[go: up one dir, main page]

Entdecken Sie mehr als 1,5 Mio. Hörbücher und E-Books – Tage kostenlos

Ab $11.99/Monat nach dem Testzeitraum. Jederzeit kündbar.

Durch Schlamm und Blut: Ein erbarmungsloser Thriller
Durch Schlamm und Blut: Ein erbarmungsloser Thriller
Durch Schlamm und Blut: Ein erbarmungsloser Thriller
eBook281 Seiten3 Stunden

Durch Schlamm und Blut: Ein erbarmungsloser Thriller

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

In den Everglades geschehen Dinge, die man besser nicht beobachten sollte ...

Der junge Schriftsteller Dan unternimmt mit seiner Freundin und ihrer Familie eine Bootsfahrt in die abgelegene Wildnis der Everglades. Dabei werden sie Zeugen eines brutalen Verbrechens ...
Und plötzlich wird der Ausflug zu einem blutigen Albtraum.
Zu Fuß müssen sie sich durch die tückische Wildnis kämpfen. Doch Krokodile und Schlangen sind geradezu harmlos, verglichen mit den menschlichen Raubtieren, die sie verfolgen.

Ein erbarmungsloser Redneck-Thriller. Wenn du ein Fan von Stephen King, Richard Laymon oder Dean Koontz bist, wirst du Jeff Menapace lieben.
SpracheDeutsch
HerausgeberFesta Verlag
Erscheinungsdatum25. Juni 2020
ISBN9783865528544
Durch Schlamm und Blut: Ein erbarmungsloser Thriller
Autor

Jeff Menapace

Jeff Menapace lebt als freier Schriftsteller mit seiner Frau Kelly und ihren Katzen Sammy und Bear in Pennsylvania.

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie Durch Schlamm und Blut

Ähnliche E-Books

Horrorfiktion für Sie

Mehr anzeigen

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Durch Schlamm und Blut

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Durch Schlamm und Blut - Jeff Menapace

    Impressum

    Die amerikanische Originalausgabe Wildlife

    erschien 2015 im Verlag Mind Mess Press.

    Copyright © 2015 by Jeff Menapace

    Copyright © dieser Ausgabe 2020 by Festa Verlag, Leipzig

    Titelbild: Arndt Drechsler

    Alle Rechte vorbehalten

    eISBN 978-3-86552-854-4

    www.Festa-Verlag.de

    1

    Südflorida

    Mitten in den Everglades

    Eigentlich nahm sich Travis immer einen Augenblick Zeit, um sich auf Onkel Harlons Alligatorenfarm kurz umzuschauen, bevor er das Haus betrat. Doch heute stürmte der Junge über die hölzerne Brücke auf den Haupteingang zu, ohne sich die beeindruckende Menge der Tiere darunter anzusehen.

    Die Fliegenschutztür flog auf. Travis Roy erschien im Inneren des Hauses. Er sah aus, als hätte er sich gerade geprügelt, und keuchte. Es war die Großmutter des Jungen, die ihn als Erste bemerkte, dann kam seine Mutter, die im achten Monat schwanger war. Sie sprang aufgrund ihres Zustands nicht so schnell auf wie Travis’ Großmutter.

    »Was zum Teufel soll das denn?« Ida Roy packte sich ihren Enkel und ergriff sein Kinn. Ihre Hand war aufgrund lebenslanger Arbeit und ihres Alters faltig und knorrig und konnte fest zupacken. Nicht sehr sanft bog sie Travis’ Gesicht nach rechts und nach links, um seine Verletzungen zu begutachten.

    »Raus mit der Sprache, wer war das?«

    Travis begann zu heulen, was ihm prompt eine Ohrfeige einbrachte. »Ich hab dich was gefragt! Wer war das?«

    Travis warf einen Blick zu seiner Mutter, die nun neben seiner Großmutter stand. Ihr Gesicht war genauso unnachgiebig wie ihres: Wie konnte er es wagen, wegen dieser paar Wehwehchen zu heulen! In diesem Raum hatte niemand dafür Verständnis. Und er war ein Idiot, dass er etwas anderes erwartet hatte.

    Jolene trat noch einen Schritt vor und hob drohend die Hand. »Antworte deiner Oma! Und hör mit dem Geheule auf, bevor dich noch einer sieht! Ist ja schon ’ne Schande, dass wir’s gesehen haben.«

    Travis straffte sich und zog die Nase hoch, bevor er seine letzten Tränen unterdrückte. »Das war Noah Daigle.«

    Ida griff nach der Rechten ihres Enkels und hob sie an die dicken Brillengläser, die auf ihrer Nasenspitze saßen. Sie drehte und wendete die Hand und inspizierte die Fingerknöchel.

