Werner Pittschau

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Werner Pittschau, letztes privates Porträtfoto von Suse Byk, 1928

Werner Pittschau (* 24. März 1902 in Berlin; † 28. Oktober 1928 bei Gerdshagen, Provinz Brandenburg) war ein deutscher Theater- und Filmschauspieler.

Leben und Wirken

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Der Sohn des deutschen Theaterschauspielers Ernst Pittschau senior (1859–1916) und der Wiener Theater- und Filmschauspielerin Hilde Hofer-Pittschau geb. Schützenhofer (1873–1961) entschloss sich nach dem unerwartet frühen Tod seines Vaters trotz seines besonderen technischen Interesses an Fotografie, Mechanik und Kinematographie nach Absolvierung der Pflichtschule in die Kadettenschule in Wien einzutreten, um Offizier zu werden. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, der diese Berufsperspektive zunichtemachte, strebte er zunächst eine kaufmännische Ausbildung an der Handelsakademie an. Doch bald überwog der Wunsch – so wie seine Eltern – den Schauspielberuf zu ergreifen.

Nach einer kurzen Ausbildung zum Schauspieler debütierte er in der Saison 1920/21 am Neuen deutschen Theater in Prag, an dem damals auch seine Mutter seit 1916 engagiert war und nach ihm sein Stiefbruder Walther Pittschau (1889–1946) engagiert wurde, und mit denen er in manchen Stücken gemeinsam auftrat. Als jugendlicher Liebhaber-Typ wurde er in sehr unterschiedlichen Stücken „eingesetzt“, so etwa im Dezember 1922 in Victorien Sardous Madame Sans-Gêne, im November 1923 in Robert Stolzs Operette Mädi als Archibald, in der Silvestervorstellung 1923 mit seinem Stiefbruder Walther in Der Feldherrnhügel in der Rolle des Leutnant Riesinger, im Jänner 1924 in Arthur Schnitzlers Paracelsus als Anselm neben Alexander Moissi in der Titelrolle, ebenfalls noch im Jänner als Frederick Evans in Avery Hopwoods Der Mustergatte, im April desselben Jahres als königlicher Kämmerer in Grillparzers Der Traum ein Leben, als Raphael in Faust I mit seinem Stiefbruder in der Titelrolle und seiner Mutter Hilde Pittschau-Hofer als Hexe, und als René in Jean Gilberts Operette Prinzessin Olala mit Fritzi Massary in der Titelpartie und seiner Mutter als Fürstin, im Mai neben seinem Stiefbruder Walther in Henrik Ibsens Peer Gynt oder im Juni als Herold des Königs in Rabindranath Tagores Der Brief des Königs. Ende der Spielsaison 1924 verließ Werner Pittschau Prag, wurde an die Berliner Saltenburg-Bühnen engagiert, von denen er bald zum Schiller-Theater wechselte.

Erika Glässner und Hans Junkermann, die als Bühnen- und Filmschauspieler etabliert waren, hatten Pittschau noch im Juni 1924 bei ihrem Gastspiel am Neuen deutschen Theater in Prag kennengelernt. In Geyers Boulevardstück Lissy, die Kokotte, in dem Erika Glässner die Titelrolle verkörperte, traten auch Werner in der Rolle des Firmlings und seine Mutter Hilde Hofer-Pittschau auf. Die eindrucksvolle Leistung Pittschaus in der kurz darauf folgenden Aufführung von Béla Szenes Endstation, in der Werner Pittschau neben Paul Hörbiger in der zweiten Hauptrolle zu sehen war, bewog Glässner und Junkermann, ihm zu raten, zum Film zu gehen und empfahlen ihn dem deutschen Filmregisseur Carl Boese.

Tamara Platonowna Karsawina, Werner Pittschau, Standfoto aus 'Hanseaten', 1925

Noch gegen Ende 1924 erhielt Pittschau von Regisseur Conrad Wiene sein erstes Rollenangebot im Film Der krasse Fuchs als Medizinstudent Willi Klauser. Bereits 1925 wurde Werner Pittschau für vier Hauptrollen von den Regisseuren Carl Boese (Die eiserne Braut als Unteroffizier Külpers und Die letzte Droschke von Berlin als Karl Lüdecke), Gerhard Lamprecht (Hanseaten als Robert Twersten) und James Bauer (Die Anne -Liese von Dessau als Leopold von Anhalt-Dessau) „gebucht“, die ihm beste Kritiken eintrugen. Die Darstellung der männlichen Hauptrolle des Leopold von Anhalt-Dessau sollte zur Weichenstellung für seine Blitzkarriere werden. Kurz danach erntete er in dem Streifen Die elf Schill‘schen Offiziere von Presse und Publikum Lorbeeren: So ist im Kino-Journal Nr. 840 vom 4. September zu lesen: „Aus Berlin wird uns geschrieben: Im Tauenzien-Palast in Berlin hat Freitag die Pressevorführung des Films »Die elf Schill’schen Offiziere« stattgefunden und einen durchschlagenden Erfolg gehabt. […] Die Ifa-FilmGes. m. b. H. hat den Film nach der bekannten Begebenheit aus dem Jahre 1804 verfilmt. Es ist eines der größten Werke, das bis nun in Deutschland hergestellt wurde. Speziell in den bekannten Szenen der Erschießung der elf Schill’schen Offiziere erreicht der Film seinen dramatischen Höhepunkt. Man kann in erster Linie dem Regisseur Rudolf Meinert zu seinem Werke gratulieren. Besonders hervorragend ist der Darsteller Werner Pittschau, weiters wären zu erwähnen […] und Rudolf Meinert […]“.

