Geo-Sensor Web
Echtzeitmessungen für Monitoring- und Informationssysteme
Abstract
Bisher wurden Geo-Sensor Netzwerke meist in geschlossenen monolithischen
Systemen aufgebaut, wodurch die Nutzung von Sensordaten über System- und
Domänengrenzen
hinweg
im
Sinne
einer
„digitalen
Haut“
für
die
Erde
verhindert wurde. Deshalb werden zunehmend neue Geo-Sensor Web Ansätze
verfolgt, die sich – im Unterschied zu herkömmlichen Sensornetzwerken –
durch einen hohen Grad an Interoperabilität, Skalierbarkeit und Intelligenz
auszeichnen. Als technisches Vehikel für die Erreichung dieser Vision wurde die
Sensor Web Enablement (SWE) Initiative ins Leben gerufen, die zum Ziel hat,
Sensoren über das Internet auffindbar, abfragbar und steuerbar zu machen.
Solche
interoperablen
Möglichkeit
ubiquitärer
Mess-
und
Monitoring-Infrastrukturen
Informationssysteme,
indem
eröffnen
Endbenutzern
die
bisher
unsichtbare Informationsebenen in naher Echtzeit zugänglich gemacht werden.
Es müssen allerdings auch die Auswirkungen von räumlich hochauflösendem
Monitoring auf die Bürger bedacht werden, weil Begriffe wie „Luftqualität“ oder
„Schadstoffausbreitung“ nur Surrogate für breitere und direktere Einflüsse auf
Menschen sind, wie z.B. Atemwegserkrankungen oder Lebenserwartung.
Inhaltsübersicht
1
Eine „digitale Haut“ als Netzwerk von Sensoren............................................ 2
2
Geo-Sensor Webs – Stand der Technik........................................................ 4
3
Standardisierung als Basis für Monitoring-Anwendungen................................ 6
3.1
Sensor Web Enablement ........................................................................... 6
Sensor Model Language ...................................................................................... 7
Transducer Markup Language .............................................................................. 7
Sensor Alert Service........................................................................................... 7
Sensor Planning Service...................................................................................... 7
Web Notification Service ..................................................................................... 8
3.2
4
Live Geography Infrastruktur ..................................................................... 8
Geo-Sensor Netzwerke im Alltag ................................................................ 9
Referenzen........................................................................................................ 11
1
1
Eine „digitale Haut“ als Netzwerk von Sensoren
“In the next century, planet Earth will don an electronic skin. […] This skin is already
being stitched together. It consists of millions of embedded electronic measuring devices.
[…] These will probe and monitor cities and endangered species, the atmosphere, our
ships, highways and fleets of trucks, our conversations, our bodies – even our dreams.”
[Gross, 1999]
Diese umfassende Vision einer Art digitalen Haut für unseren Planeten, die von Neil Gross
1999 formuliert wurde, lässt für die kommenden Jahre einen starken Anstieg in GeoSensor Netzwerk-Implementierungen erwarten. Diese Entwicklung wird speziell getrieben
durch die drastische Performanzsteigerung verbunden mit gleichzeitig rapide fallenden
Kosten im Sensorbereich. Dies kann mittelfristig dazu beitragen, dass wir unsere Umwelt
als multidimensionales Echtzeit-Kontrollsystem betrachten, wobei der hier verwendete
Begriff „Echtzeit“ nicht für eine scharf definierte zeitliche Verzögerung steht, sondern für
ein aktuelles Bild der Umwelt in naher Echtzeit unter Einbindung von Live-Daten. Dieser
Ansatz wird zum Beispiel in der WikiCity-Initiative verfolgt, die die Umwelt als Bindeglied
zwischen der physischen und der digitalen Welt versteht, wie in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1: WikiCity – die Umwelt als Echtzeit-Kontrollsystem. [SENSEable City Lab, 2010]
Bereits heutzutage sind wir umgeben von einer Vielzahl von miniaturisierten Sensoren,
versteckt in Autos, Wohnhäusern, Energieinfrastrukturen, Mobiltelefonen u.v.m. Diese
stark ansteigende Zahl an verfügbaren Echtzeit-Datenquellen wie z.B. Umweltsensoren,
Verkehrzählstellen oder Energieverbrauchsdaten, bedingt auch einen Wandel in der
Wahrnehmung des Paradigmas von „ubiquitären Monitoringsystemen“, d.h. der Messung
und
Analyse
unserer
Umgebung
in
Echtzeit
unterstützt
durch
Geographische
Informationssysteme (GIS).
