Epichlorhydrin
Strukturformel | |||||||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Vereinfachte Strukturformel ohne Stereochemie | |||||||||||||||||||
Allgemeines | |||||||||||||||||||
Name | Epichlorhydrin | ||||||||||||||||||
Andere Namen |
| ||||||||||||||||||
Summenformel | C3H5ClO | ||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
farblose, stechend riechende Flüssigkeit[1] | ||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||
Eigenschaften | |||||||||||||||||||
Molare Masse | 92,53 g·mol−1 | ||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
flüssig | ||||||||||||||||||
Dichte |
1,18 g·cm−3 (20 °C)[1] | ||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||||||||||||
Siedepunkt |
116 °C[1] | ||||||||||||||||||
Dampfdruck | |||||||||||||||||||
Löslichkeit |
| ||||||||||||||||||
Brechungsindex |
1,4358 (25 °C)[3] | ||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||||||||||||
| |||||||||||||||||||
MAK |
Schweiz: 2 ml·m−3 bzw. 8 mg·m−3[5] | ||||||||||||||||||
Thermodynamische Eigenschaften | |||||||||||||||||||
ΔHf0 |
−148,4 kJ/mol[6] | ||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C |
Epichlorhydrin ist eine farblose, nach Chloroform riechende, niedrig viskose Flüssigkeit. Es wurde im Tierversuch als eindeutig krebserzeugend erkannt, weswegen sich kein MAK-Wert angeben lässt. Meist wird Epichlorhydrin als Racemat synthetisiert. Wenn ohne weitere Namensbestandteile von Epichlorhydrin gesprochen wird, ist stets das Racemat [1:1-Gemisch von (R)-Epichlorhydrin und (S)-Epichlorhydrin] gemeint. Die reinen Enantiomere sind ebenfalls bekannt, besitzen jedoch nur geringe Bedeutung.
Gewinnung und Darstellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die konventionelle Herstellung von Epichlorhydrin 4 erfolgt durch die Umsetzung von Allylchlorid 1 mit Hypochloriger Säure zu 1,3-Dichlor-propan-2-ol 2 und 2,3-Dichlorpropan-1-ol 3 und anschließender Behandlung mit Natriumhydroxid (NaOH) zu Epichlorhydrin 4.
Eine weitere Möglichkeit der Herstellung basiert auf der Nutzung von Glycerin (bsp. aus der Biodieselherstellung), das über Salzsäure ebenfalls zu 1,3-Dichlor-propan-2-ol und anschließend mit NaOH zu Epichlorhydrin umgesetzt wird.[7] Bei diesen Reaktionen fällt Epichlorhydrin als Racemat an.
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Chemische Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Epichlorhydrin reagiert schnell mit nukleophilen Verbindungen, z. B. Aminen, unter Öffnung des Epoxidrings. Unter geeigneten Reaktionsbedingungen reagiert es dabei unter Abspaltung von Chlorid mit Bildung eines neuen Epoxids. Es wird daher von der Industrie zur Einführung der Epoxidgruppe in beispielsweise Harze verwendet.
Sicherheitstechnische Kenngrößen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Epichlorhydrin bildet leicht entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt von 28 °C.[1][8] Der Explosionsbereich liegt zwischen 2,3 Vol.‑% (86 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 34,4 Vol.‑% (1315 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[1][8] Der untere Explosionspunkt beträgt 26 °C.[1] Die Grenzspaltweite wurde mit 0,74 mm bestimmt.[1][8] Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIB.[1][8] Die Zündtemperatur beträgt 385 °C.[1][8] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2.
Verwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Epichlorhydrin wurde bis vor wenigen Jahren zu einem großen Anteil zur Herstellung von Glycerin und Glycidol verwendet, der Anteil der synthetischen Glycerinproduktion ging jedoch aufgrund der großen Glycerinmengen, die durch die Biodiesel-Produktion anfallen, stark zurück.
Vor allem als Komponente zur Herstellung von Epoxidharzen, die neben ihrer Verwendung als Werkstoffe auch als Nassfestmittel bei der Produktion von Papier (z. B. bei der Herstellung von Teebeutelpapier und Küchenkrepp) sowie als Zweikomponentenkleber (Bisphenol-A-Harze) eingesetzt werden, spielt Epichlorhydrin eine große Rolle. Außerdem ist es Bestandteil synthetischer Elastomere und von Textilhilfsstoffen wie dem Polyamid-Epichlorhydrin-Polymer Hercosett, das als Schrumpfungsverhinderer in Textilien eingesetzt wird.
Sicherheitshinweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Epichlorhydrin ist giftig und krebserzeugend. Es kann durch intakte Haut diffundieren. Bei der Havarie des Nordseefrachters Oostzee im Sommer 1989 wurden große Mengen Epichlorhydrin freigesetzt. Von 137 an der Bergung Beteiligten erkrankten oder starben 17 an Krebs.[9]
Nachweis
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Stoff kann durch Prüfröhrchen, gaschromatographisch oder PID-Sensor nachgewiesen werden.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ullmann 5. Auflage Band A9 S. 539 f; Beilstein EIII 17.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q Eintrag zu 1-Chlor-2,3-epoxypropan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Januar 2021. (JavaScript erforderlich)
- ↑ Eintrag zu α-Epichlorhydrin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 29. September 2014.
- ↑ David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-228.
- ↑ Eintrag zu 1-chloro-2,3-epoxypropane im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
- ↑ Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 106-89-8 bzw. 1-Chlor-2,3-epoxypropan (Epichlorhydrin)), abgerufen am 2. November 2015.
- ↑ David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-23.
- ↑ Bruce M. Bell et al.: Glycerin as a Renewable Feedstock for Epichlorohydrin Production. The GTE Process. ( vom 30. Dezember 2009 im Internet Archive) (PDF; 697 kB) Clean 36 (8), 2008; S. 657–661.
- ↑ a b c d e E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen. Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase. Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft, Bremerhaven 2003.
- ↑ Olaf Kanter: Havarie des Frachters »Oostzee«: Gift an Bord. In: Der Spiegel. 15. August 2023 (spiegel.de [abgerufen am 15. August 2023]).