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Die vorliegende Erfindung betrifft eine ophthalmologische Zusammensetzung, die mindestens einen nikotinischen Acetylcholinrezeptor (nAChR)-Agonist, insbesondere Vareniclin, enthält zur Verwendung bei der Vorbeugung oder Behandlung (i.e. Minderung oder Beseitigung) von Entzündungserkrankungen oder -reaktionen des Auges. Hierbei wird die ophthalmologische Zusammensetzung auf das offene und/oder geschlossene Auge eines Patienten appliziert.
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Entzündungen des Auges und der Augenoberfläche werden durch vielfältige exogene oder endogene Noxen, wie UV Licht, mechanische Reize wie Reibung, chirurgische Eingriffe, chemische Einwirkungen, Chemikalien, Allergene, Pathogene wie Bakterien, Viren, Benetzungsstörungen, Reaktive Sauerstoffspezies, u.a. ausgelöst. Dies führt zu pathologischen Veränderungen der Augenoberfläche, häufig gefolgt von Entzündungsreaktionen.
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Zu den typischen Symptome solcher anhaltenden und/oder überschießenden Immunreaktionen am Auge gehören Beschwerden wie gerötete, gereizte, brennende oder juckende Augen, Fremdköpergefühl oder Druckgefühl im Auge, Schwellung der Bindehaut und/ oder der Augenlider, erhöhte Lichtempfindlichkeit, Austreten wässriger oder eitriger Sekrete, verklebte Augenlider,.
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Diverse Entzündungsmediatoren, wie Zytokine und anderer Wachstumsfaktoren, spielen eine wichtige Rolle für die Homöostase der Hornhaut und ihre pathologischen Zustände. Deren Bildung und Freisetzung erfolgt u.a. durch Immunzellen, die resident in der Hornhaut vorkommen oder diese im Entzündungsprozess infiltrieren, z.B. Makrophagen, B-Lymphozyten, T-Lymphozyten, natürlichen Killerzellen, aber auch durch viele nicht-immunologische Zellen wie z.B. Fibroblasten (Reparaturzellen), Keratinozyten, Endothelzellen etc.
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Während normale Entzündungsreaktionen positive Auswirkungen haben (z.B. Reparatur geschädigter Gewebe), hat eine anhaltende und/oder überschießende Immunreaktion eine unerwünschte schädigende Wirkung. Ein Ungleichgewicht zwischen pro- und anti-inflammatorischen Entzündungsmediatoren kann hier eine wichtige Rolle spielen. Dabei sind Entzündungen komplexe Prozesse, an denen diverse Gene und Signalwege beteiligt sind.
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Aus dem Stand der Technik sind Behandlungsmethoden des trockenen Auges durch Verabreichung von nAChR-Agonisten, beispielsweise Vareniclin bekannt, bei dem die Applikation nasal in Form eines Nasensprays erfolgt. Hierbei bindet Vareniclin an AChR von Nervenzellen in der Nasenschleimhaut. Dies hat zur Folge, dass der Trigeminus, vorderer Ethmoidalnerv oder Nasolacrimalreflex aktiviert wird. Nervensignale beeinflussen letztendlich die Tränendrüse zu einer erhöhten Tränenfreisetzung.
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Nachteilig ist, dass die Wirkstoffe bei Applikation über die Nasenschleimhaut auch leicht ins Gehirn gelangen können. Durch die Öffnungen im Siebbein, durch die Nervenfasern des Riechnervs aus dem Gehirn in die Nasenschleimhaut austreten, gelangen, in der umgekehrten Richtung, Wirkstoff von der Nasenschleimhaut auf kurzem Weg und fast ohne Schranken ins Gehirn. So besteht die Gefahr unerwünschter neurologische Symptome als Nebenwirkungen.
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Ziel der vorliegenden Erfindung ist es anhaltendende, schädigende Entzündungsreaktionen am Auge vorzubeugen, sie zu vermindern oder komplett zu unterbinden durch Downregulation der Bildung oder der Freisetzung von Entzündungsmediatoren, z.B. pro-inflammatorischen Zytokinen (wie Interleukin (IL)-1, IL-6, Tumornekrosefaktor (TNF)-α) und Chemokinen. Dies wird ausgelöst durch die Aktivierung von bevorzugt nicht-neuronaler Zellen im Augenbereich.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein verbessertes Verfahren, das wirkungsvoller ist und weniger Nebenwirkungen aufweist, bereitzustellen. Dieses kann mehrere, sich ergänzende Wirkmechanismen einbeziehen und so regulierend auf verschiedenen Ebenen in anhaltenden und überschießenden Entzündungsreaktionen eingreifen und erforderliche Reparaturprozesse unterstützen.
