The present volume explores for the first time the concept of synagonism (from “σύν”, “together” and “ἀγών”, "struggle”) for an analysis of the productive exchanges between early modern painting, sculpture, architecture, and other art forms in theory and practice. In doing so, it builds on current insights regarding the so-called paragone debate, seeing this, however, as only one, too narrow perspective on early modern artistic production. Synagonism, rather, implies a breaking up of the schematic connections between art forms and individual senses, drawing attention to the multimediality and intersensoriality of art, as well as the relationship between image and body.
Wiederholung/Répétition. Wiederkehr, Variation und Übersetzung in der Kunst, 2018
Künstlerisches Schaffen ist stets mit dem Repetitiven verknüpft, sei es in der Imitation der Natu... more Künstlerisches Schaffen ist stets mit dem Repetitiven verknüpft, sei es in der Imitation der Natur oder in der Nachahmung der Kunst selbst. Das Spektrum des Phänomens »Wiederholung« in den bildenden Künsten reicht von der (Un-)Möglichkeit der Reproduzierbarkeit eines Werks über seine unmittelbare Thematisierung, etwa in Reproduktionsstichen, bis hin zur fruchtbaren Repetition im Sinne des Variierens, Appropriierens, Adaptierens und Übersetzens.
Die Beiträge dieses Bandes beleuchten Wiederholungen in Gestalt von Erinnerungsevokationen, Formenwanderungen, Reproduktionsverfahren oder avantgardistischen Brechungen einer repetitiven Ästhetik. Dabei stellen sie immer auch die Frage nach Entwicklungen und Renaissancen, nach Aktualität und Historizität. So erweist sich die »Wiederholung« als eine stetig wiederkehrende, besondere Herausforderung der Kunst und ihrer Geschichte.
Seit Jahrtausenden werden bewegliche Menschenfiguren gefertigt. Die Varianten der Gattung „Gliede... more Seit Jahrtausenden werden bewegliche Menschenfiguren gefertigt. Die Varianten der Gattung „Gliederpuppe" reichen von einfachen Statuetten über standardisierte Modelle bis hin zu hochkomplexen Preziosen. Die Monographie leistet erstmals eine grundlegende Erforschung beweglicher Skulpturen in Menschengestalt. Sie beschreibt die kulturelle Verankerung der Gliederpuppe im christlichen und profanen Kult seit der Antike, aber auch innerhalb der modernen Kultur und Wissenschaft. Sie verfolgt ihren Einsatz als Modell und Inspirationsquelle in der Künstlerwerkstatt der Neuzeit und analysiert ihren Wandel vom verheimlichten Modell zu einem Symbol der Moderne. Stets erweist sich die Gliederpuppe als ein entscheidendes Mittel und Merkmal menschlichen Gestaltens.
Schreiben Sie mir gerne, wenn Sie mehr lesen möchten!
Der Band eröffnet einen neuen Zugang zur Paragone-Debatte der Frühen Neuzeit im Sinne eines produ... more Der Band eröffnet einen neuen Zugang zur Paragone-Debatte der Frühen Neuzeit im Sinne eines produktiven Mitstreitens. Dies betrifft im Speziellen die Rolle zwischen Malerei und Skulptur, im Allgemeinen das Verhältnis zwischen Natur und Kunst. Deren Beziehung soll als eine osmotische verstanden werden, wie sie sich etwa in der Kunstkammer verkörpert. Wenn sich in visuellen Bildformen körperlich-haptische Eigenschaften einschreiben, Farbe als bildhauerisches Mittel verwendet oder Skulptur zum Bild wird, ikonographische und stilistische Zitate eingesetzt oder künstlerische Stile weiterentwickelt werden, beschreibt dies immer auch ein Ringen um die adäquate Ausdrucksform. Die Ergänzungserscheinungen der Gattungen verweisen auf eine Praxis, die Bilder stets plurimedial versteht.
Das haptische Bild. Körperhafte Bilderfahrung in der Neuzeit. Actus et Imago 7, 2013
Die körperlich-plastische Wirkung von Artefakten stellt eine maßgebliche Grundlage ihrer bildakti... more Die körperlich-plastische Wirkung von Artefakten stellt eine maßgebliche Grundlage ihrer bildaktiven Kompetenz dar. Im Gegensatz zur Auffassung, dass Bilder als virtuelle Medien allein dem Visus verpflichtet seien, steht die Erkenntnis einer Bildwahrnehmung, die stets auf mehrere Sinne ausgerichtet ist. In diesem Band sind Beiträge versammelt, die exemplarisch den Status von Bild und Rezipient im Bezug auf taktile und haptische Reize und Sinneswahrnehmungen von der Neuzeit bis zur Moderne analysieren. In drei kategorialen Hauptfeldern – Sujet, Material und Wahrnehmung – wird das körperlich aktivierende Potential sowohl zwei- als auch dreidimensionaler Bilder erörtert, welches diese als formbare Modelle, kreative Bildschöpfungen oder raumgreifende Werke entfalten.
Et in imagine ego. Facetten von Bildakt und Verkörperung, 2012
Bilder besitzen die Fähigkeit, menschliche Handlungen aktiv zu beeinflussen. Dies scheint im Wide... more Bilder besitzen die Fähigkeit, menschliche Handlungen aktiv zu beeinflussen. Dies scheint im Widerspruch zu ihrem Status als Artefakt zu stehen. Der vorliegende Band "Et in imagine ego" greift diese Doppelnatur auf, um das symbiotische Verhältnis zwischen Mensch und Bild aufzudecken. Die sowohl kunstwissenschaftlich als auch philosophisch getragene Bildakt-Theorie beruht auf der Überzeugung, dass bildliche Wirkmechanismen insbesondere durch die im Bild angelegten Verkörperungsprinzipien zur Entfaltung gelangen. Nur unter Berücksichtigung eines emergenten Rezeptionsprozesses zwischen zwei verkörperten Entitäten – Bild und Betrachter – ist die Bedeutung des Bildakts vollständig erfassbar. In fünfundzwanzig Beiträgen werden die vielfältigen Facetten der reziproken Durchdringung von Bildakt und Verkörperung durch Mitarbeiter und Fellows der gleichnamigen DFG Kolleg-Forschergruppe vorgestellt.
Synagonism. Theory and Practice in Early Modern Art, 2024
For premodern art, mineral materials, with their variations of color and form, were a constant so... more For premodern art, mineral materials, with their variations of color and form, were a constant source of inspiration. Numerous reflections on the visual qualities of stone structures; observations on the advantages and disadvantages of stone or terracotta as working materials; pictorial inventions and techniques devoted to painterly imitations of stone: together, they circumscribe a broad field of artistic activity of overarching relevance to sculpture, painting, and architecture, and moreover both practically as well as theoretically. Meanwhile, this complex of issues has yet to be adequately explored with regard to its capacity for linking diverse media. Four exemplary instances of the artistic treatment of stone, all of which involve – albeit in very different ways – the aesthetic appeal of neighboring art forms as productive challenges are: the painterly evocation of stone sculpture; frescoed stone fields as interior decorations; intermedial interior decor involving natural, artificial, and painted stone; as well as the lapidary arts, which exploit the coloristic traits of mineral materials, assembling them to form two-dimensional imagery.
