Einrichtung und Verfahren zum Steuern und/oder Überwachen von in einem Schienenverkehrsnetzwerk angeordneten dezentralen intelligenten Funktionseinheiten
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine
Einrichtung und Verfahren zum Steuern und/oder Überwachen von in einem Schienenverkehrsnetzwerk angeordneten dezentralen Funktionseinheiten.
Derartige dezentrale Funktionseinheiten werden in
Schienenverkehrsnetzwerken eingesetzt, wo diese genutzt werden, um Fahrzeug beeinflussende und/oder Fahrzeug überwachende Einheiten zu steuern und bezüglich der Funktionalität zu überwachen und um Prozessdaten
aufzunehmen und zurück an eine zentrale Steuerungs¬ und/oder Überwachungszentrale, wie zum Beispiel eine Leitstelle zu melden. Als zugbeeinflussende Einheiten, die also Anweisungen an den Fahrzeugführer geben oder sogar direkt Eingriffe in der Fahrzeugsteuerung vornehmen oder direkt einen sicheren Fahrweg einstellen, können beispielsweise Signale, Weichen, Balisen, Linienleiter, Gleismagnete und dergleichen sowie auch Sensoren zum Erfassen von Prozessgrössen des fahrenden Zuges, wie Leistungsaufnahme, Geschwindigkeit und dergleichen, betrachtet werden. Als Zug- und Gleisabschnitt
überwachende Einheiten können ebenfalls Balisen und
Linienleiter, aber auch Achszähler und Gleisstromkreise und andere Gleisfreimeldesysteme genannt werden.
Im Eisenbahnverkehr ist es üblicherweise so, dass diese dezentralen Funktionseinheiten von einem Stellwerk oder einem abgesetzten Stellwerkrechner gesteuert werden. Für den Datentransfer zwischen dem Stellwerk und den
Funktionseinheiten im Gleisbereich sind heute in der Regel standardisierte Kupferkabel vorgesehen, für deren klassische Stelldistanzlängen wegen der physikalischen Übertragungsparameter, den Kabelbelägen (RLC) , bei 10 km in der Praxis die obere Grenze liegt. Bei gewissen Typen
von Funktionseinheiten kann diese obere Limite jedoch auch nur bei maximal 6,5 km liegen.
Heutzutage stehen jedoch auch schon Datennetzwerke bei Eisenbahnen im Einsatz, welche dazu verwendet werden z.B. Daten unter benachbarten Stellwerken oder der Stellwerken und Leittechnik auszutauschen. Sie werden auch
eingesetzt, um zugbeeinflussende und/oder zugüberwachende Funktionseinheiten zu steuern und zu überwachen, wodurch eine Überbrückung von fast beliebigen Stelldistanzen zu ermöglichen ist. Diese Netzwerke sind vom Typ eines
Datentransportnetzwerkes (DTN) , z.B. ein optisches
Transportnetzwerkes, ausgestaltet und werden für die Übermittlung von Daten für die operationeile
Betriebsebene und dergleichen eingesetzt.
Derartige Datennetzwerke erlauben eine sehr viel höhere Anzahl von Freiheitsgraden hinsichtlich
• der Festlegung der Position der Kopplungspunkte für den Anschluss von Stellwerk- und Leittechnikanlagen oder Teilen davon und somit dessen Aufstellungsorte,
• der angewandten Übertragungs-Verfahren und der
Distanzen der Kommunikation unter verschiedenen Anlagenteilen .
Diese Datennetzwerke ermöglichen so mitunter eine
wesentliche Verbesserung beim Preis/Leistungsverhältnis und dennoch ein hoch zuverlässiger und entsprechend sicherer Datenaustausch der
Eisenbahnsicherungseinrichtungen entlang von Gleisanlagen (der dezentralen Funktionseinheiten.
Der Aufbau von technischen Anlagen in der
Bahninfrastruktur, ist aufgrund der über 100 jährigen Geschichte des des Eisenbahnwesens auf Robustheit und Zuverlässigkeit ausgelegt. So werden auch heute sämtliche Stellwerkfunktionen in einer zentralisierten Innenanlage, meist in einem separaten Stellwerkgebäude, ausgeführt. Die eigentlichen Stellwerke basieren dabei heute in der
Regel auf dem Spurplan- oder Verschlusstafelprinzip. Sehr häufig wird zur Erlangung der erforderlichen Sicherheit auch die Einstellung der Fahrstrassen nach dem
Spurplanprinzip und die Überwachung und Verifizierung der eingestellten Fahrstrassen nach dem Spurplanprinzip vorgenommen oder umgekehrt.