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Diese Aufgabe wird mittels der Merkmale des Patentanspruchs 1 gelöst. Die abhängigen Patentansprüche stellen dabei vorteilhafte Weiterbildungen dar.
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Die vorliegende Erfindung betrifft somit eine ophthalmologische Zusammensetzung, enthaltend mindestens einen nAChR-Agonisten zur Verwendung bei der Vorbeugung oder Behandlung von Entzündungsreaktionen oder -erkrankungen am Auge durch topische Applikation der ophthalmologische Zusammensetzung auf das offene und/oder geschlossene Auge.
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Vorteil ist, dass der Agonist (Wirkstoff) möglichst nahe am Ort der Erkrankung appliziert wird, umso möglichst effizient dort wirken zu können. Die oberflächlich applizierte ophthalmologische Zusammensetzung greift direkt am Entzündungsort in physiologische Entzündungsabläufe und -prozesse ein. Effektorzellen des Entzündungsgeschehens werden direkt durch die erfindungsmäßige Zusammensetzung im Auge erreicht und folglich werden deren interne Zellprozesse entsprechend moduliert.
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Mit der ophthalmologische Zusammensetzung gemäß der vorliegenden Erfindung kann eine Downregulierung bzw. Hemmung der Bildung und/ oder Freisetzung von Adhäsionsmolekülen (z.B. auf Epithel-, Endothelzellen, Fibroblasten), die in Entzündungsprozessen eine Rolle spielen, erzielt werden, vermittelt durch nikotinische Acetylcholinrezeptoren. Da Adhäsionsmoleküle Neutrophile, Eosinophile und T-Lymphozyten zum Entzündungsort leiten, und somit den inflammatorischen Prozess unterhalten, kann auch an dieser Stelle in den Entzündungsprozess eingegriffen werden.
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Es hat sich überraschend gezeigt, dass bei topischer Applikation der ophthalmologischen Zusammensetzung, die mindestens einen nAChR-Agonisten enthält, die Freisetzung von pro-inflammatorischen Entzündungsmediatoren und/ oder Adhäsionsmolekülen am Auge reduziert oder unterbunden wird und somit der Entstehung eines anhaltenden entzündlichen Prozesses vorgebeugt oder ein bereits bestehender gelindert oder gestoppt werden kann. Dies ist überraschend da die Applikation des Agonisten topisch auf die Oberfläche des offenen und/ oder geschlossenen Auges erfolgt und nicht durch systemische Gabe im Körper verteilt wird (z.B. im Blut).
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Unerwartet ist auch, dass die topisch applizierten Agonisten die entsprechenden Rezeptoren auf bevorzugt nicht-neuronalen Zellen erreichen und binden und die gewünschte Wirkung erzielen. Die Agonisten interagieren dabei u.a. mit diversen Immunzellen und Nicht-Immunzellen im Augengewebe, die nikotinische Acetylcholinrezeptoren exprimieren und eine Rolle im Entzündungsprozess spielen. Bei diesen Zellen handelt es sich um nicht-neuronale Zellen, die zum gewünschten Effekt beitragen.
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Vorteil gegenüber einer systemischen Gabe ist, dass die Wirkung weitgehend lokal begrenzt bleibt auf den Applikationsort, d.h. Entzündungsherd, dort auch quasi unverdünnt ankommt und direkt auf die Zellen einwirkt, die am Entzündungsgeschehen beteiligt sind. Dadurch werden überschießende Reaktionen, wie z.B. oxidativer Stress, im Entzündungsgeschehen gestoppt. Folglich wird die Augenoberfläche geschützt und somit zur Bildung und dem Erhalt einer glatten, gesunden Oberfläche der Hornhaut beigetragen. Die lokale Gabe ist auch besonders vorteilhaft zur Vermeidung von Nebenwirkungen, weil nAChR ubiquitär im Körper vorkommen und an der Regulation sehr unterschiedlicher Prozesse im Körper beteiligt sind.
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Nach der lokalen topischen Applikation der ophthalmologischen Zusammensetzung auf das Auge bindet oder interagiert der nAChR-Agonist an oder mit dem Rezeptor bzw. einem oder mehreren seiner Untereinheiten und aktiviert diesen entsprechend.
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So erfolgt die Aktivierung von zellulären Prozessen bevorzugt nicht-neuronaler Zellen im Augenbereich durch einen oder mehrere Agonisten zur Vorbeugung, Minderung oder Beseitigung von Entzündungsreaktionen am Auge (nicht-neuronaler Weg).