Themenschwerpunkt: Muster der Renaissance/Renaissance Patterns. Zeitschrift für Kunstgeschichte 87:1, 2024
Der Themenschwerpunkt »Muster der Renaissance«, der die Ergebnisse der 50. Ausgabe des Basler Ren... more Der Themenschwerpunkt »Muster der Renaissance«, der die Ergebnisse der 50. Ausgabe des Basler Renaissancekolloquiums aus dem Frühsommer 2022 versammelt, will paradigmatische Muster der Renaissance neu beleuchten: jene Zuschreibungen und Topoi, die das Erbe und den Glanz dieser Epoche, aber auch ihre schematische Wahrnehmung bis in die Gegenwart hinein bedingen. »Muster« evozieren harmonische oder rhythmische Strukturen, die eine universelle Ordnung schaffen – in Objekten ebenso wie in Ideen. Sie können als Schablonen dienen oder auf Vorbilder verweisen, die man für nachahmenswert hält. Muster sind mit allen Sinnen erfahrbar, sie kommen in der Musik und der Mathematik vor, werden in der Mode und in Textilien ebenso verwendet wie in der Geschichtsschreibung, der Literatur, der bildenden Kunst oder der Ornamentik.
Themenschwerpunkt: Muster der Renaissance/Renaissance Patterns. Zeitschrift für Kunstgeschichte 87:1, 2024
Monochrome backgrounds represent a consistent “pattern” in Renaissance painting. Until now, these... more Monochrome backgrounds represent a consistent “pattern” in Renaissance painting. Until now, these backgrounds have mostly been understood as neutral, secondary, or arbitrary. This paper proposes different classification approaches to capture the diverse pictorial potentials and artistic expressive functions. The two-dimensional background forms a visual counterpart to the portrayed person by shaping the immediate surrounding space. It offers a field of appearance in which and with which the individual simultaneously figures and interferes. As a media-reflexive iconic pictorial device, the shapeless ground is based on multi-layered pictorial traditions, conventions, and connotations.
Eine nur 34,7 × 29,4 cm große Tafel aus der Accademia Carrara in Bergamo birgt trotz ihres gering... more Eine nur 34,7 × 29,4 cm große Tafel aus der Accademia Carrara in Bergamo birgt trotz ihres geringen Formats eine komplexe Komposition. Die in Tempera und Gold auf Kirschholz ausgeführte Madonna dell’Umiltà von um 1450 wird nunmehr statt Fra Angelico Benozzo Gozzoli zugeschrieben. Eher zart und keineswegs bildfüllend sind Mutter und Kind ins Zentrum gesetzt, wodurch dem spannungsgeladenen Hintergrund mehr Raum zugestanden wird. Dieser stellt eine bipolare Bildtheologie vor: Horizontal in zwei Hälften geteilt, entfaltet sich die göttliche Schöpfung in der oberen Partie in einem dunklen Hortus als prächtige Flora, während im unteren Feld ein verschwommener, geradezu fluider Grund evoziert wird, auf dem zwei musizierende Engel zu schweben scheinen. Die braun-, blau- und rotfleckigen Farbfluktuationen, die teils ins Gelbe oder Grünliche tendieren, bleiben auf bemerkenswerte Weise formlos. Bis heute wird diese eindrucksvolle macchia des Grundes gemeinhin als ›Marmorboden‹ gelesen. Dabei zeigt sich hier, so die leitende These, Farbe als schöpferische Substanz, als bewusst inszeniertes Substrat der geschaffenen Form.
During the 15th- and 16th-century, both north and south of the alps, a phenomenon in painting app... more During the 15th- and 16th-century, both north and south of the alps, a phenomenon in painting appears that cannot be tied to any known specific iconography. Frequently dismissed – or until recently simply ignored – as mere thoughtless “imitations of nature” of stone surfaces, these gestural and informal shapes and free color forms instead bring the painter’s artistic expression to light. The fluid surfaces depicted in images of the Annunciation during the 15th century are particularly noteworthy examples of this technique, in which the removal of forms and an arbitrary choice of color reflect the painterly design and creative process. In no way do these painterly and evocative surfaces produce the impression of a stable floor made of stone. Rather, it seems that the diametrically opposi-te effect was intended: an Annunciation on a fluid, undefined and changing ground. In the evocation of these faux marble panels, the process of the figurative petra facere, the color-imagined process of petrification, can be observed. Since their emergence in the Quattrocento, these color surfaces in religious paintings are gradually freed from a specific representation, to the point where color emerges as an intrinsic substantial possibility in its own right.
Dolls and Puppets as Artistic and Cultural Phenomenon, 2017
Dolls are approximate and abstracting imitations of the human form; they vary in size and are exe... more Dolls are approximate and abstracting imitations of the human form; they vary in size and are executed in countless materials. Dolls become jointed or moveable when they are not finished from a single piece, but are rather composed of various members that can be manually moved independent of one another. For thousands of years, jointed dolls were largely fashioned from wood and clay, but also ivory, bronze, amber. The degree of realism employed in their execution varies as much as their size, which ranges from the span of a human hand to life size. Already in antiquity, jointed dolls were documented in relation to cultic (or sacred) rituals; in the Middle Ages, this role was taken over by figures of Christ or saints. Today the jointed doll is most well known as a tool in the visual arts, and since the early modern period has functioned as a replacement for live models in study of the human figure. The scholarly research on jointed dolls (also known in English as lay figure, in Dutch as manneken or leeman, in Italian as manichino, in French as mannequin, and in German as Gliederpuppe) has concentrated on its function as a tool for artists in their ateliers, although since the 19th century their symbol-laden external representation has also been considered.
Prière de toucher – The touch of Art. Interdisciplinary Symposium, 2017
In 1618, Peter Paul Rubens (1577–1640) and Jan Brueghel the Elder (15681625) completed their monu... more In 1618, Peter Paul Rubens (1577–1640) and Jan Brueghel the Elder (15681625) completed their monumental set of paintings on The Five Senses, now at the Museo del Prado. These paintings bring together an unparalleled wealth of every conceivable kind of motif carrying sensual implications. The Sense of Touch is set in a ruinous, cave-like structure filled with a surreal array of very different objects and figures associated with that sense. In addition to a multitude of weapons and armours highlighting the sentient body’s vulnerability and its need for protection, one can also see a forge, pieces of wrought-iron work and various surgical instruments. While human beings and animals toiling under heavy loads in the distance to the left call to mind the experience of physical hardship, the foreground is taken up by the central pair of Venus and Cupid. Optically enhanced by a red tapestry, mother and son are presented naked in a close embrace culminating in a tender kiss – a sensual erotic counterpoint to the laborious and painful experiences mediated by the sense of touch. Remarkably, the two protagonists are themselves framed by paintings: a vision of hell and a battle scene together with a scene from the Passion and a surgical operation. As a “mise en abyme”, these paintings-within-a-painting reaffirm the fact that other senses, such as the sense of touch, can be called into play and become the stuff of experience, even though paintings primarily engage the sense of sight. In its close juxtaposition of pleasurable and painful tactile experiences the painting appraises the relevant “haptic subjects” of early modern painting. Interest in a plurisensitive experience of pictures has undergone a remarkable renaissance in recent years. The foundation for this was laid in groundbreaking debates about the artistic realisation of sensual experience involving, among others, Louise Vinge, Carl Nordenfalk, Hartmut Böhme, Sylvia Ferino Pagden, Robert Jütte and Hans Körner. The question of the pictorial evocation of the sense of touch may nevertheless justify an attempt to sketch a history of the visual representation of tactile experience, with a specific focus on renderings of pleasure and pain as the two extremes of sensory perception. Rubens and Brueghel the Elder offer a poignant triad of motifs within the strictly confined space of their painting: Christ’s history of suffering, the experience of ordinary pain and physical pleasure.
