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Verfahren zur Herstellung einer biuretarmen Harnstoffschmelze Bei
der Synthese von Harnstoff aus Kohlendioxyd und Ammoniak werden wäßrige Harnstofflösungen
erhalten. Da Harnstoff hauptsächlich in geprillter oder kristallisierter fester
Form als Dünger oder zu industriellen Zwecken verwendet wird, müssen diese Lösungen
eingedampft werden, was üblicherweise bei Kristallisation im Kristallisator und
beim Prill in Dünnschichtverdampfern unter normalem oder vermindertem Druck geschieht.
Der Harnstoff wird danach aus konzentrierten Lösungen als kristallines Produkt oder
durch Weiterverarbeitung von hochkonzentrierten Lösungen als Granulat oder in Form
von Prills erhalten. Bei der Synthese entstehen neben Harnstoff wechselnde Mengen
Biuret, im allgemeinen aber weniger als logo, bezogen auf reinen Harnstoff.
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Bei der anschließenden Aufarbeitung der Harnstofflösung, hauptsächlich
aber beim Aufkonzentrieren derselben, werden weitere Mengen Biuret gebildet, so
daß die konzentrierte Lösung vor dem Kristallisieren oder Prillen bis zu einigen
Gewichtsprozenten Biuret enthalten kann. Aus diesem biurethaltigen Konzentrat kann
der Harnstoff durch Kristallisation in reiner, praktisch biuretfreier Form erhalten
werden, wenn das Biuret in der Mutterlauge gelöst bleibt und diese Mutterlauge nicht
in den Kristallisationsprozeß zurückgeführt, sondern anderweitig verwendet wird.
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Beim Prillen oder Granulieren von Harnstoff fällt jedoch keine biurethaltige
Mutterlauge an, da das überschüssige Wasser teilweise während oder nach dem Prillen
oder der Granulation ausgedampft wird.
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Daher enthalten Harnstoffprills oder -körner die gesamte Menge des
während der Synthese und während des Eindampfens entstandenen Biurets.
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Da einerseits die Harnstoffverbraucher wegen der guten Riesel- und
Streufähigkeit und der geringeren Hygroskopizität prillierten Harnstoff vorziehen,
andererseits ein zu hoher Biuretgehalt bei gewissen Anwendungsformen des Harnstoffes
(z. B. bei der Blattdüngung oder Kunststoffherstellung) schädlich ist, sind verschiedene
Verfahren entwickelt worden, die es gestatten, die Biuretbildung einzuschränken
bzw. rückgängig zu machen. So soll es z. B. möglich sein (britische Patentschrift
767 716), durch Eindampfen bei relativ niedriger Temperatur, d. h. bei etwa 100
C, und vermindertem Druck und nachfolgendem Prillen nach kurzem Aufheizen der Lösung
auf 115 bis 130°C ein Produkt zu erhalten, das weniger als 5°/0 Biuret enthält.
Bei diesem Verfahren ist eine genaue Kontrolle der Temperatur unerläßlich, da bei
hoher Temperatur vermehrt Biuret entsteht.
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Nach einem weiteren Vorschlag (deutsche Patentschrift 963 420) soll
zur Verbesserung der Ausbeute die Harnstoff-Synthese bei niedriger Biuretbildung
trotzdem bei erhöhtem Druck und bei hohen Temperaturen durchgeführt werden können,
wenn die Reaktionsschmelze unter Aufrechterhaltung eines Druckes von über 100 atü,
eventuell unter Kühlung durch Einspritzung von flüssigem Ammoniak, auf Temperaturen
von etwa 160° C oder darunter abgekühlt und anschließend auf normalem Druck entspannt
wird. Der Biuretgehalt der Schmelze kann so unter Umständen auf weniger als die
Hälfte des ursprünglichen Wertes gesenkt werden.
