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Einrichtung zum Registrieren einer Orgel oder ähnlicher Pfeifeninstrumente
Bei der Pfeifenorgel, wie sie bis heute gebaut wird,- -erzielt man eine Abwechselung
in der Klangfarbe hauptsächlich dadurch, daß man die Pfeifen der verschiedenen das
Pfeifenwerk zusammensetzenden Stimmen (Pfeifenreihen) verschieden, als Lippen- oder
Zungenpfeifen baut, sie enger oder weiter mensuriert und die Lippenpfeifen mit niedrigem
oder hohem Aufschnitt sowie mit @erschieden geformten Bärten versieht, sie in den
ersten Oberton überblasen läßt usw. Alle diese Maßnahmen bewirken eine Änderung
des Stärkeverhältnisses der den Pfeifenklang zusamrriensetzenden Teiltöne (Partialtöne)
zueinander und somit die Verschiedenheit der Klangfarben der einzelnen Register
oder Stimmen.
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Der Grundgedanke der Erfindung ist nun der, alle Orgelklangfarben
ohne Ausnahme aus ihrem Bestand zu teilen, d. h. aus den für sie jeweils charakteristischen
harmonischen Teiltönen künstlich aufzubauen. Dieser Gedanke ist insofern nicht vollständig
neu, als auch in der gewöhnlichen Orgel Stimmen vorkommen, die ihrer Tonhöhe nach
Teiltöne des Grundklanges vertreten, nämlich die sogenannten Hilfsstimmen ((Quinten,
Terzen, Septimen) und gemischten Stimmen (Mixtur, Kornett usw.). Aber diese Stimmen
dienen fast ausschließlich zur Verstärkung des vollen Werks und treten der Zahl
nach hinter den übrigen Stimmen stark zurück. Im Gegensatt dazu sollen nach der
Erfindung .alle harmonischen Teiltöne der Orgelklänge einzeln durch Pfeifen hervorgebracht
werden und durch deren Zusammenklang für das Ohr der Eindrucke einer einheitlichen
Klangfarbe entstehen.
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Diese Forderung hat eine entsprechende Umgestaltung des Pfeifenwerks
zur Folge. Da jede Pfeife nur einen einzigen Ton im Klange vertritt, muß sie auch
so gebaut sein, daß sie möglichst nur diesen einen Ton hervorbringt, nämlich ihren
eigenen Grundton, ohne Mitklingen harmonischer Obertöne. Dies wird erreicht durch
ausschließliche Verwendung von verhältnismäßig weit mensurierten Labialpfeifen,
die wie gewöhnlich zylindrisch bzw. prismatisch oder auch bauchig (flaschenförmig)
oder kugelig geformt sein können und die außerdem vorteilhaft mit möglichst niedrigem
Winddruck angeblasen werden. Auch überblasende (oktavierende) Pfeifen können mit
Vorteil verwendet werden. Danach unterscheiden sich die einzelnen Pfeifenreihen
im wesentlichen nicht mehr durch die Klangfarbe voneinander, sondern nur noch durch
die Tonstärke, deren Regelung wie üblich durch verschiedenen Windzufluß und entsprechende
Mensurierung der Pfeifen erfolgt.
