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Abscheidung von Benzol aus Kokereigas Es ist :bekannt, daß man leicht
kondensierbare Bestandteile aus Gasgemischen durch Kompression oder Ankühlung ausscheiden
kann. Auch für die Ausscheidung von Benzol aus Kokereigas ist ein Verfahren vorgeschlagen
worden, bei welchem das Gas komprimiert, nach Kühlung unter Leistung äußerer Arbeit
expandiert und das entspannte kalte Gas zur Kühlung des komprimierten Gases verwendet
wird. Das Verfahren ist daran gescheitert, daß ein erheblicher Teil des Benzols
(über 1J3 bis 1/2) bei der Entspannung im Expansionszylinder in fester Form ausgeschieden
wurde unter gleichzeitiger Kondensation von Wasserdampf als Eis und die festen Ablagerungen
nach kurzer Zeit den Betrieb der Expansionsmaschine unmöglich machten. Eine weitere
Schwierigkeit wird durch die Anwesenheit von Naphthalin im Kokereigas verursacht,
das sich bei der allmählichen Kühlung des komprimierten Gases in fester Form ausscheidet
und die Rohrleitungen und Kühler verstopft, so daß es sich als notwendig erwies,
das i"raphthalin vor der Benzolgewinnung durch ein mit ensprechenden Kosten verknüpftes
Vorreinigungsverfahren auszuscheiden. Aus diesen Gründen ist bisher die Benzolausscheidung
aus Kokereigas durch Kälte und Druck praktisch nicht ausgeführt worden.
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Durch folgende Erfindung wird die Ausscheidung von Benzol aus Kokereigas
durch Kompression und Abkühlung in einfacher Weise ermöglicht. Das Verfahren besteht
darin, daß das Koksofengas nach Abscheidung von Teer und zweckmäßig von Ammoniak
zunächst auf mäßigen Überdruck von etwa 3 bis 6 Atm. komprimiert wird, welcher Druck
nur in besonderen Fällen zu überschreiten ist, wenn etwa das benzolfreie Gas unter
Überdruck für Fernleitungen benötigt wird. Die Kompressionswärme wird durch Kühlwasser
entfernt, jedoch das Gas nur bis auf eine Temperatur von etwa d.0° C abgekühlt und
bei dieser Temperatur die kondensierten Bestandteile abgeschieden. Durch Versuche
wurde nämlich gefunden, daß der größte Teil des im Gas enthaltenen Naphthalins sich
unter diesen Umständen zusammen mit dem zur Schmierung des Kompressionszylinders
verwendeten Öl und dem aus dem Gas kondensierten Wasser in einer Form abscheidet,
welche ein kontinuierliches Ablassen der Kondensate ohne Gefahr einer Verstopfung
durch festes Naphthalin ermöglicht. Hierzu ist nur notwendig, daß die Temperatur
der Abscheidung über der normalen Kühlwassertemperatur liegt. Das Ablaßrohr für
das naphthalinhaltige Kondensat wird zweckmäßig auf eine Temperatur oberhalb q.0°
C durch einen Heizmantel erwärmt. Falls die verwendeten Gase sehr trocken sind,
kann durch Zusatz von Wasserdampf eine Verdünnung des Kondensates bewirkt werden.
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Die Abscheidung des Naphthalins hat sich auf diese Weise so wirksam
erwiesen, daß das
Gas nunmehr unbedenklich auf tiefere Temperatur
gekühlt werden kann. Als Kältequelle verwendet man zweckmäßig die Entspannung des
Gases selbst unter Leistung von Nutzarbeit. Zu diesem Zweck wird das Gas nach Durchlaufen
eines Gegenstromkühlers in einer Expansionsmaschine oder einer Turbine entspannt.