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Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung eine ophthalmologische Zusammensetzung, enthaltend mindestens einen nikotinischen Acetylcholinrezeptor-Agonist zur Verwendung bei der Stimulation der Tränenproduktion durch topische Applikation der ophthalmologischen Zusammensetzung auf das offene und/oder geschlossene Auge.
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Überraschenderweise wurde ebenso gefunden, dass die ophthalmologische Zusammensetzung gemäß der vorliegenden Erfindung eine Stimulierung der natürlichen Tränenbildung (Basaltränen) bewirkt.
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Der Tränenfilm bedeckt den vorderen Teil des Augapfels und übernimmt eine Vielzahl von Aufgaben. So dient er nicht nur der Befeuchtung der Hornhaut und Bindehaut, sondern bildet insbesondere auch eine Art Gleitschicht für das obere Augenlid. Entsprechend beugt er diversen mechanischen Beanspruchungen und Reizungen, und damit auch Entzündungen der Augenoberfläche vor, die z.B. durch Fremdkörper auf der Hornhaut und Bindehaut oder durch das Augenlid selbst verursacht werden, etwa bei Augentrockenheit durch Heizungsluft, UV Einstrahlung etc. Außerdem enthält er wichtige Enzyme und Antikörper, um Bakterien, Viren, Pollen und weitere Reizstoffe abzuwehren.
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Eine kontinuierliche Benetzung der Hornhaut und Bindehaut mit Tränenfilm beugt damit Entzündungen am Auge vor und lindert Entzündungssymptome durch seine Funktion als lindernde Gleitschicht auf dem gereizten, ggf. verletzten Gewebe.
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Im Rahmen von Entzündungen gibt es unter Umständen sogenannte Reflextränen, die durch die Reizung ausgelöst werden. Diese dienen dazu schädliche Reizstoffe wie Fremdkörper wegzuspülen und bestehen daher hauptsächlich aus Wasser.
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Die Sekretion der Basalträne aber, die durch die neuronale Stimulation abgesondert wird, ist viel komplexer aufgebaut. Die Basaltränen enthalten neben Wasser, Muzin, Lipide, Lysozym, Laktoferrin, Lipocalin, Immunglobuline, Glucose, Urea, Natrium und Kalium. Erst die Basalträne kann unterstützend zur Vorbeugung und Linderung von Entzündungsreaktionen wirken, da sie antibakterielle und geleitende, beruhigende Stoffe enthält in der wässrigen Grundlage. Daher kann eine neuronale Stimulation der Basaltränenproduktion durch die ophthalmologische Zusammensetzung, die über den Tränennasenkanal abgeleitet wird und nAChR in der Nasenschleimhaut aktiviert, eine Vorbeugung und Behandlung von Entzündungen vorteilhaft unterstützen.
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Die ophthalmologische Zusammensetzung ermöglicht durch die Stimulation vermehrter Tränenbildung somit die Anregung der Bildung einer Gleitschicht und eines Schutzfilms auf der Augenoberfläche. Hierdurch können wie voranstehend beschrieben Entzündungen oder Entzündungsreaktionen des Auges vorgebeugt bzw. bei deren Vorhandensein gelindert und die Heilung unterstützt werden. Auch auf der Augenoberfläche anhaftende Fremdkörper, wie z.B. Staub können dadurch verbessert ausgespült werden.
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Die Applikation kann auf das offene oder geschlossene Auge erfolgen. Das Auge/Augengewebe, gemäß der vorliegenden Anmeldung, umfasst die Hornhaut, die bulbäre und palpebrale (auch tarsale) Bindehaut, Limbusstammzellen, die Augenlider und Lidränder, Meibomdrüsen und Epithelzellen, den Tränenapparat inklusive ableitender Tränenwege und/oder Immunzellen des Augengewebes. All diese Strukturen bilden eine funktionelle Einheit. Auch Immunzellen, die im Augengewebe präsent sind (resident und/oder vorrübergehend bei Entzündungsverläufen), sind hier besonders miteinbezogen.
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Vermittelt und initiiert wird der Prozess durch Interaktion des Agonisten der vorliegenden Zusammensetzung mit nikotinischen Acetylcholinrezeptoren im Augengewebe und insbesondere auch auf Immunzellen. Dadurch wird die Freisetzung von Entzündungsmediatoren und/ oder die Expression verschiedener entzündungsfördernder Gene, einschließlich solcher, die z.B. für Zytokine und Chemokine kodieren, vermindert oder ganz unterbunden. Ebenso wird die Bildung und/ oder Präsentation von Adhäsionsmolekülen, die die Infiltration von Immunzellen ins Entzündungsgewebe unterstützten, reduziert.
