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Die
vorliegende Erfindung betrifft das Gebiet der kardiovaskulären Sicherheitstestverfahren
und stellt Testverfahren und Kits zum Screening von Testverbindungen
auf ihre Fähigkeit
zur Induktion von Kardiotoxizität
in einem Individuum bereit. Dabei beruhen die Testverfahren und
Kits auf der Erkenntnis, daß sich
die Wechselwirkung von Astemizol mit dem HERG-Kaliumkanal zur Vorhersage
einer potentiellen Kardiotoxizität von
Verbindungen während
der Entwicklung neuer Therapeutika und anderer Agentien nutzen läßt. Besonders vorteilhafte
Anwendung findet die vorliegende Erfindung beim Hochdurchsatz-Screening von Bibliotheken
chemischer Verbindungen.
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TECHNISCHER
HINTERGRUND DER ERFINDUNG
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Es
haben sich die Hinweise dafür
gehäuft,
daß mehrere
Arzneistoffe die Herzrepolarisation (daher „gemessen als" das QT-Intervall
des Oberflächen-Elektrokardiogramms)
in einem solchen Ausmaß verlängern können, daß möglicherweise
lebensbedrohliche ventrikuläre
Arrhythmien, z. B. „torsades
de pointes" (TdP), auftreten
können,
und zwar vor allem im Falle einer Überdosierung oder pharmakokinetischen
Wechselwirkung.
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Die
Anzahl an Arzneistoffen, von denen berichtet wird, daß sie die
Verlängerung
des QT-Intervalls mit oder ohne TdP induzieren, steigt weiter an
(W. Haverkamp et al. (2000) Cardiovascular Research 47, 219–233). Bis
zu 50 klinisch verfügbaren
oder sich noch in der Untersuchungsphase befindlichen nicht-kardiovaskulären Arzneistoffen
sowie kardiovaskulären
Nicht-Antiarrhythmika wird dabei eine Beteiligung nachgesagt. Eine
Reihe von Arzneistoffen, und zwar sowohl alte als auch neue, wurden
entweder vom Markt genommen oder unterliegen Verkaufsbeschränkungen.
Von Interesse ist dabei der üblicherweise
in Jahren gemessene Zeitraum von der Markteinführung dieser Arzneistoffe bis
zum ersten Erkennen ihrer Assoziation mit der QT- Intervallverlängerung und/oder TdP. Es wäre daher
vorteilhaft, jeden neuen chemischen Stoff vor seiner ersten Verwendung
beim Menschen zu einem frühen
Zeitpunkt in der Entwicklung neuer Therapeutika und/oder anderer
Agentien auf diese potentielle Nebenwirkung hin zu untersuchen.
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Eine
Schlüsselkomponente
bei der gegenwärtigen
Entwicklung neuer Therapeutika besteht im Screening mit hohem Durchsatz
(High Throughput Screening, HTS) von Bibliotheken chemischer Verbindungen. Von
Pharmafirmen wurden dabei große
Sammlungen strukturell unterschiedlicher Verbindungen eingerichtet, die
als Ausgangspunkt für
Programme zur Identifizierung von Arzneistoffzielleitsubstanzen
fungieren. Eine typische firmeneigene Sammlung von Verbindungen
umfaßt
heute zwischen 100.000 und 1.000.000 eigenständige chemische Stoffe. Während man
noch vor ein paar Jahren einen Durchsatz von einigen wenigen tausend Verbindungen
pro Tag und Testverfahren als hinreichend ansah, visieren Pharmafirmen
heutzutage Screening-Techniken mit ultrahohem Durchsatz an, mit
denen pro Woche mehrere Hunderttausend Verbindungen getestet werden.
In einem typischen Screen-Format
in Verbindung mit HTS werden Tests in Mikroplatten mit mehreren
Vertiefungen, wie beispielsweise 96-, 384- oder 1536-Loch-Platten, durchgeführt. Die
Verwendung derartiger Platten erleichtert die Automatisierung, wie
etwa die Verwendung von automatischen Reagentienspendern und Pipettierrobotern.
Zur Verringerung der Zykluszeit, der Kosten und der Mittel für Biochemikalien, wie
etwa rekombinante Proteine, werden Screens in Verbindung mit HTS
ferner vorzugsweise bei Raumtemperatur durchgeführt, wobei alle im Test getesteten
Verbindungen nur einmal gemessen werden.
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Ein
entscheidendes Kriterium beim Vorgang zur Beurteilung von Leitsubstanzen
besteht darin, daß deren
potentielle Assoziation mit QT-Verlängerung und/oder TdP früh erkannt
wird. Zur Zeit stehen allerdings keine zuverlässigen, schnellen, einfachen
Screening-Verfahren zur Beurteilung der Kardiotoxizität zur Verfügung, mit
denen die Anzahl an mit den gegenwärtig eingesetzten HTS-Techniken
identifizierten Verbindungen bewältigt
werden können.
Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, dieses Problem
im Stand der Technik durch die Bereitstellung von Testverfahren
und Kits zu lösen,
die auf der Erkenntnis beruhen, daß sich die Wechselwirkung von
Astemizol mit dem HERG-Kaliumkanal zur Vorhersage einer Kardiotoxizität von Verbindungen
während
der Entwicklung neuer Therapeutika und anderer Agentien nutzen läßt.
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Die
gegenwärtig
verfügbaren
In-vitro-Modelle umfassen heterologe Expressionssysteme, disaggregierte
Zellen, isolierte Gewebe und das isolierte intakte (Langendorf-perfundierte) Herz.
Bei allen Modellen wird die Auswirkung der Kaliumstromblockade entweder
durch die Messung von Ionenströmen
unter Verwendung von „voltage-Clamp"-Aufzeichnungen mit zwei Elektroden (Dascal
N. (1987) Crit. Rev. Biochem 22, 341–356) oder „Patch-Clamp"-Aufzeichnungen (Zhou Z. et al., (1998)
Biophysical Journal 74, 230–241)
von Membranpotentialen unter Verwendung von Mikroelektroden oder
konfokaler Mikroskopie (Dall'Asta
V. et al. (1997) Exp. Cell Research 231, 260–268) beurteilt. Angesichts
der Komplexität
der experimentellen Vorgehensweisen, den langsamen Zykluszeiten,
der Beschaffenheit des Ausgangsmaterials (d.h. isolierter Gewebe und
disaggregierter Zellen davon) sowie der Zuverlässigkeit der Testergebnisse
läßt sich
keines der oben erwähnten
Verfahren in einem HTS-Screen verwenden.
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Überraschenderweise
wurde von den Erfindern der vorliegenden Erfindung festgestellt,
daß ein
Bindungstest, bei dem markiertes Astemizol als spezifischer Ligand
des HERG-Kanals zum Einsatz kommt, zur Vorhersage der potentiellen
Assoziation von Verbindungen mit QT-Verlängerung
und/oder TdP verwendet werden kann. Dieser Bindungstest löst die oben
erwähnten
Probleme und läßt sich
damit in einem HTS-Screen-Format einsetzen.
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Ein ähnlicher
Test wurde von Chadwick C. et al. (Chadwick C. et al., (1993) Circulation
Research 72, 707–714),
beschrieben, wobei [3H]-Dofetilid als spezifischer
Radioligand für
den verzögerten
Gleichrichter-K+-Kanal des Herzens identifiziert
wurde. Ferner wird in diesem Artikel eine gute Korrelation zwischen
Dofetilidverdrängung
und der kaliumkanalblockierenden Aktivität einer Reihe von Antiarrhythmika
demonstriert. Dieser Bindungstest erleichtert die Charakterisierung
von Arzneistoff-Kanal-Wechselwirkungen
auf dem molekularen Niveau.