    »Da ist ja nich’ mal ’n Kratzer oder ’n blauer Fleck drauf! Hast wohl nich’ einen Schlag landen können, was, Junge? Die Linke guck ich mir gar nich’ erst an, wenn du ihm keine grade Rechte reingehauen hast, dann mit der anderen ganz bestimmt nich’, das ist mal so sicher wie’s Amen in der Kirche!«

    »Hat mir eins übergezogen, als ich nich’ hingeseh’n hab«, verteidigte sich Travis.

    »Und hat dich gleich komplett k. o. geschlagen?«, fragte Jolene Roy ihren Sohn.

    Travis kratzte den Rest seines Stolzes zusammen und schüttelte heftig den Kopf. »Nee, Momma, echt nich’. Ich war nich’ k. o., ganz sicher nich’!«

    Jolene verzog das Gesicht, als wollte sie gleich ausspucken. »Also hast du dich gleich gewehrt, oder was?«

    Travis ließ den Kopf hängen. Er senkte den Blick und fummelte an dem Alligatorzahn herum, der an einem Lederband um seinen Hals hing. Eine Geste, mit der er sich bei Stress zu beruhigen versuchte.

    Ida Roy wechselte einen bedeutungsschwangeren Blick mit ihrer Schwiegertochter und schnalzte ärgerlich mit der Zunge. Sie schüttelte angewidert den Kopf. »Ein Roy, der sich bei einer Schlägerei mit einem Daigle zusammenrollt und wegduckt. Und nich’ einmal zurückschlägt!«

    »Hätt’ ich sicher gemacht, wenn’s nur Noah gewesen wär!«, murmelte der Junge trotzig. Immer noch drehte er den Alligatorzahn zwischen Daumen und Zeigefinger.

    Jolene beugte sich vor. »Wie war das bitte?«

    Travis wusste, was jetzt kommen würde. Widerworte waren ein Garant für Prügel, hinter denen alles, was Noah Daigle ihm antun konnte, zurücktrat. Aber er hatte sich umsonst gefürchtet. Die Ungläubigkeit seiner Mutter war nicht rhetorisch gemeint, es war nicht das übliche Donnergrollen vor dem Blitz – oder der Ohrfeige. Es war eine außergewöhnliche Nachfrage, eine Bitte um Ausführung, denn die Ungläubigkeit auf Jolene Roys Gesicht war echt. Sie sah aus wie jemand, der gerade etwas vollkommen Unmögliches gehört hatte.

    Und plötzlich wusste Travis auch, warum sie das dachte. Und plötzlich hätte er sich am liebsten selbst in den Hintern gebissen, dass ihm diese Lüge nicht schon viel früher eingefallen war.

    Lauter und gar nicht mehr so verschämt wiederholte Travis jetzt: »Hätt’ ich sicher gemacht, wenn’s nur Noah gewesen wär!«

    Ja, der Blick, den seine Mutter und seine Großmutter nun miteinander wechselten, war sicher keiner, der Prügel für Travis nach sich gezogen hätte. Ein verschmitztes Grinsen ließ die Mundwinkel des Jungen zucken. Wohlweislich allerdings ließ er den Kopf auch weiter wie ein armer Sünder hängen, um dieses Schmunzeln zu verbergen, falls er es nicht ausreichend unterdrücken konnte.

    »Du willst also behaupten, dass du dein Gesicht nich’ nur Noah Daigle zu verdanken hast?«

    Travis nickte, doch er hielt den Kopf weiterhin gesenkt. »Es waren Ethan und Noah«, sagte er in seine Brust hinein.

    Ida Roy packte wieder Travis’ Kinn und riss seinen Kopf zu sich hoch. Ihre knochigen Finger gruben sich tief in seine Wangen hinein. Das tat weh und für kurze Zeit verschwand das Grinsen von Travis’ Gesicht. »Du willst also behaupten, dass Ethan Daigle auch daran schuld ist? Das war also kein fairer Kampf?«

    Travis starrte seiner Großmutter in die Augen. Es fiel ihm schwer, ihrem Furcht einflößend grimmigen Blick standzuhalten, dessen Ausdruck von kochender Wut von den dickwandigen Brillengläsern nur noch verstärkt wurde. Es war, als quölle dieser Blick über wie ein schäumender Suppentopf, als tropfte diese Wut zischend ins Herdfeuer darunter.

    Man erwies einem Roy Respekt. Das vergaß man nie und alle wussten das.