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Um die Zahl der Pfeifen auf ein Mindestmaß zu beschränken, kann man
sich des sogenannten Transmissionssystems bedienen
mit der Erweiterung,
daß man die einzelnen Pfeifenreihen nicht nur in verschiedenen Oktavlagen unabhängig
voneinander an die verschiedenen Klaviaturen (Manuale, Pedal) anschalten kann, sondern
in allen Tonlagen, die den harmonischen Teiltönen des Grundklanges bis zu einer
gewissen Höhe hinauf, etwa bis zum zehnten Teilton, ganz oder doch nahezu in der
Tonhöhe entsprechen. Dies hat noch den weiteren Vorteil, daß in dem Pfeifenwerk
der Orgel zwei oder mehr Pfeifen gleicher Tonhöhe, Mensur und Windverhältnisse,
welche beim Zusammenklingen Störungen durch Interferenz hervorrufen könnten, nicht
vorkommen. Versuche haben das überraschende Resultat ergeben, daß man außer den
Quint- und Nonenlagen, die dem dritten, sechsten und neunten Teilton entsprechen
und der temperierten Tonhöhe sehr nahe kommen, auch die den Teiltönen 5, i0 und
7 entsprechenden Terz- und Septimenlagen durch Transmission aus ein und derselben
Pfeifenreihe entnehmen kann, welche auch die Grundlage sowie die Oktavlagen in der
bisherigen Ausführungsform der Transmission hervorbringt und dies, trotzdem die
natürlichen Terzen (Teiltöne 5 und io) um % ,Halbton tieferliegen als die
sie hier vertretenden temperierten Terzen. Die Einheitlichkeit der Klangfarben wird
.durch diese Stimmungsdifferenz nicht gestört. Die Temperierung der fünften (und
zehnten) Teiltöne bringt noch den Vorteil mit sich, daß konsonante Akkorde dadurch
beinahe so wohlklingend werden, als würden sie in absolut reiner (natürlicher) Stimmung
aller Töne hervorgebracht. Zur Erzielung bestimmter musikalischer Wirkungen kann
man aber außerdem noch eine oder mehrere Pfeifenreihen in genauer natürlicher Terzstimmung
anordnen zur Hervorbringung des fünften und zehnten Partialtons und des diesen in
der Tonhöhe (Stimmung) sehr naheliegenden siebenten Partialtons in den erforderlichen
Tonstärken.
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Die Zahl der Pfeifenreihen kann weiterhin noch dadurch verringert
werden, daß man dieselben einzeln oder gruppenweise in Schwellkästen nach Art der
bekannten Jalousieschweller einschließt.
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Ein Pfeifenwerk gemäß der Erfindung in Verbindung mit einer entsprechend
ausgebauten Transmissionstraktur ergibt nicht nur bei gleicher Pfeifenanzahl eine
viel größere Mannigfaltigkeit der zu Gebote stehenden Klangfarben als das gebräuchliche
System, sondern ermöglicht auch die Zusammensetzung von ganz neuen Klängen, die
weder auf der gewöhnlichen Orgel noch mittels der übrigen Musikinstrumente hervorgebracht
werden können.
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In den Abbildungen ist eine -Orgel da@-gestellt, die erkennen läßt,
in welcher Weise die Traktur für die Durchführung des Erfindungsgedankens beispielsweise
ausgeführt werden kann. In Abb. i ist die pneumatische Ausführungform der charakteristischen
Teile - Traktur und Windlade K - des Orgelwerkes in einer Teilansicht nach dem Schnitt
A-B .(Abb.2) dargestellt. Abb.2 zeigt die Orgel im Schnitt C-D (Abb. i), Abb. 3
gibt ein Beispiel dafür, wie mehrere Pfeifen in einem Schwellkasten angeordnet werden
können.
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In Abb. i ist der Übersichtlichkeit wegen die Spieltischeinrichtung
nicht mit eingezeichnet; sie kann wie gewöhnlich ausgeführt sein und ist im Schnitt
in Abb. 2 zu sehen. Der vom Spieltisch durch die Röhien i, 2, 3 usw. zugeführte
Spielwind tritt in die Tastenkanzellen i i, 12, 13 usw. der Trakturwindlade ein.
