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Verfahren zur Darstellung von Phenolbasen der Alkaloidreihe. Phenolbasen
aus Alkaloiden mit Alkoxygruppen sind durch Verseifung mittels Jodwasserstoffs bereits
hergestellt worden (vgl. J. W e r n e r, Monatshefte für Chemie 6, 966
[1885]).
Diese Darstellungsweise liefert aber infolge Zersetzung der Alkaloide geringe Ausbeuten.
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Bekannt ist. auch die Darstellung von Phenolen aus Phenoläthern durch
Verseifung mittels Aluminiumchlorid, wobei gute Ausbeuten erhalten werden.
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Es wurde nun gefunden, daß man Phenolbasen der Alkaloidreihe in sehr
guten Ausbeuten und unmittelbar in fast reinem Zustande erhalten kann, wenn man
Alkaloide mit Alkoxygruppen oder substituierten Alkoxygruppen mit einem Mehrfachen
ihrer Gewichtsmenge an wasserfreiem, sublimiertem Aluminiumchlorid innig mischt
oder in einem geeigneten Lösungsmittel löst und das ,Gemisch oder die Lösung unter
Feuchtigkeitsausschluß auf Temperaturen zwischen i2o bis 2oo° erhitzt, das Reaktionsgut
nach dem Erkalten auf Wasser gießt, ansäuert und, gegebenenfalls nach Entfernung
des Lösungsmittels, das entsprechende Salz der gebildeten Phenolbase entweder unmittelbar
nach kurzem Erwärmen auskristallisieren läßt oder dieses nach bekannten Methoden
abtrennt und es einer besonderen Reinigung unterwirft. Ein solch günstiges Ergebnis
war ohne weiteres nicht vorauszusehen, weil aus dem Verhalten der neutral reagierenden
und gegen Zersetzung unempfindlichen Phenoläther gegenüber dem Aluminiumchlorid
nicht zu entnehmen war, ob diese Verseifungsmethode wegen der basischen Eigenschaften
und der Empfindlichkeit der Alkaloide gegen Verseifungsmittel zu technisch brauchbaren
Ergebnissen führen werde. Man mußte erwarten, daß das Aluminiumchlorid in fast gleicher
Weise wie Jodwasserstoff die Alkaloide zerstören und man daher geringe Ausbeuten
erhalten würde. Das günstige Ergebnis ist daher überraschend.
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Methylimidgruppen werden durch die Aluminiumchloridbehandlung nicht
angegriffen, wie aus dem Verbacken des Laudanosins und Cotarriins hervorgeht. Die
erhaltenen Phenolbasen sind ihrer chemischen Natur entsprechend mehr oder weniger
leicht alkali-, bicarbonat- oder ammoniaklöslich, je nach Zahl der vorhandenen Phenolgruppen;
diejenigen mit vier Phenolgruppen sind äußerst sauerstoffempfindlich.
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Beispiele. i. 3,8 g scharf getrocknetes Papaveraldin «-erden unter
Feuchtigkeitsausschluß mit 3o g wasserfreien Aluminiumchlorids gründlich verrieben;
dieses Gemenge wird rasch in ein
weites, trockenes Reagenzglas gefüllt,
dessen Boden bereits mit etwa o,2 g Aluminiumchlorid bedeckt ist. Das -mit einem
Chlorcalciumrohr verschlossene Reagenzglas wird dann in ein -Bad eingetaucht und
dieses erhitzt. Bei ioo bis i2o° tritt Rotfärbung des Gemenges ein. Unter öfterem
Umrühren mit einem in das Reagenzglas eingeschlossenen spitzen Glasstab, womit die
Masse im Falle des Zusammenbackens zerteilt werden muß, wird das Gemisch eine Stunde
lang bei einer Badtemperatur von iq.o bis i5o° belassen. Nach dem Erkalten, wobei
der Inhalt des Reagenzrohres meist völlig pulverig ist, wird dieser auf 5oo ccm
kaltes, neutrales Wasser gegossen. Die so erhaltene dunkelgefärbte -Flüssigkeit,
worin sich die bröckelig-pulverige Misse nicht löst, wird rasch mit etwa 2o ccm
kalter, im Verhältnis i : i verdünnter Schwefelsäure versetzt, worauf sofort Farbumschlag
in reine Gelbfärbung unter teilweiser Lösung eintritt; durch nicht zu starkes Erwürmen
auf dem Wasserbad wird die gesamte Masse in Lösung gebracht, die alsdann ein völlig
klares, tiefgelbes Aussehen besitzt. Vongeringen Schmutzteilchen.filtriert man warm
ab und läßt, womöglich im Eisschrank, über _@T4cht stehen. Dann saugt man die reichliche
kristalline Abscheidung ab, wäscht mit etwas ;schwefelsäurehaltigem Wasser und trocknet
sie unter dein Lufttrichter. Nach vorsichtigem Einengen auf dem Wasserbad wird aus
dem Filtrat oft noch eine weitere Kristallisation in geringer Menge erhalten. Gewonnen
wurden 3,6 g lufttrockenes,. reines Sulfat des völlig entmethylierten Papaveraldins
von der Zusammensetzung Cg2H240"N,S -j- 6 H20. In Anlehnung an das Papaverolin genannte,
völlig entmethylierte Papaverin soll diese Base den Namen Papaveraldolin erhalten.
