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Verfahren und Anordnung zur Ermittlung der durch Hochspannungsleitungen
in Fernmeldeleitungen induzierten Längsspannungen Die bisher gebräuchlichen Verfahren
zur Ermittlung der induzierten erdunsymmetrischen Beeinflussungsspannung in Fernmeldeleitungen
laufen -sofern man von der direkten Messung am beeinflußten Objekt absieht - darauf
hinaus, die Gegeninduktivität M zwischen beeinflussender und beeinflußter Leitung
durch Unterteilung in annähernd geradlinige Bereiche abschnittsweise zu berechnen
(s. Technische Empfehlung Nr. 1 der Schiedsstelle für Beeinflussungsfragen, VDE-Vorschrift
0227, 0228). Dabei werden die bekannten Gleichungen und Kurven für die Gegeninduktivität
nach Pollaczek zugrunde gelegt, die aus einer exakten Lösung für das Strömungsfeld
im Halbraum gewonnen wurden und unter der Voraussetzung eines Erdbodens homogener
Leitfähigkeit gelten. Diese Verfahren sind zeitaufwendig und umständlich und gestatten
nicht, die Höhe der induzierten Spannung in Abhängigkeit von den einzelnen Einflußgrößen
wie Bodenleitfähigkeit, Trassenwahl, Näherungslänge, Frequenz usw. rasch überschaubar
darzustellen.
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Die Erfindung hat ein Verfahren und eine Anordnung zum Gegenstand,
mit denen die in Fernmeldeleitungen durch Erdkurzschlußströme in Hochspannungsnetzen
oder durch den Kurzschluß- bzw. Fahrstrom elektrischer Bahnanlagen induzierten Längsspannungen
bei beliebiger Führung von Fernmeldeleitung und Starkstromleitung auf meßtechnischem
Wege ermittelt werden kann. Erfindungsgemäß ist das dadurch zu erreichen, daß die
Starkstromleitung und die Fernmeldeleitung des Näherungsabschnittes maßstäblich
im Modell nachgebildet und der Erdrückleiter durch eine leitende Ebene in einen
durch die jeweilige Bodenleitfähigkeit sowie die Arbeitsfrequenz der störenden Anlage
bestimmten Abstand von den Modelleitungen dargestellt wird und daß der nachgebildeten
Starkstromleitung über eine abgeschirmte Zuführung ein Hochfrequenzstrom aus einem
Generator eingangsmäßig aufgedrückt wird, wonach am Ausgang der nachgebildeten Fernmeldeleitung
mittels angeschalteten Voltmeters die induzierte Spannung ablesbar ist.
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Der Grundgedanke der Erfindung beruht auf dem erkannten physikalischen
Sachverhalt, daß das Abstandsgesetz für die Gegeninduktivität bei Verwendung eines
konzentrierten Erdrückleiters in weiten Grenzen mit dem Abstandsgesetz für die Gegeninduktivität
im Strömungsfeld des homogenen Halbraumes innerhalb eines relativ großen Abstandsbereichs
bis auf geringe Abweichungen übereinstimmt, sofern man den Abstand des konzentrierten
Rückleiters vom Hinleiter entsprechend der jeweiligen Bodenleitfähigkeit und der
Frequenz der störenden Anlage wählt. Dabei ist es, bis auf einen konstanten Faktor,
gleichgültig, ob der Rückleiter in gleicher Weise wie der Hinleiter oder als gut
leitende Ebene ausgebildet ist.
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Für die auf die Längeneinheit bezogene Gegeninduktivität M zwischen
zwei parallelen rechteckförmigen Drahtschleifen gilt unter der Voraussetzung, daß
der gegenseitige Abstand x der beiden Leiterschleifen klein gegen ihre Länge und
groß gegen die Dicke des Leitermaterials ist, angenähert die an anderer Stelle abgeleitete
Beziehung (siehe z. B. Taschenbuch der Hochfrequenztechnik, 1962, S.21)
Dabei bedeutet t = »Eindringtiefe« (Abstand zwischen Hin- und Rückleiter einer Schleife)
und x = Abstand der beiden Leiterschleifen voneinander. Wählt man, wie aus Abb.