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Bei
diesem Test wurde markiertes Dofetilid durch 3H-Austausch aus dem
Dibrom-Vorläufermolekül hergestellt,
wobei sich ein Einbau von zwei 3H-Markierungen
pro Molekül
ergab. Es besteht eine direkte Korrelation zwischen der Anzahl an 3H-Markierungen pro Molekül und der Empfindlichkeit des
Bindungstests. Durch die vorliegende Erfindung wird ein gegenüber dem
obigen Test verbesserter Bindungstest bereitgestellt, da der Einsatz
eines Desmethylastemizol-Vorläufermoleküls in einer
Reaktion [33H]-Methyljodid zum Einbau von
drei 3H-Markierungen pro Molekül Astemizol
führte.
Die spezifische Aktivität
des so erhaltenen Radioliganden ist 1,5-mal bis zweimal so hoch
wie die spezifische Aktivität
von [3H]-Dofetilid.
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Ferner
ließ sich
der Dofetilid-Test nicht in einem Screen in Verbindung mit HTS verwenden,
da die aus erwachsenen männlichen
Meerschweinchen isolierten ventrikulären Myozyten innerhalb von
6 Stunden nach der Isolierung verwendet werden mußten. Darüber hinaus
waren nur 36% der isolierten Zellen lebensfähig und im Bindungstest verwendbar.
Zur Verwendung in einem Screen in Verbindung mit HTS sollte das
Ausgangsmaterial leicht verfügbar
sein und in ausreichender Menge vorliegen. In der vorliegenden Erfindung
wird dieses Problem dadurch gelöst,
daß Membranpräparationen
von den HERG-Kaliumkanal stabil exprimierenden HEK293-Zellen verwendet
werden. Die Zellen lassen sich in ausreichender Menge in Kultur
halten, wodurch die Notwendigkeit und Zulieferung von Tiermodellen
vermieden wird, und da im Bindungstest Zellmembranen verwendet werden,
können
diese zur späteren
Verwendung in bidungstestfertigen Portionen bei –80°C gelagert werden. Ein weiterer
Nachteil des von Chadwick et al. beschriebenen Dofetilid-Bindungstests
steht im Zusammenhang mit der Inkubationsvorschrift. Da lebensfähige Myozyten
verwendet werden, muß die
Inkubation bei der physiologischen Temperatur von 34°C durchgeführt werden.
Dadurch werden zweifelsohne die Kosten, die mögliche Zykluszeit und die Komplexität des Tests,
falls dieser in einem Screen-Format in Verbindung mit HTS durchgeführt werden
soll, erhöht.
In der vorliegenden Erfindung wird dieses Problem gelöst, da überraschenderweise
demonstriert werden konnte, daß sich
die Membranpräparationen
bei Raumtemperatur inkubieren ließen. Vor allem im Licht einer
Untersuchung von Zhou Z. et al. (Zhou Z. et al., (1998) Biophysical
Journal 74, 230–241),
worin die Schlußfolgerung
gezogen wurde, daß die
für HERG
gemessenen kinetischen Eigenschaften deutlich temperaturabhängig sind
und daß sich
in mehreren Berichten beobachtete Unterschiede verringern, wenn
die Untersuchungen bei physiologischen Temperaturen, d.h. 35°C, durchgeführt werden.
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Dieser
und weitere Aspekte der Erfindung werden nachfolgend beschrieben.
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KURZE BESCHREIBUNG DER
ERFINDUNG
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Mit
der vorliegenden Erfindung wird ein Testverfahren zum Screening
von Testverbindungen auf ihre Fähigkeit
zur Induktion von Kardiotoxizität
in einem Individuum bereitgestellt, wobei man bei dem Verfahren eine
HERG oder ein Fragment davon enthaltende Quelle mit einer Referenzverbindung
und der Testverbindung über
einen Zeitraum, der ausreicht, um die Bindung der Referenzverbindung
und der Testverbindung mit dem HERG-Polypeptidkanal zu gestatten, inkubiert
und die Wirkung der Testverbindung auf die Menge an an HERG gebundener
Referenzverbindung mißt.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung besteht das Testverfahren darin, daß man Membranpräparationen
von Zellen, vorzugsweise HEK293-Zellen,
die auf ihrer Oberfläche
den die Aminosäuresequenz
der SEQ ID NO: 2 umfassenden HERG-Polypeptidkanal oder ein Fragment
davon exprimieren, mit einer markierten Referenzverbindung inkubiert,
wobei es sich bei der markierten Referenzverbindung um [3H]-Astemizol der Formel (III), einem Arzneistoff,
der zur Induktion von Herzrhythmusstörungen in einem Individuum
fähig ist,
handelt, die obigen Stoffe mit der Testverbindung inkubiert und
die Wirkung der Testverbindung auf die Menge an an den HERG-Polypeptidkanal gebundener
Referenzverbindung mißt.
In einer weiteren Ausführungsform
bestehen die Mittel zur Messung aus einem Trennmittel zur Entfernung
des Überschusses
an nichtgebundener markierter Referenzverbindung aus dem Inkubationsgemisch
sowie aus einem Mittel zum Nachweis der markierten Referenzverbindung,
wobei letzteres vorzugsweise aus der Messung radioaktiver Markierung über Szintillationszählung besteht.
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Ferner
wird erfindungsgemäß ein Testverfahren
mit hohem Durchsatz zum Screening von Testverbindungen auf ihre Fähigkeit
zur Induktion von Kardiotoxizität
in einem Individuum bereitgestellt, wobei man in dem Testverfahren:
- a) Membranpräparationen von Zellen, die
auf ihrer Oberfläche
HERG-Polypeptidkanäle
mit einer Aminosäuresequenz,
die wenigstens 80% Identität
mit der Sequenz der SEQ ID NO: 2 aufweist, oder Fragmente davon
exprimieren, mit einer markierten Referenzverbindung, die aus radioaktiv
markiertem Astemizol der Formel (III) besteht, über einen Zeitraum, der ausreicht,
um die Bindung der Referenzverbindung mit dem HERG-Polypeptidkanal
zu gestatten, in Kontakt bringt;
- b) Membranpräparationen
von Zellen, die auf ihrer Oberfläche
HERG-Polypeptidkanäle
mit einer Aminosäuresequenz,
die wenigstens 80% Identität
mit der Sequenz der SEQ ID NO: 2 aufweist, oder Fragmente davon
exprimieren, mit der markierten Referenzverbindung aus Schritt a)
zusammen mit der Testverbindung über
einen Zeitraum, der ausreicht, um die Bindung der Referenzverbindung
und der Testverbindung mit dem HERG-Polypeptidkanal zu gestatten,
in Kontakt bringt;
- c) die Menge an an den HERG-Kanal in Schritt a) gebundener markierter
Referenzverbindung mißt;
- d) die Menge an an den HERG-Kanal in Schritt b) gebundener markierter
Referenzverbindung mißt
und
- e) die in Schritt a) gemessene Menge an an den HERG-Kanal gebundener
markierter Referenzverbindung mit der in Schritt b) gemessenen Menge
an an den HERG-Polypeptidkanal
gebundener markierter Referenzverbindung vergleicht.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform
des Screening-Testverfahrens
mit hohem Durchsatz stammen die Membranpräparationen aus Zellen, vorzugsweise
HEK293-Zellen, die
auf ihrer Oberfläche
von der aus der SEQ ID NO: 2 bestehenden Aminosäuresequenz codierte HERG-Polypeptidkanäle exprimieren.