Die Ausbeute beträgt 84 Prozent.
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2. 5,o g trocknes Papaverin werden, wie unter i beschrieben, mit 5o
g wasserfreiem Aluminiumchlorid verbacken. Die Temperatur wird unter Rühren sogleich
auf 17o bis 175' gesteigert, wobei das Gemisch bald teigig wird und zusammengeht;
schließlich wird die Reaktionsmasse ziemlich dünnflüssig und nimmt eine graugelbe
Färbung an. Man hält die Temperatur während 2o Minuten bei 17o bis i75° und läßt
sie dann während 5 Minuten auf i5o° sinken, wobei das Gemenge bereits zähe wird.
Hiernach läßt man erkalten, wodurch der Reagenzglasinhalt zu einer steinharten Masse
erstarrt. Diese wird iri zerbröckelten Zustande auf 5oo ccm kaltes, neutrales Wasser
gegossen, das sich dabei dunkel färbt. Nach Ansäuern mit etwa 25 ccm starker Schwefelsäure
(i : i) tritt sofortige Aufhellung der Flüssigkeit, aber nicht Lösung der Reaktionsmasse
ein. Man. erwärmt einige Minuten auf dem Wasserbad, um die vollständige Bildung
des Sulfates zu bewirken, kühlt dann und saugt den körnigflockigen Rückstand ab.
Dieser wird sogleich mit so viel fünfprozentiger Schwefelsäure behandelt, daß sich
darin bis zu einer Temperatur von etwa 9o° alles löst, worauf man heiß filtriert
und die Lösung der Kristallisation überläßt. Das Sulfat kristallisiert rasch in
feinen, langen, weißen, zu Büscheln angeordneten Nadeln, die abgesaugt und mit wenig
schwefelsäurehaltigem Wasser kalt gewaschen werden. Erhalten werden 5,6 g lufttrockenes
Papaverolinsulfat von der Zusammensetzung C32H"0"NZS -i- ioH20. Infolge der ziemlichen
Schwerlöslichkeit des Sulfates wird aus der Kristallisationsmutterlauge fäst nichts
mehr erhalten. Ausbeute 9o Prozent.
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3. i,o g reines, trockenes Brompapaverin wird mit 7,5 g wasserfreiem
Aluminiumchlorid, wie unter i angegeben, 2o Minuten lang bei einer Außenbadtemperatur
von 166 bis 17o° unter öfterem Rühren verbacken. Nach dieser Zeit ist die Masse
klebrig geworden und besitzt bräunliches Aussehen. Das erkaltete und zerkleinerte
Gemenge wird auf Zoo ccm Wasser gegossen, dem rasch 5 ccm starke Schwefelsäure (i
: z) zugesetzt werden. Die . saure- Flüssigkeit wird etwa '/. Stunde
auf .dem Wasserbad erwärmt, bis die eingegossene Masse durchweg körnig geworden
ist. Dann wird nach dem Erkalten abgesaugt. Das so erhaltene Sulfat stellt eine
graue, sandige Masse dar, die sich in allen sauren Lösungsmitteln nicht oder nur
außerordentlich schwer löst; aus großen Mengen -verdünnter Schwefelsäure ist das
Sulfat-wohl umzukristallisieren - für i g werden mehrere Liter benötigt -,. es besitzt
dann aber fast denselben unreinen Zuptand wie zu Beginn der Maßnahme. Man stellt
deshalb das in Alkohol gut lösliche Pikrat her. Man fügt zu diesem Zwecke das rohe.
Sulfat, das in Alkohol allein nicht löslich- ist, zu einer kalt gesättigten, alkoholischen
Pikrinsäurelösung, wovon schon etwa 5o bis roo ccul genügen, um i g Sulfat nach
kurzem Kochen völlig in Lösung zu bringen. Beim Erkalten kristallisiert dann das
reine Pikrat in feinen, gelben Nadeln aus, ohne daB ihm noch Sulfat beigemengt ist.
Man erhält auf diese Weise 1,49 lufttrockenes, reines Brompapaverolinpikrat der
Formel CZZH"O11N@Br -(- 3H20, was einer Ausbeute von 9i Prozent entspricht.
