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Verfahren zur Veredlung von cellulosehaltigem Textilmaterial
Im Stammpatent Nr. 216466 ist bereits ein Verfahren zur Veredelung von cellulosehaltigem Textil- material, insbesondere zur Verbesserung der Faserfestigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen äussere Ein- flüsse, vorgeschlagen worden, gemäss welchem durch ein-oder mehrfache Einwirkung ionisierender Strah- len, insbes. Gamma- oder Röntgenstrahlen, in den Celluloseketten des Textilmaterials und/oder in ge- gebenenfalls vor der Bestrahlung auf das Textilmaterial aufgebrachten chemischen Substanzen bzw. Sub- stanzgemischen, z. B. polymerisierbaren, monomeren Substanzen, aktive Gruppen gebildet werden, die unter sich und/oder mit gegebenenfalls nach der Bestrahlung auf das Textilmaterial aufgebrachten che- mischen Substanzen bzw. Substanzgemischen der Pfropfung unterworfen werden.
Das Verfanren eignet sich auch zur Aufpfropfung nicht polymerisierbarer bzw. auspolymerisierter chemischer Substanzen. Als ionisierende Strahlen kommen in erster Linie Gamma- oder Röntgenstrahlen in Betracht. Für die Gamma- strahlen dienen als Strahlenquelle z. B. 6oxo. Spaltprodukte von U235 oder U1Cs.
Es wurde nun gefunden, dass günstige Voraussetzungen für die Aufpfropfung und einen möglichst geringen Abbau der Cellulose erzielt werden, wenn das cellulosehaltige Material anstatt mit Gamma- oder Röntgenstrahlen mit beschleunigten Elektronen (Beta-Strahlen), deren Teilchenenergie relativ gering ist, behandelt wird.
Die vorliegende Erfindung besteht demnach in einem Verfahren zur Veredlung von cellulosehaltigem Textilmaterial, insbesondere zur Verbesserung der Faserfestigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen äussere Einflüsse gemäss Stammpatent Nr. 216466, das dadurch gekennzeichnet ist, dass als ionisierende Strahlen beschleunigte Elektronen mit einer Teilchenenergie von weniger als einer Million E1ektronenvolt (MeV) verwendet werden. Es können insbesondere beschleunigte Elektronen mit einer Teilchenenergie von 0,05 bis 0,6 MeV angewendet werden, wobei vorzugsweise eine Gesamtdosis zwischen 104 und 106 Rad (1 Rad= 100 Erg/g) in das Textilgut eingestrahlt wird.
Das erfindungsgemässe Verfahren beruht auf der Feststellung, dass elektromagnetische Strahlen, wie z. B. Gamma-Strahlen, das bestrahlte Material auf dem kürzesten Weg durchdringen, wobei höchstens 1%ihrer Energie absorbiert wird, wogegen beschleunigte Elektronen Zusammenstösse mit den Atomen der durchdrungenen Materie erleiden, wobei sich Sekundärelektronen bilden, die mit weiteren Atomen zusammenstossen. Bei jedem Zusammenstoss der Elektronen mit oen Atomen wird Energie abgegeben und auf diese Weise wird ein relativ grosser Teil der Energie der beschleunigten Elektronen von der bestrahlten Materie absorbiert.
Es wurde nun gefunden, dass beschleunigte Elektronen mit hoher Teilchenenergie beim Durchdringen von Cellulosematerial so viel Energie abgeben, dass zahlreiche Spaltungen in den Molekülketten eintreten, wobei die Cellulose abgebaut und zerstört wird. Werden dagegen beschleunigte Elektronen mit niedriger Teilchenenergie in das Cellulosematerial eingestrahlt, so geben dieselben bei ihren Zusammenstössen mit den Atomen nur relativ kleine Energiemengen ab, so dass keine Spaltungen in den Mo- lekülketten eintreten, sondern die abgegebene Energie als Anregungsenergie für die Atome dient, und deren Ionisation bewirkt.
