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Verfahren zur Herstellung von Photographien, welche an Stelle des
geschwärzten Silbers des Schwarzweißsilberbildes Farblösungen oder Lösungen anderer
Stoffe tragen. Die Eigenschaft der bekannten Ozobrom-und Bromöldrucklösungen, bei
Ausbleichung des Schwarzweißsilberbildes zu gleicher Zeit die Gelatine an den Bildstellen
zu gerben und unlöslich zu machen, wurde bisher bei dem Ozobromdruck, beim Bromsilberpigmentdruck
sowie bei der Pigmentgravüre angewendet, um nach der Bleichung die weich gebliebene
Gelatine in warmem Wasser zu entfernen und so ein Pigmentpositiv zu erhalten. Beim
Bromöldruck dagegen wurde nach dem Bleichen und Trocknen die Gelatineschicht erneut
in Wasser gebadet, wobei sich die weich gebliebene Gelatine voll Wasser saugte und
sodann bei der weiteren Behandlung des Bildes mit Fettfarben auf diese abstoßend
wirkte, während die gegerbte Gelatine dieselben annahm und so das Bild entstehen
ließ.
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Im folgenden soll nun ein Verfahren beschrieben werden, welches ebenfalls
die gerbende Wirkung der Bleicher benutzt, aber mit dem Unterschiede, daß dieselbe
hier zum Festhalten von Stoffen benutzt wird, welche vor oder nach der Bleichung
in Form einer Lösung in die Gelatine eingetragen wurden.
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Fast alle chemischen Reaktionen rufen physikalische Begleiterscheinungen
hervor. So bewirkt die Bleichung des Schwarzweißsilberbildes, daß sich die Gelatine
an den Bildstellen. gerbt, d. h. die vorher poröse oder weiche Gelatine wird an
diesen Stellen in sich fester zusammengezogen, sie verliert ihre Löslichkeit, und
ihre Poren schließen sich oder werden doch bedeutend kleiner; sie. ist jetzt imstande,
Stoffe oder deren Lösungen besser festzuhalten als die weiche und poröse Gelatine.
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Jede Lösung ist ein System fein verteilter Stoffe. Sie besteht aus
dem Lösungsmittel (Wasser, Alkohol usw.) und dem in Moleküle zerteilten Stoff, welche
gleichmäßig verteilt in ihm schweben.- Je größer die Moleküle-, sind, desto besser
werden sie von der gegerbten Gelatine festgehalten.
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Diese Eigenschaft der gegerbten Gelatine soll nun an einigen photographischen
Verfahren angewandt und beschrieben werden.
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Das Positiv einer Gelatine-Silber-Emulsion wird mit einer der bekannten
Bromöldruck-oder Ozobromdrucklösungen (Kupfervitriol oder rotes Blutlaugensalz +
Bromkali +Kaliumbichromat) gebleicht, ausfixiert, gewässert und die gesamte noch
feuchte oder trockene Schicht mit einer Anilinfarbstofflösung eingefärbt. Nach dem
Trocknen wird gewässert; dabei geht die Anilinfarbe aus den weich gebliebenen Teilen
der Gelatine heraus, während sie von den gegerbten Stellen mehr oder weniger festgehalten
wird, je nach dem Grad der Abstufung. Es eignen sich dazu besonders saure Farbstoffe.
Von
diesen lassen sich die leicht löslichen Farbstoffe, wie Patentblau,
Tartrazin, Neucoccin, Echtbraun o usw., sehr leicht auslösen, während schwerer lösliche
Farbstoffe, wie z. B. saures Wollblau, Brillant-Crocein, Viktoriagelb usw., die
Gelatine langsamer verlassen. Man kann dadurch die verschiedensten Farbeneffekte
hervorrufen. Badet man die gegerbte Gelatine in einer Mischungslösung von einem
leicht löslichen und einem: schwerer löslichen Farbstoff, so bleibt in den Lichtern
der schwer lösliche Farbstoff stehen, während die Tiefen noch das Gemisch enthalten.
Auch durch Baden in verschiedenen Farblösungen nacheinander erzielt man derartige
Effekte, da die Farbe des ersten Bades die Gelatine im zweiten Bade langsam verläßt,
an deren Stelle dann die zweite Farbe tritt.
