Edgar Wallace - Neue Abenteuer 05: Das Geheimnis der toten Augen
Von Reiner F. Hornig
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Über dieses E-Book
Auf seiner Flucht hinterlässt er eine blutige Spur, die Scotland Yard bis auf eine mittelalterliche Burg in Süddeutschland führt.
Der Scharfsinn von Chief Inspector Ebenezer Pommeroy junior ist gefragt."
Ähnlich wie Edgar Wallace - Neue Abenteuer 05
Titel in dieser Serie (9)
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- Edgar Wallace - Neue Abenteuer 05: Das Geheimnis der toten Augen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
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Rezensionen für Edgar Wallace - Neue Abenteuer 05
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Buchvorschau
Edgar Wallace - Neue Abenteuer 05 - Reiner F. Hornig
Kapitel 1
Die Tür mit den sieben Schlössern
In der Vergangenheit
Draußen senkte sich allmählich das dunkle Leichentuch der Nacht über die einsame Kulisse von Englands berüchtigtem Zuchthaus. Nur langsam, fast vorsichtig, kletterte der volle Mond das blauschwarze Firmament empor und verteilte dabei sein gespenstisches Licht über Dartmoor.
Drinnen schob Chief Warden Alex Bledloe behäbig seinen dicken Bauch vom Fenster und knipste die spärliche Beleuchtung in dem kleinen Wachraum an. Dann begann er, es sich in seinem Ohrensessel gemütlich zu machen, und schlug die Abendzeitung auf. Gleich darauf betrat sein junger Kollege Tony Bonelli das Zimmer und warf einen Blick auf die kahle Wanduhr über dem Kamin. Unter den Arm geklemmt trug er einen Schmöker, den er am Vortag aus der Gefängnisbibliothek entliehen hatte.
„Nimm ruhig Platz, Kleiner, lud ihn Bledloe launig ein und deutete dabei auf den anderen, noch freien Ohrensessel in dem Raum. „Es wartet auf dich eine Umarmung der ganz besonderen Art, wie von einer jungen, hübschen Maid. Wenn da nur nicht die rostigen Spiralfedern dazwischenkommen würden!
 Seine Bemerkung war ihm jetzt ein polterndes Lachen wert. 
Behaglich ließ Tony Bonelli sich in den zweiten Sessel fallen und wandte sich gut gelaunt zu seinem älteren Kollegen um.
„Noch fast eine Stunde bis um elf. Erster Sicherheitsrundgang nach der Wachübernahme", meinte er dann lapidar. Bledloe grunzte nur laut und vernehmlich.
„Dann wird es ernst für uns, du Grünschnabel! Bis dahin kannst du dich ja von deinem Meister Wallace schon mal das Gruseln lehren lassen!"
Neues vom Hexer, verkündete der Titel des dicken Schmökers mit vor Blut triefenden Lettern, welchen Bonelli jetzt über seinen schlanken Beinen aufgeschlagen hatte. Zur Bekräftigung des unheilvollen Titels prangte noch das gemalte Gesicht einer jungen Dame mit ausladendem Dekolleté auf dem Buchcover, deren schmallippiger Mund vor Angst und Entsetzen weit geöffnet war. Man konnte das bedauernswerte Opfer des Hexers förmlich schreien hören!
„So schlimm?, wollte Bonelli wissen. „Heute ist doch mein erster Tag hier in Dartmoor.
 
„Deine erste Nacht, Grünschnabel!, musste sich der Neuling belehren lassen. „Wenn du nach dieser Schicht deinen Schlaf nachholst, wirst du von den schlimmsten Albträumen gepackt werden, die du je hattest. Schlimmere, als alle unsere Gäste im Todestrakt zusammen sich jemals an solche erinnern können!
, prophezeite er ihm grinsend. 
Mulmig blickte Bonelli von seinem Krimi hoch und wandte sich an Bledloe.
„Wirklich so schlimm?", wiederholte er noch einmal seine Frage.
