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Herstellung von Chlorkalk Es ist bekannt, daß bei der Herstellung
von Chlorkalk durch Einwirkenlassen von Chlor auf Kalkhydrat der Chlorkalk bei einem
gewissen Chlorierungsgrad die Neigung zeigt, feucht zu werden, und zwar durch das
Wasser, das sich bei der Reaktion nach der Gleichung
bildet. Dieser Umstand hat besonders in mechanischen Apparaten zur Folge, daß der
Chlorkalk seine staubige, pulverige Beschaffenheit verliert und sich Klumpen bilden,
die zusammenbacken und zementieren. Das Feuchtwerden des Chlorkalks hat ferner zur
Folge, daß eiserne Apparaturen stark angegriffen werden.
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Man hat schon wiederholt versucht,. durch verschiedene Mittel diese
Schwierigkeiten zu überwinden, z. B. durch sehr langsame Chlorierung oder durch
Zufuhr großer Luftmengen oder durch Chlorieren bei tiefer Temperatur oder durch
Verkleinern der Schichthöhe usw. Aber alle diese Mittel, die nur teilweise zum Ziele
führen, haben verschiedene Nachteile, sei es in der kleinen Leistung der Apparatur
im Verhältnis zu ihrer Größe, sei es in der langen Chlorierungszeit, die eine unvermeidliche
Zersetzung verursacht, und vor allem in dem niedrigen aktiven Chlorgehalt des erhaltenen
Chlorkalks.
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Man hat auch vorgeschlagen, die Chlorierung in Gegenwart von flüchtigen
organischen indifferenten Lösungsmitteln, wie z. B. Tetrachlorkohlenstoff, vorzunehmen,
aber diese Verfahren leiden unter den unvermeidlichen Verlusten des Lösungsmittels,
die das Produkt wesentlich verteuern.
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Es ist auch bekannt, daß der feuchte und mit Klumpen durchsetzte Chlorkalk
sich nur außerordentlich schwer entwässern läßt, so daß Zersetzungen dabei unvermeidlich
sind. Deshalb war bis heute der wasserfreie Chlorkalk nur sehr schwer zugänglich.
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Die Erfindung offenbart nun Mittel, um den Punkt, in welchem der Chlorkalk
während der Chlorierung feucht wird und zur Klumpenbildung neigt, durch verschiedene
Chlorierungs- und Entwässerungsphasen zu überwinden und dadurch wasserfreien Chlorkalk
zu erhalten. Unterwirft man nämlich Kalkhydrat in einem diskontinuierliches Arbeiten:
ermöglichenden Apparat mit Rührwerk der Chlorierung, so verläuft die Reaktion in
der ersten Zeit ohne Bildung von Klumpen. Z. B. ist "der Chlorkalk bei einem Gehalt
von
io °/o aktivem Chlor noch staubig und trocken; bei
2o °f, aktivem Chlor beginnt er, obwohl noch pulverig, doch schon etwas feucht
zu werden; bei 25 °1o wird er noch feuchter, und es beginnen die ersten kleinen
Klümpchen zu erscheinen; über 30 % setzt sich die Klümpchenbildung fort und
erreicht das Maximum bei dem maximalen aktiven Chlorgehalt (37 bis 39 °/o),
wo dann das Produkt naß und teilweise agglomeriert erscheint.