Magische Bilder. Techniken der Verzauberung in der Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart, 2016
Behutsam biegt Hans Bellmer den Arm seiner Puppe nach unten. Im Atelier vor einer kleinen Zeichen... more Behutsam biegt Hans Bellmer den Arm seiner Puppe nach unten. Im Atelier vor einer kleinen Zeichenstaffelei stehend, zeigt sich auf seinem durch Schlagschatten scharf konturierten Gesicht eine Miene zwischen Versunkenheit und Konzentration. Der Fotografin Karin Székessy gelang es, mit dieser Porträtaufnahme Hans Bellmers einen Schlüsselmoment für das Verständnis seines OEuvres zu bannen. Sie zeigt den im Kopf entwerfenden Künstler, angeregt durch sein bewegliches Gliederpuppenmodell. Noch ist die Zigarette nicht durch den Zeichenstift ersetzt: Es ist der Augenblick des unmittelbaren Austauschs zwischen Motiv und Schöpfer, der im haptisch-visuellen Studienprozess die Wandlungen seiner Puppe erforscht. Die Figur selbst erweist sich als nackter Torso einer unterleibslosen Adoleszenten, deren Körper im Schulterstand in die Vertikale gedreht wurde. Ins gleiche Licht wie das Haupt des Künstlers getaucht und mit einem Nabel versehen, der sowohl als blickendes Auge als auch als mundartige Öffnung lesbar wird, erlangt die wuchtige Bauchkugel in dieser Pose die Gestalt eines zweiten Kopfes. Dieses voluminöse Kugelgelenk ist das zentrale Konstruktionselement der Puppe Bellmers. Es ist gleichermaßen Ausgangs- wie Endpunkt ihrer durch die unendliche Variabilität beeindruckenden Gestalt. Die Frage nach der Verwendung dieses beweglichen Bauteils führt zurück zu einer Statuette aus dem 16. Jahrhundert, der so genannten Berliner Gliederpuppe. Diese affizierte den Künstler derart, dass von ihrer Gestaltungsweise ausgehend die Protagonistin seines OEuvres entstand.
Der sich in der Frühen Neuzeit vollziehende Wandel der Bildgenese war entscheidend von einer zune... more Der sich in der Frühen Neuzeit vollziehende Wandel der Bildgenese war entscheidend von einer zunehmenden Verwendung plastischer Modelle geprägt. Die über Jahrhunderte tradierte Praxis, figurale Prototypen durch Mustervorlagen zu transferieren, wurde nun durch eine eigenständige zeichnerische Vorbereitung und damit einhergehend durch eine Produktion plastisch formbarer Vorlagen ergänzt. Laurie Fusco hat beispielhaft anhand des Schaffens Antonio Pollaiuolos aufgezeigt, wie dieser antike Vorlagen und eigene plastische Modelle in variantenreichen Abwandlungen zum Einsatz brachte. Unterschiedliche Verfahren der Drehung und Spiegelung der Gestalt (bzw. der Kontur), etwa in seinem Blatt Drei nackte Männer oder noch variantenreicher im berühmten Kupferstich der Kämpfenden Nackten, offenbaren über die tradierten Rückbindungen an mittelalterliche Übertragungsverfahren hinausreichende innovative Darstellungsmodi des bewegten Körpers. Sowohl Maler als auch Bildhauer des Quattrocento bedienten sich im Rahmen der Werkvorbereitung dreidimensionaler Modelle. Für die Frage nach einer intermedialen Durchdringung von Malerei und Bildhauerei, jenen Gattungen, die stets als am prominentesten wettstreitende Kontrahenten der ‚Paragone-Debatte‘ unter den Renaissancekünstlern herausgestellt werden, erweist sich das manuell präparierte Modell in dreierlei Hinsicht von besonderer Bedeutung: Erstens erscheint die durch Modellierung gewonnene plastische Vorlage als Zwischenform, die zunächst im bildhauerischen Prozess entsteht, um anschließend für die zeichnerische Vorbereitung von Malerei und Skulptur gleichermaßen hilfreich zu sein. In ihrer allgemeinen Verwendung steht sie am Ausgangspunkt einer gattungsvereinenden Bildproduktion, die im Speziellen im Typus des „Malerbildhauers“ kulminiert. Zweitens dienten jene Modelle zur zeichnerisch-malerischen Erkundung körperlicher Bildwerte, die im Begriff rilievo gebündelt sind. Die statischen Model le aus Ton, Wachs, Gips und anderen Materialien, aber auch hölzerne bewegliche Gliederpuppen, waren Bindeglieder einer Transgression des Körperlichen in das flächige Bild. Drittens sollten die plastischen Modelle als Folge ihrer realen Manipulation in variable, kubische Denkfiguren übertragen werden. Durch Normierungs- und Geometrisierungsprozesse wurden nun auch virtuelle Körpermodule gestaltet und eingesetzt. Das bildlich arrangierte Körperschema erweist sich hier als Pendant zum plastischen Modell. Beide sind Zeugen eines Gattungsgrenzen überwindenden gestalterischen Mitstreits, der dem Streben nach einer überzeugenden Bildkomposition entspringt.
Das haptische Bild. Körperhafte Bilderfahrung in der Neuzeit, 2013
Der Begriff rilievo umfasst weit mehr, als allein den bislang herausgestellten technischen Fortsc... more Der Begriff rilievo umfasst weit mehr, als allein den bislang herausgestellten technischen Fortschritt der Malerei in der Frühen Neuzeit. Mit der bildlichen Entfaltung des rilievo wird ein künstlerisches Verfahren entwickelt, das bewusst auf eine haptische Bilderfahrung abzielt. Es beabsichtigt nicht die bloße Steigerung der Illusion, sondern die malerische Erzeugung eines bildlichen Resonanzkörpers. Der am Übergang zur Frühen Neuzeit begrifflich etablierte und fortan vehement eingeforderte malerische rilievo deutet hin auf eine künstlerisch reflektierte Strategie der Verbindung von haptischen Erfahrungswerten mit optischen Bildgebungsverfahren.
The present volume explores for the first time the concept of synagonism (from “σύν”, “together” and “ἀγών”, "struggle”) for an analysis of the productive exchanges between early modern painting, sculpture, architecture, and other art forms in theory and practice. In doing so, it builds on current insights regarding the so-called paragone debate, seeing this, however, as only one, too narrow perspective on early modern artistic production. Synagonism, rather, implies a breaking up of the schematic connections between art forms and individual senses, drawing attention to the multimediality and intersensoriality of art, as well as the relationship between image and body.
