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Klaviertastenmechanik Die Erfindung bezieht sich auf eine Klaviertastenmechanik,
bei welcher durch Tastenanschlag ein Hammer gegen eine Saite schlägt, kurz vor Erreichen
der Saite nicht mehr angetrieben wird und infolge der ihm innewohnenden kinetischen
Energie bis zum Saitenanschlag weiterbewegt wird. Die komplizierten Vorgänge, die
sich beim Anschlag der Saite durch den Hammer abspielen, sind bis heute noch nicht
erkannt, geschweige denn erforscht worden: einmal die partiell intermittierte Kopplung
der beiden Schwinger Taste und Hammer, zum anderen der mathematisch kaum erfaßbare
elastische Stoß zwischen Hammer und Saite mit seinen Parametern Hammermasse, -geschwindigkeit
und -elastizität einerseits, der Saitenfrequenz, -spannung und -masse andererseits
und nicht zuletzt die Einwirkung des elastischen Stoßes auf den Rückgang des Hammers
nach erfolgtem Anschlag.
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Die klassische Klaviertastenmechanik versucht dieser Aufgabe mit einem
komplizierten Aufbau und vielen Einzelteilen gerecht zu werden. Dabei sind mit dem
Druck auf die Taste erhebliche, konstruktiv bedingte Massen- und Reibungskräfte
zu überwinden.
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Der Widerstand, den die Taste dem Spieler entgegensetzt, erklärt sich
aus den Kräften, die zur Beschleunigung der beweglichen Massen erforderlich sind,
und den Reibungsverlusten in den Gelenken.
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Während die Reibungsverluste nur in vernachlässigbar kleinem Rahmen
von der spezifischen Anschlagzahl abhängig sind, wachsen die Massenkräfte linear
mit ihr. Einfacher ausgedrückt: Je schneller die Taste angeschlagen wird, d. h.
je schneller repetiert wird, desto größer wird der erforderliche Tastendruck. Aus
diesen Überlegungen ergibt sich zwangläufig die theoretische und praktische Erkenntnis,
daß die Mechanik weniger eine mechanische, als vielmehr eine kinetische, im Fall
der Repetition des periodischen Anschlags eine Schwingungsaufgabe zu lösen hat.
Eine entscheidende Verbesserung der herkömmlichen Klaviertastenmechanik kann also
nur erreicht werden, wenn folgende erfindungsgemäße Aufgabe gelöst wird: 1. Reduzierung
der beweglichen Massen der Klaviertastenmechanik auf ein Mindestmaß und 2. Reduzierung
der Anzahl von Reibungsgelenken und der Reibung in ihnen.
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Erfindungsgemäß wird dies dadurch erreicht, daß die Taste durch eine
an der einen Seite gehäusefeste Feder befestigt und in Ruhestellung gehalten wird
und durch Tastenanschlag zwischen zwei gehäusefesten Anschlägen beweglich ist und
der Stiel des Hammers als zweiarmiger Hebel ausgebildet ist, dessen freier Arm mittels
eines Bandes od. dgl. mit der Taste gekoppelt ist, die, als einarmiger, drehbarer
Hebel ausgebildet, mittels eines Stößels mit dem freien Arm der als zweiarmiger
Hebel ausgebildeten Taste gekoppelt ist.
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Mit dieser Ausführung einer Klaviertastenmechanik wird die Anzahl
der Einzelteile auf einen Bruchteil gegenüber der herkömmlichen Ausführung vermindert,
damit wird gleichzeitig die Größe der zu bewegenden Massen reduziert, die Anzahl
der Gelenke wird auf zwei (F i g. 1) bzw. vier (F i g. 2) herabgesetzt. Da außerdem
Reibungsverluste und damit zwangläufig verbundene Geräusche nur noch im Hammergelenk
auftreten, sinkt der Tastendruck statisch von 65 auf ungefähr 10 g, dynamisch,
d. h. im Fall schnellen Anschlages, von mehr als 1000 auf weniger als 100 g. Wird
außerdem die Anschlaggeschwindigkeit des Hammers und seine Masse sinnvoll an die
individuelle Saitenfrequenz, ihre Masse und Spannung angepaßt, so sind damit weitere
erhebliche Vorteile gegenüber der herkömmlichen Klaviertastenmechanik verbunden.
In F i g. 1 und 2 sind schematisch zwei nach diesen Gesichtspunkten vereinfachte
und verbesserte Ausführungsbeispiele für eine Klaviertastenmechanik dargestellt.
Dabei stellt T die Taste dar, die vermittels der Feder, vorzugsweise Blattfeder
F1, gegen die Unterlage zwischen den Anschlägen A1 und A2 drehbar gelagert ist.
Die Feder F1 ist dabei so stark vorgespannt, daß ein gewünschter Widerstand in der
Taste T gegen Niederdrücken herrscht. Oder die einstellbare Feder F3 unterstützt
die Taste T bis zum gewünschten Tastendruck. Im Punkt D des Stieles vom Hammer
H ist beim ersten Beispiel ein ziehendes Verbindungsstück angelenkt, das
längs nicht dehnbar ist, dafür aber leicht zu biegen ist (Band oder Seil aus Stahl,
Metall, Textil oder einem Geflecht daraus). Bei C wird dieses Band Bin seiner
Länge so eingestellt, daß die Taste T
auf A2 aufliegt, wenn sich der Hammer
H nur noch kurz vor der Saite S befindet. In F i g. 2 ist der Stößel
St in seiner Länge bei C so einstellbar, daß er
den Hammer
H kurz vor Erreichen der Saite S freigibt. Infolge seiner kinetischen
Energie fliegt dieser frei weiter, schlägt die Saite an und wird von ihr elastisch
zurückgestoßen, bis er entweder das Band wieder gespannt hat oder wieder auf dem
Stößel aufliegt. Um die Spielbarkeit zu erleichtern, spannt der Hammer H die Feder
FZ beim Rückgang in seine Ruhelage so weit vor, daß sein Gewicht dadurch aufgehoben
wird und bei Beginn eines neuen Anschlages vom Spieler zunächst nur die Kraft zur
Beschleunigung des Hammers H aufgebracht werden muß.