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q.. i Gewichtsteil Chinin wird in 30 Raumteilen trockenem Nitrobenzol
bei 6o bis 70° gelöst und hierzu 5 Gewichtsteile wasserfreies Aluminiumchlorid hinzugefügt,
das sich ebenfalls klar löst. Die Lösung wird unter Chorcalciumverschluß und öfteremUmrühren
während :25 Minuten auf einer Temperatur von
13o bis 135' erhalten
und dann erkalten gelassen. Hiernach gießt man die braune Reaktionsflüssigkeit in
15o Teile Wasser, säuert mit 5 Raumteilen verdünnter Schwefelsäure (i : i) an und
entfernt das Nitrobenzol durch Ausschütteln. Die Aufarbeitung kann nun derart erfolgen,
daß man die Phenolbase aus der sauren wässerigen Lösung, gegebenenfalls nach kurzem
Schütteln derselben mit Tierkohle, als Pikrat fällt und dieses auf bekannte Weise
zerlegt. Die Phenolbase wird aus der anfallenden salzsauren Lösung, gegebenenfalls
nach dem Entfärben mit Tierkohle, 'durch vorsichtigen Ammoniakzusatz in Form reinweißer
Flocken gefällt. Ihre alkoholische Lösung ist linksdrehend. An Hand ihrer Eigenschaften
und Reaktionen gibt sie sich als das bekannte Apochinin zu erkennen. Ausbeute 9o
bis 95 Prozent der Theorie.
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5. Die Verseifung von Hydrochinin geht unter Verwendung der beim Chinin
angegebenen Mengenverhältnisse und Arbeitsweise analog vor sich. Wird hier die Reindarstellung
der Phenolbase ebenfalls über das Pikrat vorgenommen, so ist beim Zerlegen desselben
infolge der Schwerlöslichkeit des Chlorhydrats mehr Wasser zu verwenden. Die erhaltene
Phenolbase ist in alkoholischer Lösung ebenfalls linksdrehend und zeigt die Reaktionen
des bekannten Hydrocupreins. Ausbeute 75 bis 8o Prozent der Theorie.
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6. 6,o g trockenes Laudanosin werden mit 45 g wasserfreiem Aluminiumchlorid,
wie unter i angegeben, 2o Minuten lang bei 16o bis 165° (Außenbadtemperatur) unter
öfterem Rühren verbacken. Die Reaktionsmasse klebt zusammen und färbt sich braun;
beim Abkühlen wird sie hart. Nach dem Erkalten gießt man vorsichtig auf i8o ccm
Eiswasser und säuert gleichzeitig mit i8 ccm verdünnter Schwefelsäure (i : i) an.
Man erwärmt etwas, wobei das Sulfat zum Teil in Lösung geht, sich aber beim Erkalten
wieder abscheidet und dann kristallinisch und von grauer Farbe ist. Das Sulfat wird
aus heißer fünfprozentiger Schwefelsäure evtl. unter Ver-Wendung von Tierkohle umkristallisiert,
wodurch es in kompakten, harten, weißen Kristallkrusten gewonnen wird. In etwa 85prozentiger
Ausbeute erhält man so das Sulfat des völlig entrnethylierten Laudanosins, das als
Laudanosolinsulfat zu bezeichnen ist und die Zusammensetzung C34H4oO121\2S -j- 4H20
besitzt.
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7. 1 Gewichtsteil getrocknetes, salzsaures Cotarnin wird mit 7 Gewichtsteilen
Aluminiumchlorid feinst zerrieben und das Gemenge 25 Minuten lang auf 135 bis 14o°
erhitzt, wobei die Masse braun und klebrig wird, um bei nachherigem Abkühlen völlig
zu erstarren. Sie wird hiernach auf 3o Teile Eiswasser gegossen, das dabei mit 6
Raumteilen verdünnter Schwefelsäure i : i angesäuert wird, wonach man kurz erwärmt
und das Gemisch sich selbst überläßt. Das Sulfat der Phenolbase scheidet sich als
heller Schlamm ab, der abgesaugt und aus fünfprozentiger Schwefelsäure umkristallisiert
wird. Das Sulfat des völlig entalkylierten Cotarnins, das in Anlehnung an die vorhergehenden
Phenolbasen als Cotarnolinsulfat zu bezeichnen ist, kristallisiert aus der schwefelsauren
Lösung beim Erkalten in feinen, dichten und hellgelben Nadeln von der Zusammensetzung
CZ@H"01oN2S + 2H20, die sich zwischen 265 bis 27o° unter Sehwärzung zersetzen. Die
Ausbeute beträgt 75 bis 8o Prozent der Theorie.