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Nach einem weiteren bekannten Verfahren hat man vorgeschlagen, sogenannten
tropenfesten Chlorkalk in einem einzigen Arbeitsgang herzustellen, wobei in einem
kontinuierlich arbeitenden Apparat an der einen Stelle Kalkhydrat eintritt und an
einer anderen der fertige Chlorkalk austritt. Dieses bekannte Verfahren besteht
darin, daß man mit überschüssiger Luft verdünntes, getrocknetes Chlorgas in dem
kontinuierlich arbeitenden Apparat in Umlauf hält und dadurch eine Entwässerung
des Chlorkalks herbeiführt; dasselbe leidet jedoch an dem Mangel, daß hierbei Chlorierung
und Entwässerung gleichzeitig und kontinuierlich in dem Maße verlaufen, wie das
Reaktionswasser entsteht. Da nun aber die Gegenwart von Wasser für die Reaktion
unentbehrlich ist, so wird bei dieser Arbeitsweise die Reaktionsgeschwindigkeit
der Chlorierung so stark herabgesetzt, daß an einigen Stellen des Apparats das Produkt
vorzeitig trocknet und damit an diesen Stellen die Reaktion völlig zum Stillstand
kommt. In solchem Falle aber tritt ein großer Teil des Chlors unabsorbiert aus dem
Apparat aus, und,der erzeugte Chlorkalk fällt dann niedrigprozentig aus. Diesen
Mangel hat man zwar dadurch zu beheben versucht, daß man vorgeschlagen hat, in die
Chlorierungszone Wasser einzuführen und dadurch einen Stillstand der Reaktion zu
verhindern. Indessen wird durch diese der Entwässerung des Chlorkalks entgegenwirkende
Zuführung von Wasser die Betriebsführung sehr kompliziert, und es ist infolgedessen
auch auf diesem Wege praktisch außerordentlich schwierig, einen wirklich wasserfreien,
hochprozentigen Chlorkalk zu erzeugen.
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Es wurde gefunden, daß man bei Unterbrechung der Chlorierung zu einem
Zeitpunkt, in dem der Chlorkalk zwar etwas feucht, aber noch pulverig ist und vorzugsweise
25 bis 28 °/o aktives Chlor enthält, und sofortiger Anwendung eines Hochvakuums
das gebildete Reaktionswasser leicht und rasch und überraschend bei tieferer Temperatur
als aus dem vollständig chlorierten Produkt abdestilliert. Hierbei wurde noch gefunden,
daß es nicht vorteilhaft ist, das gesamte Reaktionswasser zu entfernen, weil dann
das Produkt nicht mehr weiter mit Chlor reagieren würde, sondern vorteilhaft nur
etwa 4/5 des .gebildeten Wassers.
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Auf diesen teilweise entwässerten niedrigprozentigen, aber staubtrocknen
Chlorkalk läßt man nun erneut Chlor einwirken, wobei überraschenderweise das Chlor
weiteraufgenommen wird, bis das Produkt die gewünschte maximale Menge von 37 bis
39 % aktiven Chlors erreicht und, was besonders wichtig ist, indem es seine
pulverige Beschaffenheit bewahrt. Dies wird dadurch bedingt, daß der größte Teil
des Wassers, das in noch größerer Menge das Zusammenbacken des Chlorkalks verursacht
hätte, rechtzeitig entfernt wurde.
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Das in beschriebener Weise erhältliche Produkt ist pulverig, trocken
und schon teilweise entwässert und kann, weil stabiler und homogener als der gewöhnliche
Chlorkalk, schon als solches direkte praktische Anwendung finden. Behandelt man
jedoch dieses Produkt sofort nach seiner Herstellung im selben Apparat nochmals
unter Hochvakuum, so läßt es sich infolge seiner besonderen chemischen und physikalischen
Beschaffenheit ohne merkliche Zersetzung vollständig entwässern, wodurch man einen
wasserfreien, hochprozentigen, stabilen und pulverigen Chlorkalk erhält.
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Die kombinierten alternativen Chlorierungs- und Entwässerungsphasen
bringen somit große Vorteile bei der Herstellung von Chlorkalk. Die Unterteilung
der Hochvakuumentwässerung in zwei Phasen, d. h. bei 213 der Chlorierung und ain
Ende derselben, bietet auch gegenüber der bekannten einmaligen Hochvakuumentwässerung
des fertig chlorierten Chlorkalks die überraschende Neuheit, daß das Wasser des
213 chlorierten Chlorkalks sich sehr leicht und sehr rasch und bei verhältnismäßig
niedriger Temperatur entfernen läßt. Dies erklärt sich durch die Beobachtung, daß
die Wasserdampfspannung des 2/3 chlorierten Chlorkalks bedeutend größer ist als
die Dampfspannung des fertig chlorierten Chlorkalks.