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Je früher nach erfolgtem Anschlag die Verbindung zwischen Taste
T und Hammer H wiederhergestellt ist, desto eher befindet sich das
System Taste T-Hammer H wieder in Anschlagbereitschaft. Um das zu erreichen, werden
Kennlinie und Wirkungsbereich der Feder F2 so mit dem Hammer abgestimmt, daß dessen
Eigenfrequenz bei periodischem Anschlag immer höher ist als die der Taste T.
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Zur Frage der Relationen zwischen Hammergeschwindigkeit, -gewicht
und -elastizität und der Saitenfrequenz bzw. ihrer Masse und Spannung: Dieses recht
schwierige Problem wird von der herrkömmlichen Klaviertastenmechanik nur geahnt,
indem die Hämmer im Baß etwas schwerer gehalten werden als die im Diskant. Eine
einfache Überlegung soll bei der Lösung dieser Aufgabe behilflich sein: Wenn eine
Saite mit einem Grundton von 50 Hz schwingt, benötigt sie für die Hälfte einer Schwingung
1/loo Sekunde. Das ist theoretisch die Zeit, die der Hammer längstens an der Saite
anliegen darf, wenn er die eben angeschlagene Saite nicht sofort wieder dämpfen
soll, wie das bisher in der Mittellage und vor allem im Diskant des Klaviers geschieht.
Für den Ton a1 mit 440 Hz beträgt die theoretische Zeit für das Anliegen des Hammers
an der Saite 1/88o Sekunde. Diese relativ kurze Zeitspanne wird größer, je schwerer
und weicher der Hammer ist, und umgekehrt. Für den Klavierbauer bedeutet dies eine
der Möglichkeiten, mit der er das Instrument »einfärben« kann. Je schneller, d.
h. je leichter und härter der Hammer ausgebildet ist, desto weniger Grundton, dafür
um so mehr Obertonspektrum wird sich ausbilden, und umgekehrt.
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Um nun den Hammer H an die verschiedenen Frequenzen der Saiten S besser
anpassen zu können, wird erfindungsgemäß folgendermaßen verfahren: Das Gewicht der
Hämmer wächst im umgekehrten Verhältnis mit der Frequenz der Saiten, d. h., niedrige
Frequenzen werden mit schweren, hohe Frequenzen mit leichten Hämmern erzeugt. Um
nun trotzdem über den gesamten Frequenzbereich hinweg einen annähernd konstanten
Tastendruck zu erzielen, wird das Übersetzungsverhältnis zwischen Taste T und Hammer
H mit der Frequenz gesteigert, auf diese Weise wächst auch die Hammergeschwindigkeit
mit der Frequenz, während gleichzeitig das Hammergewicht in der gleichen Richtung
abnimmt. Auf diese Weise läßt sich über den gesamten Frequenzbereich des Instrumentes
ein gleicher Tastenwiderstand erzeugen. Dabei wird das Übersetzungsverhältnis entweder
mit den wirksamen Hebelarmen des Hammerstieles und/oder den wirksamen Hebelarmen
der Taste geändert.
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Die hier angestellten Überlegungen lassen sich in jedem Klavier oder
Flügel nachprüfen: Die Hämmer im Baß sind zu leicht und zu schnell, die Folge davon
ist nur ein schwacher Grundton, dafür aber ein stark ausgeprägtes Obertonbild. In
der Mittellage wird das Obertonbild wesentlich schwächer, weil der Hammer relativ
zu schwer und zu langsam ist. Verstärkt äußert sich dieser Nachteil im Diskant.
Wegen der großen Dämpfung durch den viel zu schweren und trägen Hammer ist das Tonvolumen
absolut ungenügend.
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Zur Frage der Reibungsverluste: Die herkömmliche Art, Reibungsgelenke
in der Klaviertastenmechanik mit einer Stahl- oder Metallachse zu versehen und die
Lagerschale zur Geräuschdämpfung entsprechend auszukleiden, stellt eine aufwendige
und trotzdem recht unglückliche Art dar, vor allem weil die Reibungsverluste in
einem solchen Lager übermäßig hoch sind. Einfacher, verlustärmer, absolut geräusch-und
verschleißlos und dabei wesentlich billiger ist der Ersatz dieser Reibungsgelenke
durch federnde Elemente. Gedacht ist hierbei vor allem an Federn, vorzugsweise Blattfedern.
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Leider ist es nicht möglich, dem Klavierbauer ein einfaches Rezept
an die Hand zu geben, nach dem er z. B. für die Saite a1 mit 440 Hz einen Hammer
mit einem bestimmten Gewicht und einer entsprechenden Übersetzung zwischen Taste
und Hammer verwenden kann. Dazu sind die Verhältnisse in den einzelnen Instumenten
zu verschieden. Eine derart nivellierende Fixierung der einzelnen Relationen würde
zudem dem Klavierbauer vielseitige Möglichkeiten nehmen, seinem Instrument einen
individuellen Charakter zu verleihen.