The Asylum Confessions - Beichten der Wahnsinnigen: Thriller
Von Jack Steen
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Über dieses E-Book
Mein Name ist Jack Steen. Ich bin der Nachtpfleger in einer Anstalt für kriminelle Geisteskranke. Für die, die auf meine Station kommen, werde ich das letzte Gesicht sein, das sie sehen. Ich bin ihr Todesengel.
Unser Deal ist ganz simpel: Sie legen auf dem Sterbebett ein Geständnis ab, und ich helfe ihnen, ihren Tod weniger schmerzhaft zu gestalten. Aber sie müssen mir die wahre Geschichte erzählen, das, was niemand weiß.
Die Buchreihe The Asylum Confessions von Jack Steen (angeblich das Pseudonym einer Bestsellerautorin) entwickelte sich zum Underground-Hit und soll sogar verfilmt werden. Bei diesen brutalen Geschichten handelt es sich um die fiktiven Geständnisse geisteskranker Straftäter in der Todeszelle, von denen einige von realen Verbrechen inspiriert sind.
Jack Steen
Die Buchreihe The Asylum Confessions von Jack Steen (angeblich das Pseudonym einer Bestsellerautorin) entwickelte sich zum Underground-Hit und soll sogar verfilmt werden. Bei diesen brutalen Geschichten handelt es sich um die fiktiven Geständnisse geisteskranker Straftäter in der Todeszelle, von denen einige von realen Verbrechen inspiriert sind.
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Buchvorschau
The Asylum Confessions - Beichten der Wahnsinnigen - Jack Steen
Impressum
Die australische Originalausgabe The Asylum Confessions
erschien 2020 im Verlag Deathbed Publishing.
Copyright © 2020 by Jack Steen
Copyright © dieser Ausgabe 2024 by Festa Verlag GmbH, Leipzig
Titelbild: LaeTwina / 99design
Alle Rechte vorbehalten
eISBN 978-3-98676-167-7
www.Festa-Verlag.de
WER ICH BIN?
Mein Name ist Jack Steen.
Dieser Name wird euch nichts sagen, aber er sagt anderen etwas, und nur das zählt.
Ich bin nur ein Niemand, wirklich.
Ich bin weder ein Schriftsteller noch ein Geschichtenerzähler. Ich bin ein verfluchtes Nichts. Ich bin nur ein Typ, der den Menschen die Ärsche wischt, um die man sich einen Dreck schert. Ich gebe ihnen ihre Medikamente, wechsle ihre Windeln und schenke ihnen das, worauf es ankommt:
Aufmerksamkeit.
Ich arbeite als Krankenpfleger in einer Anstalt und bezeichne mich selbst als männliches Pendant zur Nachtschwester.
In welcher Anstalt? Das spielt keine Rolle, denn sie sind alle gleich. Nachdem ihr die Geschichten gelesen habt, solltet ihr in der Lage sein, es selbst herauszufinden. Über meine Lippen wird dieser Name jedenfalls nicht kommen.
Ihr habt dieses Buch wegen des Titels in die Hand genommen, oder? Die letzten Beichten krimineller Irrer. Denn das ist es, was ihr gleich lesen werdet.
Das ist es, was ich mache. Ich nehme meinen Patienten die letzte Beichte ab. All die Sünden, die tief verborgen sind und noch offenbart werden wollen.
Meine Patienten vertrauen mir ihre Geheimnisse an und gestehen mir ihre Verfehlungen, weil ich der Einzige bin, der sich ihrer in dieser verdammten Anstalt erbarmt.
Ich höre zu.
Von allen Mitarbeitern meiner Station arbeite ich am längsten hier. All meine Narben, Nähte und gebrochenen Knochen sind Beweis genug. Von den ganzen beschissenen Jobs, die es hier gibt, habe ich mich über die Jahre zu dem hochgearbeitet, den ich jetzt ausübe.