Im weiteren wurde festgestellt, dass bei Anwendung von beschleunigten Elektronen mit kleiner Teil- chenenergie bei einer bestimmten eingestrahlten Totaldosis von z. B. lO Rad der Abbau der Cellulose wesentlich geringer ist als bei Anwendung beschleunigter Elektronen mit hoher Teilchenenergie. Bei der er-
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findungsgemässen Verwendung von beschleunigten Elektronen mit einer Teilchenenergie von 0, 05 bis 0, 6 MeV kann deshalb die Totaldosis, welcher das bestrahlte Material ausgesetzt wird, in einem Bereich gehalten werden, in welchem kein nennenswerter Abbau der Cellulose eintritt.
Die erfindungsgemäss verwendeten Beta-Strahlen können den üblichen Elektronenbeschleunigungs- apparaten, z. B. Kaskaden-, Van de Graaf- oder Linearbeschleunigern, entnommen werden. Es können aber auch radioaktive Substanzen, z. B. soir, das Beta-Strahlen mit einer Teilchenenergie von 0,6 MeV aussendet, oder Promethium 147, dessen Beta-Strahlung eine Teilchenenergie von 0,223 MeV hat, ver- wendet werden. Auch gasförmige radioaktive Strahlenquelle wie z. B. Krypton 85, dessen Beta-Strahlung eine Teilchenenergie von 0,67 MeV aufweist, kommen in Betracht.
Daserfindungsgemässe Verfahren lässt sich auf cellulosehaltigem Material aller Art, insbesondere tex- tilen Flächengebilden, anwenden. Es eignen sich in erster Linie Gewebe oder Gewirke aus nativer Cellulose wie Baumwolle, aber auch Gewebe oder Gewirke aus regenerierter Cellulose oder solche, enthaltend Fasern aus natürlicher'und regenerierter Cellulose. Das Verfahren eignet sich zur Erreichung der verschiedensten Zwecke. Als solche kommen unter anderem in Betracht Verbesserungen der Faserfestigkeit, Erhöhung der Beständigkeit gegenüber biologischem Abbau, sowie gegenüber Verschmutzung, Wasseraufnahme, Einwirkung von Chemikalien oder von Hitze, Variierung der Diffusionseigenschaften gegen Luft und Wasser, ferner Veränderung der Quellbarkeit und der thermoplastischen Eigenschaften.
Die Erzielung dieser Effekte wird mit den im Stammpatent genannten monomeren polymerisierbaren Substanzen und nicht polymerisierbaren bzw. auspolymerisierbaren Substanzen gemäss den in diesem Patent beschriebenen Varianten und Kombinationsmöglichkeiten erreicht. Ferner kann das Textilmaterial - wie ebenfalls im oben erwähnten Patent beschrieben-vor der Bestrahlung zwecks Begünstigung der Pfropfung einer topochemischen Veränderung unterworfen werden und ausserdem kann das cellulosehaltige Material zum Schutze gegen zu weitgehenden Abbau durch die Bestrahlung mit vor derselben schützenden chemischen Substanzen behandelt werden.
Schliesslich eignet sich das Verfahren auch noch zur Aufpfropfung von organi- schen Perfluorverbindungen mit Doppelbindungen bzw. mittels ionisierenden Strahlen leicht aktivierbarer Molekülgruppen, insbesondere der im genannten Patent erwähnten Ester von ungesättigten Alkoholen mit Perfluorcarbonsäuren, Ester von Perfluoralkoholen mit ungesättigten organischen Säuren, Äther von ungesättigten Alkoholen mit Perfluoralkoholen oder Acetale von ungesättigten Aldehyden mit Perfluoralkoholen, wobei ein Schmutz, Öl, Tinte und sonstige Verunreinigungen abweisender Effekt erzielt wird.
Die Bestrahlung kann je nach dem zu erzielenden Effekt in Gegenwart oder Abwesenheit von Luftsauerstoff erfolgen. Im letzteren Falle wird die Bestrahlung zweckmässig im Vakuum oder in einem inerten Gas vorgenommen.
