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Die Erfindung betrifft ein neues Verfahren zur Herstellung von 3-oxygenierten
11ß-Hydroxy-1,4-pregnadienen durch Einwirkung eines Sauerstoffs einführenden und
dehydrierenden Stammes von Bacillus cereus oder von Sauerstoff einführenden und
dehydrierenden Enzymen, die durch Mikroorganismen der Species Bacillus cereus erzeugt
worden sind, auf 3-oxygenierte 4-Pregnene mit mindestens einem Wasserstoffatom in
der 1-, 2- und 11ß-Stellung.
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Die Entdeckung der bemerkenswerten therapeutischen Wirksamkeit von
Prednisolon und damit verwandten Verbindungen mit einer Doppelbindung in der 1(2)-Stellung
und einem Hydroxysubstituenten am Kohlenstoffatom 11 hat ein Interesse an der Auffindung
einfacher und vorteilhafter Methoden zur Herstellung dieser Verbindungen wachgerufen.
Zwei hauptsächliche Schwierigkeiten bei der Synthese von Prednisolon und verwandten
Verbindungen aus technisch erhältlichen Ausgangsstoffen sind die Einführung der
1(2)-ständigen Doppelbindung und die Einführung des 11-ständigen Hydroxysubstituenten.
Es sind zwar verschiedene Methoden zur Synthese dieser Steroide entwickelt worden;
diese Verfahren sind jedoch nicht völlig zufriedenstellend, und man hat daher nach
anderen Methoden gesucht, die zur Herstellung dieser Steroide in hohen Ausbeuten
besser geeignet sind.
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Methoden zur Einführung eines Sauerstoffsubstituenten in Steroide
durch Einwirkung von Mikroorganismen sind an sich bekannt, z. B. die Einführung
von Sauerstoff in die Stellungen 6, 11 oder 14 des Steroidgeriists mit Hilfe von
Mikroorganismen der Ordnung Mucorales. Auch verschiedene Methoden zur DehS-drierung
von Steroiden- in der 1-Stellung sind bekannt, z. B. die in der Literatur beschriebene
Umwandlung von Hydrocortison in Prednisolon mittels Bacillus sphaerisuc.
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Die Erfindung betrifft ein mikrobiologisches Verfahren zur gleichzeitigen
Einführung einer 11ß-ständigen Hydroxygruppe und der 1(2)-Dehydrierung von 3-oxygenierten
4-Pregnenverbindungen in einem einzigen Arbeitsgang. Gemäß der Erfindung bewirkt
Bacillus cereus diese Umwandlung von 3-oxygenierten 4-Pregnenen sowie von alkylierten,
insbesondere methylierten Derivatep derselben zu den entsprechenden 11ß-Hydroxy-1,4-pregnadienen
in hoher Ausbeute. Nach einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Verfahrens wird 4-Pregnen-17a,21-diol-3,20-dion, welches auch als Reichsteinsche
Verbindung S` oder als ' 11-Desoxy-17a-hydroxycorticosteron bezeichnet wird, durch
Einwirkung von durch Mikroorganismen der Species Bacillus cereus erzeugten Enzymen
in Prednisolon umgewandelt. Die Erfindung stellt also ein wertvolles Verfahren zur
Herstellung von Prednisolon und damit verwandten Verbindungen dar.
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Der erfindungsgemäß verwendete Mikroorganismus Bacillus cereus ist
in »Bergey's Manual of Determinative Bacteriology«, 7. Auflage (1957), S. 617 und
618, identifiziert und beschrieben. Stämme von Bacillus cereus, die imstande sind,
die erfindungsgemäße Umwandlung von Steroiden zu bewirken, können aus bekannten
Kultursammlungen bezogen werden. Zum Beispiel ist ein Stamm einer Kultur von Bacillus
cereus, nämlich American Type Culture Collection (ATCC) Nr. 14 737, aus der in Washington,
D. C. (V. St. A.), befindlichen Sammlung erhältlich.
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Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das Ausgangssteroid
der Wirkung von sauerstoffeinführenden und dehydrierenden Enzymen ausgesetzt, die
durch Züchtung eines geeigneten Stammes von Bacillus cereus erzeugt worden sind.
Dies geschieht am zweckmäßigsten durch aerobe Züchtung des Mikroorganismus in einem
geeigneten Nährmedium in enger Berührung mit dem Ausgangssteroid. Die Fermentation
oder das Wachstum des Mikroorganismus wird fortgesetzt, bis die gewünschte 11ß-Hydroxylierung
und 1(2)-Dehydrierung erfolgt ist. Das umzuwandelnde Steroid kann unmittelbar einem
geeigneten Medium zugesetzt werden, das dann mit einem Sauerstoff einführenden und
dehydrierend wirkenden Stamm von Bacillus cereus beimpft und unter aeroben Bedingungen
bebrütet wird. Vorzugsweise wird das Verfahren so durchgeführt, daß man zuerst den
Mikroorganismus in einem geeigneten Fermentationsmedium züchtet, dann das Steroid
zusetzt und die Züchtung des Mikroorganismus unter aeroben Bedingungen so lange
fortsetzt, bis die gewünschte Umwandlung stattgefunden hat.