2
Die Realisierung dieser „digitalen Haut“ für die Erde bietet allerdings eine Reihe von
technischen Herausforderungen. Bestehende Sensor-Netzwerke sind derzeit meist in
abgeschlossenen monolithischen Systemen aufgebaut, d.h. Datenzugriff ist nur sehr
eingeschränkt möglich, womit domänenübergreifende Nutzung von Sensormessungen
verhindert wird. So messen z.B. regionale Verwaltungseinheiten Pegelstände und
Durchflusswerte
von
städtischen
Fließgewässern,
um
Hochwasserfrühwarnsysteme
einzurichten, während Energieversorgungsunternehmen mit den gleichen Parametern
Prognosen über die Nutzungskapazität ihrer Laufkraftwerke treffen. Durch die mangelnde
Vernetzung dieser bestehenden Netzwerke auf Grund von verschiedenen Datenformaten,
räumlichen Bezugssystemen, und Übertragungsprotokollen ist jedoch keine optimale
Nutzung von Sensordaten möglich.
Eine entscheidende Herausforderung wird in den kommenden Jahren deshalb die
Integration von heterogenen Datenquellen sein, damit Messdaten grenzübergreifend
verteilt und genutzt werden können. Dies bedingt allerdings breite Interoperabilität auf
Daten- und Service-Ebene, um Kommunikation zwischen verschiedenartigen Sensoren zu
ermöglichen, wie in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 2: Sensor Web Kommunikation zwischen Heterogenen Sensortypen. [nach Liang et al.,
2004]
Speziell in der Kommunikation zwischen Sensoren unterscheiden sich moderne GeoSensor Webs entscheidend von herkömmlichen Geo-Sensor Netzwerken. Geo-Sensor
Webs zeichnen sich durch drei essentielle Eigenschaften aus: Interoperabilität bezeichnet
3
die Fähigkeit verschiedenartiger Sensoren, miteinander zu kommunizieren oder ein
gemeinsames Resultat zu produzieren; Skalierbarkeit impliziert, dass neue Sensoren in
existierende
Sensornetzwerke
eingefügt
werden
können,
ohne
schwerwiegende
Umstellungen in der bestehenden Hardware- und Software-Infrastruktur zu erfordern;
Intelligenz meint die Fähigkeit von Sensoren, zu einem gewissen Grad autonom „denken“
zu können. Diese Intelligenz kann von Datenfilterung nach vorgegebenen Kriterien mit
Hilfe von Complex Event Processing (CEP) Mechanismen bis hin zu autonomen
Softwareagenten reichen.
2
Geo-Sensor Webs – Stand der Technik
Sensor Webs wurden ursprünglich wie zahlreiche andere Technologien für militärische
Fragestellungen entwickelt. Während des Kalten Krieges entstanden so das Sound
Surveillance System (SOSUS) zur Ortung von U-Booten, sowie ein Netzwerk von RadarGeräten zur Luftraumüberwachung. In den 1980ern wurde der Ansatz von verteilten
Sensornetzwerken (Distributed Sensor Networks – DSN) geboren und maßgeblich von
der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) vorangetrieben. Nachdem in
den 1990ern hauptsächlich die Idee von Network Centric Warfare (NCW) im Mittelpunkt
stand, rückte seit der Jahrtausendwende zunehmend die ursprüngliche Vision von kleinen
und kostengünstigen Sensoren in den Vordergrund.
Derzeit existiert eine Anzahl von Geo-Sensor Netzwerken, die teils den Kriterien
Skalierbarkeit und Intelligenz entsprechen, Interoperabilität war bis vor kurzem aber
kaum der Fokus neuer Entwicklungen.
Das
Ziel
des
CitySense-Projektes
[Murty
et
al.
2008]
beispielsweise
ist
die
Implementierung eines städtischen Sensornetzwerkes zur Messung von verschiedenen
Umweltparametern. Das Sensornetz kann also als Datenquelle für diverse Analyse- und
Entscheidungsunterstützungssysteme gesehen werden. CitySense fokussiert auf die
Ausbringung eines flächendeckenden Systems unter spezieller Berücksichtigung einer
optimierten Netzwerkinfrastruktur, also maximaler Verfügbarkeit, Ausfallssicherheit,
Selbstheilungsmechanismen und optimale Bandbreitennutzung. Zurzeit berücksichtigt
CitySense jedoch noch keine offenen Standards, die Interoperabilität mit anderen
Messnetzen ermöglichen.