Heute arbeiten Relaisstellwerke wie auch elektronische Stellwerke entweder nach dem Spurplanprinzip oder nach dem Verschlussplanprinzip (auch Verschlusstafelprinzip genannt) . Mechanische Stellwerke arbeiten nach dem
Verschlussplanprinzip. Ein Bediener bringt einen
Signalhebel, und somit ein Signal, nur in Fahrtstellung, wenn die Bedingungen gemäß dem Verschlussplan erfüllt sind. Als Bedingungen für die Signalfahrtstellung wird im Verschlussplan die korrekte Lage der Weichen im Fahrweg aufgelistet, die erforderliche Lage der
Flankenschutzweichen etc. In den Relaisstellwerken werden diese Bedingungen nicht mehr durch reine mechanische Verschlüsse realisiert, sondern durch von Relaiskontakten unterbrochene Strompfade. Mit den Relaisstellwerken entstand denn auch das Spurplanprinzip. Bei
Relaisstellwerken nach dem Spurplanprinzip wird für jede dezentrale Funktionseinheit in der Gleisanlage die entsprechende Relaisschaltung im Stellwerk eingebaut. Die ein Gleisanlageobjekt abbildenden Relaisschaltungen werden gemäß dem Verlauf des Gleises bzw. der darauf abgebildeten Fahrstrassen mit dem Spurkabel im
sogenannten Spurplan verbunden. Folgt zum Beispiel der Weiche 1 die Weiche 2, so werden die Relais der Weiche 1 über das Spurkabel mit den Relais der Weiche 2 verbunden. Damit das Signal einer Fahrstraße auf Fahrt geht, darf keine in der Fahrstraße bzw. in der Spur liegende
dezentrale Funktionseinheit den für die Fahrtstellung benötigten Strompfad über seine Relaiskontakte
unterbrechen. Erst wenn alle in der Fahrstraße liegenden Elemente der Fahrstellung des Signals zustimmen, kann das Signal in die Fahrtstellung wechseln.
Der Vorteil des Spurplanprinzips liegt darin, dass unabhängig vom benachbarten Objekt der Weiche 1 (Signal, Weiche, Block) , die Relais der Weiche 1 immer genau gleich über das genormte Spurkabel mit dem Nachbarelement verbunden werden. Der Größe des Stellwerks sind
theoretisch keine Grenzen gesetzt. Stellwerke nach dem Verschlussplanprinzip lassen sich nur bis zu einer bestimmten Größe bauen, irgendwann wird der (bei
mechanischen und elektromechanischen Stellwerken in Form von Verschlußregistern oder Verschlußstangen realisierte) Verschlussplan einfach zu groß und nicht mehr
überschaubar .
Elektronische Stellwerke nach dem Verschlussplanprinzip arbeiten häufig mit Matrizen. Elektronische Stellwerke nach dem Spurplanprinzip kennen immer noch Spuren, jedoch sind dies nicht mehr Strompfade, sondern virtuelle
Datenspuren zwischen benachbarten Elementen. Die
Informationen werden in Form von Telegrammen übermittelt. Nur in dem Fall, dass eine Spur sich über mehrere Rechner der Stellwerksanlage verteilt, können diese Telegramme auch an den Schnittstellen der Rechner untereinander verfolgt werden.
Die Steuerungsdaten für die dezentralen
Funktionseinheiten in der Aussenanlage werden dabei auch heute noch entweder in Form von Energiesignalen oder in Form von Datentelegrammen übertragen. Grundsätzlich besteht aber die nachfolgende Funktionsaufteilung fort:
- Stellwerkinnenanlage (in der Regel in einem Rechnerraum untergebracht)
- Verwaltung der Verschlussfunktionen
- Schutz gegen Gegenfahrten
- Schutz vor unzeitigem Weichenumlauf
- Bereitstellen der Schnittstelle zu einem
Fahrdienstleiter (dispositives Leitsystem)
- Aussenanlage mit den dezentralen Funktionseinheiten
- Ansteuern der dezentralen Funktionseinheiten, wie Weiche, Signallampen usw.
- Überwachen der dezentralen Funktionseinheiten, wie z.B. auf die Weichenendlage, das Fliessen des
Lampenstroms usw.