Wiederholung/Répétition. Wiederkehr, Variation und Übersetzung in der Kunst, 2018
Künstlerisches Schaffen ist stets mit dem Repetitiven verknüpft, sei es in der Imitation der Natu... more Künstlerisches Schaffen ist stets mit dem Repetitiven verknüpft, sei es in der Imitation der Natur oder in der Nachahmung der Kunst selbst. Das Spektrum des Phänomens »Wiederholung« in den bildenden Künsten reicht von der (Un-)Möglichkeit der Reproduzierbarkeit eines Werks über seine unmittelbare Thematisierung, etwa in Reproduktionsstichen, bis hin zur fruchtbaren Repetition im Sinne des Variierens, Appropriierens, Adaptierens und Übersetzens.
Die Beiträge dieses Bandes beleuchten Wiederholungen in Gestalt von Erinnerungsevokationen, Formenwanderungen, Reproduktionsverfahren oder avantgardistischen Brechungen einer repetitiven Ästhetik. Dabei stellen sie immer auch die Frage nach Entwicklungen und Renaissancen, nach Aktualität und Historizität. So erweist sich die »Wiederholung« als eine stetig wiederkehrende, besondere Herausforderung der Kunst und ihrer Geschichte.
Seit Jahrtausenden werden bewegliche Menschenfiguren gefertigt. Die Varianten der Gattung „Gliede... more Seit Jahrtausenden werden bewegliche Menschenfiguren gefertigt. Die Varianten der Gattung „Gliederpuppe" reichen von einfachen Statuetten über standardisierte Modelle bis hin zu hochkomplexen Preziosen. Die Monographie leistet erstmals eine grundlegende Erforschung beweglicher Skulpturen in Menschengestalt. Sie beschreibt die kulturelle Verankerung der Gliederpuppe im christlichen und profanen Kult seit der Antike, aber auch innerhalb der modernen Kultur und Wissenschaft. Sie verfolgt ihren Einsatz als Modell und Inspirationsquelle in der Künstlerwerkstatt der Neuzeit und analysiert ihren Wandel vom verheimlichten Modell zu einem Symbol der Moderne. Stets erweist sich die Gliederpuppe als ein entscheidendes Mittel und Merkmal menschlichen Gestaltens.
Schreiben Sie mir gerne, wenn Sie mehr lesen möchten!
Der Band eröffnet einen neuen Zugang zur Paragone-Debatte der Frühen Neuzeit im Sinne eines produ... more Der Band eröffnet einen neuen Zugang zur Paragone-Debatte der Frühen Neuzeit im Sinne eines produktiven Mitstreitens. Dies betrifft im Speziellen die Rolle zwischen Malerei und Skulptur, im Allgemeinen das Verhältnis zwischen Natur und Kunst. Deren Beziehung soll als eine osmotische verstanden werden, wie sie sich etwa in der Kunstkammer verkörpert. Wenn sich in visuellen Bildformen körperlich-haptische Eigenschaften einschreiben, Farbe als bildhauerisches Mittel verwendet oder Skulptur zum Bild wird, ikonographische und stilistische Zitate eingesetzt oder künstlerische Stile weiterentwickelt werden, beschreibt dies immer auch ein Ringen um die adäquate Ausdrucksform. Die Ergänzungserscheinungen der Gattungen verweisen auf eine Praxis, die Bilder stets plurimedial versteht.
Das haptische Bild. Körperhafte Bilderfahrung in der Neuzeit. Actus et Imago 7, 2013
Die körperlich-plastische Wirkung von Artefakten stellt eine maßgebliche Grundlage ihrer bildakti... more Die körperlich-plastische Wirkung von Artefakten stellt eine maßgebliche Grundlage ihrer bildaktiven Kompetenz dar. Im Gegensatz zur Auffassung, dass Bilder als virtuelle Medien allein dem Visus verpflichtet seien, steht die Erkenntnis einer Bildwahrnehmung, die stets auf mehrere Sinne ausgerichtet ist. In diesem Band sind Beiträge versammelt, die exemplarisch den Status von Bild und Rezipient im Bezug auf taktile und haptische Reize und Sinneswahrnehmungen von der Neuzeit bis zur Moderne analysieren. In drei kategorialen Hauptfeldern – Sujet, Material und Wahrnehmung – wird das körperlich aktivierende Potential sowohl zwei- als auch dreidimensionaler Bilder erörtert, welches diese als formbare Modelle, kreative Bildschöpfungen oder raumgreifende Werke entfalten.
Et in imagine ego. Facetten von Bildakt und Verkörperung, 2012
Bilder besitzen die Fähigkeit, menschliche Handlungen aktiv zu beeinflussen. Dies scheint im Wide... more Bilder besitzen die Fähigkeit, menschliche Handlungen aktiv zu beeinflussen. Dies scheint im Widerspruch zu ihrem Status als Artefakt zu stehen. Der vorliegende Band "Et in imagine ego" greift diese Doppelnatur auf, um das symbiotische Verhältnis zwischen Mensch und Bild aufzudecken. Die sowohl kunstwissenschaftlich als auch philosophisch getragene Bildakt-Theorie beruht auf der Überzeugung, dass bildliche Wirkmechanismen insbesondere durch die im Bild angelegten Verkörperungsprinzipien zur Entfaltung gelangen. Nur unter Berücksichtigung eines emergenten Rezeptionsprozesses zwischen zwei verkörperten Entitäten – Bild und Betrachter – ist die Bedeutung des Bildakts vollständig erfassbar. In fünfundzwanzig Beiträgen werden die vielfältigen Facetten der reziproken Durchdringung von Bildakt und Verkörperung durch Mitarbeiter und Fellows der gleichnamigen DFG Kolleg-Forschergruppe vorgestellt.
Synagonism. Theory and Practice in Early Modern Art, 2024
For premodern art, mineral materials, with their variations of color and form, were a constant so... more For premodern art, mineral materials, with their variations of color and form, were a constant source of inspiration. Numerous reflections on the visual qualities of stone structures; observations on the advantages and disadvantages of stone or terracotta as working materials; pictorial inventions and techniques devoted to painterly imitations of stone: together, they circumscribe a broad field of artistic activity of overarching relevance to sculpture, painting, and architecture, and moreover both practically as well as theoretically. Meanwhile, this complex of issues has yet to be adequately explored with regard to its capacity for linking diverse media. Four exemplary instances of the artistic treatment of stone, all of which involve – albeit in very different ways – the aesthetic appeal of neighboring art forms as productive challenges are: the painterly evocation of stone sculpture; frescoed stone fields as interior decorations; intermedial interior decor involving natural, artificial, and painted stone; as well as the lapidary arts, which exploit the coloristic traits of mineral materials, assembling them to form two-dimensional imagery.
Themenschwerpunkt: Muster der Renaissance/Renaissance Patterns. Zeitschrift für Kunstgeschichte 87:1, 2024
Der Themenschwerpunkt »Muster der Renaissance«, der die Ergebnisse der 50. Ausgabe des Basler Ren... more Der Themenschwerpunkt »Muster der Renaissance«, der die Ergebnisse der 50. Ausgabe des Basler Renaissancekolloquiums aus dem Frühsommer 2022 versammelt, will paradigmatische Muster der Renaissance neu beleuchten: jene Zuschreibungen und Topoi, die das Erbe und den Glanz dieser Epoche, aber auch ihre schematische Wahrnehmung bis in die Gegenwart hinein bedingen. »Muster« evozieren harmonische oder rhythmische Strukturen, die eine universelle Ordnung schaffen – in Objekten ebenso wie in Ideen. Sie können als Schablonen dienen oder auf Vorbilder verweisen, die man für nachahmenswert hält. Muster sind mit allen Sinnen erfahrbar, sie kommen in der Musik und der Mathematik vor, werden in der Mode und in Textilien ebenso verwendet wie in der Geschichtsschreibung, der Literatur, der bildenden Kunst oder der Ornamentik.