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Damit kann, ausgelöst über Agonisten dieser nikotinischen Acetylcholinrezeptoren, die Transkription und folglich die Expression von Entzündungsmediatoren, z.B. pro-inflammatorischen Zytokinen, beeinflusst werden.
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Der mindestens eine nikotinische Acetylcholinrezeptor-Agonist ist dabei bevorzugt ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus partiellen nAChR-Agonisten, nAChR-Agonisten, pharmazeutisch akzeptable Derivate oder Salze hiervon sowie Mischungen und Kombinationen hiervon.
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Diese erfindungsgemäßen Wirkstoffe, d.h. die nikotinische Acetylcholinrezeptor-Agonisten können in Form ihrer pharmazeutisch akzeptablen Salze vorliegen. Pharmazeutisch akzeptable Salze sind Salze, die die erwünschte biologische Aktivität der Ausgangssubstanz beibehalten und keine unerwünschte toxikologische Wirkungen begünstigen, wie z.B. saure Salze, wie Acetate, Tartrate, Chloride, Phosphate, Sulfate, Sulfite, Carbonate, Bicarbonate und Citrate.
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Partiellen nAChR-Agonisten, die für die Zwecke der vorliegenden Erfindung geeignet sind, sind insbesondere ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Vareniclin (7,8,9,10-Tetrahydro-6,10-methano-6H-pyrazino[2,3-h]-[3]benzaze-pin), Vareniclin-Tatrat, Vareniclin Hydroch-lorid, Cytisin, 3-Bromo-Cytisin, Desformylflustrabromin, Desformyl-flustrabromin Hydrochlorid, Pozaniclin, Pozaniclindihydrochlorid, Sofi-niclin Mischungen und Kombinationen hiervon.
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Besonders bevorzugte nAChR-Agonisten sind ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Vareniclin (7,8,9,10-Tetrahydro-6,10-methano-6H-pyrazino[2,3-h]-[3]benzazepin), Vareniclin-Tatrat, Vareniclin Hydrochlorid, Cytisin, 3-Brom-Cytisin, Desformylflustrabromin, Desformylflustrabromin Hydrochlorid, Pozaniclin, Pozaniclindihydrochlorid, Sofiniclin Mischungen und Kombinationen hiervon, und, 3-(5,6-Dichloropyridin-3-yl)-I (S),5 (S)-3,6-diazabicyclo[3.2.0]heptan (ABT-894), 3-Methyl-5-[(2S)-1-methylpyrrolidin-2-yl]-1,2-oxazol (ABT-418), Acetylcholin, 3,6-Diazabicyclo[3.1.1]heptane-3-carboxamiden (TC-8831), 3-Ethyl-2,4-dimethyl-1H-pyrrol (TC-10600), N-[1-(5-Chlor-6-pyridin-2-ylpyridin-2-yl)piperidin-4-yl]-2-hydroxyethanesulfonamid (ABT-126), (3R)-3-{[6-(4-Methylphenyl)pyridin-3-yl]oxy}-1-azabicyclo[2.2.2]octan (AQW-051), Mecamylamin sowie Mischungen und Kombinationen hiervon.
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Ein nikotinischer Acetylcholinrezeptor-Agonist oder bevorzugt ein partieller nikotinischer Acetylcholinrezeptor-Agonist, wie Vareniclin und dessen Derivate, führt nach Wechselwirkung mit oder Bindung an den nAChR letztendlich zur Down-Regulation von z.B. pro-inflammatorischen Zytokinen und kann so anhaltendende und schädigende Entzündungsreaktionen am Auge vorbeugen, vermindern oder stoppen. Dies geschieht über die gezielte rezeptorvermittelte Modulation der Entstehung von pro-inflammatorischen Entzündungsmediatoren, wie z.B. proinflammatorische Zytokine, Chemokine, inflammatorische Enzyme und Rezeptoren, auf der Ebene der Gentranskription.
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Überschießende oder andauernde Entzündungen können so gemildert oder unterbunden werden. Somit kann ein positiver Einfluss auf entzündliche Prozesse, Krankheiten und/oder Begleiterscheinungen von Augenkrankheiten genommen werden.
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Beispiele hierfür sind Infektionen und Entzündungen des Auges durch Hornhautverletzungen, z.B. Epithelschäden durch mechanische Einflüsse, Benetzungsstörungen, Allergien, Bindehautentzündung (Konjunktivitis), Gerstenkorn, Hornhautentzündung (Keratitis), Lidrandentzündung (Blepharitis), oder Folgeentzündungen hervorgerufen durch das trockene Auge (Keratoconjunctivitis sicca), Sicca-Syndrom, Sjögren-Syndrom etc..
