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Verfahren zur Zerlegung von Flüssigkeitsgemischen in ihre Bestandteile
Es ist bekannt, die Zerlegung eines Flüssigkeitsgemisches in seine Bestandteile
oder Bestandteilgruppen durch Rektifikation durchzuführen. Dabei macht man von der
Tatsache Gebrauch, daß der Dampf eines Flüssigkeitsgemisches eine Zusammensetzung
hat, die im allgemeinen von der Zusammensetzung derjenigen Flüssigkeit abweicht,
m der er sich im Gleichgewicht befindet. Durch geeignete Anwendung des Gegenstromverfahrens
zwischen Dampf-und Flüssigkeitsphase kann man bei diesen bekannten Verfahren theoretisch
die einzelnen reinen Bestandteile oder Bestandteilgruppen des zu zerlegenden Flüssigkeitsgemisches
erhalten: in der Praxis gelingt es, das theoretisch mögliche Resultat annähernd
zu erreichen. Erhitzung und Abkühlung spielen bei diesem bekannten Verfahren eine
große Rolle.
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Man hat deshalb aus wärmewirtschaftlichen Gründen auch schon vorgeschlagen,
einem Flüssigkeitsgemisch mittels einer Rilfsflüssigkeit einen oder mehrere Bestandteile
durch Extraktion zu entziehen. So ist es z. B. in der Petroleumtechnik üblich. gewisse
Petroleumfraktionen einer Behandlung mit flüssigem SO, zu unterwerfen, wobei sirh
dann eine Gruppe von aromatischen Bestandteilen in SO löst und mit dieser Flüssigkeit
entfernt werden kann. Diese und ähnliche gegebenenfalls nach dem Gegenstromprinzip
arbeitende Verfahren sind insofern nicht rationell, als keine vollständige Trennung
zwischen den verschiedenen Komponenten erreicht wird, d. h. sie führen nicht zu
einer wirklichen Zerlegung des Flüssigkeitsgemisches.
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Es wurde nun gefunden, daß eine Zerlegung von Flüssigkeitsgemischen
durch Extraktion recht gut möglich ist, wenn man nicht von einer, sondern zu gleicher
Zeit von zwei Extraktionsflüssigkeiten ausgeht. Diese Extraktionsflüssig, rkeiten
werden so gewählt, daß sie gegenseitig schlecht, wenn möglich überhaupt nicht, löslich
sind, während das Verhältnis. in dem die verschiedenen Bestandteile oder Bestandteilgruppen
des zu trennenden Flüssigkeitsgemisches sich über die zwei Extraktionsflüssigkeiten
verteilen, vorzugsweise so verschieden wie möglich ist. zweiter ist es nötig, die
zwei Extraktionsflüssigkeiten im Gegenstrom aneinander entlang
oder
durcheinander zu führen, wobei man von der Schwerkraft Gebrauch machen kann, und
dies um so besser, je größer der Unterschied der spezifischen Gewichte der beiden
Extraktionsflüssigkeiten ist.
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Der Unterschied der spezifischen Gewichte der Extraktionsflüssigkeiten
ist aber kein wesentlicher Faktor, da es für die Ausübung des neuen Verfahrens nur
erforderlich ist, daß die sich im Gegenstrom zueinander bewegenden Extraktionsflüssigkeiten
befähigt sind, die in ihnen gelösten Stoffe des zu zerlegenden Flüssigkeitsgemisches
gegenseitig auszuwechseln. Hierzu braucht man aber keine direkte Berührung der Extraktionsflüssigkeiten;
es genügt auch, wenn man die Extraktionsflüssigkeiten, ohne von der Schwerkraft
Gebrauch zu machen, zu beiden Seiten einer Diffusionsmembran entlang führt, durch
die hindurch die gelösten Stoffe durch Diffusion zur Auswechselung kommen können.
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Dann kann man auch Flüssigkeiten mit gleichem spezifischen Gewicht
als Extraktionsflüssigkeiten verwenden.