Themenschwerpunkt: Muster der Renaissance/Renaissance Patterns. Zeitschrift für Kunstgeschichte 87:1, 2024
Monochrome backgrounds represent a consistent “pattern” in Renaissance painting. Until now, these... more Monochrome backgrounds represent a consistent “pattern” in Renaissance painting. Until now, these backgrounds have mostly been understood as neutral, secondary, or arbitrary. This paper proposes different classification approaches to capture the diverse pictorial potentials and artistic expressive functions. The two-dimensional background forms a visual counterpart to the portrayed person by shaping the immediate surrounding space. It offers a field of appearance in which and with which the individual simultaneously figures and interferes. As a media-reflexive iconic pictorial device, the shapeless ground is based on multi-layered pictorial traditions, conventions, and connotations.
Eine nur 34,7 × 29,4 cm große Tafel aus der Accademia Carrara in Bergamo birgt trotz ihres gering... more Eine nur 34,7 × 29,4 cm große Tafel aus der Accademia Carrara in Bergamo birgt trotz ihres geringen Formats eine komplexe Komposition. Die in Tempera und Gold auf Kirschholz ausgeführte Madonna dell’Umiltà von um 1450 wird nunmehr statt Fra Angelico Benozzo Gozzoli zugeschrieben. Eher zart und keineswegs bildfüllend sind Mutter und Kind ins Zentrum gesetzt, wodurch dem spannungsgeladenen Hintergrund mehr Raum zugestanden wird. Dieser stellt eine bipolare Bildtheologie vor: Horizontal in zwei Hälften geteilt, entfaltet sich die göttliche Schöpfung in der oberen Partie in einem dunklen Hortus als prächtige Flora, während im unteren Feld ein verschwommener, geradezu fluider Grund evoziert wird, auf dem zwei musizierende Engel zu schweben scheinen. Die braun-, blau- und rotfleckigen Farbfluktuationen, die teils ins Gelbe oder Grünliche tendieren, bleiben auf bemerkenswerte Weise formlos. Bis heute wird diese eindrucksvolle macchia des Grundes gemeinhin als ›Marmorboden‹ gelesen. Dabei zeigt sich hier, so die leitende These, Farbe als schöpferische Substanz, als bewusst inszeniertes Substrat der geschaffenen Form.
During the 15th- and 16th-century, both north and south of the alps, a phenomenon in painting app... more During the 15th- and 16th-century, both north and south of the alps, a phenomenon in painting appears that cannot be tied to any known specific iconography. Frequently dismissed – or until recently simply ignored – as mere thoughtless “imitations of nature” of stone surfaces, these gestural and informal shapes and free color forms instead bring the painter’s artistic expression to light. The fluid surfaces depicted in images of the Annunciation during the 15th century are particularly noteworthy examples of this technique, in which the removal of forms and an arbitrary choice of color reflect the painterly design and creative process. In no way do these painterly and evocative surfaces produce the impression of a stable floor made of stone. Rather, it seems that the diametrically opposi-te effect was intended: an Annunciation on a fluid, undefined and changing ground. In the evocation of these faux marble panels, the process of the figurative petra facere, the color-imagined process of petrification, can be observed. Since their emergence in the Quattrocento, these color surfaces in religious paintings are gradually freed from a specific representation, to the point where color emerges as an intrinsic substantial possibility in its own right.
Dolls and Puppets as Artistic and Cultural Phenomenon, 2017
Dolls are approximate and abstracting imitations of the human form; they vary in size and are exe... more Dolls are approximate and abstracting imitations of the human form; they vary in size and are executed in countless materials. Dolls become jointed or moveable when they are not finished from a single piece, but are rather composed of various members that can be manually moved independent of one another. For thousands of years, jointed dolls were largely fashioned from wood and clay, but also ivory, bronze, amber. The degree of realism employed in their execution varies as much as their size, which ranges from the span of a human hand to life size. Already in antiquity, jointed dolls were documented in relation to cultic (or sacred) rituals; in the Middle Ages, this role was taken over by figures of Christ or saints. Today the jointed doll is most well known as a tool in the visual arts, and since the early modern period has functioned as a replacement for live models in study of the human figure. The scholarly research on jointed dolls (also known in English as lay figure, in Dutch as manneken or leeman, in Italian as manichino, in French as mannequin, and in German as Gliederpuppe) has concentrated on its function as a tool for artists in their ateliers, although since the 19th century their symbol-laden external representation has also been considered.
Prière de toucher – The touch of Art. Interdisciplinary Symposium, 2017
In 1618, Peter Paul Rubens (1577–1640) and Jan Brueghel the Elder (15681625) completed their monu... more In 1618, Peter Paul Rubens (1577–1640) and Jan Brueghel the Elder (15681625) completed their monumental set of paintings on The Five Senses, now at the Museo del Prado. These paintings bring together an unparalleled wealth of every conceivable kind of motif carrying sensual implications. The Sense of Touch is set in a ruinous, cave-like structure filled with a surreal array of very different objects and figures associated with that sense. In addition to a multitude of weapons and armours highlighting the sentient body’s vulnerability and its need for protection, one can also see a forge, pieces of wrought-iron work and various surgical instruments. While human beings and animals toiling under heavy loads in the distance to the left call to mind the experience of physical hardship, the foreground is taken up by the central pair of Venus and Cupid. Optically enhanced by a red tapestry, mother and son are presented naked in a close embrace culminating in a tender kiss – a sensual erotic counterpoint to the laborious and painful experiences mediated by the sense of touch. Remarkably, the two protagonists are themselves framed by paintings: a vision of hell and a battle scene together with a scene from the Passion and a surgical operation. As a “mise en abyme”, these paintings-within-a-painting reaffirm the fact that other senses, such as the sense of touch, can be called into play and become the stuff of experience, even though paintings primarily engage the sense of sight. In its close juxtaposition of pleasurable and painful tactile experiences the painting appraises the relevant “haptic subjects” of early modern painting. Interest in a plurisensitive experience of pictures has undergone a remarkable renaissance in recent years. The foundation for this was laid in groundbreaking debates about the artistic realisation of sensual experience involving, among others, Louise Vinge, Carl Nordenfalk, Hartmut Böhme, Sylvia Ferino Pagden, Robert Jütte and Hans Körner. The question of the pictorial evocation of the sense of touch may nevertheless justify an attempt to sketch a history of the visual representation of tactile experience, with a specific focus on renderings of pleasure and pain as the two extremes of sensory perception. Rubens and Brueghel the Elder offer a poignant triad of motifs within the strictly confined space of their painting: Christ’s history of suffering, the experience of ordinary pain and physical pleasure.
