-
Verfahren zum Behandeln von Bastfasern Das vorliegende Verfahren bezweckt
die Aufschließung von spinnfähig vorbereiteten Bastfasern mit Hilfe von tryptischen
Enzymen nach vorausgegangener, an sich bekannter Degummierung der Bastfasern und
nach dem Waschen, insbesondere zwecks Herstellung von Kotonisat.
-
Die weitgehende entproteinisierende -Wirkung der tryptischen Enzyme
wird nach diesem Verfahren dadurch erreicht, daß die Bastfasern zunächst von den
Pektinstoffen weitestgehend befreit werden, weil diese bei der Enzymbehandlung als
Hemmungskörper wirken bzw. die proteolytische Wirkung der tryptischen Enzyme nicht
zur Geltung kommen lassen. Dabei gelangt man zu grundsätzlich zweierlei Wirkungen:
a) Werden Langfasern oder Langfasererzeug nisse (z. B. fertige Garne) nach dem Verfahren
behandelt, so wird eine Hochveredelung der Faser erzielt, die in der besseren Aufteilung
der Fasern, verbunden mit höherem Glanz und der besseren Bleichbarken, besteht.
-
b) Werden aber Abfallfasern behandelt, so gelangt man zu einem Kurzfasererzeugnis,
dem sogenannten Kotonisat, das nach Baumwollart versponnen werden kann und sich
grundlegend von den Produkten bekannter, mit Hilfe von Enzymen ausgeführter Veredelungsverfahren
unterscheidet.
-
Durch das Verfahren nach der Erfindung wird man in die Lage versetzt,
die großen Mengen anfallender Abfallfasern aus der Bastfasergewinnung und -industrie
zu hochwertigen Textilerzeugnissen zu verarbeiten, was bekanntlich ein bis heute
nicht befriedigend gelöstes Problem ist.
-
Die Behandlung von Bastfasern mit verschiedenen Enzymen oder Enzymlösungen
ist zwar bereits wiederholt beschrieben. Doch ist diese Behandlung bisher ganz anders
ausgeführt worden ' und hat auch zu ganz anderen Wirkungen und Erzeugnissen geführt.
-
So ist vorgeschlagen worden, getrocknete Stengel oder vom Holz befreites
Bast der Pflanzen zur Isolierung und Präparierung von Gespinstfasern mit Ochsenmagen
zu behandeln. Ferner ist vorgeschlagen worden, Rohfasern mit Enzymlösungen zu behandeln
oder animalische und vegetabilische Gespinstfasern mittels Bauchspeicheldrüse zu
degummieren.
-
Diese Verfahren beziehen sich aber nur auf Rohfasern und bezwecken
und erzielen die Degummierung der Fasern, die Befreiung der Fasern von Pektin- und
Harzstoffen sowie von Seidenbast für die Zwecke der Langfasergewinnung. Sie sind
teils Ersatzvorgänge des Röstprozesses, teils solche der Degummierung. Keines derselben
beschreibt die Behandlung der gereinigten, degummierten Bastfaser mit Enzymlösungen
a) zum Zwecke der Befreiung der Faser von den Proteinen, die der Faser hartnäckig
anhaften und die Hochveredelung der Faser außerordentlich erschweren, und b) zum
Zwecke des Kotonisierens.