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Schließlich kann aus verschiedenen Publikationen (französische Patentschrift
605 006, deutsche Patentschrift 511 465, Chimie et Industrie, 60, S. 29 bis 30 [1948j)
entnommen werden, daß die Konzentrierung einer biuretarmen Harnstofflösung zu einem
prillfähigen Produkt in Gegenwart von Ammoniak durchgeführt werden muß, wenn eine
erhebliche Neubildung von Biuret vermieden werden soll. Ein auf diesem Prinzip aufgebautes
Verfahren zum Eindampfen von wäßrigen Harnstofflösungen behandelt die deutsche Auslegeschrift
1 009 175, nach welcher
die Konzentration der Schmelze im Vakuum
unter Zugabe von Ammoniakgas erfolgt.
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Ferner wurde ein zweistufiges Eindampfen im Vakuum beschrieben (deutsche
Auslegeschrift 1 061 314), wobei in der ersten Stufe ein Brei von festem Harnstoff
in einer Harnstofflösung erhalten wird, welcher durch Temperaturerhöhung wieder
in eine Schmelze übergeführt wird. In der zweiten Stufe gelingt die restliche Verdampfung
nur durch Einsatz mechanischer Verteilvorrichtungen.
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Nach einem anderen Verfahren (österreichische Patentschrift 204 575)
wird unter beträchtlichem Aufwand die Konzentration der Schmelze im Vakuum und unter
Rühren durch Zugabe von großen Mengen gegen Wasser und Harnstoff indifferenter Flüssigkeiten
(z. B. Mineralöle) durchgeführt. wobei nachträglich die indifferente Flüssigkeit
wieder abgetrennt, der Harnstoff geschmolzen und verformt wird. Bei dem in dieser
Patentschrift angeführten Beispiel erhöht sich der Biuretgehalt von 0,20/0 vor der
Konzentration auf über 0,50/0 nach der Verformung des Harnstoffes. Auch dieses Beispiel
zeigt deutlich. welcher Aufwand betrieben werden muß, um eine erhöhte Biuretbildung
bei der Konzentration von Harnstoffschmelze zu vermeiden.
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Es herrschte also bisher die Ansicht, daß biuretarme Prills auf dem
Weg über eine besonders schonende Eindampfung bei niedriger Temperatur, durch Abkühlen
der Harnstoffschmelze unter Druck oder durch Eindampfen der Lösung in Gegenwart
von Ammoniak oder durch Zugabe von Fremdstoffen zus Wasserabtrennung oder zur Kornverfestigung
erhalten werden können. Auch wurde versucht, bei einer oder mehreren Verfahrensstufen
die Bildung von Biuret einzuschränken, oder sogar in einer Stufe die Biuretkonzentration
zu erniedrigen um trotz Biuretneubildung in den nachfolgenden Verfahrensschritten
ein einigermaßen biuretarrnes Produkt zu erhalten.
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Die einfachste Lösung, zur Eindampfung von wäßrigen Harnstofflösungen
Fallfilmverdampfer in der bekannten Psohrbündelbauart zu vers-enuen, war, wie anschließend
dargelegt wird, aus verschiederen Gründen ungeeignet. Als filmbildencie Kräfte dienen
bei Verdampfern dieser Bauart nur die Schwerkraft und die Oberflächenspannung. Es
ist daher Immög!ich ohne zusätzliche Einrichttmgen, wie Ves-teiler und Abstreifer,
einen gleichmäßigen Film zu erhalten insbesondere wenn Sieden eintritt und durch
Blasenbildung an der Heizfläche der Film abgesprengt wird und das Eindampfgut tropfenförmig
wegspritzt.
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Nachdem seit jeher das Bestreben vorherrschte, Harnstoff zur Vermeidung
einer allzu großen Biuretbildung möglichst schnell im Vakuum einzudampfen mußte
aber ein Sieden der Lösung in Kauf genommen werden, was, wie oben erwähnt, die Verwendung
von Fallfilmverdampfern zum Eindampfen nväßrigerHarnstofflösungen verunmöglichte.