Magische Bilder. Techniken der Verzauberung in der Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart, 2016
Behutsam biegt Hans Bellmer den Arm seiner Puppe nach unten. Im Atelier vor einer kleinen Zeichen... more Behutsam biegt Hans Bellmer den Arm seiner Puppe nach unten. Im Atelier vor einer kleinen Zeichenstaffelei stehend, zeigt sich auf seinem durch Schlagschatten scharf konturierten Gesicht eine Miene zwischen Versunkenheit und Konzentration. Der Fotografin Karin Székessy gelang es, mit dieser Porträtaufnahme Hans Bellmers einen Schlüsselmoment für das Verständnis seines OEuvres zu bannen. Sie zeigt den im Kopf entwerfenden Künstler, angeregt durch sein bewegliches Gliederpuppenmodell. Noch ist die Zigarette nicht durch den Zeichenstift ersetzt: Es ist der Augenblick des unmittelbaren Austauschs zwischen Motiv und Schöpfer, der im haptisch-visuellen Studienprozess die Wandlungen seiner Puppe erforscht. Die Figur selbst erweist sich als nackter Torso einer unterleibslosen Adoleszenten, deren Körper im Schulterstand in die Vertikale gedreht wurde. Ins gleiche Licht wie das Haupt des Künstlers getaucht und mit einem Nabel versehen, der sowohl als blickendes Auge als auch als mundartige Öffnung lesbar wird, erlangt die wuchtige Bauchkugel in dieser Pose die Gestalt eines zweiten Kopfes. Dieses voluminöse Kugelgelenk ist das zentrale Konstruktionselement der Puppe Bellmers. Es ist gleichermaßen Ausgangs- wie Endpunkt ihrer durch die unendliche Variabilität beeindruckenden Gestalt. Die Frage nach der Verwendung dieses beweglichen Bauteils führt zurück zu einer Statuette aus dem 16. Jahrhundert, der so genannten Berliner Gliederpuppe. Diese affizierte den Künstler derart, dass von ihrer Gestaltungsweise ausgehend die Protagonistin seines OEuvres entstand.
Der sich in der Frühen Neuzeit vollziehende Wandel der Bildgenese war entscheidend von einer zune... more Der sich in der Frühen Neuzeit vollziehende Wandel der Bildgenese war entscheidend von einer zunehmenden Verwendung plastischer Modelle geprägt. Die über Jahrhunderte tradierte Praxis, figurale Prototypen durch Mustervorlagen zu transferieren, wurde nun durch eine eigenständige zeichnerische Vorbereitung und damit einhergehend durch eine Produktion plastisch formbarer Vorlagen ergänzt. Laurie Fusco hat beispielhaft anhand des Schaffens Antonio Pollaiuolos aufgezeigt, wie dieser antike Vorlagen und eigene plastische Modelle in variantenreichen Abwandlungen zum Einsatz brachte. Unterschiedliche Verfahren der Drehung und Spiegelung der Gestalt (bzw. der Kontur), etwa in seinem Blatt Drei nackte Männer oder noch variantenreicher im berühmten Kupferstich der Kämpfenden Nackten, offenbaren über die tradierten Rückbindungen an mittelalterliche Übertragungsverfahren hinausreichende innovative Darstellungsmodi des bewegten Körpers. Sowohl Maler als auch Bildhauer des Quattrocento bedienten sich im Rahmen der Werkvorbereitung dreidimensionaler Modelle. Für die Frage nach einer intermedialen Durchdringung von Malerei und Bildhauerei, jenen Gattungen, die stets als am prominentesten wettstreitende Kontrahenten der ‚Paragone-Debatte‘ unter den Renaissancekünstlern herausgestellt werden, erweist sich das manuell präparierte Modell in dreierlei Hinsicht von besonderer Bedeutung: Erstens erscheint die durch Modellierung gewonnene plastische Vorlage als Zwischenform, die zunächst im bildhauerischen Prozess entsteht, um anschließend für die zeichnerische Vorbereitung von Malerei und Skulptur gleichermaßen hilfreich zu sein. In ihrer allgemeinen Verwendung steht sie am Ausgangspunkt einer gattungsvereinenden Bildproduktion, die im Speziellen im Typus des „Malerbildhauers“ kulminiert. Zweitens dienten jene Modelle zur zeichnerisch-malerischen Erkundung körperlicher Bildwerte, die im Begriff rilievo gebündelt sind. Die statischen Model le aus Ton, Wachs, Gips und anderen Materialien, aber auch hölzerne bewegliche Gliederpuppen, waren Bindeglieder einer Transgression des Körperlichen in das flächige Bild. Drittens sollten die plastischen Modelle als Folge ihrer realen Manipulation in variable, kubische Denkfiguren übertragen werden. Durch Normierungs- und Geometrisierungsprozesse wurden nun auch virtuelle Körpermodule gestaltet und eingesetzt. Das bildlich arrangierte Körperschema erweist sich hier als Pendant zum plastischen Modell. Beide sind Zeugen eines Gattungsgrenzen überwindenden gestalterischen Mitstreits, der dem Streben nach einer überzeugenden Bildkomposition entspringt.
Das haptische Bild. Körperhafte Bilderfahrung in der Neuzeit, 2013
Der Begriff rilievo umfasst weit mehr, als allein den bislang herausgestellten technischen Fortsc... more Der Begriff rilievo umfasst weit mehr, als allein den bislang herausgestellten technischen Fortschritt der Malerei in der Frühen Neuzeit. Mit der bildlichen Entfaltung des rilievo wird ein künstlerisches Verfahren entwickelt, das bewusst auf eine haptische Bilderfahrung abzielt. Es beabsichtigt nicht die bloße Steigerung der Illusion, sondern die malerische Erzeugung eines bildlichen Resonanzkörpers. Der am Übergang zur Frühen Neuzeit begrifflich etablierte und fortan vehement eingeforderte malerische rilievo deutet hin auf eine künstlerisch reflektierte Strategie der Verbindung von haptischen Erfahrungswerten mit optischen Bildgebungsverfahren.
Als Tastauge wird das Sinnbild Albertis zu einem neuzeitlichen Signum einer visuellen Theorie hap... more Als Tastauge wird das Sinnbild Albertis zu einem neuzeitlichen Signum einer visuellen Theorie haptischoptischer Rezeption, dessen organischer Aufbau auf eine aktivierende Kraft agierender Bilder hin ausgerichtet ist. Die Adlerschwingen und der erweiterte, sensible Wahrnehmungsapparat beschreiben die aufgerüstete Verkörperung eines Sehorgans, welches im schnellen Flug entgegentretende Bilder zu erblicken und zugleich ihre Energeia aufzuspüren vermag. Das solcherart privilegierte Künstlerauge spielt auf jene tiefgründigen Bildeigenschaften an, die keineswegs allein mittels Sehsinn wahrgenommen werden können. Indem Alberti seine Imprese nicht nur als schwebendes Auge in der Tradition des ungebundenen und unbegrenzten Gottesblicks zeigt und damit dem Künstlerauge eine herrschaftliche Vorrangstellung einräumt, sondern das Flugauge durch einen körperhaften Tastapparat erweitert, ist es in der Lage, jenes enigmatische, über die visuellen Eigenschaften des Erblickten hinausgehende Vermögen von Bildern wahrzunehmen, den Blick jäh auf sich zu ziehen und zu bannen. Im Zusammenspiel des Augenemblems mit dem Motto „QVID TVM“ scheint zunächst die Vorrangstellung des isolierten Sehsinns relativiert, doch ergeben sich durch die vorgestellte Lesart des Flugauges als Tastauge auch für jene Frage neue Deutungsschichten: „Was kommt, das den Blick einzufangen vermag?“ oder, in einem grundlegenderen Sinne, „Was also ist es, das die Aufmerksamkeit des Blickes lenkt?“. Einen Hinweis scheint das Albertische Flugauge durch seine Gestalt selbst zu liefern: Sein Ruhm begründet sich darin, nicht nur die umgebenden Bilder blitzartig visuell zu erfassen, sondern ihr Agieren zugleich „begreifen“ zu können.