    Ida fasste noch einmal nach und zog das Gesicht ihres Enkels näher zu sich. Ihr schlechter Atem wehte zwischen den tabakgelben Zähnen zu ihm herüber. Ida schämte sich nicht für ihr schlechtes Gebiss, sie trug es offen zur Schau wie ein Schulhofschläger seine Faust. »Du sagst also, dass Ethan Daigle auch dabei war? Es war also kein fairer Kampf?«, wiederholte sie die Frage.

    Jetzt konnte Travis nicht mehr zurück. Erst hätte er sich ja am liebsten selbst geohrfeigt, dass ihm diese Lüge nicht früher eingefallen war, allerdings hatte er schon in dem Augenblick zu schwanken begonnen, in dem seine Großmutter ihre knochigen Finger in seine Wangen gegraben hatte. Da war ihm auf einmal der Gedanke gekommen, dass er nun ein noch größerer Idiot gewesen war, hatte er doch nicht daran gedacht, was mit den Daigles passieren konnte, wenn man ihm diese Lüge abnahm. Der liebe Gott konnte einem verzeihen, dass man einen heimlichen Blick in Daddys Playboy warf oder mal kurz an Onkel Harleys Whiskeyflasche nippte … aber eine Lüge, die das auf die Daigles herabbeschwor, was seine Familie jetzt wahrscheinlich infolgedessen plante? Dafür würde er in der Hölle brennen. Für immer und ewig und für alle Zeiten.

    Natürlich konnte er immer noch alles zurücknehmen.

    Und zugeben, dass es durchaus ein fairer Kampf gewesen war.

    Zugeben, dass Ethan Daigle keinesfalls in diesen Kampf eingegriffen hatte.

    Und eingestehen, dass er seine Ma und seine Oma angelogen hatte.

    Travis schauderte. Was ihn anging, war die Lüge bei diesem Gedanken ein für alle Mal zur Wahrheit geworden.

    »Nee, Oma, das war kein fairer Kampf!«

    Ida ließ ihren Enkel wieder los und tätschelte ihm tröstend die Wange. Das stand in seltsamem Gegensatz zu dem Hass, der ihr bleibende Falten in die Stirn gegraben hatte. Wieder warf sie ihrer Schwiegertochter einen Blick zu. »Ist dein Ding, das wieder geradezurücken, Jolene.«

    Jolene rieb sich mit beiden Handflächen den prallen Bauch. »Sollt’ ich nich’ besser warten, bis Tucker wieder heimkommt?«

    Ida ignorierte sie, marschierte zur Fliegenschutztür und stieß sie auf, sodass sie mit einem Knall an die Hauswand prallte. Travis zuckte zusammen. Einen Augenblick später war seine Großmutter wieder da und hatte einen Stein von der Größe eines Softballs in der Hand. Damit ging sie in die Küche, nahm ein Geschirrtuch und wickelte den Stein darin ein, sodass er schließlich wie in einer einfachen Schlinge von ihrer knochigen Hand herabhing.

    Sie hielt Jolene die provisorische Waffe hin und wies dabei auf Travis. »Nimm deinen Jungen und bring das wieder in Ordnung!«

    Travis stand mit offenem Mund da. Wieder fummelte er nervös an seinem Alligatorzahn herum.

    »Mach ihn zu deinem Werkzeug der Gerechtigkeit! Er muss lernen, dass es gerecht zuzugehen hat in der Welt.«

    Jolene musterte die Geschirrtuch-Steinschleuder, dann wanderte ihr Blick hinüber zu Travis und wieder zurück zu ihrer Schwiegermutter. »Aber nehmen wir mal an, dass sie das dann nich’ so gerecht finden? Vielleicht wollen sie uns ja aufhalten. … Ich warte, glaub ich, doch besser auf Tucker.«

    Ida schnaubte. Ihr kamen die Einwände ihrer Schwiegertochter ganz offensichtlich lächerlich vor. »Das werden sie nich’ wagen. Niemand darf einen Roy auch nur anrühren, auch wenn der noch so falschliegt.«

    Dann zuckte ein hinterlistiges kleines Lächeln über ihre vertrockneten Lippen. »Zum Teufel. Das dürfen sie nich’ mal, wenn sie das Recht auf ihrer Seite hätten …!«

    2

    Noah Daigle saß neben seinem Vater auf der Bootsanlegestelle, die zum Haus gehörte. Zwischen den beiden war ein Stapel flacher Steine aufgehäuft. Abwechselnd ließen die beiden je einen Stein über den nahen Fluss flippern, während sie sich unterhielten.

    »Hast ihm eine ordentliche Abreibung verpasst, eh?«, wollte Ron Daigle von seinem Sohn wissen.