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Außerdem umfaßt die vorliegende
Erfindung Kits zum Screening von Verbindungen auf ihre Fähigkeit zur
Induktion von Kardiotoxizität
in einem Individuum ebenso wie die Verwendung von Reagentien, einschließlich Polynukleotiden,
Polypeptiden und geeigneten Referenzverbindungen, in den Testverfahren
der vorliegenden Erfindung.
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KURZE BESCHREIBUNG
DER ZEICHNUNG
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In 1A ist
die Sättigungsbindung
von [3H]-Astemizol an Zellmembranpräparationen
von mit der HERG-Kanal-cDNA stabil transfizierten HEK293-Zellen
dargestellt. Dabei steht TB (Total Binding) für die gemessene Gesamtbindung,
NSB (Non Specific Binding) für
die gemessene nichtspezifische Bindung und SB (Specific Binding)
für die
gemessene spezifische Bindung.
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In 1B ist
der Scatchard-Plot für
die Sättigungsbindungsexperimente
dargestellt. Aus der Kurvenanpassung konnte ein KD-Wert
von 3,07 ± 2,26
nM (n = 11) ermittelt werden, wobei der Wert für Bmax (Maximale
Bindung) 3260 ± 900
fmol/mg Protein (n = 11) betrug.
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In 2 sind
die Bindungsaffinitäten
von 42 Referenzverbindungen im Vergleich mit den elektrophysiologischen
Patch-Clamp-Daten dargestellt. Dabei ergab sich ein Spearman-Rangkorrelationskoeffizient
von 0,87.
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AUSFÜHRLICHE
BESCHREIBUNG
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Die
vorliegende Erfindung betrifft das Gebiet der kardiovaskulären Sicherheitstestverfahren
und stellt Testverfahren und Kits zum Screening von Testverbindungen
auf ihre Fähigkeit
zur Induktion von Kardiotoxizität
in einem Individuum bereit. Dabei beruhen die Testverfahren und
Kits auf der Erkenntnis, daß sich
die Wechselwirkung von Astemizol mit dem HERG-Kaliumkanal zur Vorhersage
der Kardiotoxizität
von Verbindungen während
der Entwicklung neuer Therapeutika und anderer Agentien nutzen läßt. Besonders
vorteilhafte Anwendung findet die vorliegende Erfindung beim Hochdurchsatz-Screening
von Bibliotheken chemischer Verbindungen.
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In
einer Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung umfaßt
das Testverfahren zum Screening von Testverbindungen die folgenden
Schritte: a) Inkubieren einer HERG oder ein Fragment davon enthaltenden Quelle
mit i) einer Referenzverbindung, ii) der Testverbindung; und b)
Messen der Wirkung der Testverbindung auf die Menge an an HERG gebundener
Referenzverbindung.
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In
einer spezifischen Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung werden die Testverfahren zur Beurteilung
der Fähigkeit
der Testverbindungen, in einem Individuum Herzrhythmusstörungen zu
induzieren, verwendet.
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Der
Begriff „Testverbindung", wie er hier verwendet
wird, bezieht sich auf ein chemisch definiertes Molekül, dessen
Fähigkeit
zur Induktion von Herzrhythmusstörungen
in einem erfindungsgemäßen Testverfahren beurteilt
wird. Zu Testverbindungen zählen,
ohne darauf beschränkt
zu sein, Arzneistoffe, (natürliche
oder synthetische) Liganden, Polypeptide, Peptide, Peptidmimetika,
Polysaccharide, Saccharide, Glykoproteine, Nukleinsäuren, Polynukleotide
und kleine organische Moleküle.
In einer Ausführungsform umfassen
Testverbindungen eine existierende Bibliothek von Verbindungen.
In einer weiteren Ausführungsform
umfassen Testverbindungen eine neue Bibliothek von Verbindungen.
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Der
Begriff „Referenzverbindung", wie er hier verwendet
wird, bezieht sich auf einen Arzneistoff, der dazu in der Lage ist,
in einem Individuum Kardiotoxizität zu induzieren. Zu Referenzverbindungen
zählen,
ohne darauf beschränkt
zu sein, Astemizol, Terfenadin, Erythromycin, Sparfloxain, Probucol,
Terodilin und Sertindol.
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Der
Begriff „HERG", wie er hier verwendet
wird, bezieht sich auf den „Human
Ether-a-go-go-Related Gene"-Kanal.
Dabei handelt es sich um einen verzögerten Gleichrichter-Kaliumkanal, der
in vielen Zelltypen eine Rolle bei der Steuerung der Aktionspotentialrepolarisation
spielt. HERG wurde ursprünglich
aus dem menschlichen Hippocampus kloniert und wird im Herz stark
exprimiert. Zu den erfindungsgemäßen HERG-Polypeptiden
gehören
isolierte und gereinigte Proteine mit einer Aminosäuresequenz,
die wenigstens 80% Identität
mit der Sequenz der SEQ ID NO: 2 aufweist, oder einem Fragment davon.
In einer weiteren Ausführungsform
weist der erfindungsgemäße HERG-Polypeptidkanal eine
Aminosäuresequenz
auf, die die Aminosäuresequenz
der SEQ ID NO: 2 umfaßt.
In einer bevorzugten Ausführungsform
besteht das erfindungsgemäße HERG-Polypeptid
aus der SEQ ID NO: 2.
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Varianten
der definierten Sequenz und Fragmente sind ebenso Teil der Erfindung.
Unter Varianten fallen solche, die sich von der Ausgangssequenz
durch konservative Aminosäureänderungen
unterscheiden, wobei sich „konservative
Aminosäureänderungen" auf den Austausch
eines Aminosäurerests
oder mehrerer Aminosäurereste
in der Ausgangssequenz bezieht, der sich auf die biologische Aktivität des Ausgangsmoleküls nicht
auswirkt und auf der im Fachgebiet bekannten Austauschbarkeit bestimmter Aminosäuren (siehe
z.B. M. Dayhoff, In Atlas of Protein Sequence and Structure, Bd.
5, Supp. 3, S. 345–352,
1987) basiert. Zu den Varianten zählen weiterhin solche, in denen
mehrere, 5–10,
1–5 oder
1–2 Aminosäuren in
beliebiger Kombination substituiert, deletiert oder hinzugefügt sind.
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Verfahren
zum Vergleichen der Identität
und Ähnlichkeit
zweier oder mehrerer Sequenzen sind im Fachgebiet allgemein bekannt.
So können
beispielsweise im Winconsin Sequence Analysis Package, Version 9.1
(Devreux J. et al., Nucleic Acid Res., 12, 387–395, 1984), verfügbare Programme,
beispielsweise die Programme BESTFIT und GAP, zur Bestimmung der
% Identität
zwischen zwei Polynukleotiden sowie der % Identität und % Ähnlichkeit
zwischen zwei Polypeptidsequenzen verwendet werden. BESTFIT benutzt
dabei den "Lokale
Homologie"-Algorithmus
von Smith und Waterman (J. Mol. Biol., 147, 195–197, 1981) und findet den einen
besten Ähnlichkeitsbereich
zwischen zwei Sequenzen. BESTFIT eignet sich eher zum Vergleich
von zwei Polynukleotid- oder zwei Polypeptidsequenzen, die sich
in ihrer Länge
unterscheiden, wobei das Programm davon ausgeht, daß es sich
bei der kürzeren
Sequenz um einen Teil der längeren
handelt. Demgegenüber
stellt GAP zwei Sequenzen vergleichend gegenüber und findet dabei eine „maximale Ähnlichkeit" nach dem Algorithmus
von Neddleman und Wunsch (J. Mol. Biol., 48, 443–453, 1970). GAP eignet sich
eher für
den Vergleich von Sequenzen, die etwa die gleiche Länge aufweisen,
wobei eine vergleichende Gegenüberstellung über die
gesamte Länge
erwartet wird. Vorzugsweise betragen die in beiden Programmen jeweils
verwendeten Parameter "Gap
Weight" und "Length Weight" 50 bzw. 3 für Polynukleotidsequenzen
sowie 12 bzw. 4 für Polypeptidsequenzen.