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Partielle nikotinische Acetylcholinrezeptor-Agonisten werden besonders bevorzugt verwendet, da diese den Rezeptor nicht vollständig hemmen. Dies ist vorteilhaft, weil nikotinische Acetylcholinrezeptoren auch an der Regulation weiterer Prozesse der Zelle beteiligt sind, und deren vollständige Hemmung nicht erwünscht ist. Daher werden bevorzugt nur eine partielle Hemmung des Rezeptors und gleichzeitig eine selektive lokale Gabe im Bereich des Entzündungsortes angestrebt. So werden andere Prozess, die durch diesen Rezeptor reguliert werden nur sehr begrenzt beeinträchtigt, was zu geringeren Nebenwirkungen führt.
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Neben einem nAChR-Agonisten kann die Zusammensetzung noch mindestens ein natürliches oder synthetisches Zwischenprodukt oder Derivat des körpereigenen Membranstoffwechsels, umfassen bevorzugt, aber nicht ausschließlich, cholin-haltigen Phospholipide, wie etwa Phosphatidylethanolamin, Phosphatidylcholin, Cytidine diphosphate-choline ([(2R,3S,4R,5R)-5-(4-Amino-2-oxopyrimidin-1-yl)-3,4-dihydroxyoxolan-2-yl]methyl-{oxido-[2-(trimethylazaniumyl)ethoxy]phosphoryl}phosphat, Citicolin), Alpha Glyceryl Phosphoryl Choline, Phosphocholin, Glycerophosphocholin und/oder Derivate dieser Stoffe und/ oder Cholin. Diese sind körpereigene Stoffe und bilden u.a. auch Vorstufen von Acetylcholin, dem natürliche Liganden des nAChRs. Als Komponenten des Membranstoffwechsels spielen sie auch eine Rolle im Membranschutz, der Membranreparatur und folglich bei der Aufrechterhaltung der Membranintegrität, -permeabilität und -fluidität.
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Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass die Applikation auf die Hornhaut, die bulbäre und palpebrale (auch tarsale) Bindehaut, die Limbusstammzellen, die Augenlider und Lidränder, die Meibomdrüsen, die Epithelzellen, den Tränenapparat inklusive Tränennasenkanal und/oder Immunzellen des Augengewebes erfolgt.
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Die Zusammensetzung kann, neben einem nAChR-Agonisten weitere Komponenten zum Schutz und der Verbesserung der Membranintegrität, -fluidität und-permeabilität enthalten, da gerade auch Umweltnoxen und überschießende Entzündungsprozesse sich negativ auf diese Membranparameter auswirken können. Die Aufrechterhaltung der Fluidität, Integrität und physiologische Permeabilität der Zellmembranen ist essentiell für die normale Lebensfähigkeit und Funktion der Zellen und unterstützt eine gesunde, glatte Hornhautoberfläche.
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Ubichinon-10 ist eine solche Komponente. Dessen lange lipophilen Isoprenoid-Seitenketten fügen sich in die Zellmembranen ein und beeinflussen die Fluiditätseigenschaften der Membran.
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Dexpanthenol stimuliert die Synthese von Membranlipiden und fördert somit ebenfalls die Membranintegrität und natürliche Permeabilität. Dexpanthenol spielt zusätzlich auch eine Rolle bei der Modulation der Genexpression (z.B. von Interleukinen) bei Entzündungsprozessen. Es wirkt entzündungshemmend und anti-apoptotisch und unterstützt somit perfekt die Wirkung der Acetylcholinrezeptor-Agonisten über einen alternativen Wirkmechanismus.
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Besonders vorteilhaft ist somit, wenn die Zusammensetzung Dexpanthenol und/oder Ubichinon-10 enthält.
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Die verschiedenen Bestandteile der opthalmologischen Zusammensetzung können somit pathologische Veränderungen, verursacht durch anhaltende und/oder überschießende Immunreaktionen, auf diversen zellulären Ebenen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen entgegenwirken um die Homöostase der Hornhaut bzw. des betroffenen Augengewebes wieder herzustellen.
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Die ophthalmologische Zusammensetzung ist bevorzugt in Form einer wässrigen Lösung, einer o/w Nano- (Mizellengröße 1-100 nm) oder o/w Mikrosemulsion (Mizellengröße 100- 500 nm) formuliert.
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Beispielsweise kann der mindestens eine nikotinische Acetylcholinrezeptor-Agonist in einer Menge von 0,005 bis 1,0 Gew.-%, bevorzugt 0,01 bis 0,20 Gew.- % in der ophthalmologischen Zusammensetzung enthalten sein.