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Es hat sich nun überraschend gezeigt, daß - entgegen diesen früheren
Ansichten - der althergebrachte Röhren-Fallfilmverdampfer ausgezeichnet verwendet
werden kann, wenn der sich einstellende Wasserdampfdruck über der Schmelze statt
mit Vakuum mit einem Luftstrom abgesenkt wird. Es hat sich ferne gezeigt daß bei
den sehr dünnen Filnien die sich durch das natürliche Kräftespiel einstellen, ein
Sieden zur Entwässerung innerhalb nützlicher Zeit gar nicht notwendig ist. Die reine
Oberflächen
verdampfung genügt vollauf. Somit ist es möglich, durch Kombination des
altbekannten Röhrenverdampfers mit dem ebenso altbekannten Verfahren zur Trocknung
durch Lufteinblasen zu einer bedeutenden apparativen und betrieblichen Vereinfachung
des Konzentrationsverfahrens wäßriger Harnstofflösungen zu kommen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung einer biuretarmen
Harnstoffschmelze durch Eindampfen einer wäßrigen Harnstofflösung ist also dadurch
gekennzeichnet, daß die Harnstofflösung in einem normalen Röhren-Fallfilmverdampfer
ohne zusätzliche mechanische Hilfsmittel in Form eines dünnen Films bei erhöhter
Temperatur mit einem Luftstrom getrocknet wird.
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Ein beträchtlicher Vorteil ist der durch Anwendung des erfindungsgemäßen
Verfahrens erhaltene geringe Feuchtigkeitsgehalt bzw. die hohe Konzentration der
Harnstoffschmelze. Bei Eindampfen der Schmelze nach den bisher üblichen Konzentrationsverfahren
werden Endkonzentrationen von maximal 980/o bei gerade noch zulässiger Biuretbildung
erreicht. Es war daher notwendig, den verformten Harnstoff in kostspieligen Apparaturen
nachzutrocknen, um ein lagerfähiges Produkt mit weniger als 0,5010 Feuchtigkeit
zu erhalten. Wird hingegen die auf über 99,3°/0 Harnstoffgehalt konzentrierte Schmelze
zu Prills oder Körnem verformt, braucht das Endprodukt nicht mehr nachgetrocknet
zu werden. Mit dein Wegfall einer separaten Trocknung ist eine wesentliche Einsparung
von Heizenergie verbunden.
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Die Biuretbildung wird bei dieser Eindampfungsart sehr niedrig gehalten.
Die Verwendung eines Fallstromverdampfers durch den Luft im Gegen strom geleitet
wird, z. B. an Stelle eines Dünnschichtverdampfers mit rotierenden Teilen unter
Vakuum oder bei Normaldruck, bietet wirtschaftliche Vorteile, indem der Betrieb
vereinfacht und verbilligt wird.
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Ferner ist ein Fallstromverdampfer gegenüber Belastungsveränderungen
praktisch unempfindlirh, wodurch Nachregulierungen, wie sie bei einem üblichen Dünnschichtverdampfer
nötig sind. überflüssig werden. Durch die erfindungsgemäße Verwendung eines Fallstromverdampfers
ohne bewegliche Teile fäiit der kostspielige Unterhalt von Motoren, Rotoren, Gleitbüchsen
und Lagern weg. Ferner können zur Erzeugung des Heißluftstromes gewöhnliche Ventilatoren
verwendet werden, während die üblicherweise bei stark vermindertem Druck durchgeführte
Dünnschichtverdampfung leistungsfähige Vakaumpumpen erfordert, die bedeutend mehr
Energie verbrauchen als die Ventilatoren.
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An Hand eines Fließschemas soll nachstehend die Anwendung des erfindungsgemäßen
Verfahrens erläutert werden.