    »Aber klar, Daddy.«

    Ron Daigle war gerade dabei, einen weiteren Stein über das Wasser hüpfen zu lassen, erstarrte aber mitten in der Bewegung. Er nahm seinen Sohn ins Visier. »Hatte er das wirklich verdient? Hast du ihn nich’ provoziert?«

    »Nee, Dad! Ich wollt’ mich gar nich’ prügeln. Er war derjenige, der immer weitergemacht hat. Ich hab mich nur verteidigt, war wirklich alles völlig fair.«

    Ron ließ seinen Stein über die trägen Wellen klatschen. Erleichtert wirkte er allerdings nicht. »Schon gut. … Aber du weißt ja, wie diese Roys werden können. Die verstehen unter ›fair‹ und ›gerecht‹ was and’res als alle anderen.«

    Noah runzelte die Stirn und sah zu seinem Vater auf. »Meinst du echt, die würden einen Streit wegen eines fairen Kampfs anfangen? Einen, auf den ich’s nich’ mal abgesehen hab?«

    Roy ließ einen weiteren Stein übers Wasser tanzen und seufzte. »Na jaaa, das kann man nich’ wissen. Harlon und Tucker Roy … die sind keine guten Verlierer, die beiden. Besonders Harlon nich’.«

    »Harlon Roy hat mich dabei zusehen lassen, wie er ein paar Alligatoren zu einem Platz für Touristen gebracht hat. Oben, flussaufwärts. Schien mir ganz nett zu sein.«

    Roy warf seinem Sohn einen skeptischen Blick zu. »Um so zu scheinen, mein Sohn, braucht’s nich’ viel. Selbst der Teufel kann so tun, als wäre er gut Freund mit dir … Bis er seine Klauen in dich schlägt. Hab Harlon Roy schon von seiner schlimmsten Seite erlebt.«

    »Was hat er denn da gemacht, Daddy?«

    Ron schüttelte den Kopf. »Nichts, was deine 13 Jahre alten Ohren hören sollten.«

    Noah seufzte enttäuscht. Dann kam ihm ein aufregender Gedanke und weckte seine Lebensgeister wieder. »Hast du gesehen, wie er sein Bein verloren hat?«

    Ron lachte in sich hinein. »Nee. Es heißt, dass ihm das einer seiner Alligatoren abgebissen hat.«

    Wieder sah Noah enttäuscht drein. »Ja, das weiß doch jeder.«

    Wieder musste Ron lachen. »Warum fragst du mich dann so was?«

    »Ich glaub, das ist so, wie wenn du sagst, Harlon ›scheint‹ nett zu sein. Nich’ alles ist eben, wie es scheint. Ich denke, vielleicht ist er irgendwann mal ausgeflippt, besonders wenn er so ist, wie du sagst.«

    »Was denn, du denkst, jemand, den Harlon reingelegt hat, kam eines Tages dahinter und hat ihm aus Rache das Bein abgehackt?«

    »Klar, warum nich’?«

    Wieder ließ Ron einen Stein flippern.

    »Keiner schafft es bis Harlon oder Tucker. Und wenn, dann müsste er erst mal an Ida Roy vorbei.«

    »Ist das Travis’ Momma?«

    »Nein, das ist Travis’ Oma. Die ist eine fiese alte Schabracke. Viel gemeiner als Harlon.«

    »Ich hab sie mal gesehen«, erzählte Noah. »Meist bleibt sie auf der Farm, aber ich hab sie gesehen. Sieht aus wie ’ne alte Sumpfhexe, die drüben aus Louisiana gekommen ist.«

    Ron musste lachen, tätschelte seinem Sohn den Kopf und schob ihn dann spielerisch fort. »Klingt gar nich’ mal so falsch.«

    Noah ließ den letzten Stein über das Wasser flippern. Er klatschte dreimal aufs Wasser, bevor er ein paar Meter vor dem Bug eines Paddelboots versank, das sich der Anlegestelle näherte. Travis Roy war es, der am Ruder saß. Den Kopf hielt er gesenkt. Seine Mutter Jolene Roy hatte im Bug Platz genommen, sie hatte den Kopf hoch erhoben und hielt den Blick fest auf das Anwesen der Daigles gerichtet.

    Sie sah nicht gerade erfreut aus.

    3

    Ron Daigle stand langsam auf. Noah folgte seinem Beispiel.

    »Jolene?«, begrüßte Ron die Angekommenden und wies auf das Boot. »Glaubst du, das ist schlau in deinem Zustand? Was, wenn du kenterst?«

    Jolene antwortete nicht. Rons Besorgnis erzürnte sie nur noch mehr. Das war doch wohl nichts weiter als der Versuch eines Feiglings, der nur vom Thema ablenken wollte. Er wusste doch genau, warum sie hier war!

