Schweisspulver für die automatische Lichtbogenschweissung. Es sind elektrische Schweissverfahren be kannt, bei denen die abzuschmelzende Elek trode dauernd in eine Schmelze eines vorwie gend aus Silikaten bestehenden, vorher lose auf die Schweissstelle aufgeschütteten Schweiss pulvers eintaucht, Diese bekannten Schweiss pulver, die in der Hauptsache aus fluorhal- tigen, sauren bis höchstens neutralen Silikaten bestehen und beim Schmelzen mehr oder weniger viskose Flüssigkeiten bilden, haben verschiedene Nachteile.
Der verhältnismässig hohe Kieselsäurege halt und die verhältnismässig grosse Menge an Schlacke, die über dem Schweissgut liegt bzw. schwimmt, bedingen eine starke Beeinflussung der Zusammensetzung des Schweissgutes. Die sem Umstand wird zwar dadurch begegnet, dass man, unter Berücksichtigung z. B. des unter der Einwirkung der Schlacke auftre tenden Abbrandes an wertvollen Legierungs bestandteilen, vor allem von Mangan usw., Schweissdraht mit vermehrten Legierungsbe standteilen verwendet, so dass diese die Ab brandverluste des Grundmaterials wieder aus gleichen. Die Schweissdrähte werden auf diese Weise allerdings nicht unwesentlich verteuert.
Ein weiterer Nachteil lässt sich jedoch schwer beheben, dass nämlich durch die Um setzung der Kieselsäure mit Mangan nach der Reaktionsgleichung: SiO2 + 2 Mn = 2 MnO + Si das Schweissgut aufsiliziert wird. Ein weiterer schwer zu behebender Nach teil dieses Schweisspulvers zeigt sich dann, wenn mit Rost oder Feuchtigkeit bedeckte Metalle verschweisst werden sollen. In diesem Fall bilden sich in der Schweisshitze durch die Reaktion der Feuchtigkeit bzw. der hydroxyl- haltigen Eisenverbindungen mit dem Eisen Wasserstoffbläschen, welche durch die im Verlaufe der Abkühlung zäher werdende Schlackenhaube nicht mehr hindurchtreten können und die Güte der Schweissnaht hauptsächlich bei Kehlnähten - verschlech tern.
Umfangreiche Versuche hatten das Ziel, die genannten Nachteile durch ein entspre chend hergestelltes Schweisspulver von gün stigerer Zusammensetzung zu vermeiden. Es wurde eine Zusammensetzung gefunden, die allen Anforderungen bei .der automatischen Lichtbogenschweissung gerecht wird.
Nach der Erfindung kennzeichnet sich das Schweiss pulver dadurch, dass es eine gepulverte, kie selsäurefreie, erschmolzene Masse basischen Charakters aufweist, die 5 - bis 15 0/o Erd- alkalioxyde, 5 bis 20 0/o Aluminiumoxyd und insgesamt weniger als 10 0/o Manganoxyd und Eisenoxyd in fester Lösung mit 40 bis 70 0!0 eines Fluorides enthält, wobei die gegenseitige Löslichkeit der genannten Stoffe durch einen Gehalt von 5 bis 20 0/0 Titandioxyd vermittelt ist. Diese Masse erstarrt aus der Schmelze nicht glasartig, sondern kristallin.
Sie besitzt einen definierten Schmelzpunkt und ist in flüssigem Zustande niedrig viskos. Die flüs sige Titansäure hat hohe Lösekraft, reagiert. nicht nennenswert mit den Bestandteilen des Stahls und lässt die reinigende Wirkung der basischen Lösungsbestandteile, z. B. auf Phos phor- und Schwefelbestandteile des Stahls, voll zur Geltung kommen. Es sind zwar basische Schweissmittel qua litativ ähnlicher Zusammensetzung bei der Herstellung ummantelter Schweisselektroden zur Verwendung gelangt, jedoch liegen die hier zur Verwendung kommenden Stoffe nicht. als bei hoher Temperatur erzeugte homo gene Mischung bzw.
Lösung vor, sondern die Bestandteile werden lediglich in dem ge wünschten Verhältnis zusammengemischt und mit geeigneten Bindemitteln oder durch Druckanwendung auf die metallischen Elek troden aufgebracht. Erst beim Schweissvor gang schmelzen die Mischungsbestandteile zu sammen und bilden eine dünne, vom Licht bogen durchbrochene Haut über der ver schweissten -Naht.. Ihre Menge ist im Vergleich zum eingeschmolzenen Schweissgut gering und dementsprechend ist die Beeinflussung durch das Schweissmittel geringfügiger als bei v er- deekter automatischer Lichtbogenschweissung.
Hier wirkt- die unter der Schutzhaube eines Schweisspulvers befindliche bzw. daraus gebildete Sehlacke, die in dicker Schicht un ter und zwischen seitlichen noch ungeschmol- zenen Pulverschichten liegt, sowohl mecha nisch als auch chemisch stark auf das Schweiss gut ein. Ausserdem wird hier im allgemeinen mit. wesentlich höheren Stromstärken ge schweisst, bei denen erfahrungsgemäss die metallurgischen Reaktionen sich wegen der längeren Reaktionszeit vollständiger abspielen können.