Der Angesprochene versuchte, seinem schwabbeligen Doppelkinn ein ehrfürchtiges Nicken abzuringen. „Schon allein Turtle, unser Stargast, hat schon mehr Leute auf dem Gewissen, als du Finger an beiden Händen hast. Aber seit Ihre Majestät, die Queen, die Todesstrafe abgeschafft hat, bedenkt uns der unheimliche Kerl Tag für Tag aufs Neue mit seinen Todeswünschen. Wohl bis an unser aller Lebensende."
Bonelli blinzelte neugierig. „Weiß man Genaueres über seine Gräueltaten?"
„Nun, damals auf Chelford Castle, oben im kalten Norden, war Turtle der Butler des dritten Earl of Chelford. Schon bald nach seiner Einstellung begann es mit den grauenvollen Morden. Eine Erbschaftsangelegenheit, dachte die Polizei damals. Erst der junge Earl, dann seine beiden Schwestern. Altersschwache Kronleuchter, bröckelnde Stufen im Westturm, Gift in der Minzsoße des Wildschweinbratens ..."
Der junge Bonelli lauschte angespannt den Worten seines Kollegen. Sein Gesicht wurde von Mal zu Mal blasser.
„Zuerst dachte niemand an den buckligen Butler. Was hätte er auch für einen Vorteil aus der ganzen Geschichte ziehen sollen? Später zog man dann Scotland Yard zurate, und die alten Spürhunde aus London witterten sofort einen Verdacht. Aber der Butler konnte jedes Mal ein wasserdichtes Alibi für die Taten erbringen, und so verliefen mit der Zeit alle Spuren im Sand. Bis dann zum Schluss mit einem Male das ganze Schloss in Flammen stand und man den letzten Earl von Chelford nur noch als verkohlte Mumie zu Grabe tragen konnte.
Bald darauf erwischten die Ortsgendarmen den buckligen Bediensteten, als er mit schwerem Gerät das noch rauchende Schlossgemäuer zu durchwühlen versuchte.
Der Schatz! Der Schatz!, soll er immer wieder mit einem irren Ausdruck in den Augen gerufen haben. Endlich gehört der Schatz von Chelford mir allein!
Aber wenn du mich fragst, Grünschnabel, hat der Wahnsinn ihn schon vor vielen Jahren in seinen Würgegriff genommen. Schon bevor er den ersten Mord beging!"
Mit einem Male fühlte sich Bonelli nicht mehr so ganz wohl in seiner Haut. Unsicher blickte er auf die silberne Uhr, die auf dem staubigen Kaminsims stand. Ihre Zeiger näherten sich immer mehr den geschwungenen Ziffern der elften Stunde. Die Zeiger der stummen Wanduhr über dem Kamin taten es ihr gleich.
Nicht lange, und elf kurze Schläge verzauberten den spartanisch ausgestatteten Wachraum mit ihrem silbernen Klang. Von Zauber kann hier wohl keine Rede sein, dachte Bonelli fröstelnd und erhob sich kurzerhand.
Auch Chief Warden wand sich jetzt umständlich aus den schon etwas verblichenen Polstern seines Sessels.
„Dann wollen wir mal", meinte er nur gelangweilt. Zusammen verließen sie den Wachraum und schritten zur kupfernen Stechuhr draußen in dem nur schwach beleuchteten Zellengang.
Drei Stockwerke weiter oben waren sie im sogenannten Todestrakt angelangt und schickten sich umständlich an, die erste Schleuse aufzuschließen. Erst nach dem Öffnen von zwei weiteren Gittertüren standen sie am Ziel ihres Wachganges. Eine unheimliche Stille umfing sie in dem kahlen Korridor.
Das Zuchthaus von Dartmoor stand so gut wie leer. Die meisten Häftlinge hatte man entweder nach und nach entlassen oder in die umliegenden Gefängnisse ausgelagert, weil das Justizministerium Ihrer Majestät, der Queen, der Ansicht war, dass die Insassen des Gebäudes nicht mehr nach dem neuesten Stand der Zeit beherbergt wurden.