Ich hatte immer gedacht, ein Krankenpfleger zu sein wäre meine Berufung.
Meine Leidenschaft. Ich glaubte, dass ich etwas bewirken könnte und dass das, was ich tue, wichtig ist. Wichtig wäre. Doch es war bescheuert zu glauben, dass irgendetwas im Leben diesen Scheiß wert ist. Ich arbeite in einer Einrichtung voller Menschen, die ein erfülltes Leben hatten und um die man sich sorgte. Zumindest bis zu dem Tag, an dem man sie ausrangierte.
Ich werde euch nicht sagen, in welcher Anstalt ich arbeite. Ich werde euch nicht die Namen der Sterbenden nennen, aber belügen werde ich euch auch nicht. Ihr werdet genau das zu lesen bekommen, was man mir erzählt hat. Anstelle der echten Namen werde ich euch jene Namen nennen, die ich den Patienten gegeben habe. Die Namen, die ich ihnen ins Ohr flüstere, wenn sie einschlafen. Meistens hassen sie diese Namen, aber das ist mir egal.
Wenn ihr clever genug seid und zwischen den Zeilen lesen könnt, werdet ihr schon rauskriegen, um wen es sich dreht. Ich kann nicht beschwören, dass sich alle Geschichten so zugetragen haben, aber wie jede Geschichte, die je erzählt wurde, enthalten auch sie ein Fünkchen Wahrheit. Aber was weiß ich schon? Was zum Teufel weiß ich schon?
Diese kranken Schweine könnten ihr letztes Spiel mit mir spielen, indem sie mich völlig irremachen.
Und jetzt könnten sie es auch mit euch tun.
EIN WORT DER WARNUNG,
UM EUCH VORZUBEREITEN …
Ihr werdet gleich vier sehr unterschiedliche Geständnisse lesen. Das Ablegen der Beichte läuft folgendermaßen ab: Sobald die Patienten reden, schreibe ich jedes einzelne Wort nieder: ihre Geschichte und die Dinge, die sie mir zwischen den Zeilen sagen. Ob das, was sie mir berichten, der Wahrheit entspricht, überlasse ich euch. Das müsst ihr selbst entscheiden.
Ich werde mit dem Chef beginnen – wahrscheinlich der Favorit unter all meinen Patienten. Seine Geschichte ist nichts für Menschen mit schwachem Magen … Oder solche, die kürzlich an einer Beerdigung teilgenommen haben. Ich werde Beerdigungen nie wieder so betrachten können wie bisher, das sage ich euch.
Ken ist ein Scheißkerl und es ist nicht schade um ihn.
Bucket ist mir unter die Haut gegangen und hat mein Herz berührt. Als sie starb, habe ich tatsächlich geweint.
Die Nanny … Ich bin mir nicht sicher, was ich für sie empfinde. Und ich bin mir nicht sicher, was ihr für sie empfinden werdet.
Es wird noch mehr Geständnisse geben.
Außerdem … Wie in einer Rezension gesagt wurde, bin ich kein Autor, sondern nur ein Krankenpfleger. Wenn ihr also das handwerkliche Können eines Schriftstellers erwartet, lest besser Stephen King (aber bitte lest zuerst das hier … Kommt schon, gebt dem Kerl eine Chance).
Jack Steen
CHEF
Patient 1024
1
Der Chef.
Er ist jetzt tot. Um 5:23 Uhr starb er im Schlaf.
Ich kann euch verraten, dass er mit einem Lächeln im Gesicht einschlief, das er mir zu verdanken hatte.
Sekunden bevor er seine Augen für immer schloss, flüsterte ich ihm ein Versprechen ins Ohr, von dem ich ausging, dass er es zu schätzen wusste.
Ich mochte den Kerl wirklich.
Von all meinen Patienten war er der Einzige, den ich nicht verachtete, und wenn man bedenkt, dass ich selten zugebe, einen von ihnen zu mögen, sagt das eine ganze Menge aus.