Bei der Verwendung der bekannten um mantelten Elektroden hat die Ummantelung die Aufgabe, durch Bildung einer dünnen Schlackenschicht auf dem flüssigen Metall dieses vor Oxydation zu schützen. Sie soll fer ner durch Abgabe ionisierender Bestandteile das gleichmässige Brennen des Lichtbogens auch mit Wechselstrom ermöglichen. Die Anforderungen bei der verdeckten automatischen Lichtbogenschweissung sind in sofern noch ganz anderer Art, als nicht nur eine bestimmte günstige Zusammensetzung des Schweisspulvers mit besonderen metallur gischen Eigenschaften wichtig ist, sondern auch noch auf bestimmte elektrische Eigen schaften der schmelzflüssigen Schlacke geach tet werden muss, so dass ein stetiges gleich mässiges Brennen des Lichtbogens unter der Pulveroberfläche ermöglicht wird.
Die Leit fähigkeit des Pulvers darf einerseits nicht so hoch sein, dass der Lichtbogen zum Pulver selbst überspringt. Sie muss aber anderseits doch so hoch sein, dass sie die Ausbildung eines ständigen Lichtbogens zwischen Werk stück und Schweisselektrode unterhalb der Haube des Schweisspulvers ermöglicht. Es ist hierbei die Tatsache zu berücksichtigen, dass die Schlacke nicht einen dünnen Schutzüber zug auf dem geschmolzenen Metall bildet, son dern eine flüssige Zone, die an Gewicht und Schichtdicke mit. dem Schweissgut ungefähr vergleichbar ist.
Durch die vergrösserte Schlackenmenge und durch den von der Schlacke ausgeübten grösseren Druck kann auf Grund einer geeigneten Zusammenset zung der Schlacke die Zusammensetzung des Schweissgutes viel wirksamer beeinflusst wer den als im Falle der Verwendung ummantel ter Elektroden, deren Schlackenbildung im Vergleich zum Schweissgut geringer ist. Die im Schweisspulver enthaltene Titansäure sorgt, dass die Pulverschmelze leichtflüssig ist; sie beeinflusst die Zusammensetzung des Schweiss gutes nicht. ungünstig, wie es z. B. bei Sili- ziumdioxyd der Fall ist.
Der Gehalt an Titan säure (Ti02) beträgt 5 bis ?0 01o. Eine Er höhung des Titansäuregehaltes hat. keine Ver besserung der günstigen Eigenschaften des Schweisspulvers nach der Erfindung zur Folge. Auch steht der hohe Preis dieser Erhöhung entgegen.
Ein Schweisspulver der oben angegebenen Zusammensetzung ermöglicht es auch, Sonder stähle, vor allem austenitisehe Werkstoffe, zu verschweissen, ohne dass eine nachteilige Beeinflussung durch das Schweisspulver - wie z. B. ein hoher Abbrand an, wertvollen Legierungsbestandteilen, wie er bei den kiesel säurehaltigen Schweisspulvern auftritt - be obachtet werden kann. Durch Erhöhung des Manganoxydgehaltes kann vielmehr der Man gangelialt des Schweissgutes noch erhöht wer den, und es ist anderseits nicht erforderlich, Schweissdrähte mit besonders hohem Mangan gelialt zu verwenden.
Die niedrige Viskosität der Schmelze, die ein leichtes Durchtreten aus dem Schweissbad stammender Verunreinigungen erlaubt, er möglieht die Verwendung der automatischen verdeckten Lichtbogenschweissung auf einem sehr wichtigen Gebiet, nämlich dem der Ver schweissung rostiger oder sonstwie verunrei nigter Metalloberflächen, wie es z. B. bei Arbeiten auf offenen Montagestellen, beim Brückenbau usw. vorkommt. Die Leichtflüs sigkeit der Schlacke gestattet den bei der Reaktion der Verunreinigungen mit dem Eisen entstehenden Gasbläschen (insbesondere Wasserstoff) den Durchtritt durch die Schlacke, was früher bei der Verwendung der alten, verhältnismässig zähen und glasartig er starrenden kieselsäurehaltigen Schlacke nicht möglich war.
Werden dem Schweisspulver 1 bis 10 0/0 oder sogar bis zu 16 0/o Karbonate der Erd- alkali- oder Eisenmetalle oder bis zu 16 0/o einer Mischung aus einem Oxyd der Eisen gruppe und einem kohlenstoffhaltigen Reduk tionsmittel mechanisch beigemengt, so ent wickeln die so entstehenden Gemische wäh rend des Schweissens Gase, welche die bei der Reaktion des Schweisspulvers mit. den Verun reinigungen. auf dem zu schweissenden Metall sich entwickelnden gasförmigen Reaktionspro dukte fortspülen. Die Versuche zeigten, dass auf diese Weise Schweissnähte in einer unter diesen Verhältnissen noch nicht erreichten Güte erzielt werden konnten.