Vorzugsweise werden % Identitäten
und Ähnlichkeiten
bestimmt, wenn die beiden zu vergleichenden Sequenzen optimal zueinander
ausgerichtet sind. Andere Programme zur Bestimmung der Identität und/oder Ähnlichkeit
zwischen Sequenzen sind ebenso im Fachgebiet bekannt, beispielsweise
die Programme der BLAST-Familie (Altschul S F et al., Nucleic Acids
Res., 25: 3389–3402,
1997).
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Dem
Fachmann ist ersichtlich, daß die
erfindungsgemäßen Polypeptide,
d.h. der HERG-Polypeptidkanal,
mit mehreren rekombinanten DNA-Techniken, einschließlich beispielsweise
Hybridisierung, Amplifikation mittels Polymerasekettenreaktion (PCR),
oder De-novo-DNA-Synthese erhalten werden könnten (siehe z.B. T. Maniatis
et al. Molecular Cloning: A Laboratory Manual, 2. Aufl., Kap. 14
(1989)). Somit wird in einer weiteren Ausführungsform durch die vorliegende
Erfindung die Verwendung der isolierten und gereinigten, für das HERG-Polypeptid oder ein
Fragment davon codierenden Polynukleotide in einem erfindungsgemäßen Testverfahren
oder Kit bereitgestellt. In einer anderen Ausführungsform wird durch die vorliegende
Erfindung die Verwendung des isolierten und gereinigten, für den HERG-Polypeptidkanal
oder ein Fragment davon codierenden Polynukleotids, umfassend die
Polynukleotidsequenz der SEQ ID NO: 1, bereitgestellt. In einer
bevorzugten Ausführungsform
wird durch die vorliegende Erfindung die Verwendung des isolierten
und gereinigten, für
den HERG-Polypeptidkanal codierenden Polynukleotids, bestehend aus
der Polynukleotidsequenz der SEQ ID NO: 1, bereitgestellt.
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Der
Begriff „Fragmente
davon" beschreibt
ein Stück
oder einen Teilbereich eines Protein- oder Polynukleotidmoleküls, dessen
Sequenz hier offenbart ist, so daß das Fragment mindestens 5
im Ausgangsprotein zusammenhängende
Aminosäuren
umfaßt
oder so daß das
Fragment mindestens 15 im Ausgangspolynukleotid zusammenhängende Nukleinsäuren umfaßt. Dabei
sollen vom Begriff „Fragmente
davon" „funktionelle Fragmente" umfaßt sein,
wobei das isolierte Fragment, Stück
oder der isolierte Teilbereich einen funktionell unterschiedenen
Bereich, wie etwa ein aktives Zentrum, eine Bindungsstelle oder
eine Phosphorylierungsstelle des Rezeptorproteins, umfaßt. Funktionelle
Fragmente können
klonierungstechnisch oder als natürliche Produkte alternativer
Spleißtechniken
produziert werden.
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„Isoliert", wie hier verwendet,
bezieht sich auf die Tatsache, daß die betreffenden Polynukleotide,
Proteine und Polypeptide oder entsprechenden Fragmente davon aus
ihrer In-vivo-Umgebung entfernt wurden, so daß sie sich vom Fachmann manipulieren
lassen, wie etwa, ohne darauf beschränkt zu sein, Sequenzieren, Restriktionsverdauung,
stellengerichtete Mutagenese sowie Subklonieren in Expressionsvektoren
für ein
Nukleinsäurefragment
ebenso wie Gewinnen des Proteins oder der Proteinfragmente in einer
Menge, die die Erzeugung polyklonaler Antikörper, monoklonaler Antikörper, Aminosäuresequenzierung
und Peptidverdauung ermöglichen.
Daher können
die Nukleinsäuren,
wie sie hier beschrieben sind, in ganzen Zellen oder in Zelllysaten
oder in einer teilweise, weitgehend oder vollständig gereinigten Form vorliegen.
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Ein
Polypeptid wird als „gereinigt" betrachtet, wenn
es bei der Reinigung von Verunreinigungen in der Umgebung abgetrennt
wird. Somit wird ein aus Zellen isoliertes Polypeptid als weitgehend
gereinigt angesehen, wenn es mit Standardverfahren von Zellbestandteilen
gereinigt wurde, während
eine chemisch synthetisierte Polypeptidsequenz als weitgehend gereinigt
angesehen wird, wenn sie von ihren chemischen Vorläufermolekülen gereinigt
ist. Dabei umfaßt
ein „weitgehend
reines" Protein
bzw. eine „weitgehend
reine" Nukleinsäure typischerweise
wenigstens 85% einer Probe, wobei höhere Prozentsätze bevorzugt
sind. Ein Verfahren zur Bestimmung der Reinheit eines Protein- oder
Nukleinsäuremoleküls besteht
in der Elektrophorese einer Präparation
in einer Matrix, wie etwa Polyacrylamid oder Agarose. Die Reinheit
zeigt sich am Auftreten einer einzigen Bande nach dem Anfärben. Zu
weiteren Verfahren zur Reinheitsbestimmung gehören die Chromatographie und
die analytische Zentrifugation.
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Der
Begriff „Zeitraum,
der ausreicht, um die Bindung zu gestatten", wie er hier verwendet wird, bezieht sich
auf die zur Erzeugung einer nachweisbaren Menge an an den HERG-Polypeptidkanal
gebundener markierter Referenzverbindung benötigte Zeit. Die zur Erzeugung
dieser nachweisbaren Menge benötigte
Zeit variiert je nach dem Testsystem. Dem Fachmann ist die zur Erzeugung
einer nachweisbaren Menge an an den HERG-Polypeptidkanal gebundener
markierter Referenzverbindung auf der Grundlage des Testsystems
ausreichende Zeit bekannt.
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Testverfahren
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Testverfahren
der vorliegenden Erfindung lassen sich in vielen Formaten gestalten,
die im Fachgebiet des Screening von Verbindungen auf die Bindung
von Polypeptidkanälen
allgemein bekannt sind.
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Die
Testverfahren der vorliegenden Erfindung machen sich vorteilhafterweise
die Tatsache zunutze, daß die
Wechselwirkung von Astemizol mit dem HERG-Kaliumkanal zur Vorhersage
der Kardiotoxizität
von Verbindungen während
der Entwicklung neuer Therapeutika und anderer Agentien genutzt
werden kann.
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Daher
wird durch die vorliegende Erfindung ein Test zum Screening von
Testverbindungen bereitgestellt, bei dem man a) eine HERG oder ein
Fragment davon enthaltende Quelle mit i) radioaktiv markiertem Astimezol
der Formel (III), ii) der Testverbinding inkubiert und b) die Wirkung
der Testverbindung auf die Menge an an HERG gebundener Referenzverbindung
mißt.
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In
einer ersten Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung handelt es sich bei der HERG enthaltenden
Quelle um ein isoliertes und gereinigtes Protein, das HERG mit einer
Aminosäuresequenz,
die wenigstens 80% Identität
mit der Sequenz der SEQ ID NO: 2 aufweist, oder ein Fragment davon
codiert.