Uploads
Books by Markus Rath
https://brill.com/display/title/69333?contents=editorial-content
The present volume explores for the first time the concept of synagonism (from “σύν”, “together” and “ἀγών”, "struggle”) for an analysis of the productive exchanges between early modern painting, sculpture, architecture, and other art forms in theory and practice. In doing so, it builds on current insights regarding the so-called paragone debate, seeing this, however, as only one, too narrow perspective on early modern artistic production. Synagonism, rather, implies a breaking up of the schematic connections between art forms and individual senses, drawing attention to the multimediality and intersensoriality of art, as well as the relationship between image and body.
Die Beiträge dieses Bandes beleuchten Wiederholungen in Gestalt von Erinnerungsevokationen, Formenwanderungen, Reproduktionsverfahren oder avantgardistischen Brechungen einer repetitiven Ästhetik. Dabei stellen sie immer auch die Frage nach Entwicklungen und Renaissancen, nach Aktualität und Historizität. So erweist sich die »Wiederholung« als eine stetig wiederkehrende, besondere Herausforderung der Kunst und ihrer Geschichte.
Schreiben Sie mir gerne, wenn Sie mehr lesen möchten!
Papers by Markus Rath
Four exemplary instances of the artistic treatment of stone, all of which involve – albeit in very different ways – the aesthetic appeal of neighboring art forms as productive challenges are: the painterly evocation of stone sculpture; frescoed stone fields as interior decorations; intermedial interior decor involving natural, artificial, and painted stone; as well as the lapidary arts, which exploit the coloristic traits of mineral materials, assembling them to form two-dimensional imagery.
»Muster« evozieren harmonische oder rhythmische Strukturen, die eine universelle Ordnung schaffen – in Objekten ebenso wie in Ideen. Sie können als Schablonen dienen oder auf Vorbilder verweisen, die man für nachahmenswert hält. Muster sind mit allen Sinnen erfahrbar, sie kommen in der Musik und der Mathematik vor, werden in der Mode und in Textilien ebenso verwendet wie in der Geschichtsschreibung, der Literatur, der bildenden Kunst oder der Ornamentik.
In addition to a multitude of weapons and armours highlighting the sentient body’s vulnerability and its need for protection, one can also see a forge, pieces of wrought-iron work and various surgical instruments. While human beings and animals toiling under heavy loads in the distance to the left call to mind the experience of physical hardship, the foreground is taken up by the central pair of Venus and Cupid. Optically enhanced by a red tapestry, mother and son are presented naked in a close embrace culminating in a tender kiss – a sensual erotic counterpoint to the laborious and painful experiences mediated by the sense of touch. Remarkably, the two protagonists are themselves framed by paintings: a vision of hell and a battle scene together with a scene from the Passion and a surgical operation. As a “mise en abyme”, these paintings-within-a-painting reaffirm the fact that other senses, such as the sense of touch, can be called into play and become the stuff of experience, even though paintings primarily engage the sense of sight. In its close juxtaposition of pleasurable and painful tactile experiences the painting appraises the relevant “haptic subjects” of early modern painting.
Interest in a plurisensitive experience of pictures has undergone a remarkable renaissance in recent years. The foundation for this was laid in groundbreaking debates about the artistic realisation of sensual experience involving, among others, Louise Vinge, Carl Nordenfalk, Hartmut Böhme, Sylvia Ferino Pagden, Robert Jütte and Hans Körner. The question of the pictorial evocation of the sense of touch may nevertheless justify an attempt to sketch a history of the visual representation of tactile experience, with a specific focus on renderings of pleasure and pain as the two extremes of sensory perception. Rubens and Brueghel the Elder offer a poignant triad of motifs within the strictly confined space of their painting: Christ’s history of suffering, the experience of ordinary pain and physical pleasure.
Die Figur selbst erweist sich als nackter Torso einer unterleibslosen Adoleszenten, deren Körper im Schulterstand in die Vertikale gedreht wurde. Ins gleiche Licht wie das Haupt des Künstlers getaucht und mit einem Nabel versehen, der sowohl als blickendes Auge als auch als mundartige Öffnung lesbar wird, erlangt die wuchtige Bauchkugel in dieser Pose die Gestalt eines zweiten Kopfes. Dieses voluminöse Kugelgelenk ist das zentrale Konstruktionselement der Puppe Bellmers. Es ist gleichermaßen Ausgangs- wie Endpunkt ihrer durch die unendliche Variabilität beeindruckenden Gestalt. Die Frage nach der Verwendung dieses beweglichen Bauteils führt zurück zu einer Statuette aus dem 16. Jahrhundert, der so genannten Berliner Gliederpuppe. Diese affizierte den Künstler derart, dass von ihrer Gestaltungsweise ausgehend die Protagonistin seines OEuvres entstand.
Sowohl Maler als auch Bildhauer des Quattrocento bedienten sich im Rahmen der Werkvorbereitung dreidimensionaler Modelle. Für die Frage nach einer intermedialen Durchdringung von Malerei und Bildhauerei, jenen Gattungen, die stets als am prominentesten wettstreitende Kontrahenten der ‚Paragone-Debatte‘ unter den Renaissancekünstlern herausgestellt werden, erweist sich das manuell präparierte Modell in dreierlei Hinsicht von besonderer Bedeutung: Erstens erscheint die durch Modellierung gewonnene plastische Vorlage als Zwischenform, die zunächst im bildhauerischen Prozess entsteht, um anschließend für die zeichnerische Vorbereitung von Malerei und Skulptur gleichermaßen hilfreich zu sein. In ihrer allgemeinen Verwendung steht sie am Ausgangspunkt einer gattungsvereinenden Bildproduktion, die im Speziellen im Typus des „Malerbildhauers“ kulminiert. Zweitens dienten jene Modelle zur zeichnerisch-malerischen Erkundung körperlicher Bildwerte, die im Begriff rilievo gebündelt sind. Die statischen Model le aus Ton, Wachs, Gips und anderen Materialien, aber auch hölzerne bewegliche Gliederpuppen, waren Bindeglieder einer Transgression des Körperlichen in das flächige Bild. Drittens sollten die plastischen Modelle als Folge ihrer realen Manipulation in variable, kubische Denkfiguren übertragen werden. Durch Normierungs- und Geometrisierungsprozesse wurden nun auch virtuelle Körpermodule gestaltet und eingesetzt. Das bildlich arrangierte Körperschema erweist sich hier als Pendant zum plastischen Modell. Beide sind Zeugen eines Gattungsgrenzen überwindenden gestalterischen Mitstreits, der dem Streben nach einer überzeugenden Bildkomposition entspringt.
https://brill.com/display/title/69333?contents=editorial-content
The present volume explores for the first time the concept of synagonism (from “σύν”, “together” and “ἀγών”, "struggle”) for an analysis of the productive exchanges between early modern painting, sculpture, architecture, and other art forms in theory and practice. In doing so, it builds on current insights regarding the so-called paragone debate, seeing this, however, as only one, too narrow perspective on early modern artistic production. Synagonism, rather, implies a breaking up of the schematic connections between art forms and individual senses, drawing attention to the multimediality and intersensoriality of art, as well as the relationship between image and body.