Er war eine Klasse für sich. Einer von den Guten. Gelassen. Freundlich. Fröhlich, selbst an seinen schlechten Tagen. Ein zuvorkommender und höflicher Mann.
Chef, wie ich ihn gern nannte, war kein Mann, den man in der Anstalt erwartet hätte. Aber er war jemand, der es verdient hatte, hier zu sein, genau wie die anderen auch. Bevor er in die Anstalt kam, war er Bestattungsunternehmer. Mir sind Familientraditionen bekannt, die vom Vater an den Sohn weitergegeben werden, aber ich habe noch nie gehört, dass jemand so stolz darauf war, ein Bestattungsunternehmer zu sein. Ein Bestatter, wie die anderen Männer in seiner Familie.
Stolz. Stolz darauf, der Verwalter der Toten zu sein.
Eines seiner wertvollsten Besitztümer war ein Kondolenzbuch aus dem Beerdigungsinstitut seiner Familie. Ich habe einmal einen Blick darauf werfen können. Der erste Eintrag war von 1913 und ich konnte die Unterschrift kaum erkennen, aber er lächelte wissend. Der Name sei in sein Gedächtnis eingebrannt, sagte er. Eingebrannt und zu Asche geworden wie die Person, die einst diesen Namen trug. Seine Familie war sich der Ehre bewusst, eines der ersten Krematorien Nordamerikas gegründet zu haben. 1913. Eine verdammt lange Tradition des Todes.
Er behauptet, es habe damals nur 52 Bestattungshäuser gegeben, aber ihr Unternehmen hielt mehr Beisetzungen ab als all die anderen zusammen.
Darauf war er stolz.
Wie krank muss man sein, um Stolz dabei zu empfinden, Leichen ins Feuer zu werfen? Es sollte mich nicht überraschen. Und doch tat es das, weil es der Chef ist. Ich verspreche euch eins: Seine Geschichte wird die schönste sein, die ich je erzählt habe.
Natürlich kann es sein, dass ihr angeekelt zurückschreckt, wenn ihr kapiert, warum er eigentlich hier anstatt zu Hause ist, wo er weitere Bestattungen abhalten könnte. Wir werden sehen.
Wenn ich euch einen Rat geben darf, den ihr euch für den Rest eures Lebens merken solltet, dann wäre es dieser:
Esst niemals etwas, das euch von einem Bestattungsunternehmer angeboten wird. Niemals.
2
Es ist Montagabend kurz vor Mitternacht und unter der Türschwelle von Chefs Zimmer ist noch ein Lichtschein zu sehen.
Ich komme gerade den Gang entlang und bin mir nicht sicher, wie viel ich heute noch verkraften kann, aber wenn es um meinen Lieblingspatienten geht, bin ich hellwach. Sein Ende ist nahe. Dieser Korridor riecht immer nach Kot und Urin.
Egal wie oft die Wände oder Böden desinfiziert werden, es riecht jeden einzelnen Tag nach Unrat und Fäkalien. Der Geruch ist ewig.
Stell dir vor, du liegst mitten in einem Schweinestall nach einem Tag voller Regen. Genauso riecht es hier.
Was ist das erste Bild, das euch in den Sinn kommt, wenn ihr an die Anstalt denkt? Dunkle, enge Gänge mit flackernden Glühbirnen? Blutverschmierte Wände, empathieloses Personal, das sich einen Dreck darum schert, wie es den wahnsinnigen Patienten geht? Stellt euch eine Gummizelle vor, in der ein Windeln tragender Verbrecher zusammengerollt in der Ecke liegt und vor sich hin wimmert. Ein Namenloser.
Das wäre nur halb so schlimm.
In der Anstalt gibt es kein altersschwaches Personal. Wir sind alle kräftig und muskelgestählt und gehen gern nach der Arbeit in die Kneipe, um uns die Horrorgeschichten von der letzten Schicht zu erzählen.