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Die aus einer Harnstoff-Synthese kommende Schmelze, die normalerweise
850/o, in Spezialfällen 70 bis 90 Gewichtsprozent Harnstoffgehalt aufweist, wird
mit der Pumpe 1 über die Zuleitung 2 dem Verdampferkopf 3 des Fallstromverdampfers
4 unter Atmosphärendruck zugeführt. Das Gefäß 3 hat die Aufgabe, sowohl eine gleichmäßige
Verteilung der ankommenden Schmelze auf die Verdampferrohre zu gewährleisten, als
auch durch Geschwindigkeitsverminderung des aufsteigenden Luftstromes eventuelle
miri.ç-ene Sprühteilchen abzuscheiden. Am Boden des Gefäßes3 wird durch eine der
üblichen Auflaufvorrichtungen, z. B. durch Schlitze oder
einen Überlaufkragen,
die gleichmäßige Verteilung der Schmelze auf alle Verdampferrohre vorgenommen.
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Der Verdampfer 4 besteht aus parallel geschalteten, von außen durch
Leitung 7 beheizten geraden Rohren, deren Innendurchmesser entsprechend der vorgesehenen
Belastung eine gute Filmbildung an der Rohrwand erlaubt. In das am Röhrenteil angebaute
Gefäß 5 wird von einem Ventilator 9 über einen Gaserhitzer 10 durch Leitung 8 die
Luft eingeleitet, die als Transportmittel für den Wasserdampf dient.
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Aus dem Gefäß 5 wird vom Boden über Leitung 6 die hochkonzentrierte
Schmelze 7ur Verformung (Prillen, Granulation, Kristallisation) abgezogen. Über
Leitung ii wird am Kopf des Verdampfers die mit Wasserdampf und Spuren von Ammoniak
und Kohlensäure beladene Heißluft abgeleitet und je nach Bedarf in einem Kühler
oder Wäscher 12 nachbehandelt. Beispiel 1 3500 kg/Stunde Harnstoffschmelze, wie
sie nach der Entspannung nach einer Harnstoffsvnthese mit 85% Harnstoff und 15%
Wasser anfällt, wird mit einer Temperatur von 110° C dem Verdampfer zugeführt. Der
Biuretgehalt der Schmelze beträgt 0,21%. Die Heizraumtemperatur des Verdampfers
beträgt 140 C, die Temperatur der zugeführten 1500 kg/Stunde Luft beträgt am Eintritt
in den Verdampfer 150 C. Die abgezogene hochkonzentrierte Schmelze weist einen Harnstoffgehalt
von 99,54°/o auf. zur Biuretgehalt beträgt 0,38Q0, so daß die Biuretzunahme bei
der Aufkonzentration nur 0,17% beträgt. Da der Feuchtigkeitsgehalt der Schmelze
0,08% beträgt. kann eine Verformung durch Prillen, Granulation oder Kristallisation
ohne Nachtrocknung erfolgen. Das Fertigprodukt besteht also aus 99.540¢ll Harnstoff,
0.38% Biuret, 0,0804) Wasser, neben Spurcr: von Ammoniak. Der Eisengehalt liegt
unter I ppm Die ausgetragene Harnstoffmenge beträgt 2970 kg!Stunde.
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Beispiel 2 Analog zum Beispiel 1 werden im Betriebsversuch 3900 kg
Harnstoffschmelze pro Stunde mit 720/0 Harnstoff, 280/0 Wasser und 0,120/0 Biuret
bei einer Temperatur von 1000 C dem Verdampfer zugeführt.
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Die Heizdampftemperatur des Verdampfers beträgt 147° C, die Luftmenge
2800 kg/Stunde und die Luft temperatur am Eintritt in den Verdampfer 160"C.
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Die abgezogene Schmelze zeigt einen Harnstoffgehalt von 99,510/0 und
einen Biuretgehalt von 0,350/0, so daß die Biuretzunahme 0,23% beträgt. Das Fertigprodukt
besteht also aus 99,51% Harnstoff, 0,390/o Biuret und 0,10% Wasser.