Ein besonderes und vieldiskutiertes Merkmal der Carterschen Partituren ist ihre komplexe Zeitstruktur. Seit der Cello Sonata (1948) befaßt Carter sich eingehend mit dem Problem, wie die Aufeinanderfolge verschiedener Zeitmaße...
moreEin besonderes und vieldiskutiertes Merkmal der Carterschen Partituren ist ihre komplexe Zeitstruktur. Seit der Cello Sonata (1948) befaßt Carter sich eingehend mit dem Problem, wie die Aufeinanderfolge verschiedener Zeitmaße kompositorisch organisiert werden könnte. Seit dem ersten Quartett läßt sich die Tendenz beobachten, solche Tempo Sequenzen mit der Gleichzeitigkeit mehrerer Zeitschichten zu koppeln.1 Um die unabhängigen Zeitschichten untereinander zu verbinden und eine Ebene zu schaffen, auf der die Progression des Ganzen geregelt werden kann, notiert Carter die einzelnen Stimmen unter einem gemeinsamen Referenztempo. Richard Goldman prägte, um den ständigen Wechsel dieser Referenztempi im ersten Quartett zu beschreiben, 1957 den Begriff „metrical modulation“.2 Dieser Begriff ist einerseits ein wenig irreführend, denn er benennt etwas, das mit der herkömmlichen Vorstellung von Metrum — das heißt mit einem Raster aus an harmonische Funktionen gekoppelten Taktschwerpunkten, das auch den Rahmen für die Bildung von motivisch-thematischen Einheiten liefert3 — wenig zu tun hat.4 Andererseits führt der Terminus „modulation“ auf eine interessante Fährte — und dies ist möglicherweise auch der Grund, warum Carter selbst ihn aufgreift. In dem 1965 erschienenen Aufsatz „The Time Dimension in Music“ weist Carter selbst die Richtung: Often, after many of these metrical modulations — which are in a sense analogous to the changes of key in a piece of tonal music — the piece will return to the original tempo.5