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In
einer zweiten Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung handelt es sich bei der HERG enthaltenden
Quelle um ein isoliertes und gereinigtes Protein, das HERG, umfassend
die Aminosäuresequenz
der SEQ ID NO: 2, oder ein Fragment davon codiert.
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In
einer weiteren Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung handelt es sich bei der HERG enthaltenden
Quelle um Zellen, die auf ihrer Oberfläche den HERG-Polypeptidkanal oder
ein Fragment davon exprimieren.
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In
einer weiteren Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung handelt es sich bei der HERG enthaltenden
Quelle um Membranpräparationen
von Zellen, die auf ihrer Oberfläche
den HERG-Polypeptidkanal oder ein Fragment davon exprimieren.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform
besteht das Testverfahren zum Screening von Testverbindungen auf
ihre Fähigkeit
zur Induktion von Kardiotoxizität
in einem Individuum darin, daß man
a) Membranpräparationen
von Zellen, die auf ihrer Oberfläche
von der aus SEQ ID NO: 2 bestehenden Aminosäuresequenz codierte HERG-Polypeptidkanäle exprimieren,
mit i) radioaktiv markiertem Astemizol der Formel (III), ii) der
zu testenden Verbindung inkubiert; und die Wirkung der Testverbindung
auf die Menge an an HERG gebundener Referenzverbindung mißt.
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Eine
spezifische Ausführungsform
der erfindungsgemäßen Testverfahren
besteht aus einem Testverfahren mit hohem Durchsatz zum Screening
von Testverbindungen, wobei man in dem Testverfahren: a) Membranpräparationen
von Zellen, die auf ihrer Oberfläche
HERG-Polypeptidkanäle
mit einer Aminosäuresequenz,
die wenigstens 80% Identität
mit der Sequenz der SEQ ID NO: 2 aufweist, oder Fragmente davon
exprimieren, mit einem radioaktiv markierten Astemizol der Formel
(III) über
einen Zeitraum, der ausreicht, um die Bindung der Referenzverbindung
mit dem HERG-Polypeptidkanal
zu gestatten, in Kontakt bringt; b) Membranpräparationen von Zellen, die
auf ihrer Oberfläche
HERG-Polypeptidkanäle
mit einer Aminosäuresequenz,
die wenigstens 80% Identität
mit der Sequenz der SEQ ID NO: 2 aufweist, oder Fragmente davon
exprimieren, mit der markierten Referenzverbindung aus Schritt a)
zusammen mit der Testverbindung über
einen Zeitraum, der ausreicht, um die Bindung der Referenzverbindung
und der Testverbindung mit dem HERG-Polypeptidkanal zu gestatten,
in Kontakt bringt; c) die Menge an an den HERG-Polypeptidkanal in
Schritt a) gebundenem radioaktiv markiertem Astemizol mißt; d) die
Menge an an den HERG-Kanal in Schritt b) gebundenem radioaktiv markiertem
Astemizol mißt
und e) die in Schritt a) gemessene Menge an an den HERG-Kanal gebundenem
radioaktiv markiertem Astemizol mit der in Schritt b) gemessenen
Menge an an den HERG-Polypeptidkanal gebundenem radioaktiv markiertem
Astemizol vergleicht.
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In
einer weiteren Ausführungsform
bestehen die Membranpräparationen
des Screening-Testverfahrens mit hohem Durchsatz aus Membranpräparationen
von Zellen, die auf ihrer Oberfläche
den die Aminosäuresequenz
der SEQ ID NO: 2 umfassenden HERG-Polypeptidkanal oder Fragmente
davon exprimieren.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung bestehen die Membranpräparationen
des Screening- Testverfahrens
mit hohem Durchsatz aus Membranpräparationen von Zellen, vorzugsweise
HEK-293-Zellen,
die auf ihrer Oberfläche
aus der Aminosäuresequenz
der SEQ ID NO: 2 bestehende HERG-Polypeptidkanäle exprimieren.
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Das
mit [3H] markierte Astemizol läßt sich
unter anderem mittels Szintillationszählung messen.
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In
einer weiteren spezifischen Ausführungsform
wird durch die vorliegende Erfindung ein „Proximity Detection Assay" [Nachweistest zur
Bestimmung der Nähe
von Verbindungen zueinander] mit hohem Durchsatz zum Screening von
Testverbindungen bereitgestellt, wobei das Testverfahren folgendes
umfaßt:
- i) mit einer ersten, zur Teilnahme an einem
Proximity Detection Assay fähigen
Markierung markierter HERG;
- ii) zur Teilnahme an einem Proximity Detection Assay fähiges radioaktiv
markiertes Astemizol der Formel (III);
- iii) Inkontaktbringen von HERG aus Schritt i) und radioaktiv
markiertem Astemizol aus Schritt ii) mit einer Testverbindung über einen
Zeitraum, der ausreicht, um die Bindung der Referenzverbindung und
der Testverbindung an HERG zu gestatten; und
- iv) Nachweisen einer Wechselwirkung zwischen HERG aus Schritt
i) und radioaktiv markiertem Astemizol aus Schritt ii) über die
Nähe der
ersten Markierung zur zweiten Markierung, wenn eine Wechselwirkung
zwischen HERG und der Referenzverbindung stattfindet.
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Die
durch die Wechselwirkung von HERG und der Referenzverbindung herbeigeführte Nähe der ersten
Markierung zur zweiten Markierung führt zur Produktion eines nachweisbaren
Signals. Dies kann beispielsweise mit einem Scintillation Proximity
Assay(SPA)-System ereicht werden, bei dem es sich bei einer der
Markierungen um eine zur Verwendung im SPA geeignete radioaktive
Markierung und bei der anderen Markierung um einen in einer Festphase
enthaltenen Fluoreszierer handelt. Bei dem nachweisbaren Signal
handelt es sich um bei der Wechselwirkung des markierten HERG-Proteins
mit der markierten Referenzverbindung, wodurch die radioaktive Markierung
in ausreichende Nähe
zum Fluoreszierer gebracht wird, abgestrahlte Lichtenergie. Die
Technik des Scintillation Proximity Assay ist in der
US 4,568,649 beschrieben.
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Andererseits
kann es sich bei dem nachweisbaren Signal um eine Änderung
einer bestehenden Signalabgabe, z. B. Fluoreszenz, handeln. Beim
Fluoreszenzresonanzenergietransfer (FRET) handelt es sich um ein
Verfahren, das nach diesem Prinzip arbeitet und bei Tsien R. et
al. (Tsien R. et al. (1993) Trends Cell Biol. 3: 242–245) beschrieben
ist. Dabei werden zwei unterschiedliche Fluoreszenzmoleküle eingesetzt,
und zwar ein Donor und ein Akzeptor, so daß bei hinreichender Nähe dieser
Moleküle
zueinander die Fluoreszenz des Donormoleküls vom Akzeptormolekül absorbiert
und Licht einer anderen Wellenlänge
emittiert wird. Somit wird ein nachweisbares Signal produziert,
wenn eine Wechselwirkung zwischen zwei Molekülen, wie etwa HERG und einer
Referenzverbindung, die jeweils mit einem dieser Fluoreszenzmoleküle markiert
sind, stattfindet.