Er könnte auch statt dessen pneumatische Relais üblicher Art bewegen, welche den
Tastenkanzellen frischen Wind zuführen. Über den Tastenkanzellen verläuft senkrecht
zu diesen eine Schar von kleineren Tonkanzellen 2,1, 22, 23 usw., von denen jede
durch eine Röhre 31 mit dem Balg 4i des Windventils 5 1 einer Pfeife in Verbindung
steht. Jede Pfeife hat somit ein unabhängig von :den anderen bewegliches Ventil
und empfängt ihren Wind unmittelbar aus dem gemeinsamen Windkasten 6o; derselbe
erscheint nur in der Abbildung geteilt, bildet aber in Wirklichkeit ein zusammenhängendes
Ganzes. In der Abb. i sind aus der Pfeifenreihe nun die vier herausgezogen, die
z. B. zur Zusammensetzung des Tones C dienen. Zwischen den Tasten- und Tonkanzellen
sind mit Bohrungen 70 versehene Schleifen 81, 82, 83 von der bei der gewöhnlichen
Schleiflade üblicher Art, jedoch in kleineren Abmessungen, angeordnet, welche schräg
verlaufen und in der Ruhelage die senkrecht übereinanderliegenden Bohrungen 9o in
der Decke der Tastenkanzellen und in dem Boden der Tonkanzellen voneinander a1ischließen,
bei Verschiebung aber eine Verbindung zwischen Tasten- und Tonkanzellen derart herstellen,
daß der Wind j e einer Tastenkamelle in j e eine Tonkanvelle treten kann, sobald
die Tastenkanzelle durch den Tastendruck mit Wind gefüllt wird. Um ein Zurücktreten
des Windes aus der Tonkanzelle in eine andere Tastenkamelle zu verhindern (dies
Zurücktreten wäre an sich möglich, sobald zwei oder mehrere Schleifen verschoben
sind), ist jede Bohrung 9o im Boden der Tonkanzellen mit einem Rückschlagventil
(z. B. Lederstreifchen) qo bedeckt. Je nach dem Ort, an dem man die Schleifen in
der Trakturwindlade anbringt, kann man die Reihe der Tastenkanzellen in beliebiger
Weise mit der Reihe der Tonkanzellen verbinden, so daß
ein und dieselbe
Pfeifenreihe in jeder gewünschten Tonlage auf der Tastatur spielbar wird. In der
Abbildung sind fünf Schleifen dargestellt, welche die zugehörige Pfeifenreihe in
der 8'-, 4'-, 223'- und 2'-Tonlage spielbar machen. plan kann entweder jeder
i Pfeifenreihe eine besondere Trakturwindlade vorbeschriebener Art K, M usw. (Abb.
2) zuordnen oder gegebenenfalls über ein und derselben Tastenkanzellnr eihe Tonkanzellenreihen
verschiedener Stimmen gemeinsam an-])ringen. Ferner ist es auch möglich, nicht nur
oberhalb, sondern auch unterhalb der Tastenkanzellen Tonkanzellen anzubringen, wodurch
man gegebenenfalls die Tastenkanzellen erheblich verkürzen kann.
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Bei dem Beispiel nach Abb.2 ist 5 eine Taste, die vermittels eines
Spielventils 6 die Luftzufuhr zum Kana17 und den jeweils angeschlossenen Tastenkanzellen
i i der Trakturwindlade K bzw. einer der darüberliegen- ! den Windladen 111 freigibt.
Über der Tastenkanzelle 11 sieht man die Tonkanzellen 21, 22 usw. und zwischen diesen
und der Tastenkanzelle die Schleifen 81, 82, 83 us-,v., die in bekannter Weise von
Registerzügen bewegt werden können. Der Übersichtlichkeit wegen sind diese nicht
mit eingezeichnet. Über den Trakturwindladen K und M können noch weitere Windladen
angeordnet werden, deren jede mit einer Pfeifenreihe in Verhindung steht.
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Haben beispielsweise die Schleifen der Trakturwindlade K die in Abb.
i wiedergegebene Stellung und soll der Ton C aus Tönen dieser Windlade zusammengesetzt
werden, so wird Taste 5 gedrückt, Ventil 6 hebt sich und läßt den Wind durch Kanal
7 in die Tastenkanzelle i I, voll wo er durch die Löcher der Schleifen 81, 82 USW.
in die Tonkanzellen 21, 21a, 28a, 2,b gelangt. Von da strömt er durch die Rohre
31, 31a, 38a, 31b zu den Blasebälgen 44 4Ia, 4$a, 41v. Die Blasebälge bewegen die
zugehörigen Ventile 51, 51a usw., die den Wind aus dem Kanal 6o in die Pfeifen C,
c, g, c' einlassen. In derselben Weise werden die anderen Töne Cis, D usw. aus Grundton
und Obertönen zusammengesetzt.