Die Beiträge dieses Bandes beleuchten Wiederholungen in Gestalt von Erinnerungsevokationen, Formenwanderungen, Reproduktionsverfahren oder avantgardistischen Brechungen einer repetitiven Ästhetik. Dabei stellen sie immer auch die Frage nach Entwicklungen und Renaissancen, nach Aktualität und Historizität. So erweist sich die »Wiederholung« als eine stetig wiederkehrende, besondere Herausforderung der Kunst und ihrer Geschichte.
Schreiben Sie mir gerne, wenn Sie mehr lesen möchten!
Four exemplary instances of the artistic treatment of stone, all of which involve – albeit in very different ways – the aesthetic appeal of neighboring art forms as productive challenges are: the painterly evocation of stone sculpture; frescoed stone fields as interior decorations; intermedial interior decor involving natural, artificial, and painted stone; as well as the lapidary arts, which exploit the coloristic traits of mineral materials, assembling them to form two-dimensional imagery.
»Muster« evozieren harmonische oder rhythmische Strukturen, die eine universelle Ordnung schaffen – in Objekten ebenso wie in Ideen. Sie können als Schablonen dienen oder auf Vorbilder verweisen, die man für nachahmenswert hält. Muster sind mit allen Sinnen erfahrbar, sie kommen in der Musik und der Mathematik vor, werden in der Mode und in Textilien ebenso verwendet wie in der Geschichtsschreibung, der Literatur, der bildenden Kunst oder der Ornamentik.
In addition to a multitude of weapons and armours highlighting the sentient body’s vulnerability and its need for protection, one can also see a forge, pieces of wrought-iron work and various surgical instruments. While human beings and animals toiling under heavy loads in the distance to the left call to mind the experience of physical hardship, the foreground is taken up by the central pair of Venus and Cupid. Optically enhanced by a red tapestry, mother and son are presented naked in a close embrace culminating in a tender kiss – a sensual erotic counterpoint to the laborious and painful experiences mediated by the sense of touch. Remarkably, the two protagonists are themselves framed by paintings: a vision of hell and a battle scene together with a scene from the Passion and a surgical operation. As a “mise en abyme”, these paintings-within-a-painting reaffirm the fact that other senses, such as the sense of touch, can be called into play and become the stuff of experience, even though paintings primarily engage the sense of sight. In its close juxtaposition of pleasurable and painful tactile experiences the painting appraises the relevant “haptic subjects” of early modern painting.
Interest in a plurisensitive experience of pictures has undergone a remarkable renaissance in recent years. The foundation for this was laid in groundbreaking debates about the artistic realisation of sensual experience involving, among others, Louise Vinge, Carl Nordenfalk, Hartmut Böhme, Sylvia Ferino Pagden, Robert Jütte and Hans Körner. The question of the pictorial evocation of the sense of touch may nevertheless justify an attempt to sketch a history of the visual representation of tactile experience, with a specific focus on renderings of pleasure and pain as the two extremes of sensory perception. Rubens and Brueghel the Elder offer a poignant triad of motifs within the strictly confined space of their painting: Christ’s history of suffering, the experience of ordinary pain and physical pleasure.
Die Figur selbst erweist sich als nackter Torso einer unterleibslosen Adoleszenten, deren Körper im Schulterstand in die Vertikale gedreht wurde. Ins gleiche Licht wie das Haupt des Künstlers getaucht und mit einem Nabel versehen, der sowohl als blickendes Auge als auch als mundartige Öffnung lesbar wird, erlangt die wuchtige Bauchkugel in dieser Pose die Gestalt eines zweiten Kopfes. Dieses voluminöse Kugelgelenk ist das zentrale Konstruktionselement der Puppe Bellmers. Es ist gleichermaßen Ausgangs- wie Endpunkt ihrer durch die unendliche Variabilität beeindruckenden Gestalt. Die Frage nach der Verwendung dieses beweglichen Bauteils führt zurück zu einer Statuette aus dem 16. Jahrhundert, der so genannten Berliner Gliederpuppe. Diese affizierte den Künstler derart, dass von ihrer Gestaltungsweise ausgehend die Protagonistin seines OEuvres entstand.
Sowohl Maler als auch Bildhauer des Quattrocento bedienten sich im Rahmen der Werkvorbereitung dreidimensionaler Modelle. Für die Frage nach einer intermedialen Durchdringung von Malerei und Bildhauerei, jenen Gattungen, die stets als am prominentesten wettstreitende Kontrahenten der ‚Paragone-Debatte‘ unter den Renaissancekünstlern herausgestellt werden, erweist sich das manuell präparierte Modell in dreierlei Hinsicht von besonderer Bedeutung: Erstens erscheint die durch Modellierung gewonnene plastische Vorlage als Zwischenform, die zunächst im bildhauerischen Prozess entsteht, um anschließend für die zeichnerische Vorbereitung von Malerei und Skulptur gleichermaßen hilfreich zu sein. In ihrer allgemeinen Verwendung steht sie am Ausgangspunkt einer gattungsvereinenden Bildproduktion, die im Speziellen im Typus des „Malerbildhauers“ kulminiert. Zweitens dienten jene Modelle zur zeichnerisch-malerischen Erkundung körperlicher Bildwerte, die im Begriff rilievo gebündelt sind. Die statischen Model le aus Ton, Wachs, Gips und anderen Materialien, aber auch hölzerne bewegliche Gliederpuppen, waren Bindeglieder einer Transgression des Körperlichen in das flächige Bild. Drittens sollten die plastischen Modelle als Folge ihrer realen Manipulation in variable, kubische Denkfiguren übertragen werden. Durch Normierungs- und Geometrisierungsprozesse wurden nun auch virtuelle Körpermodule gestaltet und eingesetzt. Das bildlich arrangierte Körperschema erweist sich hier als Pendant zum plastischen Modell. Beide sind Zeugen eines Gattungsgrenzen überwindenden gestalterischen Mitstreits, der dem Streben nach einer überzeugenden Bildkomposition entspringt.
Im Zusammenspiel des Augenemblems mit dem Motto „QVID TVM“ scheint zunächst die Vorrangstellung des isolierten Sehsinns relativiert, doch ergeben sich durch die vorgestellte Lesart des Flugauges als Tastauge auch für jene Frage neue Deutungsschichten: „Was kommt, das den Blick einzufangen vermag?“ oder, in einem grundlegenderen Sinne, „Was also ist es, das die Aufmerksamkeit des Blickes lenkt?“. Einen Hinweis scheint das Albertische Flugauge durch seine Gestalt selbst zu liefern: Sein Ruhm begründet sich darin, nicht nur die umgebenden Bilder blitzartig visuell zu erfassen, sondern ihr Agieren zugleich „begreifen“ zu können.