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Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist vorgesehen, dass die ophthalmologische Zusammensetzung durch eine kinematische Viskosität von 5-150 mm2/s, bevorzugt 7 bis 100 mm2/s, besonders bevorzugt 10 bis 70 mm2/s, gemessen gemäß Kapitel 2.2.8. Europäisches Arzneibuch 9.8, gekennzeichnet ist. Dies begünstigt eine verbesserte Anhaftung und Verträglichkeit (kein Fremdkörpergefühl) am Applikationsort. Beispielsweise weist die ophthalmologische Zusammensetzung eine Osmolalität 150 bis 340 mOsmol/kg, bevorzugt 170 bis 270 mOsmol/kg auf.
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Vorzugsweises beträgt der pH-Wert von 5,8 bis 8,5, bevorzugt von 6,6 bis 7,4.
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Insbesondere ist die ophthalmologische Zusammensetzung frei von Omega-3 Fettsäuren und / oder Antioxidantien.
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In einer besonderen Ausführungsform ist die Zusammensetzung frei von Phosphatpuffer. In einer weiteren besonderen Ausführungsform ist die Zusammensetzung frei von Phosphat-Ionen. Unter „phosphatfrei“ wird im Sinne der Erfindung eine pharmazeutische Zusammensetzung verstanden, die weniger als 7 mmol/I Phosphationen, vorzugsweise weniger als 3 mmol/I Phosphationen, besonders bevorzugt weniger als 1 mmol/I Phosphationen und äusserst bevorzugt keine Phosphationen (d.h. unter Nachweisgrenze) enthält. Der Begriff „Phosphationen“ umfasst hierbei sämtliche von Phosphorsäure abgeleiteten Ionen, d.h. Dihydrogenphosphat, Hydrogenphosphat sowie Phosphat.
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Ebenso können ophthalmologisch kompatible Solute und deren Derivate, insbesondere ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Zucker wie Saccharose, Rutinose, Trehalose, Polyole z.B. Glycerin, Inosit, Erythritol, Aminosäuren z.B. Prolin, Tetrahydropyrimidinderivate, wie Ectoin, Hydroxyectoin, Glycinbetain, Betain, I-Carnithin in der ophthalmologischen Zusammensetzung enthalten sein.
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Die ophthalmologische Zusammensetzung kann zudem Komponenten zur Aufrechterhaltung und/ oder Wiederherstellung der Membranfluidität, permeabilität und -integrität enthalten, wie Ubichinon-10, Dexpanthenol und/ oder cholin-haltige Phospholipide.
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Weiterhin kann die Zusammensetzung entzündungshemmende und/ oder berühigende, pflanzliche Extrakte enthalten wie Auszüge oder Tinkturen aus Calendula, Spitzwegerich, Mahonia, Augentrost, Kamille, Aloe vera, Weidenrinde, Sonnenhut (Echinacea), Arnika u.ä..
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Ebenso ist es möglich, dass die ophthalmologische Zusammensetzung mindestens einen ophthalmologisch kompatiblen Puffer, insbesondere einen Puffer ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus anorganischen und/oder organischen Puffersubstanzen , z.B. Citrat-Puffer, Phosphatpuffer, Phosphat-Citrat Puffer, Trometamolpuffer, Boratpuffer, Acetatpuffer, Acetat-Borat-Puffer und Kombinationen hiervon enthält.
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Weiter bevorzugt ist, dass die ophthalmologische Zusammensetzung mindestens eine mucoashäsive Komponente bzw. mindestens eine Komponente, die die Viskosität und damit die Verweildauer am Auge beeinflusst,beinhaltet, insbesondere ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Cellulose-Derivaten, wie Carboxymethylcellulose, Hydroxypropylmethylcellulose (HPMC), Hyaluronsäure, Chondroitinsulfat, Polyvinylalkohol, Povidon (Polyvinylpyrrolidon), Hydroxypropylguar, Hydroxypropylcellulose, Tamarindensamenpolysaccharid, Polyacrylsäure (Carbomer und Derivate der gelisteten Stoffe, sowie Kombinationen hiervon.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform enthält die ophthalmologische Zusammensetzung mindestens ein Tonizitätsmittel, insbesondere Glycerin, NaCl, Sorbitol und/oder Borsäure enthält.
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Ebenso können Penetrationsenhancer, insbesondere Isopropylmyristat und/oder Isopropylpalmitat enthalten sein.