King’s College London (2010) hat die Initiative des London Air Quality Network (LAQN)
ins Leben gerufen. LAQN wurde 1993 initiiert, um Luftqualitäts-Monitoring in London zu
koordinieren und zu verbessern. Messdaten werden hierzu von lokalen Behörden in
London zur Verfügung gestellt. Derzeit integriert LAQN die Daten von ca. 150
Messstationen und stellt zeitnah statistische Diagramme, Zeitreihen-Darstellungen und
Windgraphen zur Verfügung. Allerdings ist LAQN in einem geschlossenen System
4
aufgebaut, wobei Daten über das Internet abgefragt werden können, allerdings in einem
proprietären Format.
Das Oklahoma City Micronet – OCM [University of Oklahoma 2010] ist ein Netzwerk
bestehend aus 40 automatisierten Monitoring-Stationen, verteilt über die Stadt von
Oklahoma, US. Das Netzwerk umfasst vier Mesonet-Stationen und 36 Messgeräte, die auf
Verkehrsampeln befestigt sind. Atmosphärische Messungen werden minütlich an die
Oklahoma Climatological Survey übertragen, die eine Qualitätsprüfung der Daten
durchführt und die Messungen anschließend OCM Partnern und Kunden zur Verfügung
stellt. Ein entscheidender Nachteil besteht darin, dass OCM keine offenen Standards
verwendet und damit Übertragbarkeit in andere Anwendungsbereiche verhindert wird.
Das gilt auch für CORIE [Center for Coastal and Land-Margin Research 2009], eine
Pilotausbringung eines Environmental Observation and Forecasting Systems (EOFS) für
den Columbia River. Es integriert ein Echtzeit-Messnetz, ein Datenmanagement-System
und komplexe mathematische Modelle.
Ein Geo-Mashup zur Visualisierung von Umweltdaten ist die nowCOAST Applikation
[National Oceanic and Atmospheric Administration 2010]. nowCOAST visualisiert mehrere
Umweltparameter, die von öffentlichen Datenprovidern gesammelt werden. Überdies
stellt das System eine interpolierte Karte der Meeresoberflächentemperaturen bereit.
Paulsen (2008) beschreibt SensorGIS, eine Sensorinfrastruktur, die Sensornetzwerke mit
Geo-Visualisierungsmechanismen
verbindet.
Die
Messstationen
überwachen
alpine
Felstemperaturen in Intervallen von zehn Minuten. Das Projekt fokussiert auf optimale
Ressourcennutzung,
d.h.
Datenaggregation,
Energieverbrauch
und
Kommunikationsaufwand innerhalb des Sensornetzwerkes. Wie die anderen bisher
beschriebenen Sensornetzwerke verwendet auch diese Implementierung keine offenen
Standards, abgesehen von der Visualisierungskomponente.
Der Live Geography Ansatz [Resch et al. 2009] versucht den Charakteristika von GeoSensor Webs nicht anwendungsgetrieben, sondern konzeptionell zu begegnen. Der
Hauptfokus des Live Geography Konzeptes ist die Verwendung von Echtzeit-Messdaten in
semi-automatisierten und hochstandardisierten Systemen für Umweltbeobachtung. Somit
kann
der
Ansatz
auch
als
Brücke
zwischen
rein
technischen
Sensornetzwerkentwicklungen und anwendungsorientierten Systemen für operationelle
Entscheidungsunterstützung (z.B. Hochwasserfrühwarnung oder Verkehrsmanagement)
gesehen werden. Bestehende Geo-Sensor Web Anwendungen, die auf der Live
Geography Infrastruktur basieren, reichen von Luftqualitätsbeobachtung, Public Health
Anwendungen,
Detektion
von
städtischen
Wärmeinseln,
Sicherheitsmanagement
(Messung radioaktiver Strahlung), bis hin zur Messung automatischen Analyse von
Umweltparametern zur Entscheidungsunterstützung in naher Echtzeit.
5
3
Ein
Standardisierung als Basis für Monitoring-Anwendungen
entscheidender
Mangel
in
bestehenden
Sensor
Webs
ist
also
fehlende
Standardisierung. Deshalb startete 2003 das Open Geospatial Consortium (OGC) – die
führende Institution für die Schaffung von Geo-Standards – die Sensor Web Enablement
(SWE) Initiative, die auf standardisierten Datenaustausch zwischen Sensoren und
Sensornetzwerken abzielt (http://www.opengeospatial.org/projects/groups/sensorweb).