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Aber nicht nur Anilinfarblösungen, sondern überhaupt wässerige, alkoholische
oder sonstige Lösungen irgendwelcher Stoffe werden durch die gegerbte Gelatine festgehalten,
so z. B. auch eine Lösung von Kaliumbichxomat. Nach Einfärbung der mit dem Bromöldruckbleicher
gegerbten G.elatineeinulsion mit dieser Lösung, Trocknen und kurzer Auswässerung
enthält dieselbe ein Kaliumbichromatbild, d. h. die Tiefen enthalten sehr viel,
die Lichter nur sehr wenig Kaliumbichromat. Nach dem Trocknen wird das Bild ohne
Negativ dem Licht ausgesetzt, - Zeitdauer unbegrenzt, da eine Überbelichtung unmöglich
ist, und wird die Gelatine entsprechend dem Gehalt an Kaliumbichromat nochmals ganz
energisch nachgehärtet, so daß sie jetzt erst für verschiedene photographische Kopierverfahren
verwendbar ist.
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Wird z. B. ein derartig behandeltes Positiv mit sauren Farbstoffen
eingefärbt und ausgewässert, so ist die Färbung eine bedeutend intensivere als nach
der Gerbung mit dem Bromöldruckbleicher allein. Dies zeigt sich auch besonders gut
bei der Behandlung von Negativen mit Farbstoffen, welche die Eigenschaft haben,
die gegerbte Schicht nicht anzufärben. Solche Farbstoffe sind z. B. Methylenblau
(basisch). oder eine ganze Reihe von substantiven Farbstoffen, welche von den einzelnen
Farbenfabriken verschieden bezeichnet werden (Dianil-, Diamin-, Benzofarben usw.).
Die Höchster Farbwerke haben aus der großen Anzahl von Farbstoffen mit dieser Eigenschaft
solche herausgesucht, welche sich besonders durch Lichtechtheit auszeichnen, und
bezeichnen diesesbien als Pinatypiefarbstoffe. Wird eine nur mit dem Bromöldruckbleicher
gegerbte Gelatineschicht mit diesen Farbstoffen eingefärbt; so färbt sie sich auch
stark in der: Lichtern und überschleiert, hauptsächlich wenn das jetzt zum Farbpositiv
umgewandelte Negativ als Druckplatte für Vervielfältigungen auf gelatiniertes Papier
benutzt wird. Wird die Gelatine dagegen, wie oben angegeben, nachgehärtet, so erscheint
das positive Farbbild nicht nur schärfer, sondern bleibt in den Lichtern vollkommen
rein. Man kann danach also vom Aufnahmenegativ, welches, wie oben geschildert, gegerbt
und nochmals nachgehärtet wurde, sofort farbige Abzüge sowie nach drei Teilaufnahmen
naturfarbige Bilder herstellen.
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Ebenso lassen sich derart gebleichte und nachgehärtete Gelatineschichten
auch mit anderen Lösungen behandeln, welche dann z. B. mit einer entsprechend vorbereiteten
Schicht in Berührung gebracht, das farbige Positiv auf demselben hervorrufen oder
auf demselben ein latentes Bild entstehen lassen, das dann entwickelt und fixiert
werden kann.