Das Blut, die Pisse, die Scheiße und sogar das Sperma sind überall.
»Soll ich den alten Bastard zudecken?«, fragt Ike, mit dem ich auf dieser Etage meinen Dienst schiebe.
Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück, schaue auf die Uhr und schüttle den Kopf.
»Er wird sowieso bald sterben.«
»Ach ja?« Ike ist immer für eine Wette zu haben. »Ich setze 20 Piepen, dass er nach unserer Schicht abkratzt.«
Die Schicht endet um sechs Uhr morgens. Wird der Chef so lange durchhalten? Ich schätze, das hängt ganz von mir ab.
»Ich habe kein Problem damit, dein Geld zu nehmen.«
Wir besiegeln die Wette per Handschlag, obwohl ich weiß, dass ich meinen Freund nicht ausnehmen sollte. Aber Ike schuldet mir schon satte 50 Mäuse, also nehme ich die Herausforderung an.
Als er loskichert, hört es sich an, als würde eine stumpfe Säge über ein Metallrohr kratzen. »Man nennt dich nicht umsonst den Todesengel.«
Ich schiebe meinen Stuhl zurück und runzle die Stirn. Mir gefällt seine Andeutung nicht.
»Halt die Schnauze, ja?« Ich verpasse ihm einen kräftigen Hieb mit dem Ellbogen.
Ich bin noch unsicher, was ich dabei fühle, dass der Chef heute Nacht durch meine Hände sterben wird.
Es gibt nicht viele wie ihn auf meiner Station.
Der Sterbestation.
Er ist jetzt seit ein paar Monaten hier und redet gern. Ich ertappe mich oft dabei, wie ich an der Wand lehne und die faszinierenden Gespräche genieße, die ich mit einem verurteilten Kannibalen führe.
Ihr habt richtig gelesen.
Der Mann würde mich wahrscheinlich essen, wenn er könnte, und sich danach genüsslich über die Lippen lecken.
Gott sei Dank gibt es nicht allzu viele Leute, die ihre Körper der Wissenschaft überlassen. Das wäre pure Verschwendung. So gibt es leichteren Zugang für diejenigen mit einer Vorliebe für … Fleisch.
An manchen Tagen sehe ich seinen fiebrigen Blick und frage mich, ob er darüber nachdenkt, wie ich schmecke. An solchen Tagen renne ich in den Waschraum und erbreche mein Mittagessen.
Die Vorstellung, gegessen zu werden, lässt mich innerlich beben, so als könnte ich bereits sein Messer spüren, das sich seinen Weg in meinen Leib bahnt.
Die Nacht auf der Station ist unruhig. Wir mussten ein paar der hoffnungslosen Fälle sedieren, und der Rest stöhnt, weint und singt von Tod und Sterben.
Jeder weiß, dass Chefs letzte Stunde geschlagen hat.
Die ganze Station spürt es. Die Insassen wissen es noch vor den Schwestern und Pflegern.
In all den Jahren befand sich seither nur noch ein anderer Kannibale auf diesem Gang. Er sagte, dass der Körper kurz vor dem Tod ein anderes Aroma verströmt, einen kränklich-süßlichen Geruch wie fast verbrannter Karamell oder verrottende Erdbeeren.
Ich lasse meinen Stuhl über den Linoleumboden gleiten, und das quietschende Geräusch der Räder bringt ein paar der Insassen dazu, laut aufzuschreien.
Sie sind alle gefesselt und fixiert. Einige tragen sogar einen Maulkorb.
Aber ich höre ihre Worte. Ihre Rufe.
»Todesengel. Todesengel. Todesengel.«
Mein Lächeln wird breiter. Vertieft sich. Verfinstert sich.
Ich ziehe meinen Stuhl hinter mir her, bis ich das Zimmer des Chefs erreiche.