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Mittels
derartiger Proximity Assays, wie sie oben beschrieben sind, kann
das erfindungsgemäße Screening-Testverfahren in
einem einzigen Schritt durchgeführt
werden, d.h. ohne daß ein
Trennschritt zur Entfernung des Überschusses
an markierter Referenzverbindung aus dem Inkubationsansatz unter
Verwendung von Trennmitteln, wie z. B. Filtration, notwendig ist.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform
des Proximity Detection Assay mit hohem Durchsatz wird HERG mit
dem in einer Festphase, wie etwa beschichteten Scintillation Proximity
Assay-Perlen, enthaltenen Fluoreszierer und die Referenzverbindung
mit der radioaktiven Markierung markiert; vorzugsweise handelt es sich
bei der Referenzverbindung um radioaktiv markiertes Astemizol der
Formel (III).
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Es
ist der Fachkraft leicht ersichtlich, daß die Bindung von Astemizol
mit HERG auch in einem Verfahren für den strukturbasierten oder
rationalen Entwurf einer Verbindung, die sich auf die oben erwähnte Bindung auswirkt,
verwendet werden kann, indem man:
- a) die Struktur
der Bindungsstelle des HERG-Polypeptidkanals
mit Astemizol sondiert;
- b) Kontakt machende Atome in der Bindungsstelle des HERG-Polypeptidkanals,
die während
der Bindung mit Astemizol wechselwirken, identifiziert;
- c) Testverbindungen entwirft, die mit den in (b) identifizierten
Atomen wechselwirken, um die HERG-Astemizol-Wechselwirkung zu beeinflussen;
und
- d) die entworfene Testverbindung mit einer HERG oder ein Fragment
davon enthaltenden Quelle in Kontakt bringt, um die Fähigkeit
der Verbindung zur Beeinflussung der Menge an an HERG gebundenem
markiertem Astemizol zu messen.
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Ferner
ist ersichtlich, daß es
sich hierbei in der Regel um ein iteratives Verfahren handelt.
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Kits
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Mit
der vorliegenden Erfindung werden auch Kits bereitgestellt, die
sich in den obigen Testverfahren einsetzen lassen. Dabei umfaßt in einer
Ausführungsform
der Kit a) eine HERG enthaltende Quelle; b) eine Referenzverbindung.
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In
einer ersten Ausführungsform
umfaßt
der Kit eine HERG enthaltende Quelle, ausgewählt aus: i) einem isolierten
und gereinigten Protein, das HERG mit einer Aminosäuresequenz,
die wenigstens 80% Identität mit
der Sequenz der SEQ ID NO: 2 aufweist, oder ein Fragment davon codiert;
ii) einem isolierten und gereinigten Protein, das HERG, umfassend
die Aminosäuresequenz
der SEQ ID NO: 2, oder ein Fragment davon codiert; iii) Zellen,
die auf ihrer Oberfläche
den HERG-Polypeptidkanal oder ein Fragment davon exprimieren; oder
iv) Membranpräparationen
von Zellen, die auf ihrer Oberfläche
den HERG-Polypeptidkanal
oder ein Fragment davon exprimieren.
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In
einer weiteren Ausführungsform
umfaßt
der Kit eine Referenzverbindung, ausgewählt aus der Gruppe bestehend
aus Astemizol, Terfenadin, Erythromycin, Sparfloxain, Probucol,
Terodilin und Sertindol. In einer bevorzugten Ausführungsform
handelt es sich bei der Referenzverbindung um Astemizol. Eine weitere
Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht in der Bereitstellung
von Kits, wobei die Referenzverbindung markiert, vorzugsweise radioaktiv
markiert ist.
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In
einer spezifischen Ausführungsform
ist der isolierte und gereinigte HERG-Polypeptidkanal an einen festen Träger, vorzugsweise
an einen einen Fluoreszierer umfassenden festen Träger, wie
beispielsweise beschichtete Scintillation Proximity-Perlen, gebunden.
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Somit
umfaßt
der Kit in einer spezifischen Ausführungsform a) einen isolierten
und gereinigten HERG-Polypeptidkanal oder ein Fragment davon, gebunden
an einen festen Träger;
und b) eine markierte Referenzverbindung. Vorzugsweise besteht diese
spezifische Ausführungsform
aus einem Kit, umfassend a) einen aus der Aminosäuresequenz der SEQ ID NO: 2
bestehenden isolierten und gereinigten HERG-Polypeptidkanal, gebunden an einen einen
Fluoreszierer umfassenden festen Träger; und b) eine radioaktiv
markierte Referenzverbindung, vorzugsweise mit [3H]
markiertes Astemizol.
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In
einer anderen spezifischen Ausführungsform
umfaßt
der Kit a) Membranpräparationen
von Zellen, vorzugsweise HEK293-Zellen, die auf ihrer Oberfläche den
aus der Aminosäuresequenz
der SEQ ID NO: 2 bestehenden HERG-Polypeptidkanal exprimieren; b) mit
[3H] markiertes Astemizol und c) Mittel
zur Messung der Menge an an HERG gebundener markierter Referenzverbindung.
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Die
Mittel zur Messung bestehen aus Trennmitteln zur Entfernung des Überschusses
an nichtgebundener markierter Referenzverbindung aus dem Inkubationsansatz
sowie aus Mitteln zum Nachweis der markierten Referenzverbindung.
Dem Fachmann sind die verfügbaren
Trennmittel zur Entfernung des Überschusses
an nichtgebundener markierter Referenzverbindung aus dem Inkubationsansatz
bekannt. Zu den Trennmitteln gehören,
ohne darauf beschränkt
zu sein, Magnetperlen, Zentrifugationstechniken und Filtrationstechniken.
Die Mittel zum Nachweis der markierten Referenzverbindung hängen von
der verwendeten Markierung ab. Bei diesen Markierungen kann es sich
um Fluoreszenzmoleküle
oder radioaktive Markierungen handeln.
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Dem
Fachmann sind die je nach verwendeter Markierung zur Verfügung stehenden
Nachweismittel bekannt.
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In
einer spezifischen Ausführungsform
besteht das Trennmittel aus GF/B-Filtration (Whatman Inc, Clifton,
N. J.). In einer weiteren spezifischen Ausführungsform besteht das Nachweismittel
aus Szintillationszählung
in einem Topcount-Gerät
(Packard, Meriden, CT).
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In
einer weiteren Ausführungsform
umfassen die erfindungsgemäßen Kits
ferner Anweisungen und/oder Platten mit mehreren Vertiefungen zur
Durchführung
des Testverfahrens.
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Zum
besseren Verständnis
der vorliegenden Erfindung wird auf die nachfolgenden experimentellen Details
verwiesen, doch ist dem Fachmann leicht ersichtlich, daß es sich
dabei lediglich um Veranschaulichungen der Erfindung, wie sie ausführlicher
in den darauf folgenden Ansprüchen
beschrieben ist, handelt. Darüber hinaus
sind in der gesamten Anmeldung verschiedene Veröffentlichungen zitiert. Die
Offenbarung dieser Veröffentlichungen
wird hiermit zur ausführlicheren
Beschreibung des Standes der Technik, mit dem die vorliegende Erfindung
in Zusammenhang steht, durch Bezugnahme in die vorliegende Anmeldung
auf genommen.