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Ferner kann man nach dem Verfahren auch Gummi-und überhaupt Leimdrucke
erzeugen. Eine positive Silber-Gelatine-Emulsion wird wie oben gebleicht, darauf
in einer Kaliumbichromatlösung gebadet, welche nach dem Trc.cknen im Dunkeln kurz
ausgewässert wird, so daß dieselbe das Kaliumbichromatbild zeigt. Es wird im Dunkeln
getrocknet und danach oder sofort eine angefärbte Gummi-oder Leimschicht aufgetragen,
das Ganze getrocknet und darauf ohne Negativ dem Licht ausgesetzt. Nach Baden in
kaltem oder warmem Wasser, je nach Art -der Leimschicht, löst sich die ungegerbte
Leimschicht ab, und es bleibt das farbige Leimbild stehen. Ein mehrfacher Überdruck
wie beim Gummidruck erübrigt sich, da das Leimbild von der Rückseite gegerbt wurde
und alle Halbtöne aufweist. -Der- Bromöldruck wird ebenfalls durch das Verfahren
bedeutend verbessert. Wie schon oben ausgeführt, ist die Gerbung der Gelatine mit
dem Bromöldruckbleicher allein keine vollkommene; dies zeigt sich auch bei der Behandlung
von Bromsilberpapieren nach- dem bisher üblichen Bromöldruckverfahren. Die Bromöldrucke
sind größtenteils verschleiert, trübe und haben in den Schatten nicht die nötige
Tiefe, während z. B. Öldrucke ein viel schärferes, klareres Aussehen haben und;satte
Tiefen besitzen. Wird dagegen das Positiv eines Silberbildes, wie oben angegeben,
gebleicht und nachgehärtet, so vereinigt es in sich die Vorzüge des Öldruckes, klarer
und tiefer zu arbeiten, mit denen des Bromöldruckes, eine größere Gradation zu haben.
Es kann natürlich dann -auch umgedruckt werden. = Weiter kann das Verfahren Anwendung
finden auf die Illustrationstechnik, und zwar beim Lichtdruck, wie beim Bromöldruck
angegeben, bei der Photolithographie, dem Zinktl.achdruck usw. durch Umdruck von
gebleich
ten, nachgehärteten und mit Umdruckfarbe eingefärbten Positiven,
bei den übrigen Illustrationstechniken dadurch, daß das gebleichte und nachgehärtete
Positiv oder Negativ (Strichzeichnung oder Rasterkorn) mit einer Druckplatte in
Kontakt gebracht wird, nachdem es vorher in der für diese Druckplatte gebräuchlichen
Ätzlösung gebadet und kurz gewässert wurde.
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Schließlich ist das Verfahren auch auf die direkte Farbenphotographie
anwendbar. Angenommen, eine panchromatische Platte würde mit gelben, roten und blauen
Farbstoffen eingefärbt, die sich zu Schwarz vereinigen, oder um eine zu enge Vermischung
der Farben zu vermeiden, würden Gelatinelösungen getrennt gelb, rot und blau angefärbt
auf einer Glasplatte oder einem Film vereinigt und das Ganze mit Silber und panchromatisch
sensibilisiert. Würde man nun z. B. eine Aufnahme von einem roten Hausdach machen,
so dringen nur rote Lichtstrahlen in die Schicht, welche wiederum nur die rot gefärbten
Bromsilberteilchen beeinflussen, also nur diese würden sich bei der nachfolgenden
Entwicklung schwarz färben. Es würde dann ausfixiert, gewässert und darauf ausgebleicht
evtl. nachgehärtet. Da die Schicht Silber, Gelatine und Farbe in enger Verbindung
trägt, so würde demnach nur die rot gefärbte Gelatine gegerbt werden, und man könnte
dann die übrigen Farbstoffe durch Wässern entfernen. Man würde also ein rotes Negativ
erhalten. Das Verfahren würde sich in gleicher Weise bei Aufnahmen von blauen oder
gelben Gegenständen wiederholen, -und schließlich müßte somit auch eine Aufnahme
von allen möglichen Mischfarben, d. h. eine Naturaufnahme, gelingen, von der man
in gleicher Weise Positive herstellen könnte. Da zu befürchten ist, daß die Farben
vor der endgültigen Fertigstellung des Bildes dasselbe bereits infolge der vielen
Auswässerungen verlassen haben, so könnte man alkohol- oder ätherlösliche Farbstoffe
wählen, die dann mit der ihnen entsprechenden Lösung am Schluß entfernt werden.
Ebenso dürften nur solche Farbstoffe gewählt werden, die nicht durch den Bleicher
fixiert werden, oder müßte letzterer entsprechend angepaßt werden. Auch wäre es
möglich, die Farben überhaupt in der Gelatineschicht zu fixieren und nach der Entwicklung,
Bleichung usw. durch eine Lösung, welche nur in die weich gebliebene Gelatine eindringt,
die Fixierung der Farben auszulösen.