    Travis Roy hielt den Kopf auch weiterhin gesenkt, er war nicht in der Lage, der Szenerie, die er doch selbst auf den Weg gebracht hatte, in die Augen zu sehen. Er hielt an dem grob gezimmerten Holzpier an, fixierte das Boot und half seiner Mutter ans Ufer. Beide gingen auf die Daigles zu, die sich ebenfalls ans Ufer begeben hatten, in Richtung Haus. Jolene ging voran. In ihrer Hand schwang bedrohlich der ins Geschirrtuch gewickelte Stein. Ron Daigle musterte sie, sein Blick blieb an der provisorischen Schleuder kurz hängen, dann wanderte er wieder hinauf zu ihr. Seine Miene verriet Furcht.

    »Was soll’n das, Jolene?«

    »Du weißt ganz genau, was das soll, Ron Daigle.« Jolene streckte die Hand aus und wies mit dem Finger auf Noah, der schräg hinter Ron stand. »Und wenn du’s nich’ weißt, dann fragst du vielleicht mal deinen kleinen Bastard da, warum wir hier sind.«

    Ron hob eine Hand. »Du meine Güte, Jolene, jetzt schalt mal einen Gang zurück. So redest du nich’ über meinen Jungen!«

    Jolene kam noch einen Schritt auf ihn zu und stach Ron mit dem Zeigefinger in die Brust. »Du traust dich ja was, den kleinen Scheißkerl noch zu verteidigen, wenn du weißt, was er getan hat!«

    Unwillkürlich wich Ron einen Schritt zurück. »Geht’s um den Streit, den er und Travis hatten?«

    »Das war ja wohl kein Streit. Es sei denn, du nennst zwei gegen einen einen fairen Kampf! Brauchte wohl seinen großen Bruder, dein kleiner Bastard, um meinen Jungen kleinzukriegen, was?«

    Ron wandte leicht den Kopf, sodass er Jolene noch im Auge behalten konnte, während er mit seinem Sohn sprach. »Wovon redet Jolene denn, Noah? Du sagtest doch, es sei ein fairer Kampf gewesen.«

    Noah trat einen Schritt vor. »War’s auch! Ethan war gar nich’ dabei!«

    Jolene wies auf Travis hinter ihr. »Mein Junge sagt da was anderes! Brauchst ihn nur anzusehen, wie er aussieht! Das tut niemand ungestraft einem Roy an!«

    Ron legte den Kopf schief und musterte Travis’ zerschlagenes Gesicht. Travis wich seinem Blick auch weiterhin aus. »Du behauptest also, dass Noah und Ethan dich zusammen verhauen haben, Travis?«, wollte Ron wissen.

    Travis nickte. Hartnäckig hielt er den Kopf gesenkt und fummelte so intensiv an seinem Alligatorzahn herum, als wollte er ihn vollkommen abwetzen, bis nichts mehr übrig war.

    Noah stampfte wütend neben seinem Vater mit dem Fuß auf den Boden. »Du bist ein Lügner, Travis Roy! Das war fair und anständig, Ethan war nich’ dabei!«

    Jolene stieß Noah zurück, doch Ron trat vor seinen Sohn, um ihn zu schützen. »Jetzt hör mal, Jolene …«

    »Dein kleiner Scheißkerl nennt meinen Jungen einen Lügner! Von wegen, das war ein fairer Kampf! Aber wir werden die Sache hier und jetzt regeln, damit wir kriegen, was uns zusteht.«

    Ron wich jetzt zurück. Dabei winkte er und bedeutete so seinem Sohn, sich hinter ihn zu stellen. Sein Blick wanderte zwischen der unnachgiebig dreinschauenden Jolene und der Waffe, die sie in der Hand hatte, hin und her. »Jetzt mach mal ’nen Punkt, Jolene, immer mit der Ruhe. Niemand nennt hier irgendjemanden irgendwas. Ich hab Ethan heut noch gar nich’ gesehen und das ist die Wahrheit, ich schwör’s bei Gott. Wenn mein Junge mir sagt, dass es ’n fairer und ehrlicher Kampf war, dann glaub ich ihm das.«

    Jolene kam noch einmal auf ihn zu. »Jetzt nennst du meinen Jungen also auch einen Lügner?«

    »Ich hab grad schon gesagt, Jolene, dass niemand irgendjemanden irgendwas nennt. Ich sag nur, ich glaub meinem Jungen!«

    Jolene runzelte die Stirn. »Und ich sag nur, ich glaub meinem Jungen! Lass uns das hier und jetzt

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1