Book Reviews by Katharina Block

Matthias Wunsch unternimmt in seinem Buch eine systematische Untersuchung der philosophischen Dre... more Matthias Wunsch unternimmt in seinem Buch eine systematische Untersuchung der philosophischen Dreierkonstellation, die sich in den späten 1920er Jahren zwischen Heideggers Daseinsontologie, Cassirers kritisch-idealistisch ausgerichteter Kulturphilosophie und der Philosophischen Anthropologie, repräsentiert durch Scheler und vor allem Plessner, ergeben hat. Wunsch vertritt die These, dass "das Fragen nach dem Menschen" von den beiden letzteren in anthropologischer, von den beiden ersteren dagegen in nichtanthropologischer Weise erfolgt. In dieser Konstellation zeigen sich also verschiedene, anthropologische und nicht-anthropologische Denkrichtungen, die gemäß ihrem Thema aber alle der Disziplin der philosophischen Anthropologie angehören. Das Werk besteht aus fünf Hauptkapiteln. Einstieg des Buches und Thema des ersten Kapitels ist die historische Disputation zwischen Cassirer und Heidegger während der Davoser Hochschulkurse 1929. Wunsch will zeigen, dass die Diskussion maßgeblich durch die Position der Philosophischen Anthropologie mitgeprägt wurde, insofern sich beide gegenseitig philosophisch-anthropologische Unzulänglichkeiten vorwerfen, ohne diese Position selbst direkt zu vertreten. Diese These öffnet Wunsch in den folgenden drei Kapiteln zu einer systematischen Analyse der philosophischen Positionen aller genannten Autoren eben in Hinblick auf "die Frage nach dem Menschen", in der zugleich die Modifikationen und Erweiterungen dieser Positionen sichtbar werden, insoweit sie durch die Auseinandersetzung und gegenseitige Kritik nötig geworden sind. Als am meisten reflektiert und von allen Einwänden weitgehend unbeeindruckt erweist sich dabei die Position Plessners, an die
Papers by Katharina Block

Berliner Journal für Soziologie
ZusammenfassungInwiefern Digitalisierung ein gesellschaftstransformatives Potenzial hat, ist umst... more ZusammenfassungInwiefern Digitalisierung ein gesellschaftstransformatives Potenzial hat, ist umstritten. Diese Frage wird der empirischen Analyse zugänglich, wenn man die Steuerung von Verhalten in den Blick nimmt. Es fehlt jedoch bislang eine differenzierte sozialtheoretische Perspektive, mit der unterschiedliche Steuerungen von Verhalten präzise erfasst werden können. Der Beitrag geht von der Prämisse aus, dass Verhaltenssteuerung ausgehend von der Orientierung an Normen zu fassen ist, und macht einen Vorschlag, wie sich technische und soziale Normen in der Sozial‑, Sach- und Zeitdimension voneinander unterscheiden lassen und welche unterschiedlichen Modi der Verhaltenssteuerung mit ihnen korrespondieren. Am Beispiel assistiver Verkehrstechnologien werden zum einen die Fruchtbarkeit der Unterscheidung von sozialen und technischen Normen, zum anderen die sich ergebenden empirischen Anschlussfragen aufgezeigt.
Leviathan
Wir sprechen uns in unserer Replik dafür aus, die Pluralität soziologischer Perspektiven auch und... more Wir sprechen uns in unserer Replik dafür aus, die Pluralität soziologischer Perspektiven auch und gerade für den Gegenstandsbereich Nachhaltigkeit als Vorteil zu sehen und den Diskurs entsprechend zu gestalten.
Internationales Jahrbuch für philosophische Anthropologie, 2020
Die Erde, der Mensch und das Soziale, 2018

Current Sociology, 2020
Since Lever-Tracy’s call for stronger sociological engagement with climate change in 2008, the nu... more Since Lever-Tracy’s call for stronger sociological engagement with climate change in 2008, the number of climate-related contributions to leading sociological journals has increased. Yet, they still represent a small percentage of contributions overall. Reviewing the 37 articles published in eight top-ranked sociology journals until 2018, the authors of the present article identify five main subfields of research: (a) reflections on the role of the social sciences, (b) politics, (c) economy and consumption, (d) media and public perceptions, and (e) global flows. They conclude that the rise in contributions since 2008 indicates that climate change creates some resonance in the disciplinary core of mainstream sociology but that most sociological climate change research is undertaken and published in inter- and transdisciplinary spaces beyond the boundaries of the discipline. Emphasizing that climate change research can provide important epistemic resources for the discipline, the auth...
Soziologie der Nachhaltigkeit, 2021