SWE stellt eine sehr vielversprechende Initiative dar – auf Grund ihres funktionalen
Umfanges,
ihrer
Breiten
Unterstützung
in
der
Entwicklung
sowohl
durch
Forschungseinrichtungen als auch durch Unternehmen, ihre schnelle Weiterentwicklung
und Einführung von offiziellen Standards, und ihrer weit gediehenen Entwicklung, was
auch den Einsatz in Produktivumgebungen ermöglicht.
3.1
Sensor Web Enablement
Ziel von SWE ist es, Sensoren über das Internet auffindbar, abfragbar und konfigurierbar
zu machen [Botts 2007]. Die Initiative umfasst sieben Standards, die von der
Beschreibung der Sensorplattform über ein XML-Schema für die Messdatenkapselung bis
hin zu verschiedenen Services (Datenabfrage, Alert, Notification etc.) reichen. Abbildung
3 zeigt die konzeptionelle Funktionsweise von SWE.
Abbildung 3: SWE Standards – Konzeptionelle Funktionsweise. [Resch et al., 2009]
6
Sensor Model Language
Für die Beschreibung von Sensoren wurde Sensor Model Language (SensorML)
entwickelt, das ein Extensible Markup Language (XML) Schema zur Definition von
geometrischen, dynamischen und messungsbezogenen Charakteristika zur Verfügung
stellt. Deshalb dient SensorML dazu, verschiedene Sensortypen aufzufinden, die Analyse
und Verarbeitung der abgefragten Daten zu unterstützen, und Georeferenzierung der
Beobachtungsdaten zu ermöglichen.
Observations and Measurements
Observations and Measurements (O&M) – mittlerweile als ISO-Standard anerkannt –
stellen das Pendant zu SensorML im Bereich der eigentlichen Beobachtung von
Phänomenen dar. Dies bedeutet, dass O&M eine Beschreibung der Beobachtungs- und
Messdaten in Form genereller Modelle und XML-Encodings zur Verfügung stellt.
Transducer Markup Language
Die Transducer Markup Language (TML) stellt eine XML-basierte Methode und ein
Nachrichtenformat für die Beschreibung von Signalgebern bzw. Messwertwandlern sowie
deren produzierten Daten zur Verfügung. TML definiert also eine Reihe von Modellen zur
Beschreibung der hardwaretechnischen Responsecharakteristika.
Sensor Observation Service
Das Sensor Observation Service (SOS) ist ein Service, das eine Abfrage von Messdaten
eines Sensors oder einer Sensorgruppe ermöglicht. Diese OGC-Spezifikation definiert
Operationen, die von einem bestimmten Sensor zur Verfügung gestellt werden, wie z.B.
die Methoden GetCapabilities, GetObservation oder DescribeSensor.
Sensor Alert Service
Prinzipiell
verteilt
Ankündigungen
ein
von
Sensor
Alert
Sensor-Events
Service
(SAS)
Benachrichtigungen
(Schwellwertüberschreitung,
Detektion
bzw.
von
Bewegung, kritischer Batteriestatus, etc.) an alle Clients, die für das jeweilige Event
registriert sind. SAS definiert also einen push-basierten Datenübertragungsmechanismus
über das Extensible Message Presence Protocol (XMPP), im Gegensatz zum pull-basierten
SOS.
Sensor Planning Service
Das Sensor Planning Service (SPS) zielt auf die Automatisierung von komplexen
Informationsflüssen in großen Netzwerken ab. Dies bedingt die Unterstützung diverser
„Capabilites“, also der Eigenschaften bzw. der Fähigkeiten der Sensoren als auch
verschiedener Systeme für die Anfragenbearbeitung. SPS kann als Möglichkeit zur
7
entfernten Steuerung eines Sensors gesehen werden, z.B. zur dynamischen Anpassung
von Messintervallen oder zur Kamerasteuerung.
Web Notification Service
Der letzte Teil des SWE-Modells ist das Web Notification Service (WNS), das einen
asynchronen Nachrichtenaustausch mit anderen Services ermöglicht. Prinzipiell bestehen
zwei Modi eines WNS; erstens, das „simple WNS“, ein Einwegkommunikationsmodell, bei
dem Benutzer registriert sein müssen (E-Mail, HTTP, SMS, Telefon, Fax, etc.) und
zweitens
das
„extended
WNS“,
das
auch
benutzerspezifische
Antworten
auf
Benachrichtigungen erhalten kann.