Das kalte entspannte Gas wird dazu benutzt, um das eintretende komprimierte Gas
im Gegenstrom abzukühlen. Wesentlich ist dabei, Druck, Temperatur und die Abmessungen
der Austauschflächen so zu wählen, daß praktisch (las gesamte Wasser und mindestens
75 °/o, zweckmäßig aber bis zu go %, des gesamten Benzols bereits in den Gegenstroinkühlern
ausgeschieden werden. Der Rest des Benzols scheidet sich nämlich bei der während
der Expansion auftretenden weiteren Abkühlung des Gases in der Maschine in fester
Form aus. Es wurde nun gefunden, daß bei der erwähnten weitgehenden Vorabscheidung
des Benzols ein glatter, störungsfreier Betrieb der Maschine durchzuführen ist,
wenn gleichzeitig ein Lösungsmittel für Benzol von tiefem Gefrierpunkt, z. B. Toluol,
in die Expansionsmaschine eingeführt wird. Hiernach wird eine störende Anhäufung
oder Zusammenballung des Benzols in den toten Räumen des Zylinders oder in den Steuerorganen
vollständig vermieden. Das feste Benzol wird sodann aus dem expandierten Gas zusammen
mit dem Lösungsmittel in einem Abscheider geeigneter Bauart abgeschieden. An Stelle
von Toluol können auch als Äquivalente Dekahydronaphthalin, Trichloräthylen oder
geeignete Gemische von Paraffinkohlenwasserstoffen benutzt werden. Es gelingt auf
diese Weise, durch Anwendung mäßiger Drucke und mäßig tiefer Temperaturen, also
mit verhältnismäßig geringem Energieaufwand, das Benzol praktisch quantitativ zu
gewinnen, jedenfalls in wesentlich höherer Ausbeute als nach dem üblichen Absorptionsverfahren.
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Ein besonderer Vorzug des Verfahrens ist dabei noch, daß es von der
Außen- und Kühlwassertemperatur viel weniger abhängig ist als die Absorptionsverfahren,
welche bei hoher Temperatur bekanntlich einen starken Rückgang der Ausbeute aufweisen.
Nach vorliegendem Verfahren werden ferner die Produkte in einer Reinheit gewonnen,
welche sie nach Raffination unmittelbar verkaufsfähig und jede weitere Destillation
entbehrlich macht.
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Da sich der größere Teil des Benzols bei der Abkühlung des Gases in
fester Form ausscheidet, werden die Apparateteile, in denen diese Abscheidung erfolgt,
doppelt und umschaltbar ausgeführt, um einen kontinuierlichen Betrieb zu ermöglichen.
Man führt also den Gegenstromäustauscher in mehreren testen aus, von welchen einer
gekühlt wird, während gleichzeitig ein zweiter angewärmt wird, um das nach einer
gewissen Betriebsperiode angesammelte Benzol abzuschmelzen. Letzteres kann durch
Einführen von warmem Gas, z. B. von komprimiertem Koksofengas, vor der Abkühlung
erfolgen. Auch der Benzolabscheider nach Austritt des Gases aus der Expansionsmaschine
ist doppelt vorzusehen, so daß das Gas vermöge von Umschaltvorrichtungen durch einen
Abscheider hindurchgeleitet wird, bis die abgeschiedene Benzolmenge ein Wechseln
des Abscheiders erforderlich macht. Statt dessen kann man, wenn man auf die Gewinnung
des hier abgeschiedenen Benzols in reiner Form verzichtet, ein Lösungsmittel, zweckmäßig
das bei der vorhergehenden Abkühlung des Gases selbst abgeschiedene toluolreiche
Gemisch, dazu verwenden, um das bei der Expansion abgeschiedene Benzol in Lösung
zu halten. Zu diesem Zweck wird dann der Abscheider mit einer zur Lösung des Benzols
ausreichenden Menge dieses Toluols gefüllt und dauernd Toluol zugegeben, während
gleichzeitig Benzol-Toluol-Gemisch abgelassen wird.
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Das Benzol-Toluol-Gemisch kann in einfacher Weise wieder durch Destillation
getrennt werden, wobei man zur Beheizung der Destillationskolonne die bei der Kompression
des Gases frei werdende Wärme verwendet.