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Man kann das Verfahren nach der Erfindung kontinuierlich oder unterbrochen
durchführen. Bei derkontinuierlichen Dul chführung des Verfahrens durchläuft das
Flüssigkeitsgemisch hintereinander eine Anzahl von Vorrichtungen, in denen jedesmal
einer der Bestandteile oder eine Gruppe der Bestandteile abgetrennt wird. Die zu
trennende Mischung wird dazu in einer bestimmten Höhe in einen mit Flüssigkeit gefüllten,
senkrechten Waschturm eingeführt. Die Füllung des Waschturmes besteht zu Beginn
aus einer Mischung der zwei Extraktionsflüssigkeiten, die man herstellt, indem man
von oben in den Turm die eine, spezifisch schwerere und von unten die andere, spezifisch
leichtere Extralrtionsflüssigkeit einfiihrt. Läßt man nun das zu zerlegende Flüssigkeitsgemisch
beispielsweise in der Mitte des Turmes zufließen, dann wird es an die beiden Extraktionsflüssigkeiten
die in ihnen löslichen Bestandteile oder Bestandteilgruppen abgeben. Beim weiteren
Aneinandervorbeiströmen oder Durcheinanderströmen der beiden Extraktionsflüssigkeiten
wird nun n das zu zerlegende Gemisch in zwei Gruppen von Bestandteilen getrennt.
Nachdem die schwerere Extraktionsflüssigkeit den Waschturm durchströmt hat, wird
sie mit dem in ihr gelösten Bestandteil oder Bestandteilgemenge unten aus dem Turm
abgezogen.
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Ähnlich wird am oberen Ende des Waschturmes die spezifisch leichtere
ExtI aktionsflüssigkeit mit dem in ihr gelösten Bestandteil oder Bestandteilgemenge
des zu zerlegenden Flüssigkeitsgemisches abgeführt.
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Sodann werden durch Destillation, Rektifikation, Ausfrieren oder in
anderer bekannter physikalischer oder chemischer Art und Weise die Extraktionsflüssigkeiten
von den in ihnen gelösten Komponenten des zu zerlegenden Flüssigkeitsgemisches getrennt;
die so regenerierten Extraktionsflüssigkeiten können wieder im Kreislauf verwendet
werden. Nachdem der gewünschte reine Bestandteil oder das gewünschte Gemenge von
Bestandteilen etbgetrennt worden ist, wird das noch nicht genügend zerlegte Gemisch
- d. h. die ursprüngliche Mischung, befreit vom gewünschten Bestandteil oder Bestandteilgemenge
- in ähnliche Waschtürme geführt, in denen es in gleicher Weise der Einwirkung der
gleichen oder anderer Extraktionsflüssigkeiten ausgesetzt wird. Auf diese Weise
gelingt es schließlich, eine vollständige Zerlegung des Flüssigkeitsgemisches herbeizuführen.
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Bei dem unterbrochenen Verfahren werden aus einer bestimmtep Menge
des Flüssigkeitsgemisches hintereinander in der gleichen Vorrichtung die gewünschten
reinen Bestandteile oder Bestandteilgemenge abgetrennt. Hierbei fällt die fortwährende
Zufuhr des zu zerlegenden Flüssigkeitsgemisches fort; es wird dafür die ganze Menge
des zu zerlegenden Flüssigkeitsgemisches in einen Behälter gebracht, gegebenenfalls
gleichzeitig mit einer der Extraktionsflüssigkeiten. Die im Behälter anwesende Flüssigkeit
wird dann in einen Waschturm gebracht, durch den gleichzeitig die beiden Extraktionsflüssigkeiten
in der oben beschriebenen Art und Weise hindurdgeführt werden. Die Verbindung zwischen
dem Behälter für das zu zerlegende Flüssigkeitsgemisch und dem Waschturm kann z.
B. so hergestellt werden, daß man aus dem Behälter das zu zerlegende Flüssigkeitsgemisch
an irgendeiner Stelle in den Waschturm hineinpumpt und, nachdem es hier durch die
Einwirkung der Extraktionsflüssigkeiten verändert worden ist, an einer in der nächsten
Nähe der Zuleitung liegenden Stelle wieder aus dem Waschturm abzieht und zum Behälter
zurückführt.