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Abb. 3 zeigt, wie eine Reihe von Pfeifen 51 in zwei Schwellkästen
55 und 56 angeordnet werden können, da Klappen 26, 27, 28 und 2,) geöffnet und geschlossen
werden können. Die Klappen werden in bekannter Weis(- durch Registerzüge 36 und
3; bedient. Beispiel einer Disposition der kliilgenden Stimmen für eine kleine Orgel
mit zwei Manualen und Pedal und mit drei Haupt- und zwei Nebenstimmen (letztere
in natürlicher Terzstimmung).
Haupt Ton- Registerzahl |
Einzeln einstellbare Tonlagen |
s timme i N r. stärke einzeln zusammen |
Unterwerk: |
3 - |
1 f 8', 4', 2............................... |
2 mf 16', $', 4', 2213', 2', 013l5', 11/3 ', 01117',
1', 8/91104/ 5' I I |
3 p 8', 4', 22/3', 2', 013/5', 113, 0117'1 1', 819', 04',,'
Io |
Oberwerk: 24 24 |
1 f 8',4'........ ....................... |
2 |
mf 8, @ g21 1 2f, 0=3 - 5 |
2 4. 13> > ,51 .................... 3 p 16', 8', 4',
2213', 2', 013/) ', 11"3', '=1/71a 1', 8 @r9', 04/s' 11 |
Pedal: 18 18 |
1 f 8'................................... 1 |
mf 16'8', 51/3', 4'........................ |
4 |
3 p 161# 8@, 51!3e 41, 31)a', 22%3', °22I7'. 2'. 17/s
, °1315` 10 |
i |
Für das ganze Werk: 15 15 |
- - Terzen-Vertauschung (ersetzt die mit ° be- |
zeichneten Tonlagen durch solche in reiner |
Terzstimmung) ...................... 1 1 |
Gesamtzahl der klingenden Register ...... 5 8 |
Mit Vorteil läßt sich das vorbeschrnebene Erfindungsprinzip auch
zur Neugestaltung solcher Register heranziehen, die ihre Klangfarbe von der Tiefe
nach der Höhe hin allmählich ändern. Bisher wurden diese sogenannten changierenden
Stimmen in der Weise hergestellt, da.ß man den tiefen Pfeifen beispielsweise enge
Mensur und streichenden Ton gab, während man nach der Höhe hin diese Mensur bzw.
Klangfarbe in diejenige eines Flötenregisters übergehen ließ. Gemäß der Erfindung
wird dieser allmähliche Übergang von einer zur anderen Klangfarbe in der Weise bewirkt,
-daß man grundtönig intonierte Pfeifenreihen verschiedener Tonstärke nach oben hin
durchgehend oder erst von einem bestimmten Ton ab allmählich schwächer intoniert,
wobei man dieselben je nach Bedarf von einem bestimmten Ton ab- auch ganz verstummen
lassen kann, während andere Pfeifenreihen gleicher Art umgekehrt in der hohen Tonlage
ihre größte Tonstärke besitzen und nach unten hin, wie eben erörtert, schwächer
werden und gegebenenfalls verstummen. Vorteilhaft wird man dabei gewisse Pfeifenreihen
aus den beiden verschiedenen Gruppen paarweise in ihren Tonstärkeverhältnissen derart
aufeinander abstimmen, daß ein solches Paar, zusammen benutzt, eine gleichförmige
Tonstärke durch den ganzen Tonumfang ergibt.
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Natürlich kann man das Pfeifensystem gemäß der Erfindung auch mit
dem bisher gebräuchlichen verbinden, indem man nach Belieben einzelne oder mehrere
obertönig intonierte Pfeifenreihen, also solche mit ausgesprochener Klangfarbe,
hinzufügt. Diese Verbindung wirkt musikalisch besonders befriedigend, wenn ein Register:
»Terzen-Vertauschung« angeordnet wird, mittels dessen die etwa gerade in Wirkung
befindlichen temperierten Terz- und Septimenlagen jedesmal durch solche in reiner,
natürlicher Stimmung ersetzt werden können, wenn die obertönigen Stimmen erklingen.