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BEISPIEL 1: DNA-Konstrukte
und stabile Transfektion von HEK293-Zellen
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HERG-cDNA
(Genbank-Zugangsnummer: U04270 (SEQ ID NO: 1)) wurde in bamHI/EcoRI-Stellen des
Vektors pcDNA3 (Invitrogen) subkloniert. Dieser Vektor enthält einen
CMV-Promotor und
einen SV40-Promotor, die die Expression der inserierten cDNA (HERG)
bzw. des Neomycinresistenz-Gens antreiben. Die HEK293-Zellen wurden
mit diesem Konstrukt mit einem Calciumphosphatpräzipitationsverfahren (Gibco) oder einem
Lipofectamine-Verfahren (Gibco) transfiziert. Nach Selektion in
800 μg/ml
Geneticin (G418; Gibco) über 15–20 Tage
wurden Einzelkolonien mit Klonierungszylindern gepickt und auf HERG-Strom
getestet. Die stabil transfizierten Zellen wurden in MEM (Minimum
Essential Medium), dem 10% fötales
Rinderserum sowie 400 μg/ml
Geneticin zugesetzt waren, kultiviert.
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Zur
elektrophysiologischen Untersuchung wurden die Zellen durch Trypsinisierung
aus der Kulturschale geerntet, zweimal mit MEM-Standardmedium gewaschen
und auf mit Poly-L-Lysin beschichteten kleinen Petrischalen ausgesät. 1–2 Tage
nach dem Ausplattieren wurden an den Zellen Experimente durchgeführt.
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BEISPIEL 2: Membranpräparationen
von mit dem HERG-Kaliumkanal
stabil transfizierten HEK293-Zellen
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Mit
der HERG-Kanal-cDNA stabil transfizierte HEK293-Zellen wurden in
mit 10% fötalem
Kälberserum und
Antibiotika angereichertem DMEM-Kulturmedium angezogen. Die Zellen
wurden gesammelt und dann in 50 mM Tris-HCl, pH 7,4 unter Verwendung
eines Ultraturrax-Homogenisators homogenisiert, und das Homogenisat
wurde 10 min bei 23.500 × g
in einer Sorvall-Zentrifuge zentrifugiert. Die Zellmembranen wurden
einmal durch erneutes Homogenisieren und Zentrifugieren gewaschen.
Die Membranen wurden in 50 mM Tris-HCl, pH 7,4, suspendiert, in
Portionen aufgeteilt und bei –80°C gelagert.
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BEISPIEL
3: Radioaktive Markierung von Astemizol
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Eine
Lösung
von 4,6 g Astemizol (I) (10 mmol) in einer wäßrigen Lösung von 48% Bromwasserstoffsäure (80
ml) wurde 2 Stunden am Rückfluß gerührt. Man
ließ den
Reaktionsansatz auf Raumtemperatur abkühlen und der gebildete Niederschlag
wurde filtriert und mit Wasser gewaschen. Die Feststoffe wurden
in einem Gemisch aus N,N-Dimethylformamid
(20 ml) und Wasser (20 ml) gelöst
und das Gemisch durch langsames Eintragen einer konzentrierten wäßrigen Ammoniumhydroxidlösung unter
Rühren
alkalisch gemacht. Anschließend
wurde mit Wasser (100 ml) versetzt und der Ansatz 1 h gerührt. Der
Niederschlag wurde abfiltriert und 18 h an der Luft unter Erhalt
von Desmethylastemizol (II) getrocknet.
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Dieser
Menge wurde eine Fraktion entnommen und portionsweise über eine
präparative
HPLC an einer Hypersyl ODS (5 μm)-gebundene-Phase-Säule aus
rostfreiem Stahl (7,1 mm ID × 300
mm) gründlich
gereinigt, so daß astemizolfreies
Desmethylastemizol erhalten wurde. Der Nachweis erfolgte bei 282
nm, und die Elution wurde isokratisch mit Acetonitril-Wasser-Diisopropylamin
(56:44:0,2, v/v) bei einer Fließgeschwindigkeit
von 4,0 ml/min durchgeführt.
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Eine
Fraktion des HPLC-gereinigten Desmethylastemizol (II) (26,7 mg,
60 μmol)
wurde in N,N-Dimethylformamid (1,0 ml) gelöst. Diese Lösung wurde mit 1 N wäßriger Natriumhydroxidlösung (60 μl, 60 μmol) versetzt.
Der Ansatz wurde 25 Minuten bei Raumtemperatur gerührt und
dann zu einer vorgekühlten
Lösung (–78°C) von [33H]-Methyljodid
(370 MBq) in Toluol zugetropft. Der Reaktionsansatz wurde am Vortex-Rührer gemischt
und danach ohne Kühlen
3 Stunden stehengelassen. Das Toluol wurde auf dem Wasserbad bei
40°C aus
dem Reaktionsansatz unter Wasserpumpendruck abgezogen und der Rückstand
portionsweise über
präparative
HPLC wie oben beschrieben gereinigt. Die produkthaltigen Fraktionen
wurden vereinigt und mit Methanol auf 70 ml abgereichert, so daß [3H]-Astemizol
(III) mit einer Gesamtradioaktivität von 198 MBq und einer spezifischen
Aktivität
von 3,14 TBq/mmol (85 Ci/mmol) erhalten wurde.
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BEISPIEL 4: Radioligandenbindungstest
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Membranen
wurden aufgetaut und in Inkubationspuffer (10 nM Hepes, pH 7,4,
40 mM KCl, 20 mM KH2PO4,
5 mM MgCl2, 0,5 mM KHCO3,
10 mM Glucose, 50 mM Glutamat, 20 mM Aspartat, 14 mM Heptansäure, 1 mM
EGTA, 0,1% BSA) rehomogenisiert, und 20–100 μg Protein wurden 60 min bei
25°C mit
oder ohne Kompetitor mit [3H]-Astemizol
inkubiert, wonach eine Schnellfiltration über ein GF/B-Filter unter Verwendung eines
Filtermatel96-Erntegeräts
(Packard, Meriden, CT) erfolgte. Die Filter wurden ausgiebig mit
eiskaltem Spülpuffer
(25 mM Tris-HCl, pH 7,4, 130 mM NaCl, 5,5 mM KCl, 5 mM Glucose,
0,8 mM MgCl2, 50 μM CaCl2, 0,1%
BSA) gespült.
Filtergebundene Radioaktivität
wurde mittels Szintillationszählung
im Topcount (Packard, Meriden, CT) bestimmt, und die Ergebnisse
wurden in Anzahl pro Minute [counts per minute] (cpm) ausgedrückt.
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Zunächst wurden
verschiedene Parameter, einschließlich Puffer, Radioligand und
Verbindung zur Bestimmung nichtspezifischer Bindung, untersucht,
um die optimalen Bedingungen auszuwählen.
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In
einem Sättigungsbindungsexperiment
wurden steigende [3H]-Astemizol-Konzentrationen
mit in Puffer resuspendierten Membranen inkubiert. Nichtspezifische
Bindung wurde in Gegenwart von 10 μM R66204 gemessen (1).
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Die
Wirkung von im Inkubationspuffer vorhandenem BSA und/oder Cyclodextrin
sowie von verschiedenen Arten der Zugabe von Verbindungen vor dem
Experiment wurde untersucht, indem die Bindungsaffinitäten von
22 Referenzverbindungen mit den Elektrophysiologiedaten verglichen
wurden. Dabei wurden die Verbindungen in DMSO gelöst und im
gleichen Lösungsmittel
unter Verwendung einer MultiprobeII-Pipettierstation (Packard, Meriden,
CT) weiter verdünnt.
Die Endkonzentration an DMSO betrug in allen Experimenten 1%. Nach
dieser Analyse scheint es so zu sein, daß Verbindungen direkt aus der
DMSO-Stammlösung
zugegeben werden können.
Versuche, die Löslichkeit
der Verbindungen durch Zugabe von BSA und/oder Cyclodextrin zu erhöhen, führten zu
keiner signifikanten Verbesserung der Korrelation.