Albert Paulig, Dina Gralla, Pittschau auf einer Drehpause während des Films „Der Balletterzherzog“ 1926
Werner Pittschau und Asta Nielsen, Szenenfoto aus „Dirnentragödie“, 1927

In dreieinhalb Jahren verkörperte Werner Pittschau etwa 30 Hauptrollen neben prominenten Partnerinnen und Partnern wie Asta Nielsen, Fritz Kortner, Tamara Karsawina, Hans Albers, Nils Asther, Carmen Cartellieri, Igo Sym, Albert Steinrück, Heinrich George oder Anny Ondra, war aber auch weiterhin in Bühnenstücken zu sehen (z. B. als Apoll in Alkestis, Residenz-Theater München[1], oder als Alan Wilhelm in Das Kamel geht durch das Nadelöhr im Thalia-Theater Berlin).[2] Seine Filmkarriere in zahlreichen deutschen, österreichischen, ungarischen, tschechischen und englischen Streifen bescherte ihm 1928 ein Rollenangebot von Hollywood, doch zu dessen Annahme kam es nicht mehr – ebenso wenig wie zu seinen, in Interviews geäußerten Plänen, unter der Regie von Ernst Lubitsch einen Film zu drehen, oder die ihm von Drehbuchautor Alfred Deutsch-German angebotene Rolle Napoleons II., des „Herzogs von Reichstadt“, zu verkörpern.

Pittschau und Wilma Harmening (Drehpause zu Erzherzog Johann)

Am 28. Oktober 1928 fuhren Werner Pittschau und seine Freundin, die Revuetänzerin Wilma Harmening (Bühnenname Wilma Harmy in der damals höchst erfolgreichen Haller-Revue), mit dem Auto von Berlin Richtung Mecklenburg. Bei Gerdshagen (heute Landkreis Prignitz) in Brandenburg kam der Wagen von der Fahrbahn ab, kollidierte mit einem Baum und überschlug sich mehrmals. Pittschau starb am Unfallort, seine Begleiterin kurz darauf ebenfalls.[3] Abgesehen von sehr widersprüchlichen Zeitungsberichten über den Unfallhergang, ist aus den Berichten nicht zu ersehen, wer das Fahrzeug, das auf Wilma Harmening zugelassen war, beim Unfall gelenkt hatte. Beide wurden auf dem Berliner Friedhof Heerstraße im heutigen Ortsteil Westend unter großer Anteilnahme der Film- und Theaterwelt sowie von Presse und privater Trauergemeinde beigesetzt. Die Gräber sind nicht erhalten.[4] Abgesehen davon, dass Werner Pittschau die Premiere seiner letzten drei Filme (Erzherzog Johann, Straßenbekanntschaften und Schwester Maria) wegen ihrer technischen Fertigstellung nach seinem jähen Tod nicht mehr erlebte, wurden die im Jahr 1928 begonnenen Dreharbeiten zum Film Prinzessin Blaubart der Ottol-Film Ges.m.b.H. unter der Regie des Ehepaares Jakob und Luise Fleck, in dem die Hauptrollen mit Xenia Desni und Werner Pittschau besetzt waren, eingestellt.

  • Heinz P. Adamek: Liebe, Hollywood und Eifersucht. In: Kunstakkorde – diagonal. Essays zu Kunst, Architektur, Literatur und Gesellschaft. S 224–236. Böhlau, Wien Köln Weimar 2016, ISBN 978-3-205-20250-9.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 6: N–R. Mary Nolan – Meg Ryan. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 252.
Commons: Werner Pittschau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Alkestis, Bestand TWS. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  2. Besetzungszettel der Premiere, 27. Dezember 1927, bei ZVAB.com, Antiquariat Carl Wegner.
  3. Werner Pittschau tödlich verunglückt. In: Vossische Zeitung. Montag, 29. Oktober 1928, Abend-Ausgabe. S. 4.
  4. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Grabstätten. Haude & Spener, Berlin 2006, ISBN 978-3-7759-0476-6. S. 196. Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1. S. 493.