Die Erfindung ist nachfolgend an Hand einiger Ausführungsbeispiele näher erläutert : Beispiel l : Gebleichte Baumwollpopeline wird der Einwirkung beschleunigter Elektronen mit einer Teilchenenergie von 0,08 MeV ausgesetzt und eine Totaldosis von 106 Rad eingestrahlt. Hierauf wird das Gewebe während 12 Stunden gelagert und dann mit einer 10% gen wässerigen Lösung von Methacrylsäure in Gegenwart von 0, 10/oFerroammonsulfat, 1'% Glukose und 0, 10/0 Dihydroxyaceton (alles bezogen auf Wasser) eingelegt evakuiert und stehen gelassen bis 200C. Nach 5 min wird das Gewebe mit lolliger Oxalsäure behandelt und ausgewaschen ; es weist eine beträchtliche Gewichtszunahme auf.
Das Gewebe zeigt eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegenüber Scheuerung und gegenüber Säureeinwirkung sowie ein vermindertes Diffusionsvermögen gegenüber Luft und Wasser ; der Effekt ist waschfest.
Beispiel 2 : Ein Gewebe aus Kupferkunstseide wird in einer Lösung von p-Isopropylbenzolchlorid in Pyridin gemischt im Verhältnis 2 : 8 während 2 - 3 min behandelt, abgequetscht, während 5 min auf 70-80 C erhitzt, ausgewaschen und getrocknet. Das so topochemisch veränderte Gewebe wird sodann der Einwirkung beschleunigter Elektronen mit einer Teilchenenergie von 0, 12 MeV unterworfen und eine Totaldosis von 106 Rad eingestrahlt. Hierauf wird das Gewebe während 15 min in einer looien wässerigen Lösung von Methacrylsäure behandelt, wobei eine beträchtliche Gewichtszunahme erzielt wird. Das Ge- webe zeigt erhöhte Widerstandsfähigkeit gegenüber Scheuerung und ein vermindertes Diffusionsvermögen gegenüber Wasser und Luft.
Beispiel 3 : Ein Baumwollgewebe wird 15 min mit 20%iger Natriumhydroxydlösung bei gewöhnlicher Temperatur vorbehandelt und darauf 5 min mit piger Essigsäure gut gewaschen und möglichst stark abgequetscht. Darauf erfolgt in noch feuchtem Zustand die Behandlung mit einer lOigen Pyudiniumsalz- lösung von MethansuIfonylchlorid
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Nach dem Abquetschen wird bei 750C getrocknet. Das derart topochemisch veränderte Gewebe wird der Einwirkung beschleunigter Elektronen mit einer Teilchenenergie von 0, 12 MeV ausgesetzt und eine Totaldosis von 106 Rad eingestrahlt, hierauf wird es, wie in Beispiel 1 beschrieben, mit einer wässerigen Methacrylsäurelösung behandelt, wobei eine beträchtliche Gewichtszunahme erzielt wird.
Das Gewebe zeigt eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegenüber Scheuerung, eine erhöhte Temperaturbeständigkeit sowie Flammfestigkeit.
Beispiel 4 : Ein Baumwollpopeline-Gewebe wird der Einwirkung beschleunigter Elektronen mit einer Teilchenenergie von 0, 12 MeV ausgesetzt und eine Totaldosis von 2 x 105 Rad eingestrahlt. Unmittelbar nach der Bestrahlung wird das Gewebe durch ein Bad geführt, enthaltend eine Emulsion, die einen Gehalt von 10% an Poly- (l, l-dihydroperfluoroctylacrylat) aufweist, abgequetscht und während 5 min auf 600C erwärmt. Anschliessend wird das Gewebe gewaschen und bei 800C getrocknet. Das so behandelte Ge- webe ist gut fett-, öl-und tintenabweisend, zeigt keine Verminderung der Reiss- und Scheuerfestigkeiten.
Es weist ausserdem einen guten wasserabweisenden Effekt auf.
PATENTANSPRÜCHE :
1. Verfahren zur Veredlung voncellulosehaltigem Textilmaterial, insbesondere zur Verbesserung der Faserfestigkeit und der Widerstandsfähigkeit gegen äussere Einflüsse gemäss Stammpatent Nr. 216466, dadurch gekennzeichnet, dass beschleunigte Elektronen mit einer Teilchenenergie von weniger als einer Million Elektronenvolt (MeV) verwendet werden.