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Das Verfahren werde an Hand beiliegender Zeichnung erläutert.
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Das zu behandelnde Gas wird im Kompressor i komprimiert und im Kühler
z gekühlt. Die Kühlwassermenge ist je nach ihrer Temperatur so zu regeln, daß im
Abscheider 3 Naphthalin, 01 und Wasser in Form einer Emulsion sich ausscheiden;
das Ablaßrohr vom Abscheider 3 wird mit einem Heizmantel q. umgeben. In einem Kühler
5 mit nachfolgendem Abscheider 6 kann eine weitere Kühlung, sei es durch kälteres
Kühlwasser oder durch andere zur Verfügung stehende Kältemittel, bewirkt werden.
Das Gas durchläuft sodann die Gegenstromkühler 7abzw.7b, die abwechselnd zu gebrauchen
sind.
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Die Anwärmung des nicht in Betrieb befindlichen Astes kann z. B. dadurch
erfolgen, daß das komprimierte Gas stets beide Äste durchläuft, während das zu kühlende
entspannte Gas stets nur durch einen Ast hindurchgeleitet wird. Nach Austritt aus
dem Gegenstromkühler wird das Gas in der Expansionsmaschine g entspannt, in den
Abscheider ioa und Job das kondensierte Benzol abgeschieden und das entspannte
Gas durch die Gegenstromaustauscher 711 und 7v zurückgeschickt, um schließlich bei
i i auszutreten. Wenn die in Ast 7a oder 76 ausgeschiedene Benzolmenge so
groß geworden ist, daß sie den weiteren Durchgang des Gases zu behin.-dern
beginnt,
wird auf den zweiten Ast umgeschaltet und in gleicher Weise bezüglich der Abscheider
roll und iob verfahren. Auf diese Weise ist ein vollkommen kontinuierlicher Betrieb
ermöglicht. Das noch nicht in dem Kühler 2 abgeschiedene Naphthalin, Anthracen usw.
scheidet sich in den Kühlern 5 und 7 zusammen mit dem Benzol ab und wird von diesem
beim Anwärmen aufgelöst.
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Trotzdem kann es gelegentlich vorkommen, daß an irgendeiner Steile
der Apparatur eine Ausscheidung fester Bestandteile eintritt, die die Kontinuität
des Betriebes gefährdet. Solchen Störungen wird nach vorliegender Erfindung dadurch
vorgebeugt, daß man an die durch eine Verstopfung gefährdete Stelle ein Lösungsmittel
einführt. Zu diesem Zweck ist ein mit der Druckleitung des Kompressors in Verbindung
stehender Behälter 12, vorgesehen, in welchem ein Lösungsmittel unter Druck enthalten
ist und von welchem aus Leitungen nach verschiedenen Stellen der Apparatur, mit
Absperrungen versehen, .führen. Bei Verstopfungsgefahr läßt man durch COff ; nen
einer dieser Absperrungen das Lösungsmittel in die Gasleitung unmittelbar vor der
gefährdeten Stelle eintreten. Versuche haben ergeben, daß dabei die gleichen Lösungsmittel
angewandt werden können wie die zur Behebung der Störungen in der Expansionsmaschine
angewendeten; zweckmäßig werden Produkte verwendet, die in der Anlage selbst gewonnen
werden, insbesondere die Toluolfraktion. Der unter Druck stehende Behälter 12 kann
natürlich auch durch eine Flüssigkeitspumpe ersetzt werden. Ebenso können auch die
übrigen Apparateteile in ihrer Ausführung von der schematischen Darstellung der
Figur abweichen. Eine besonders zweckmäßige Anordnung wird durch die Vereinigung
des Kompressors mit dem Expansionszylinder zu einer gemeinsamen Maschine in Tandem-
oder Zwillingsanordnung erzielt und hierbei die bei der Expansion zurückgewonnene
Arbeit zur Entlastung des Antriebsmotors für den Kompressor voll ausgenutzt.