Behemoth : a Journal on Civilisation, 2020
In the socio-theoretical discourse on digitisation there is, among others, a strong sceptical and... more In the socio-theoretical discourse on digitisation there is, among others, a strong sceptical and explicitly critical perspective towards socio-technical developments. The focus of this scepticism is the autonomous subject as the normative guiding value of modern society, which seems to be at stake due to the progress of digitisation processes. Accordingly, there seems to be a broad consensus that these developments will be problematic. However, it is also a possibility that they may not be problematized in social practice. This is hardly taken into account by contemporary social theories. In our contribution we would therefore like to plead for a problematisation of this practical de-problematisation. The de-problematisation of human autonomy is not only a possible vision of the future, but, as an already present undoing of autonomy, an empirical object that calls for a theoretical exploration that is not limited to a mere diagnosis of a problem in need of correction. Instead of th...
»Umwelt« ist zu einem inflationär gebrauchten Schlagwort geworden, das auch die wissenschaftliche... more »Umwelt« ist zu einem inflationär gebrauchten Schlagwort geworden, das auch die wissenschaftliche Debatte anführt, da es Aufklärung und Lösung verspricht. Eine wissenschaftstheoretische Auseinandersetzung mit der Umweltsoziologie, die hierbei wesentlich präsent ist, scheint also geboten. Katharina Block rückt dabei die Frage nach anthropologischen Verkürzungen, die mit dem Umweltbegriff systematisch einhergehen, in den Fokus und schafft im Gegenzug mit dem Weltbegriff der Philosophischen Anthropologie Helmuth Plessners die Möglichkeit, die aufgedeckten Anthropologismen zurückzulassen und neue sozialtheoretische Anschlüsse zu suchen. Die Studie ist damit für alle Disziplinen interessant, die sich mit der hoch aktuellen Thematik menschlicher Umweltverhältnisse beschäftigen.