Ein Museum will man jetzt aus dem alten Kasten machen!, dachte Chief Warden angewidert. Bald würde es auch mit den Wachgängen im Obergeschoss vorbei sein, und das noch verbliebene Aufsichtspersonal würde dann Tag für Tag nur noch neugierige Touristen durch ein leer stehendes Zuchthaus schleusen.
Missis Pauline Haggerty, die Gefängnisdirektorin, von allen nur Missis Furious, die Zornige, genannt, hatte Bledloe schon mehr als einmal angedroht, dass sie ihn bereits wegen des geringsten Vergehens während seines Wachdienstes dazu verdonnern würde, für künftige Besucher als das Zuchthausgespenst von Dartmoor durch die leeren Gänge zu spuken. Nein, da würde er sich lieber für den Rest seiner alten Tage in das zu einem Andenkenladen umfunktionierte Wärterhäuschen neben dem Haupttor setzen und dort eine ruhige Kugel schieben!
Bledloe und Bonelli hatten mittlerweile alle anderen Zellen abgeklappert und waren schließlich bei der Tür des Monsters, von Turtle, der Schildkröte, angelangt.
Die meisten Insassen hatten bereits ihr Licht ausgeknipst und schliefen einen Schlaf, den man keinesfalls einen der Gerechten nennen konnte. Andere hatten über ihrem spärlich ausgestatteten Bett noch die Leselampe an und suchten in ihrer ausgeliehenen Bettlektüre einen baldigen Schlaf.
„Weißt du, Grünschnabel, arbeiten dürfen die ja alle nicht. Wär’ ja auch viel zu gefährlich! Lässt man sie nur einmal aus der Zelle raus, bekommt sie keiner jemals wieder unter Kontrolle. Manche von den Bestien haben ihren Wärtern schon ganze Finger abgebissen und unzerkaut hinuntergeschluckt! Deshalb kriegen sie auch gerne von uns Bücher aus der Gefängnisbibliothek gebracht. Zur Ablenkung.
Allerdings ... wenn einer von denen von unseren Psychiatern als suizidgefährdet eingestuft ist, geht das natürlich gar nicht! So ein Blatt Papier aus einem Buch ist dreimal so scharf wie jedes Küchenmesser ... und schwups, wie leicht sind die Pulsadern damit aufgeschlitzt!"
Bonelli, der sich im Grunde seines Herzens zartbesaiteter wusste, als ihm lieb war, zog instinktiv die Ärmel seiner Dienstjacke über seine Fingerknochen.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte der Grünschnabel jetzt auf die Zellentür des psychopathischen Vielfachmörders, ihres letzten Kunden, bevor sie den ersten Kontrollgang in dieser Nacht dann beruhigt abhaken konnten.
Sein Partner schluckte tief und schickte sich dann umständlich an, die unausgesprochene Frage seines jungen Kollegen zu beantworten.
„Nun ja, begann er dann, sich mehrmals verlegen räuspernd. „Wie du ja bereits weißt, hat jede Zellentür bei uns gleich zwei schwere Sicherheitsschlösser eingebaut bekommen. Alle Männer des Wachpersonals fürchten jedoch, dass diese nicht ausreichen, um die Schildkröte eines Tages an einem Ausbruch zu hindern. Deshalb malten oder kratzten sie im Laufe der Jahre in ihrer Angst noch einige symbolische Schlüssellöcher und auch Vorhängeschlösser auf die Zellentür. Insgesamt sieben sind es bislang geworden.
 
Die Tür mit den Sieben Schlössern! Bonelli dachte ehrfürchtig an einen Buchtitel seines von ihm so sehr verehrten Krimiautors.
„Aus Sicherheitsgründen hat jeder von uns mehr als doppelt so viele Schlüssel an seinem Bund hängen, als er in Wirklichkeit braucht."
