dies zu übersehen, sei das
in Abb. 3 dargestellte Einthovensche Dreiecksschema betrachtet. Die einzelnen Ableitungen
haben die Größen: b =A cos a,
Bildet man nun die Summe von b'=, c' und d2, dann erhält man
oder
Man sieht, daß sich auch aus den drei üblichen Extremitätenableitungen ein AKG,
das unabhängig von der Herzlage ist, erhalten läßt. Allerdings ist bei drei quadrierten
Spannungen die Addition nicht so einfach durchführbar wie mit zweien; denn zweckmäßigerweise
nimmt man die Summation durch Hintereinanderschaltung der . drei Gleichrichterwiderstände
vor und gibt die so entstehende Spannungsresultate auf die in Abb. a beschriebene
Oszillographenröhre.
-
Auf die hier gezeigte Weise eliminiert praktisch nur die Drehung der
Herzachse in Frontalprojektion. Zieht man gleichzeitig
noch -eine
zweite Ebene, beispielsweise die Sagittalebene heran, d. h. benutzt man außer zwei
Ableitungen in Frontalebene noch eine dorsäle Ableitung, dann läßt sich auf dieselbe
Weise auch die räumliche Rotation des Herzens eliminieren.
-
Es ist selbstverständlich, daß hier nur die Grundlagen und Grundzüge,
welche die Aufzeichnung von AKGs ermöglichen, geschildert werden können. Auf weitere
Einzelheiten rein technischer Natur, wie z. B. auf die richtige- Einstellung der
Arbeitspunkte bei der Quadrierung und Radizierung oder auf die Einführungvon spiegelbildlich-symmetrischen
Quadratkennlinien zur Erfassung umgekehrter Ableitungsspannungen, soll hier nicht
eingegangen werden, zumal diese Maßnahmen aus der allgemeinen Verstärker- und Oszillographentechnik
bekannt sind. Vorteilhaft verbindet man die Absolutkardiographie mit den in der
Einleitung erwähnten Methoden zur Aufzeichnung der Rotation der Herzachse.