Das in der Soziologie neu auflebende Interesse an Nachhaltigkeitsforschung lasst sich als ‚zweite... more Das in der Soziologie neu auflebende Interesse an Nachhaltigkeitsforschung lasst sich als ‚zweite Welle‘ einer Soziologie der Nachhaltigkeit deuten. Dass dabei andere Perspektiven als zu Beginn der soziologischen Befassung mit Nachhaltigkeit in den Vordergrund rucken, scheint sich angesichts des veranderten gesellschaftlichen Kontextes von selbst zu verstehen. Jedoch: Wie lassen sich die Besonderheiten einer solchen ‚zweiten Welle‘ naher bestimmen? Wie lassen sie sich von der ‚ersten Welle‘ soziologischer Nachhaltigkeitsforschung in den spaten neunziger und fruhen zweitausender Jahren abgrenzen? Daruber hat sich in der Onlinezeitschrift Soziologie und Nachhaltigkeit (SuN) sowie auf der Sektionssitzung des Gottinger Soziologiekongresses eine Diskussion zwischen Karl-Werner Brand, Vertreter*innen des DFG-Netzwerks Soziologie der Nachhaltigkeit sowie einer soziologischen Offentlichkeit mit Schwerpunkten vor allem in der Umwelt-, Wissens- und Wissenschaftssoziologie entwickelt. Diese De...
Soziologie der Nachhaltigkeit
Soziologie der Nachhaltigkeit
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Papers by Katharina Block
Ausgangspunkt ist die Einsicht, dass Technik in der Sozialdimension nicht nur Menschen bzw. Akteure ersetzt, sondern auch Kommunikation. Dass Technik als Ersatz von Körpern bzw. ihrer Handlungsfähigkeit zu verstehen ist, ist seit Gehlen bekannt und wurde in jüngerer Zeit von Rammert/Schulz-Schaeffer oder von Latour bzw. der ANT prominent gemacht. Darüberhinaus scheint es mir aber auch wichtig, konzeptuell zu erfassen, dass Technik kommunikative Vollzüge bzw. kommunikative Vermittlungen ersetzt. Im Konzept der rekursiven Technikentwicklung werden beide Aspekte zusammengeführt. Das Neue der als Digitalisierung beschriebenen Prozesse zeichnet sich dadurch aus, dass die Automatisierung von Kommunikation schubhaft zunimmt. Als Beispiel können etwa Uploadfilter gelten, die eine rechtliche Bewertung im Rahmen kommunikativer Aushandlungen ersetzen. Derart automatisierte Kommunikationen können auch ausschließlich zwischen Artefakten ablaufen.
Um die Besonderheiten automatisierter Kommunikation zu begreifen, beginne ich mit der Frage, ob und wenn ja wie Erwartungen automatisiert werden können, Denn Erwartungen sind konstitutiv für Kommunikation. Zeitlich bezeichnen Erwartungen einen spezifischen Zusammenhang von Gegenwart und Zukunft. Erwartungen beziehen sich auf Zukünftiges. Der Bezug auf die Zukunft erfolgt derart, dass der gegenwärtiger Zustand eines leiblichen Akteurs durch den Zukunftsbezug bestimmt wird. D.h., die Zukunft, das Noch-nicht-seiende, bestimmt die Gegenwart des Akteurs. Lässt sich diese Struktur in technischen Abläufen ebenfalls finden? Anders gefragt, gibt es in technisierten Abläufen die modale Differenz von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft?
Die Hypothese lautet: Technik funktioniert in einer anderen Zeitform, die ich als digitale Zeit bezeichne. Hier gibt es die Differenz zwischen Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft nicht, sondern nur messbare und daher kalkulierbare Vorher-Nachher-Relationen. Ein Zeitpunkt ist definiert dadurch, dass es messbare Zeitpunkte vorher und messbare Zeitpunkte nachher gibt. Der Zeitpunkt ist dadurch zwar relational bestimmt etwa als 7. Oktober, 12.32 Uhr und 27,487 Sekunden, der als solcher nur besteht, weil es Zeitpunkte vorher und nachher gibt. Diese Zeit kann auf die Zustände von messbar ausgedehnten Körpern angewendet werden, dann würde man von digitaler Raumzeit sprechen. Dann gilt für jeden Zeitpunkt, dass der materielle Zustand eines Dings an diesem Zeitpunkt bestimmt ist: Etwa als positive oder negative Ladung. In diesem Sinn kann auch der Zustand eines menschlichen Körpers, insofern er messbar ausgedehnt ist, positiv erfasst werden. In diesen Fällen gibt es keine Zukunft, die die Gegenwart bestimmt, sondern Nachher Zeitpunkte, mit unterschiedlichen materiellen Zuständen. Technisierung von Kommunikation heißt zeittheoretisch gesehen, die modale Differenz zwischen Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft in kalkulierbare Vorher-Nachher-Relationen zu übersetzen.
Dies hat Konsequenzen für das Verständnis von Normativität der Technik. Dies gilt insbesondere dann, wenn Normativität mit Bezug auf die Differenz zwischen normativen und kognitiven Erwartungen analysiert wird. Lässt sich das spezifische Verhältnis von Zukunft und Gegenwart, das normatives Erwarten bzw. die Verarbeitung der Enttäuschung normativer Erwartungen auszeichnet, in technische Vorher-Nachher-Relationen übersetzen? Die These lautet: Ein Zukunftsverständnis wonach die Zukunft den Akteuren unbekannt, aber im Sinne eines Schicksals vorherbestimmt ist, ist eher in kalkulierbare Vorher-Nachher-Relationen zu übersetzen als ein Zukunftsverständnis, demzufolge die Zukunft offen und damit gestaltbar ist. Abschließend werden die Fragen diskutiert: Welche institutionalisierten Normverständnisse sind mit welchen institutionalisierten Zukunftsverständnissen vereinbar? Und: Welche Konsequenzen hat dies für die Entwicklung von Technik?