3.2
Live Geography Infrastruktur
Eine technische Infrastruktur, die den gesamten Geo-Sensor Web Workflow (Sensorik –
Kommunikation – Datenbereitstellung – Modellierung/Analyse – Visualisierung) in
standardisierte Module untergliedert, ist der in Abbildung 4 dargestellte und in Abschnitt
2 kurz beschriebene Live Geography Architektur.
Abbildung 4: Live Geography – Standardisierter Geo-sensor Web Workflow. [Resch et al., 2009]
Für die Standardisierung des Gesamt-Workflows wurde eine Reihe von technischen
Komponenten entwickelt: erstens, ein generisches Sensormodul, das in verschiedensten
Bereichen
zur
Anwendung
kommen
kann
–
im
Gegensatz
zu
bisherigen
hoch
spezialisierten Messgeräten; zweitens, ein Mechanismus zur Integration von heterogenen
Datenquellen, auch über verschiedene Anwendungsdomänen hinweg (Sensor Fusion);
drittens ein flexibles Datenanalysesystem, das Daten aus mehreren Quellen kombinieren
kann, z.B. zur Erstellung von Hochwasseranalysen, Stauvorhersagen, Lawinenwarnungen
oder Luftqualitätskarten; schließlich eine Reihe von Visualisierungskomponenten für
verschiedene Nutzergruppen. Abbildung 5 zeigt das Resultat der „live“ Geo-Sensor Web
Analyseergebnisse,
Temperaturwerten
Algorithmus.
im
speziellen
unter
Diese
Fall
Verwendung
Implementierung
die
des
höhenkorrigierte
Inverse
dient
der
Distance
Interpolation
Weighting
Überwachung
von
(IDW)
optimaler
Umgebungsbedingungen für Flora und Fauna im Nationalpark Berchtesgaden.
8
Abbildung 5: Analysierte Sensordaten für Ubiquitäre Umwelt-Informationssysteme.
4
Geo-Sensor Netzwerke im Alltag
Der Aufbau von Monitoring-Infrastrukturen eröffnet nicht nur die Möglichkeit, unsere
Welt ganzheitlicher zu ergründen, sondern kann auch zu einer erweiterten Wahrnehmung
der Umwelt durch die Bürger führen. Dies geschieht durch die Möglichkeit, bisher
„unsichtbare“ Informationsebenen für Menschen zugänglich zu machen, und damit bisher
nicht vermutete Korrelationen in Echtzeit sichtbar zu machen, mit Hilfe einer Sensorgetragenen „digitalen Haut“ für die Erde.
Die Realisierung dieser Vision bedingt jedoch einen hohen Grad an Interoperabilität
zwischen Sensornetzwerken – sowohl auf Daten- als auch auf Serviceebene. Dies war
bisher nicht möglich, weil Messinfrastrukturen traditionell in monolithischen und
geschlossenen Systemen aufgebaut werden. Diesbezüglich gilt es in den kommenden
Jahren, Sensorhersteller, Netzwerkbetreiber und Forschungs-Communitys für die breite
Verwendung von offenen Standards zu sensibilisieren und deren Vorteile aufzuzeigen.
Herausforderungen für die mittelfristige Zukunft im Bereich Geo-Sensor Web sind
mannigfaltig. Technisch gesehen sind Geo-Sensor Webs mittlerweile so weit gediehen,
dass Einsätze in Produktivumgebungen umsetzbar sind. Dazu muss jedoch eine
Richtungsänderung in der Sensor Web Forschung geschehen, weg von hochoptimierten
und
vorrangig
auf
Miniaturisierung
ausgerichteten
Forschungsvorhaben,
hin
zur
Querintegration von verschiedensten Technologien, Messgeräten, Systemplattformen und
9
Datenformaten. Diese Quervernetzung kann uns helfen, ein ganzheitliches aktuelles
Lagebild unserer Umwelt zu erlangen.
In diesem Kontext müssen effiziente und umfassende Mechanismen zum Auffinden von
Sensoren inklusive entsprechender Registrierungsdienste geschaffen werden. Hier spielt
auch die Quervernetzung zu Linked Data Konzepten – dem konkreten Ansatz hin zur
Realisierung der Vision eines Semantic Web – eine entscheidende Rolle, um konsistente
Metadatenbestände
für
Sensoren,
Messdaten
und
Serviceschnittstellen
möglichst
automatisiert und umfassend bereitzustellen. Nur so kann M2M (Maschine-zu-Maschine)
Kommunikation zwischen verschiedenen Komponenten im Workflow ermöglicht werden,
um folglich manuelle Intervention in der Bereitstellung von Informationsdiensten in naher
Echtzeit zu minimieren.