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Bevorzugt enthält die ophthalmologische Zusammensetzung des Weiteren mindestens einen Emulgator, insbesondere Vitamin E TPGS, Lysolecithin und/ oder Poloxamer z.B. Kolliphor P 407, Kolliphor P188. Insbesondere eignet sich die ophthalmologische Zusammensetzung zur Verwendung bei der Vorbeugung oder Behandlung von Konjunktivitis, Blepharitis, Keratitis, Uveitis, Iritis, Allergien, wie Pollenallergie, und Entzündungen, die infolge anderer Erkrankungen entstehen, wie etwa Sicca Syndrom, Keratoconjunctivitis sicca
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Formuliert ist die ophthalmologische Zusammensetzung insbesondere in Form von Augentropfen, einer Tinktur, Salbe, eines Gels, Aerosols oder einer Lotion z.B. zum Eintropfen, Einreiben, Aufsprayen, fein Vernebeln.
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Die Agonisten können auch nach Applikation auf das Auge zusätzlich über den Tränennasenkanal abgeleitet werden und dort zusätzlich über die Aktivierung von Nervenzellen wirken. Über die Einstellung von bestimmten Parametern der Zusammensetzung, wie Viskosität, Mucoadhäsion, Spreitung, kann die Menge der Ableitung über den Tränennasenkanal in bestimmtem Maße kontrolliert werden, i.e. von praktisch keiner Ableitung bis zur partiellen Ableitung in unterschiedlichem Maße. In letzterem Fall ist vorgesehen, dass die ophthalmologische Zusammensetzung gemäß der Erfindung nach Applikation auf das Auge partiell über den Tränennasenkanal abfließt und dadurch zusätzlich an oder auf die nAChR von Nervenzellen in der Nasenschleimhaut appliziert wird. Nervensignale beeinflussen die Tränendrüsen des Auges zu einer erhöhten Sekretion des natürlichen Tränenfilms und folglich verbesserten Hydratation der Augenoberfläche. Da nur eine geringe Menge der applizierten Wirkstoff-Konzentration die Nasenschleimhaut erreicht, können Nebenwirkungen, z.B. eine gereizte Nasenschleimhaut, Niesen, Husten, unerwünschte neuronale Symptome (Nebenwirkungen bei der direkten Applikation in die Nasenhöhle) vermieden werden. Die Ableitungsmenge der Zusammensetzung über den Tränennasenkanal wird über die Spreitfähigkeit, Mukoadhäsion und Viskosität der Zusammensetzung reguliert. Besonders bevorzugt sind Lösungen mit einer Viskosität (gemessen gemäß Kapitel 2.2.8. Europäisches Arzneibuch 9.8) von 0,5 bis 100 mm2/s, bevorzugt 1 bis 70 mm2/s, besonders bevorzugt von 3 bis 50 mm2/s um eine Ableitung auch in die Nasenschleimhaut zu begünstigen.
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Auch ein Zusatz von Aminosäuren und/oder Peptiden und deren Derivat ist möglich, z.B. N-Acetylcysteine, Taurin, L-Prolin, Glycin, L-Lysinhydrochlorid, L-Leucin. Diese verbessern die Benetzung der Augenoberfläche und tragen zur Regulierung der Ableitung der Zusammensetzung über die Tränenwege bei. Dies gilt auch für Tyloxapol , ein nichtionogenes, flüssiges Polymer, das primär als Netzmittel bzw. Spreitmittel.
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Beispielsweise kann die Applikation der ophthalmologischen Zusammensetzung bzw. deren Verwendung 1 bis 10 mal, bevorzugt 1 bis 5 mal pro Tag erfolgen.
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Die Verwendung kann z.B. durch Eintropfen in das geöffnete Auge oder Auftropfen oder -sprayen auf das Lid des geschlossenen Auges erfolgen, wobei bevorzugt von 1 bis 30 Tropfen, weiter bevorzugt 2 bis 20 Tropfen, besonders bevorzugt 3 bis 10 Tropfen ein- bzw. aufgebracht werden.
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Die ophthalmologische Zusammensetzung kann ophthalmologisch verträgliche Konservierungsmittel beinhalten, ist bevorzugt jedoch frei von Konservierungsmitteln.
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Die vorliegende Erfindung wird anhand der nachfolgenden Ausführungsformen näher beschrieben, ohne die Erfindung hierauf zu beschränken. Sämtliche Angaben sind hierbei in Gew.-%.