Der Lichtstrahl kriecht durch die offen stehende Tür hinaus auf den Boden des Flurs. Ich halte vor dem hellen Schein inne und beobachte ihn aufmerksam.
Wenn man genau hinsieht, kann man darin die Käfer über den Korridor krabbeln sehen.
Die Kakerlaken. Die Fliegen. Die Mäuse, die sich an der Wand entlangbewegen.
Es ist ein ekelhafter Ort, und doch ist er mein Zuhause.
Ein Zuhause seit so vielen Jahren. Ich könnte niemals wieder woanders sein.
Nicht mehr.
Ich stoße die Tür mit meiner Schuhspitze auf und höre Chefs Stimme, der sich selbst laut aus einem Buch vorliest.
Er hat schon immer gern gelesen. Gern und viel. Sehr viel. Als er zu uns kam, wurde extra für ihn ein Bücherregal angebracht. Es war voll mit seinen Büchern.
Memoiren. Stephen King. Kochbücher.
Jetzt hört er sich meist nur noch Audiobooks an. Seine Lieblingsbücher sind die Memoiren sogenannter »Gourmets«, was auch immer ein Gourmet sein mag.
Sein Bruder hatte ihm zum Geburtstag einen iPod geschenkt, der randvoll mit solchen Aufnahmen war. Es waren auch ein paar Kochbücher dabei – ich weiß das, weil ich mir jedes einzelne Buch anhören musste, bevor wir es dem Chef aushändigen durften. Habt ihr euch jemals ein gottverdammtes Kochbuch angehört? Einer langweiligen und unscheinbaren Stimme gelauscht, die euch jede einzelne Zutat vorliest? Stellt euch vor, ihr würdet jemandem zuhören, der euch lang und breit erklärt, wie man Brot backt.
»Rezept: Sauerteigbrot. Man nehme: eine Tasse Mehl, eine Tasse sonst was und dann jede verfickte weitere Zutat und so weiter und so fort.«
Könnt ihr euch eine Stimme vorstellen, die verzweifelt versucht, es interessant klingen zu lassen? Nein? Ich auch nicht, denn offenbar findet kein einziger Verlag einen passenden Sprecher, der professionell genug ist, um den Zuhörer zum Brotbacken zu animieren.
Der Chef hat Appetit auf Maisbrot, weil er das Rezept Wort für Wort wiederholt.
Ich kann hören, wie ihm die Spucke im Mund zusammenläuft, während er spricht.
Ich kann es ihm nicht verübeln; das Zeug, das sie hier servieren, schmeckt wie Sägemehl.
»Willst du dich in den Schlaf reden, Chef?«
Ich schiebe die Tür weiter auf und betrete den Raum. Sein Zimmer gleicht allen anderen Zimmern auf dieser Station. Kalt. Öd. Steril.
Der Koch liegt in seinem Bett, angeschlossen an mehrere Schläuche, die seinen Körper gerade so versorgen, dass er am Leben bleibt.
Schläuche und Kabel, die sein Herz und seine Atmung überwachen.
Schläuche, die mich wissen lassen, dass er noch am Leben ist.
Er wirkt erschreckend klein in seinem Bett. Er ist nicht größer als 1,60 Meter und wiegt etwas mehr als 100 Pfund. Dieser Mann ist ein Winzling.
»Du willst mir wohl eine Gutenachtgeschichte erzählen, was?«
Der Chef stoppt die Aufnahme des Hörbuchs und schenkt mir das Todeslächeln, auf das ich all die langen Jahre gewartet habe. Dieses Lächeln bebt vor Angst und Schrecken. Es zuckt vor Erwartung und Hoffnung. Doch es wird gefrieren, wenn der nahende Tod die letzte Hoffnung nimmt und sich das Unvermeidliche nicht länger abwenden lässt.
Die meisten meiner Patienten neigen dazu, während der Nachtschicht zu sterben. Nachts, in den dunkelsten Stunden. In den Stunden meiner Schicht.