-
Eine gründliche Degummierung, d: h. möglichst weitgehende Befreiung
der Faser von
Pektinstoffen, ist aber eine notwendige Vorbedingung
für eine _ richtige _ 4nzymierung, weil die auf der Faser befindlichen Pektinstoffe
bei der Fnzymbehandlung"als Hemmungskörper wirken und die Enzyme nicht zur Wirkung
gelangen lassen. Nach einem der erwähnten, auf der Verwendung von Enzymen beruhenden
Vorschläge sollen zwar die Fasern einer Vorbehandlung in einem verdünnten alkalischen
bzw. verdünnten sauren Bade unterworfen und dann erst mit Enzymlösung behandelt
werden. Diese Vorbehandlung ist aber nür einer mechanischen Waschung zur Entfernung
der äußeren Verunreinigungen gleichzustellen, keineswegs aber einer regelrechten
Degummierung, wozu bekanntlich schwach alkalische oder schwach saure Lösungen nicht
genügen, vielmehr ein sehr scharfes Anfassen der Faser mit kochenden oder nahezu
kochenden alkalischen Laugen erforderlich ist, um die Hemmungskörper möglichst restlos
zu entfernen. Von der Herstellung eines Kotonisats ist keine Rede. Demgemäß war
auch aus dieser Veröffentlichung der Grundgedanke der vorliegenden Erfindung, nämlich
die Herstellung von Kotonisat für die Kurzfaserspinnerei nach Baumwollart, ebensowenig
zu entnehmen wie aus den anderen erwähnten früheren Veröffentlichungen.
-
Demgegenüber hat sich nun gezeigt, daß man Bastfasern, die durch Rösten
und die mechanischen Prozesse des Brechens, Schwingens und Hechelns spinnfähig vorbereitet
und alsdann weitestgehend degummiert, d. h. von Pektinstoffen befreit sind, mit
Hilfe von tryptischen Enzymen sehr vorteilhaft in ein Kotonisat verwandeln kann.
-
Es hat sich weiter als vorteilhaft erwiesen, das Fasergut in einem
alkalischen, z. B. sodaalkalischen heißen Bade zu degummieren, das vorteilhaft noch
Zusätze von organischen Stoffen enthält, z. B. von vorzugsweise, z. B. mit Hilfe
von Seife, Sulfoleaten, naphthensauren Alkalien u. dgl. wasserlöslich gemachten
oder fein suspendierten Kohlenwasserstoffen der Fett-oder Benzolreihe, chlorierten
oder hydrierten Fett- oder Benzolkohlenwasserstoffen, Naphthaprodukten, Phenolen
und ihren Homologen u. dgl. oder Substituenten solcher Verbindungen, wie z. B. Tetrahydronaphthalin,
Hexahydrophenol und den Substituenten, z. B. den Ameisensäure- und Essigsäureestern
der Cyclohexanole u. dgl.
-
Weiter hat es sich als vorteilhaft erwiesen, das mit Enzym behandelte
Fasergut einer weiteren Veredelung durch Bleichen und Weichmachen zu unterwerfen.
Man behandelt z. B. das aufgeschlossene Material in bekannter Weise einmal oder
wiederholt mit Hypochloriten, wobei man zwischen den einzelnen Bleichgängen eine
alkalische Brühung einschieben kann. Zuletzt wird das Kotonisat in geeigneter Weise
mit wasserlöslichen Fetten oder Fettemulsionen weich gemacht. Beispiel ioo kg Flachsabfall
aus der Spinnerei werden mit einer Lösung von 5 bis io kg kalzin. Soda und 2 bis
3 kg Hexahydrokresol (letzteres mit Seife wasserlöslich gemacht), 2 bis 3 Stunden
bei 7o bis 95 ° C unter guter Zirkulation der Flotte gebrüht und hierauf
gut gespült.
-
ioo kg des so vorbereiteten Fasergutes werden dann mit einer schwach
alkalischen Enzymlösung, die etwa 5o bis ioo g technisches Pancreasenzym enthält,
12 bis 24 Stunden bei möglichst 37 bis 38' C unter zeitweiser Zirkulation
der Flotte behandelt.
-
Nach Spülung des so behandelten Fasergutes wird dieses in bekannter
Weise einer Bleiche mit Hypochloriten unterworfen und, je nach dem gewünschten Weißgrade,
die alkalische Brühung und die Bleiche wiederholt. Zuletzt wird gespült, abgesäuert,
entchlort und leicht gefettet.
-
Außer der Flachsfaser eignet sich für das Verfahren insbesondere auch
die Hanffaser.