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Es wurde ferner gefunden, daß die verschiedenen Phasen der Chlorierung
und der Hochvakuumentwässerung vorteilhaft und alternativ in einem einzigen mechanischen,
diskontinuierlich arbeitenden Apparat ausgeführt werden können, der einen Doppelmantel
und ein Rührwerk mit Rohrwelle hat, die beide mit Umlauf von kaltem bzw. warmem
Wasser für die Regulierung der Reaktionstemperatur und für die Hochvakuumtrocknung
versehen sind.
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Der derart erhältliche Chlorkalk ist überraschend schwer. Das Gewicht
pro Volumeneinheit ist größer als i, während alle anderen Chlorkalksorten eine scheinbare
Dichte von etwa o,6 haben.
Beispiel 63 Teile Kalkhydrat werden in
einem Rührwerkapparat bei einer Temperatur von etwa q.o° chloriert, wobei die Temperatur
durch Wasserzirkulation geregelt wird. Nachdem 25 Teile Chlor absorhiert sind, d.
h. wenn das Produkt 28,q. °1o aktiven Chlors aufweist, stellt man die Chlorierung
ab und erzeugt sofort ein Hochvakuum (15 bis 20 mm Hg) bei einer Temperatur von
38 bis 4o°, wodurch rasch 5 Teile Wasser aus dem Chlorkalk verdampfen. Hierauf stellt
man das Hochvakuum wieder ab und nimmt bei einer Temperatur von -.o° die unterbrochene
Chlorierung wieder auf, bis noch etwa 12 Teile Chlor absorbiert worden sind. Der
so erhaltene Chlorkalk weist 3811, aktiven Chlors und nur noch 4,4 °/o Wasser auf.
Man erzeugt nun wieder ein Hochvakuum (15 bis 20111m Hg) und entwässert bei 46 bis
q.8° das Produkt vollständig durch Abdampfen von q. Teilen Wasser. Auf diese Weise
erhält man 9i Teile wasserfreien pulverförmigen Chlorkalks mit etwa ,4o °%o aktivem
Chlor und mit einem Gewicht pro Volumeneinheit von etwa 1,15.
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Die wesentlichen praktischen Vorteile dieses neuen Verfahrens gegenüber
den in Bleikamtnern oder verschiedenen bekannten mechanischen kontinuierlichen Systemen
verlaufenden Verfahren sind die folgenden. Das neue Verfahren, das diskontinuierlich
zu arbeiten erlaubt, ermöglicht die Chlorierung in einem einfachen eisernen Rührapparat,
in welchem man die Reaktion in jedem Augenblick beherrscht, weil man die ,Temperatur
beliebig regeln kann und die Chlorierung sich gleichzeitig und gleichmäßig auf die
gesamte Kall:hydratmenge erstreckt und weil das rechtzeitige Entfernen des Reaktionswassers
bei etwa 2/'s der Reaktion eine Korrosion des Apparats unmöglich macht.
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Mit dem neuen Verfahren, das mit jeder beliebigen Chlorkonzentration
ausgeführt werden kann, erhält man unmittelbar einen wasserfreien Chlorkalk in Pulverform,
der auch bei den hohen Temperaturen der Tropen außerordentlich stabil ist.
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Ein derartiges Produkt ist nach allen anderen Verfahren nur außerordentlich
schwer erhältlich, und sein hohes spezifisches Gewicht ergibt eine große Ersparnis
an Verpackungsspesen und ist insbesondere für Schiffsladungen von großer Bedeutung.