Außerdem
gilt
es,
flächendeckende
Qualitätskontrolle
für
Sensordaten
zu
implementieren, unter spezieller Berücksichtigung des aktuellen Forschungstrends von
„Citizens as Sensors“, also der Möglichkeit, subjektive Sinneseindrücke von Menschen
direkt in Mess- und Analysesysteme zu integrieren. Damit rückt auch die Einbindung von
mobilen Sensoren mit dynamischer raum-zeitlicher Position in den Vordergrund, um die
technologische Basis für die Vision von „Pervasive Geo-Sensor Webs“ unter Verwendung
von
Drohnen
(UAV
–
Unmanned
Aerial
Vehicles),
Sensor-Robotern
oder
verkehrsgetragenen mobilen Sensoren (montiert z.B. auf öffentlichen Bussen oder Taxis)
zu schaffen.
In der Analyse von Sensordaten und in der Ergebnisvisualisierung werden zukünftig
verstärkt Web-GIS-Technologien zum Einsatz kommen (Stichworte Web Processing
Service [WPS], Web Map Service [WMS], Web 3.0 etc.). Grundsätzlich gibt es drei
substantielle Vorteile solcher web-basierter Ansätze im Vergleich zu traditionellen
Desktop-orientierten GIS-Systemen: 1.) eröffnen sie die Möglichkeit, Echtzeitdaten über
das Web in GIS-Werkzeuge zu integrieren – was bisher nicht möglich war. 2.) benötigen
Benutzer kein Experten-Know-how für den Einsatz von komplizierten GIS Werkzeugen,
sondern
können
über
wenige
Klicks
in
einfachen
web-basierten
Anwendungen
Informationen beziehen (z.B. „wie ist die derzeitige Luftqualität in meinem Stadtteil?“).
3.) können komplexe Algorithmen zur Datenanalyse sehr einfach über das Internet
zugänglich
gemacht
Echtzeitinformation
werden,
zu
um
so
versorgen,
verschiedenste
wie
z.B.
Interessensgruppen
Privatpersonen,
mit
Städteplaner,
Verkehrsmanagementunternehmen oder politische Entscheidungsträger.
Abgesehen von diesen technischen Herausforderungen sind die Auswirkungen von
räumlich
hochauflösendem
ubiquitärem
Monitoring
auf
die
Bürger
ein
weiterer
essentieller Aspekt. Begriffe wie „Luftqualität“ oder „Schadstoffausbreitung“ sind nur
Surrogate
für
breitere
und
direktere
Einflüsse
auf
Menschen,
wie
z.B.
Atemwegserkrankungen oder Lebenserwartung. Dieses Spannungsfeld wirft die Frage
10
nach der optimalen Granularität von Information auf. Hochgenaue und vollständige
Informationen können in manchen Fällen von Nachteil sein, weil dadurch Rückschlüsse
auf sehr kleinem Raum möglich sind, im Extremfall sogar auf Einzelpersonen. Dies kann
wiederum
einschneidende
Auswirkungen
auf
verschiedenste
Bereiche
wie
das
Gesundheitswesen, die Versicherungsbranche, den Wohnungsmarkt oder Städteplanung
mit sich bringen.
Ein übergreifend herausfordernder Aspekt ist, dass durch diese neuen Geo-Sensor Web
Ansätze Bürger auch direkt in Erfassungs- und Entscheidungsprozesse eingebunden
werden können, indem Menschen ihre persönlich-subjektiven Eindrücke, aber auch
objektiv-technischen Messewerte an unabhängige Analysesysteme übertragen. Die
Realisierung dieser Vision bedarf jedoch einer intensiven Sensibilisierung der Bürger über
ihr räumliches und soziales Umfeld und einer breiten Bewusstmachung des direkten
Einflusses von Sensordaten auf Gesundheit, Ökosysteme, Energieeffizienz oder soziale
Interaktion. Nur so können Monitoring-Infrastrukturen entstehen, die eine Stadt zu einer
Echtzeitplattform der Partizipation, Interaktion und Information machen, und damit GeoSensor Webs zu verlässlichen Datenquellen für ubiquitäre Informationssysteme gemacht
werden.
Referenzen
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11
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Stichworte
Geo-Sensor Webs, Ubiquitäres Monitoring, Standardisierte Sensornetzwerke, Ubiquitäres
Monitoring, Echtzeit-Informationssysteme, Interoperable Infrastrukturen
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