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Man vergrößert hierdurch gleichsam an der Berührungsstelle den Inhalt
des Waschturmes um den Inhalt des Behälters, so daß das Flüssigkeitsgemisch im ganzen
mit den Extraktionsflüssigkeiten in Berührung kommt: die verschiedenen Bestandteile
oder Bestandteilgruppen werden dann z. B. durch Regelung der Strömungsgeschwindigkeiten
der Extraktionsflüssigkeiten je nach dem Grade der Löslichkeit der Bestandteile
Xin den gewählten Extraktionsflüssigkeiten nacheinander dem zu zerlegenden Flüssigkeitsgemisch
entzogen, mit der betreffenden Extraktionsflüssigkeit abgezogen und weiter, wie
bei der ununterbrochenen Arbeitsweise beschrieben, verarbeitet.
Als
Verbindungsstelle zwischen Turm und Behälter kann man die Decke, den Boden oder
eine zwischen Decke und Boden gelegene Stelle des Waschturmes wählen.
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Im ersten Fall werden die durch die Zerlegung erhaltenen Bestandteile
oder Bestandteilgruppen nacheinander am Boden abgezogen, im zweiten Falle an der
Decke. Im dritten Falle werden oben sowie unten am Waschturm gleichzeitig die Bestandteile
oder Bestandteilgruppen des zu zerlegenden Flüssigkeitsgemisches gelöst in der entsprechenden
Extraktionsflüssigkeit und, von ihr in bekannter Art trennbar, abgezogen.
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Wenn eine Kombination von zwei Extraktionsflüssigkeiten noch nicht
zu einer genügenden Zerlegung des Flüssigkeitsgemisches führt, kann man die noch
nicht getrennten Gruppen von ähnlichen Bestandteilen in einer zweiten Vorrichtung
der Einwirkung von anderen Extraktionsfiüssigkeitskombinationen unterwerfen.
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Man kann das neue Verfahren mit den Vorgängen vergleichen, die in
einer Rektifikationskolonne vor sich gehen. Statt der dabei in bezug auf ihre Zusammensetzung
von der Flüssigkei;sphase abweichenden Dampfphase tritt beim neuen Verfahren eine
zweite Flüssigkeitspliase auf, die gleichfalls hinsichtlich der zu trennenden Bestandteile
von der ersten Flüssigkeit abweicht. Wie bei der Rektifikation wird die Schärfe
der Trennung beeinflußt durch die Größe der Berührungsfläche zwischen beiden Phasen,
durch die Menge der in der Zeiteinheit hindurchgeführten Phasen, durch das gegenseitige
Verhältnis dieser beiden, durch die Maßnahmen, die verhindern. daß schon getrennte
Komponenten sich wieder miteinander vermischen.
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Ein wesentlicher Vorteil des neuen Verfahrens besteht darin, daß
die Entfernung der Bestandteile nach dem Grad ihrer Löslichkeit statt, wie bei der
Rektifikation, nach dem Grad ihrer Feuchtigkeit erfolgt, wodurch es möglich ist,
durch Veränderungen in der Wahl der Extraktionsflüssigkeiten die Trennung in verschiedener
Weise durchzuführen.
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Schließlich ist noch möglich, daß als eine der Extraktionsflüssigkeiten
auch ein Bestandteil oder eine Gruppe von Bestandteilen, die in dem zu zerlegenden
Flüssigkeitsgemisch anwesend ist, verwendet werden kann. Auch ist es nicht immer
nötig, die beiden Extraktionsflüssigkeiten über die ganze Turmlänge im Gegenstrom
zueinander zu führen.
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Nach dem neuen Verfahren lassen sich Flüssigkeitsgemische beliebiger
Art in einzelne Bestandteile oder Bestandteilgruppen zerlegen. So kann man beìspielsweise
Kohlenwasserstoffgemische, insbesondere schwerer Art, mit Benzin und flüssigem Schwefeldioxyd
als Extraktionsflüssigkeit gemäß der Erfindung zerlegen. Ebenso gelingt die Zerlegung
von Leuchtpetroleum, Gasöl, leichten Schmierölfraktionen mit beispielsweise Methylalkohol
und Schwefelkohlenstoff als Extraktionsflüssigkeiten. Die Erfindung ist jedoch nicht
auf diese Ausführungsbeispiele beschränkt, da das Verfahren ganz allgemein anwendbar
ist.