„Verstehe!, nickte Bonelli eifrig. „Sollte jemals ein Häftling in den Besitz eines solchen Schlüsselbundes gelangen, benötigt er wesentlich mehr Zeit, bis er auch nur eines von den vielen Sicherheitsschlössern damit öffnen kann.
 
Inzwischen hatte Bledloe einen bestimmten Schlüssel in eines der beiden kleinen Schlösser neben der auf Augenhöhe liegenden Türluke gesteckt und drehte ihn vorsichtig um. Das Schloss war dazu gemacht, dass man die kleine Luke mit einem Schieber öffnen konnte. Das andere Schloss löste eine Klappe unter der Türluke aus, auf der man das Essenstablett oder sonstige Gegenstände in die Zelle reichen konnte. Die Klappe durfte nicht die ganze Zeit über ausgefahren bleiben, damit die Häftlinge sich nicht daran verletzen konnten.
„Nichts zu sehen, stellte Chief Warden nüchtern fest. „Das Zellenlicht ist schon ausgeschaltet.
 
Vorsichtig dreht er an einem neben der Tür an der Wand befestigten Schalter und wartete den Bruchteil einer Sekunde lang ab, bis der spärlich eingerichtete Zellenraum von dem rötlichen Notlicht erhellt wurde.
„Verdammt!, brach es schnaufend aus ihm hervor. „Nicht im Bett und nicht auf der Kloschüssel! Der Kerl muss sich irgendwo versteckt haben. So ein Teufel aber auch!
 
Eilends holte er einen kleinen Taschenspiegel aus seiner Jackentasche, schob ihn vorsichtig in die Türluke hinein und drehte ihn dann langsam nach allen Seiten, um die im toten Winkel der Zelle liegenden Ecken damit auszukundschaften. Sein Kollege rechnete jeden Augenblick damit, dass er den Spiegel mit einem wilden Schrei fallen lassen würde, weil die Bestie ihm in die Hand gebissen hatte.
Doch nichts dergleichen trat ein.
Immer weiter drehte Bledloe den Spiegel langsam um sein Handgelenk, bis er plötzlich abrupt innehielt.
„Er ... er hängt hin ... hinter der T-Tür!", stotterte er, zu Tode erschrocken.
Eiligst zog er seine Hand aus der Luke zurück und verstaute den kleinen Spiegel wieder in seiner Anstaltsuniform.
„Müssten wir nicht spätestens jetzt Alarm auslösen?" Umsichtig erinnerte sich der Neuling an die bestehenden Vorschriften, doch sein älterer Kollege tat so, als habe er ihm nicht zugehört. Rasch nahm dieser seinen Schlüsselbund in die Hand und schloss damit das Erste der beiden großen Türschlösser auf. Die Angst fuhr ihm wie eine züngelnde Viper seine Wirbelsäule hoch. Kalter Schweiß breitete sich auf seiner Stirn aus.
„Schnell, die Pistole!", flüsterte er keuchend. Wie durch einen Zaubertrick hervorgebracht, hielt er sie bereits in der Hand. Bonelli tat es ihm nach.
Dann wurde auch der Schlüssel in dem zweiten Schloss herumgedreht.
Vorsichtig öffneten sie die Tür zu der Zelle, sich gegenseitig Feuerschutz gebend.
Als sie die stählerne Tür halb geöffnet hatten, lugte Bledloe um ihren Falz und erhellte mit einer starken Stablampe das grauenvolle Szenario, welches sich ihnen nun präsentierte.
„Aber das ist doch ... nur ...!", stotterte jetzt auch Bonelli und blickte noch einmal genau auf das leblose Bündel, welches vor ihren Augen hinter der Zellentür von der Decke baumelte.
„Das ist ja gar nicht Turtle!", riefen sie beide wie aus einem Munde.
„Nur in Laken eingewickeltes Bettzeug, in einer Schlinge aus gedrehtem Leintuch oben an der Wasserleitung befestigt!"