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Formulierungsbeispiele:
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Beispiel 1
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0,01 -0,5% Vareniclintartrat
0,1 -3% Cytidin-5'-Diphosphocholin-Natriumsalzhydrat (fakultativ)
0,5-3% Trehalose (fakulativ)
0,1-1% HPMC und/ oder Hyaluronsäure (fakulativ)
0,05-0,5% Isopropylmyristat (fakultativ)
0,1-2% Dexpanthenol (fakultativ)
0,1-1% Extrakte aus Aloe vera (fakultativ)
Citratpuffer oder Boratpuffer oder WFI
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Beispiel 2
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0,01 -0,5% Vareniclintartrat
0,1 -3% Cytidin-5'-Diphosphocholin-Natriumsalzhydrat (fakultativ)
0,1- 2% Glycerin 85%
0,01-2% Rutinose und/oder Trehalose (fakultativ)
0,01-4% N-Acetylcystein (fakultativ)
0,1-2% Dexpanthenol (fakultativ)
Citratpuffer oder Boratpuffer oder WFI
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Beispiel 3
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0,01 -0,5% Vareniclintartrat
0,1-2% Alpha Glyceryl Phosphoryl Choline (fakultativ)
0,1 -2% Cytidin-5'-Diphosphocholin-Natriumsalzhydrat (fakultativ)
0,1-2% Phosphatidylcholin (fakultativ)
0,1-0,5% Vitamin E TPGS (fakulativ)
0,01-0,3% Tyloxapol (fakulativ)
0,01 -0,1% Ubichinon-10 (faktultativ)
0,1-1% Povidon oder Hyaluronsäure (fakultativ)
0,1-2% Dexpanthenol (fakultativ)
0,1-1% Extrakte aus Aloe vera oder Echinacea pallida e planta tota ferm 33c Dil. D2 (fakultativ)
0,01 -0,5% Hyaluronsäure (fakultativ)
0,5-3,5% Sorbitol
Citratpuffer oder WFI
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Beispiel 4
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0,01 -0,5% Vareniclintartrat
0,1 -2% Alpha Glyceryl Phosphoryl Choline (fakultativ)
0,1 -2% Cytidin-5'-Diphosphocholin-Natriumsalzhydrat (fakultativ)
0,1-2% Phosphatidylcholin (fakultativ)
0,001-0,5% (2-Hydroxyethyl)- trimethylammoniumchlorid (fakultativ)
0,1- 2% Ectoin und/ oder Betaine und/ oder Erythritol und/ oder Levocarnitin (L-carnitin) (fakultativ)
0,1-2% Dexpanthenol (fakultativ)
0,01 -0,5 % Hyaluronsäure (fakultativ)
0,3 -0,9 % NaCl oder 1-3,5% Sorbitol
WFI oder Boratpuffer oder Citratpuffer
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Beispiel 5
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0,01 -0,5% Vareniclintartrat
0,05 -0,2% Alpha Glyceryl Phosphoryl Choline (fakultativ)
0,1-1% Cholin oder Cholinbitartrat oder Cholinchlorid (fakultativ)
0,1-2% Phosphatidylcholin (fakultativ)
0,01 -0,1% Ubichinon-10 (faktultativ)
0,01-0,3% Tyloxapol (fakulativ)
0,1-0,5% Vitamin E TPGS (fakulativ)
0,1-2% Dexpanthenol (fakultativ)
0,3 -0,9 % NaCl
WFI oder Boratpuffer oder Citratpuffer
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Beispiel 6
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0,05 -0,5% Vareniclintartrat
0,01 -2% Cholin oder Cholinbitartrat oder Cholinchlorid (faktultativ)
0,05 -0,2% Alpha Glyceryl Phosphoryl Choline (faktultativ)
0,1 -2% Cytidin-5'-Diphosphocholin-Natriumsalzhydrat (fakultativ)
0,2 -2% Trehalose oder Rutinose (faktultativ)
0,1-2% Dexpanthenol (fakultativ)
0,15- 0,3% Cabomer oder alternativ Hydroxypropylmethylcellulose Trometamol oder Citratpuffer oder WFI
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Beispiel 7
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0,01 -0,5% Vareniclintartrat
0,05 -1% Cholin oder Cholinbitartrat oder Cholinchlorid (faktultativ)
0,05 -0,2% Ubichinon-10 (faktultativ)
0,5% Vitamin E TPGS oder Lecithin (faktultativ)
0,1-2% Dexpanthenol (fakultativ)
0,1-0,3% Echinacea oder Mahonia Urtinktur (D6) (fakultativ)
Citratpuffer oder Boratpuffer oder WFI
Der pH -Wert der Zusammensetzungen liegt im Bereich pH 6,4 bis 9,7, bevorzugt zwischen pH 6,8 und 7,8. Bei der Verwendung von WFI ohne Puffer erfolgt die pH Einstellung mittels Natriumhydroxid und/oder Salzsäure.
Bevorzugt sind die Zusammensetzungen frei von Konservierungsmitteln.