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Das Steroid kann zu dem Nährmedium als Suspension in einem geeigneten
Mittel, wie Wasser, als Lösung in einem Lösungsmittel, wie Aceton oder Propylenglykol,
oder in feinverteilter Form, z. B. als ultrafein gemahlenes (mikronisiertes) Pulver,
zugesetzt werden. Im allgemeinen ist es erwünscht, daß das Steroid in sehr feinteiliger
Form vorliegt, um die innigste Berührung mit dem Kulturmedium und die Vollständigkeit
der Umsetzung zu gewährleisten.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung kann sowohl mit stationären als
auch mit Submerskulturen des unter aeroben Bedingungen wachsenden Bacillus cereus
durchgeführt werden; für praktische Zwecke ist jedoch am vorteilhaftesten, den Mikroorganismus
unter submersen Bedingungen in einem geeigneten wäßrigen Fermentationsmedium zu
züchten, welches das Steroid enthält. Die Menge an Steroid, die sich nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren umwandeln läßt, richtet sich zum Teil nach den jeweiligen Umgebungsbedingungen,
teils nach dem umzuwandelnden Steroid.
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Die für die Züchtung geeigneter Stämme von Bacillus cereus geeigneten
wäßrigen Nährmedien müssen assimilierbaren Kohlenstoff und Stickstoff sowie geringe
Mengen an anorganischen Salzen enthalten. Um den assimilierbaren Kohlenstoff zur
Verfügung zu stellen, können bei dem erfindungsgemäßen Verfahren die üblichen Stoffe,
wie Glukose, Invertzuckermelasse oder Sachcarose, als Bestandteil des Fermentationsmediums
verwendet werden. Als Stickstoff liefernde Stoffe können die bei technischen Fermentationsverfahren
üblichen Stoffe, wie digeriertes Lactalbumin, bekannt unter der Handelsbezeichnung
»Edamin«, und Maisquellwasser, oder anorganische Stickstoffverbindungen, wie Natriumnitrat
und Ammoniumnitrat, in zufriedenstellender Weise in dem Fermentationsmedium verwendet
werden. Geringe Mengen an anorganischen Salzen, z. B. geeignete lösliche Salze des
Magnesiums, Kaliums, Natriums und Eisens, sind gewöhnlich in den Stoffen enthalten,
die gleichzeitig den assimilierbaren Kohlenstoff und Stickstoff liefern, können
aber auch in-geringen Mengen unmittelbar zu dem Fermentationsmedium zugesetzt werden,
um das Wachstum des Sauerstoff einführenden und dehydrierend wirkenden Mikroorganismus
am stärksten zu fördern.
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Ein Beispiel für ein geeignetes Nährmedium hat die folgende Zusammensetzung:
Fleischextrakt
.......... 1 Gewichtsprozent Glycerin ............... 1 Gewichtsprozent KH2P04 .
. . . . . . . . . . . . . . 0,1 Gewichtsprozent CaC12 . . . . . . . . . . . . .
. . . . 0,15 Gewichtsprozent pH .................... 7,0 Es können jedoch auch andere
Nährmedien verwende werden.
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Der Zusatz geringer Mengen von Schaumverhinderungsmitteln ist zwar
nicht wesentlich, bei einigen Fermentationsmedien aber zweckmäßig, um die höchsten
Ausbeuten am Umwandlungsprodukt zu erzielen. Bei gewissen Fermentationsmedien ist
der Zusatz von Oxazalin, einem nichtflüchtigen kationischen oberflächenaktiven Mittel
vom Typ der Amine, besonders wirksam zur Verminderung der Schaummenge; man kann
jedoch auch mit anderen Schaumverhinderungsmitteln arbeiten, die als wirksam für
diesen Zweck bekannt sind.
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Die als Ausgangssteroide dienenden, in 3-Stellung Sauerstoff enthaltenden
4-Pregnenverbindungen mit mindestens einem Wasserstoffatom in der 1-, 2- und 11ß-Stellung
können sonst unsubstituiert sein oder in verschiedenen Stellungen des Steroidkerns
Substituenten, wie Keto-, Hydroxyl-, Acyloxy-, Halogen oder Alkylgruppen, aufweisen.