„Und wo ist die Schildkröte jetzt wirklich?", stammelte Bledloe erschrocken.
„Hier in der Zelle jedenfalls nicht mehr!"
Bonelli legte ihm vorsichtig eine Hand auf seine Schulter.
„Das Ganze ist bestimmt ein Trick, flüsterte er seinem Kollegen ins Ohr. „Wir sollten weiterhin auf der Hut sein!
 
Mit einem heftigen Kopfnicken lenkte er die Blicke Chief Wardens auf den hohen Einbauschrank, der neben der stählernen Toilettenschüssel in die Zellenwand eingelassen war. Den linken Zeigefinger vor seine trockenen Lippen gelegt, in der Rechten seine schussbereite Dienstwaffe fest umklammert, näherte er sich jetzt auf leisen Sohlen dem Wandschrank, dicht gefolgt von seinem ebenfalls bewaffneten Kollegen. Langsam, unendlich langsam, öffnete er die Blechtür des Schrankes und leuchtete vorsichtig hinein. Als er die Tür vollends geöffnet hatte, fiel ihm vor lauter Entsetzen die Stablampe aus seiner linken Hand. Seine Waffe in der anderen zitterte bedenklich.
Die Architekten, die das berühmte Zuchthaus vor über 200 Jahren nach ihren Plänen erbauen ließen, weilten schon lange nicht mehr unter den Lebenden. Sie hatten damals jeden Winkel der gut drei Meter hohen Räume ausgenutzt, um keinen unnötigen Platz zu verschwenden. Beim Einbau der bis zur Decke reichenden Wandschränke jedoch hätten sie es sich damals höchstwahrscheinlich nicht träumen lassen, dass eines Tages ein Häftling ihren Hang zu wohnbaulichen Platzsparmaßnahmen schändlich missbrauchen würde.
Der Häftling, auf den diese Tatsache erstmals in der Geschichte des Zuchthauses von Princetown, Dartmoor, zutraf, war niemand anderes als Albert Sutcliffe, genannt Turtle, die Schildkröte. Gefährlicher Schwerverbrecher, unheilbarer Psychopath, und als zigfacher Mörder zu zehn Mal lebenslänglicher Haft unter strengster Sicherheitsverwahrung verurteilt. Ihr unbestrittener Star des Todestraktes.
Beinahe friedlich baumelte er jetzt etwas über Augenhöhe vor den sprachlosen Beamten an einer massiven Kleiderstange aus Messing, einen umgeworfenen Schemel zu seinen Füßen.
Fast anklagend blickte er die beiden mit großen, hervorgequollenen Augäpfeln an, während das helle Mondlicht durch die Gitterstäbe auf sein blasses Gesicht schien.
Ein Erhängter bietet kein erfreuliches Bild. Blässliche oder violette Lippen, Blaufärbung des Gesichts, Blutungen der Augenbindehäute, Schaum und möglicherweise Blutspuren um Mund und Nase, eine bleckende Zunge und verkrampfte Finger – das sind die unverkennbaren Anzeichen eines Erstickungstods mit Genickbruch.
Als Bledloe in die Augen des langsam vor ihm baumelnden Monsters starrte, kroch ein sonderbares Gefühl der Betäubung in ihm hoch. Er versuchte, die Augen vor dem unheimlichen Anblick zu schließen, wollte sich abwenden und davonlaufen, aber kein einziger Muskel seines Körpers gehorchte seinem Willen.
Bledloe und Bonelli standen noch eine ganze Weile wie gelähmt da, dann verließen sie fluchtartig die entsetzliche Kulisse und stürmten die Gänge entlang und Treppen hinab in Richtung Wachstube, um endlich pflichtbewusst den Alarm auszulösen.
Die letzte Erinnerung, die Bledloe mit auf den Weg nahm, war Turtles irres Lächeln.
Ein Lächeln, wie es noch viele sehen sollten, bevor sie starben ...
Kapitel 2