Es ist, als ob sie auf mich warten würden.
»Ich hatte gehofft, dass du mir heute Abend deine Geschichte erzählen würdest.«
Ich halte meinen Notizblock in der Hand und rolle mit dem Stuhl dicht an sein Bett. Normalerweise gibt es in diesen Zimmern keine Stühle. Wozu auch?
Die Patienten sind im wahrsten Sinne des Wortes ans Bett gefesselt. Und seien wir ehrlich: Das ist nicht gerade eine Station, auf der man freudestrahlend Besucher empfängt.
»Es ist so weit, ja?«
Der Chef lässt seinen Blick über den Stuhl hin zu dem Block in meiner Hand gleiten, bevor sich sein Kinn auf die Brust senkt.
Wenn die Insassen auf meine Station verlegt werden, dann nur aus einem einzigen Grund: um zu sterben. Und wenn sie dann in ihren Betten liegen, mit Speichel in den Mundwinkeln, die Augen resigniert auf das Kommende gerichtet, biete ich ihnen einen Deal an. In neun von zehn Fällen nehmen sie ihn an.
Ich muss zugeben, dass sich manche mit aller Gewalt dagegen sträuben, aber das passiert nicht oft.
Was ich ihnen anzubieten habe? Ich biete ihnen die Chance, die letzte Beichte abzulegen. Und zwar nicht irgendeine Beichte, nicht irgendein Geständnis.
Nichts, was man in der Zeitung lesen oder während eines Prozesses hören würde.
Es sind die unausgesprochenen Sünden, die ihnen auf der Seele lasten.
Die Beichten aus der Tiefe.
Ihre Geschichten, an die sie sich bis zum Ende klammern, weil ihnen sonst nichts geblieben ist.
»Du notierst es nur, richtig? Du nimmst es nicht mit einem Gerät auf, um es an den Meistbietenden zu verhökern?«
Das fiebrige Glitzern in den Augen des Chefs sagt mir alles, was ich wissen muss.
Er ist bereit und hat nur auf diesen Moment gewartet.
»Kein Aufnahmegerät. Nur ich, dieser Notizblock und mein Stift.«
»Aber was wirst du später damit anfangen?« Er bedrängt mich.
Ich könnte lügen, aber wozu die Mühe? Schließlich hat er bereits die Entscheidung getroffen, mir seine Geschichte zu erzählen, und für einen Rückzieher ist es längst zu spät.
»Ich werde deine Story im Internet verticken. Die Kohle, die ich damit verdiene, geht an wohltätige Zwecke. Ich behalte keinen Cent davon.«
Ich wünschte, das wäre gelogen. Ich wünschte, dass ich das nur sage, damit er sich gut fühlt. Gott weiß, wie gut ich das Geld für all diese Geschichten gebrauchen könnte. Ich könnte sie an ein verdammtes Magazin verkaufen oder einen lukrativen Verlagsvertrag abschließen und damit Millionen verdienen.
Aber wozu sollte ich lügen? Jede einzelne Lüge, die jemals erzählt wurde, trägt ein Fünkchen Wahrheit in sich.
Ein Blick auf mich, auf den Ort, den ich mein Zuhause nenne, oder auf das Auto, das ich fahre, reicht, um zu wissen, wie wenig ich besitze. Und würde ich mehr besitzen, dann würde ich ganz sicher nicht hier arbeiten.
Ich mache das nicht wegen des Geldes. Wir alle haben unsere Gründe, warum wir uns dazu zwingen, Höllentore zu durchschreiten.
Wir meinen, es nicht besser verdient zu haben. Ich habe meine eigenen Gründe, warum ich hierbleibe. Genauso wie ihr eure Gründe habt, das Leben zu leben, das ihr führt, auch wenn es noch so sinnlos erscheint.
Wir alle haben unsere