Außerdem können diese Ausgangsverbindungen in der 17-Stellung eine Ketolseitenkette,
eine gesättigte oder ungesättigte Kohlenwasserstoffseitenkette oder eine carboxylgruppenhaltige
Seitenkette besitzen. Beispiele für verfahrensgemäß zu verwendende Ausgangssteroide
sind Progesteron, 4-Pregnen-17ca-ol-3,20-dion, Desoxycorticosteron, 4-Pregnen-17a,21-diol-3,20-dion,
5,6-Dichlor-4-pregnen-3ß-ol-20-on, 16ß-Methylverbindung S, 16ca-Methylverbindung
S, 6rx,16,x-Dimethylverbindung S, 16-Methylverbindung S, 2-Methylverbindung S, 6a-Methylverbindung
S, 16x-Hydroxyverbindung S, 6a-Fluorverbindung S.
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Zum Beispiel kann die Verbindung S (4-Pregnen-17ca,21-diol-3,20-dion)
nach der folgenden Verfahrensweise in Prednisolon übergeführt werden: Ein steriles
Kulturmedium, wie eines der obengenannten, wird zunächst beimpft, indem man eine
geringe Menge einer Schrägröhrchenkultur einführt, die einen Sauerstoff einführenden
und dehydrierend wirkenden Stamm von Bacillus cereus enthält. Das beimpfte Nährmedium
wird 24 bis 28 Stunden bei etwa 28'C unter Bewegung in Gegenwart von Sauerstoff
bebrütet. Dann wird eine Lösung der Verbindung S zu dem Fermentationsmedium zugesetzt
und die Bewegung und Belüftung etwa 16 Stunden bzw. bis zur Beendigung der Hydroxylierung
und Dehydrierung fortgesetzt.
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Wenn die Hydroxylierung und Dehydrierung beendet ist, kann das gebildete
11ß-Hydroxy-41,4-steroid aus der Fermentationsflüssigkeit durch Extrahieren mit
einem mit Wasser nicht mischbaren organischen Lösungsmittel, z. B. Chloroform, Methylenchlorid,
Ester von organischen Carbonsäuren, oder aromatische Kohlenwasserstoffe, gewonnen
werden. Die das gewünschte Steroid enthaltende Lösung kann dann eingedampft und
das Produkt durch Umkristallisieren oder nach anderen bekannten Methoden weiter
gereinigt werden.
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Ebenso kann das erfindungsgemäße Verfahren auch durchgeführt werden,
indem man Enzyme, die durch die Fermentation von Bacillus cereus erzeugt worden
sind, mit dem Steroid in Berührung bringt. Zu diesem Zweck können die Enzyme nach
bekannten Methoden aus der Fermentationsflüssigkeit gewonnen und in einem wäßrigen
Medium mit dem Steroid in innige Berührung gebracht werden.
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Die folgenden Beispiele erläutern das Verfahren der Erfindung.
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Beispiel 1 Je 40 ml des oben angegebenen Nährmediums werden in 250-ml-Erlenmeyerkolben
15 Minuten bei 121'C
sterilisiert. Dann werden die Medien mit einer Schrägröhrchenkultur
eines Stammes von Bacillus cereus, ATCC Nr. 14 737, beimpft. Das Gemisch wird etwa
24 Stunden in einer rotierenden Schüttelmaschine bei 220 U/Min. und einem Hub von
5 cm unter Innehaltung einer Temperatur von 28°C in Bewegung gehalten. Am Ende der
24stündigen Bebrütung wird die Kultur verwendet, um zehn Kolben des gleichen Mediums
zu beimpfen, wobei das Impfgut in einer Menge von 10 0/0 angewandt wird.
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Nach 24 Stunden wird eine Lösung von 10 mg der Reichsteins Verbindung
S in 1 ml Äthanol zu jedem Kolben zugesetzt, und das Medium wird weitere 16 Stunden
in Bewegung gehalten.
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Danach wird das das Steroid enthaltende fermentierte Medium auf einen
pH-Wert von 4,0 eingestellt und fünfmal mit je 1/2 Raumteil Äthylacetat extrahiert.
Das kristalline Prednisolon wird aus den vereinigten Extrakten durch Abdampfen des
Äthylacetats im Vakuum isoliert. Ausbeute 270/,; F.240 bis 241 ° (unter Zersetzung).
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Beispiel 2 Nach der Verfahrensweise des Beispiels 1, jedoch mit dem
nachstehend angegebenen Nährmedium, erzielt man eine ähnliche Umwandlung der Verbindung
S in Prednisolon (Ausbeute 240/0): Fleischextrakt . . . . . . . . . . . 0,2 Gewichtsprozent
Polypepton ............. 0,2 Gewichtsprozent Glycerin . . . . . . . . . . . . .
. . . 0,2 Gewichtsprozent pH ..................... 7,0 Beispiel 3 Nach der Verfahrensweise
des Beispiels 1 werden 1, 5, 25 bzw. 50 mg der Verbindung S an Stelle von 10 mg
in Prednisolon übergeführt.
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Beispiel 4 Nach der Verfahrensweise des Beispiels 2 wird die 16ca-Methylverbindung
S an Stelle der Verbindung S in 16a-Methylprednisolon übergeführt. Letzteres kann
als 21-Acetat (F. 145 bis 149°) identifiziert werden.