Ein Beispiel möge die hervorragenden Eigenschaften des neuen Schweisspulvers er läutern Es wurde eine 20-mm-V-Naht an einem Baublech mit 8-mm-Schweissdraht unter Ver- wendung des bisher gebräuchlichen stark kieselsäurehaltigen Schweisspulvers einerseits und des neuen Basisehen titandioxydhaltigen Schweisspulvers anderseits verschweisst. Die verwendete Stromstärke betrug 1250 Ampere, die Schweissspannung .10 Volt, die Schweiss geschwindigkeit 300 mm/Min. Die Zusammensetzung der Schweissnaht als Funktion der Zusammensetzung von Grundmaterial, Schweissdraht, und Schweiss pulver wurde untersucht.
Der Vergleich der sowohl mit. dem bekannten als auch mit dem neuen Schweisspulver erhaltenen Zusammen setzung, der sonst unter genau gleichen Be- dingiingen erzielten Schweissnaht soll zur Be urteilung des neuen Schweisspulvers dienen. Als Beimengungen, welche die Eigenschaf ten des Materials vorzugsweise beeinflussen, seien die Kohlenstoff-, Mangan-, Silizium-, Phosphor- und Schwefelgehalte in dem ver schweissten Blech und im Schweissdraht so wie die theoretische Zusammensetzung des Schweissgutes angegeben, welche sich aus dem eingeschmolzenen Gewichtsverhältnis von Schweissdraht und Grundmaterial ergeben würde.
Das Grundmaterial enthielt, bezogen auf das Gewicht: 0,07 0/o Kohlenstoff, 0,3 0/o Mangan, 0,008 0/o Silizium, 0,056 0/o Phospor, 0,017 0/o Schwefel. Der Schweissdraht hatte entsprechende Gehalte von: 0,16 0/o Kohlenstoff, 3,5 0/0 Man gan, 0,125 0/o Silizium, 0,018 0/o Phosphor, 0,012 0/o Schwefel.
Die eingeschmolzenen Mengen an Grund material und Schweissdraht wurden an einer Schlifffläche quer zur Schweissnaht planime- triseh ermittelt. Daraus ergab sich ein Soll gehalt des Schweissgutes (d. h. die theoretische Mischkonzentration) von: 0,106 0/o Kohlen stoff, 1,58 0/o Mangan, 0,0548 0/o Silizium, 0,0412 0/a Phosphor, 0,0148 0/o Schwefel.
Der durch Analyse ermittelte tatsächliche Gehalt an Legierungsbestandteilen und Ver unreinigungen betrug bei einer mit altem Schweisspulver erhaltenen Schweissnaht.:
EMI0004.0000
entsprechend:
<tb> 0,08 <SEP> 0/o <SEP> Kohlenstoff <SEP> 24 <SEP> 0/o <SEP> Abbrand
<tb> 0,98 <SEP> 0/a <SEP> Mangan <SEP> 38 <SEP> 0/o <SEP> Abbrand
<tb> 0,21 <SEP> 0/o <SEP> Silizium <SEP> 280 <SEP> 0/a <SEP> Zunahme
<tb> 0,043 <SEP> 0/a <SEP> Phosphor <SEP> 4 <SEP> 0/o <SEP> Zunahme
<tb> 0,02190 <SEP> 0/a <SEP> Schwefel <SEP> 42 <SEP> 0/o <SEP> Zunahme.
Dagegen wurden bei einer Schweissnaht, hergestellt unter Verwendung des neuen Pul vers unter sonst gleichen Bedingungen fol gende Gehalte analytisch ermittelt:
EMI0004.0002
Kohlenstoff <SEP> 0,095 <SEP> 0/a <SEP> (10 <SEP> 0/o <SEP> Abbrand)
<tb> Mangan <SEP> 1,57 <SEP> 0/o <SEP> ( <SEP> 0,6 <SEP> 0/o <SEP> Abbrand)
<tb> Silizium <SEP> 0,0-110/o <SEP> (2,.5 <SEP> 0/a <SEP> Abbrand)
<tb> Phosphor <SEP> 0,033 <SEP> 0/0 <SEP> (20 <SEP> 0/o <SEP> Abbrand)
<tb> Schwefel <SEP> 0,0110/0 <SEP> (28 <SEP> 0/o <SEP> Abbrand).
Wie die Ergebnisse und Analysen zeigen, ist bei dem mit dem alten Pulver erhaltenen Schweissgut vor allem ein erheblicher Ab brand von 38 0/o Mangan, eine unerwünschte Zunahme tim 280 0/a Silizium und eine solche um 4? 0/o Schwefel eingetreten (bezogen auf den theoretischen Gehalt der Mischung = 100 0l0). Beide Zunahmen sind für die Güte der Schweissnaht unerwünscht.
Im Gegensatz hierzu zeigt die Analyse der mit dem neuen Schweisspulver erhaltenen Schweissnaht eine praktisch unveränderte Konzentration des Mangans, eine wesentliche Abnahme des unerwünschten Silizium-, Phos phor- und Schwefelgehaltes gegenüber der theoretisch ermittelten Zusammensetzung, also eine wesentliche Qualitätsverbesserung der Schweissnaht gegenüber den bisherigen Ergebnissen.