1 ersichtlich, an Stelle der drahtförmigen Rückleiter b, b' eine leitende
Ebene und fügt sie so zwischen Hin- und Rückleitung der beiden Schleifen ein, daß
das elektrische Spiegelbild der Hinleiter a, a' im gleichen Abstand
t von diesen wie vorher erscheint, so beträgt die Gegeninduktivität nur die
Hälfte des in Gleichung (1) angegebenen
Wertes, weil nur noch der
halbe magnetische Fluß mit der induzierten Leitung verkettet ist. Es ergibt sich
Bei dem neuen Verfahren ist also der Abstand zwischen modellmäßigen Leitungsnachbildungen
und dem ebenen, plattenförmigen Erdrückleiter
oder t = 2a. Damit ergibt sich für die Gegeninduktivität:
Wie aus Gleichung (2) ersichtlich, ist die durch den konzentrierten Erdrückleiter
dargestellte Gegeninduktivität nur von dem Verhältnis
abhängig, d. h., wenn man den Abstand x und die »Eindringtiefe« t maßstäblich verkleinert
und im - Modell nachbildet, erhält man den gleichen kilometrischen Wert für die
Gegeninduktivität M. Da die im Modell nachgebildete Länge (z. B. Maßstab 1 : 10
000 oder 1 : 25 000) allerdings nur einen kleinen Bruchteil der in Wirklichkeit
vorhandenen Näherungslängen darstellt, ist die induzierte Spannung entsprechend
gering. Deshalb ist eine wesentlich höhere Frequenz des der nachgebildeten Hochspannungsanlage
aufzuprägenden Stromes erforderlich. Gewählt wurde z. B. fm = 100
kHz, weil bei dieser Frequenz noch keine Verfälschungen des Meßergebnisses durch
schädliche Kapazitäten, Skineffekt usw. zu erwarten sind. Die an der Nachbildung
der induzierten Fernmeldeleitung auftretende Meßspannung läßt sich dann über den
durch die Modellanordnung festgelegten Umrechnungsfaktor als eine von dem tatsächlichen
Strom induzierte Spannung deuten. Der Abstand a der im Modell nachgebildeten Leitungen
von der leitenden Ebene ist dabei so zu wählen, daß die für einen Punkt xo innerhalb
des interessierenden Näherungsbereichs (etwa in seinem mittleren Teil) nach Gleichung
(3) berechnete Gegeninduktivität M mit dem Wert der für diesen Punkt gültigen Lösung
nach Pollaczek übereinstimmt und die sich danach ergebenden Gegeninduktivitätswerte
M (x) im gesamten Näherungsbereich möglichst wenig von denen der Pollaczekschen
Lösung abweichen, also
M in mH/km; xo in m; a in m.
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Für die praktische Anwendung des neuen Verfahrens läßt sich dieser
Punkt xo in Abhängigkeit von der Bodenleitfähigkeit, der Frequenz des induzierenden
Stromes sowie der Ausdehnung des Näherungsbereichs tabellarisch festlegen.
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Wegen der im Vergleich zur Höhe der Hochspannungsfreileitung über.
dem Erdboden großen »Eindringtiefe« t ist diese gegenüber t vernachlässigbar.
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Die verhältnismäßig gute Übereinstimmung zwischen den Pollaczekschen
Formeln und der Gleichung (2) für die praktisch interessierenden Werte von Frequenz
und Bodenleitfähigkeit findet ihre mathematische Begründung darin, daß die Abstandsgesetze
sowohl für kleine x als auch für große x in diejenigen der exakten Lösung übergehen.
Es ist nämlich nach Gleichung (2)
in Übereinstimmung mit den Pollaczekschen Lösungen.
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Die neue Anordnung ist im folgenden an Hand des in Abb. 2 in schematischer
Weise dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Mit 1 ist der Erdrückleiter
bezeichnet, der als leitende Ebene aus einer eisernen, mit Kupferfolie überzogenen
rechtwinkligen.Meßplatte besteht. In ihrer Mitte befindet sich die zu 1 parallele
isolierende Kunststoffplatte 2, die von einem in der Höhe verschiebbaren isolierenden
Stempel 3 getragen wird. Die Platte 2 dient zur Aufnahme einer Karte, die in geeignetem
Maßstab den zu betrachtenden Näherungsabschnitt zwischen Fernmeldeleitung und beeinflussender
Hochspannungsanlage darstellt. Die beeinflußte Fernmeldeleitung F und beeinflussende
Starkstromleitung H werden darauf durch leitendes Material geringer Elastizität,
beispielsweise aus Lötzinn, nachgebildet oder mittels Leitsilber nachgezeichnet.
Die am Rande der Platte 2 zu befestigenden Zuführungselektroden 4 sitzen mit Haftmagneten
auf der Platte 1 auf, wo sie zur Stromrückführung leitenden Kontakt geben.
Ebenso die Elektroden 5, die als Kurzschlüsse der Leitung F und H mit dem Erdrückleiter
1 dienen. Aus dem Generator 6 wird der nachgebildeten Hochspannungsleitung H über
eine abgeschirmte Leitung ein Hochfrequenzstrom, z. B. 1 A bei f = 100 kHz, zugeführt.
Das im Vergleich zum Innenwiderstand der Meßschleife F hochohmige Voltmeter 7 am
Ende der nachgebildeten Fernmeldeleitung dient der Anzeige der induzierten Leerlaufspannung.
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Zur einfacheren Auswertung der Meßergebnisse ist es zweckmäßig, in
die Stromzuführung zur Leitung H ein Amperemeter einzuschalten, das unmittelbar
in kA geeicht ist, und das Voltmeter 7 zur unmittelbaren Anzeige der induzierten
Spannung in Volt zu eichen.
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Die Erfindung hat gegenüber den bekannten rechnerischen Verfahren
eine Reihe Vorteile. Der Zeitaufwand bei der Ermittlung der induzierten Leerlaufspannung
ist geringer. Alle Einflußgrößen hinsichtlich ihrer Auswirkung auf das Endergebnis
sind leichter zu überschauen. Auch in vermaschten Starkstromnetzen mit mehreren
Einspeisepunkten läßt sich die maximale induzierte Längsspannung in Fernmeldeleitungen
in Abhängigkeit vorn Kurzschlußort in einfacher Weise ermitteln, sofern man auch
in die Nachbildung der Starkstromleitung H an mehreren Punkten gleichphasig einspeist.