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BEISPIEL 5: Voltage-Clamp-Technik
an ganzen Zellen (Patch Clamp)
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Lösungen:
Die Badlösung
enthielt (in mM) 150 NaCl, 4 KCl, 5 Glucose, 10 HEPES, 1,8 CaCl2 und 1 MgCl2 (pH
7,4 mit NaOH). Die Pipettenlösung
enthielt (in mM) 120 KCl, 5 EGTA, 10 HEPES, 4 MgATP, 0,5 CaCl2 und 2 MgCl2 (pH
7,2 mit KOH). Die Verbindungen wurden in DMSO gelöst, so daß jeweils
eine Stammlösung
von 10–2 M
oder 10–1 M
erhalten wurde. Kontroll-(= Badlösung
+ DMSO) und Testlösungen
(= Badlösung +
DMSO + zu testende Verbindung) enthielten 0,3%, 0,1% oder 0,03 DMSO.
Test- und Kontrollösungen
wurden der zu untersuchenden Zelle unter Verwendung eines Y-Röhrensystems
zugeführt,
was den schnellen Wechsel von Lösungen
(weniger als 0,5 s) in der Umgebung der zu untersuchenden Zelle
gestattete.
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Elektrophysiologische
Messungen: Eine Petrischale mit daran gebundenen, HERG exprimierenden HEK293-Zellen
wurde auf der Bühne
eines Patch Clamp Tower befestigt. Zur Beobachtung der Zellen wurde ein
Umkehrmikroskop verwendet. Die Petrischale wurde ständig mit
der Badlösung
bei Raumtemperatur perfundiert.
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Patch-Pipetten
wurden aus Borsilikat-Glaskapillaren unter Verwendung eines horizontalen
Flaming/Brown-Mikropipettenziehers
ohne weitere Feuerpolitur gezogen. Die verwendeten Mikroelektroden
wiesen einen Eingangswiderstand zwischen 1,5 und 3 MΩ auf, wenn
sie mit der Pipettenlösung
gefüllt
waren.
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Der
Membranstrom der Zellen wurde bei verschiedenen Membranpotentialen
mit der Patch-Clamp-Technik mittels eines EPC-9-Patch-Clamp-Verstärkers gemessen.
Die Daten wurden mit den Programmen Pulse und Pulsefit (HEKA), DataAccess
(Bruxton) sowie Igor (Wavemetrics) gesammelt und analysiert. Die
Stromsignale wurden tiefpaßfiltriert
und anschließend
digitalisiert. Das Diffusionspotential (Liquid Junction Potential,
LJP) wurde vor dem Einrichten der Abdichtung elektronisch korrigiert.
Nach Aufbrechen der Membran wurden die Kapazität der Zellen und der Reihenwiderstand
mit dem Stromkreis des EPC-9-Patch-Clamp-Verstärkers ausgeglichen.
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Das
Haltepotential betrug –80
mV. Der HERG-Strom (K+-selektiver Auswärtsstrom) wurde als maximaler
Tail-Strom bei –40
mV nach 2 Sekunden Depolarisation auf +60 mV bestimmt. Die Impulskreislauf-Geschwindigkeit
betrug 15 s. Vor jedem Testimpuls wurde ein kurzer Impuls (0,5 s)
vom Haltepotential auf –60 mV
gegeben, um den Leckstrom zu bestimmen. Nach Aufbau der Ganzzellenkonfiguration
wurde zur internen Perfusion der Zelle mit der Pipettenlösung 5 Minuten äquilibriert.
Danach wurden zur Quantifizierung des HERG-Stroms unter Kontrollbedingungen
5 Minuten lang Testimpulse gegeben. Während das Impulsprotokoll weiterlief,
wurde die Perfusion von der Kontrollösung auf die arzneistoffhaltige
Lösung
umgeschaltet. Die Wirkung des Arzneistoffs wurde nach 5 Minuten
Arzneistoffapplikation gemessen. Pro Zelle wurden eine bis drei (kumulativ
applizierte) Arzneistoffkonzentrationen getestet.
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Parameteranalyse
der Messungen: Ausgehend von einem Haltepotential von –80 mV wurde
der HERG-Strom als maximaler Tail-Strom bei –40 mV nach 2 Sekunden Depolarisation
auf +60 mV bestimmt.
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Während der
ersten 5 Minuten Messung in Gegenwart der Kontrollösung nahm
die Amplitude des HERG-vermittelten K+-Membranstroms mit
der Zeit nach und nach ab (Abbau [rundown]). Um das Ausmaß der Blockierung
durch die Verbindungen korrekt quantifizieren zu können, muß dieser
kontinuierliche Abbau des K+-Stroms berücksichtigt
werden. Daher wurde der zeitliche Verlauf des (bei –40 mV gemessenen)
K+-Stroms exponentiell an die Anfangszeit
von 5 Minuten in der Kontrollösung
angepasst und für
den Rest des Experiments extrapoliert. Diese Extrapolierungen ergeben
die geschätzte
Amplitude des Stroms, wenn kein Arzneistoff appliziert worden wäre. Zur
Bestimmung des Ausmaßes
der Blockierng durch die Verbindungen wurde das Verhältnis des
gemessenen Stroms berechnet, indem die gemessene Stromamplitude
jeweils durch den Wert des angepassten Stroms beim gleichen Zeitpunkt
geteilt wurde.
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BEISPIEL 6: Pharmakologische
Bewertung des Bindungstests
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Zur
pharmakologischen Bewertung des Bindungstests wurden 322 Verbindungen
bei 8 Konzentrationen auf ihre Fähigkeit zur
Hemmung der Bindung von [3H]-Astemizol an
den HERG-Kanal getestet
und pIC50-Werte mittels nichtlinearer Regressionsanalyse
berechnet. Falls pIC50-Werte verfügbar waren,
wurde die Rangordnung (Spearman) der Potencies für Bindung und Patch Clamp verglichen.
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Wurden
im Patch-Clamp-Testverfahren Verbindungen nur bei < 4 Konzentrationen
getestet, wurde sowohl den Bindungs- als auch den Patch-Clamp-Daten jeweils
ein Punktwert („Score") gemäß den folgenden Kriterien
zugeordnet:
Score
1: | pIC50 < 6 oder %Blockade < 50% bei 10–6 M
oder höher |
Score
2: | pIC50
zwischen 6–8
oder Blockade < 50%
zwischen 10–6 und
10–8 M |
Score
3: | pIC50 > 8 oder %Blockade > 50% bei 10–8 M
oder niedriger |
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Die
Rangordnung der Potencies von 42 Referenzverbindungen für die Verdrängung der
[3H]-Astemizolbindung vom HERG-Kanal, korreliert
gut mit den elektrophysiologischen Daten für die funktionelle Blockade des
schnellen aktivierenden verzögerten
Gleichrichter-K+-Stroms (rSP =
0,87) (2).
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Bei
94% der getesteten Verbindungen korrelieren die Bindungsdaten mit
den Patch-Clamp-Daten. In 2% der Fälle erzielte der Bindungstest
einen höheren
Score als der Patch-Clamp-Test, wobei es bei den restlichen 4% umgekehrt
ist, d.h. der Patch-Clamp-Test erzielt einen höheren Score als der Bindungstest.
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Angesichts
dieser guten Korrelation zwischen Bindungsdaten und elektrophysiologischen
Daten kann die Schlußfolgerung
gezogen werden, daß sich
der Radioligandenbindungstest als ein primäres Screening-Werkzeug zur
Vorhersage potentieller kardiovaskulärer Nebenwirkungen verwenden
läßt.
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