Grundsätzlich ist daher die eigentlich Logik des
Bahnfahrens immer noch zentral in der
Stellwerkinnenanlage untergebracht. Dort sind zum
Beispiel Schaltschränke mit Signal- und Weichenbaugruppen vorgesehen, die die Signale und die Weichen in der
Aussenanlage steuern und auf den korrekten Stromfluss im Lampenstromkreis und die korrekte Leistungsaufnahme während des Weichenumlauf und das korrekte Erreichen der Weichenendlage überwachen. Deshalb sind derartige
Stellwerke vergleichsweise gross und müssen entsprechend unterhalten und im Betrieb auch klimatisch entsprechend eingestellt werden. Hier gelten also beispielsweise besonders für die Betriebsbedingungen keine anderen
Parameter, als diese auch für Rechnerräume in
Rechenzentren gelten. Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Einrichtung und Verfahren zum Steuern und/oder Überwachen von in einem Schienenverkehrsnetzwerk angeordneten dezentralen Funktionseinheiten anzugeben, die gegenüber den heute bestehenden Anlagen einfacher und kostengünstiger zu betreiben ist und ggfs. auch einen geringeren Footprint aufweist.
Diese Aufgabe wird bezüglich der Einrichtung
erfindungsgemäss mit einer Einrichtung zum Steuern und/oder Überwachen von in einem Schienenverkehrsnetzwerk angeordneten dezentralen Funktionseinheiten gelöst, umfassend :
a) ein übergeordnetes Steuerungssystem, wie z.B. ein dispositives Leitsystem, das mit den dezentralen
Funktionseinheiten mittels Datentelegrammen Informationen austauscht,
b) ein Datentransportnetzwerk mit einer Anzahl von
Netzzugangspunkten, wobei das übergeordnete
Steuerungssystem über mindestens einen Netzzugangspunkt an dem Datentransportnetzwerk angekoppelt ist;
c) Kommunikationseinheiten, die an einem Netzzugangspunkt angeschlossen sind und den dezentralen Funktionseinheiten den Zugang zu dem Datentransportnetzwerk bereitstellen, und
d) die dezentralen Funktionseinheiten selbsttätig
Steuerungs-, Überwachungs- und Verschlussfunktionen ausführen und/oder verwalten sowie gemäss einem
Spurplanprinzip mit dem jeweils gemäss dem
Spurplanprinzip nächst benachbarten dezentralen
Funktionseinheit logisch verbunden sind und mit diesen Daten zur Ausführung der Steuerungs- und/oder
Überwachungs- und/oder Verschlussfunktionen direkt austauschen .
Bezüglich des Verfahrens wird diese Aufgabe
erfindungsgemäss durch ein Verfahren zum Steuern und/oder Überwachen von in einem Schienenverkehrsnetzwerk
angeordneten dezentralen Funktionseinheiten gelöst, umfassend die Schritte:
a) Bereitstellen eines übergeordnete Steuerungssystems, z.B. ein dispositives Leitsystem, das mit den dezentralen Funktionseinheiten mittels Datentelegrammen Informationen austauscht,
b) Bereitstellen eines Datentransportnetzwerks mit einer Anzahl von Netzzugangspunkten, wobei das übergeordnete Steuerungssystem über mindestens einen Netzzugangspunkt an dem Datentransportnetzwerk angekoppelt ist;
c) Bereitstellen von Kommunikationseinheiten, die an einem Netzzugangspunkt angeschlossen sind und den
dezentralen Funktionseinheiten den Zugang zu dem
Datentransportnetzwerk ermöglichen, und
d) selbstätiges Ausführen von Steuerungs-, Überwachungs¬ und Verschlussfunktionen und ggfs. von
Verwaltungsfunktionen durch die dezentralen
Funktionseinheiten, wobei die dezentralen
Funktionseinheiten gemäss einem Spurplanprinzip mit dem jeweils gemäss dem Spurplanprinzip nächst benachbarten dezentralen Funktionseinheit logisch verbunden sind und mit diesen Daten zur Ausführung der Steuerungs- und/oder Überwachungs- und/oder Verschlussfunktionen direkt austauschen .
Auf diese Weise können die Stellwerkfunktionalitäten teilweise oder sogar vollständig von einer zentralen Innenanlage weg in die dezentralen Funktionseinheiten ausgelagert werden, was zur Folge hat, dass die
Innenanlagen entweder drastisch verkleinert oder sogar komplett aufgelöst werden kann.
In für das Umfeld des Schienenverkehrs zweckmässiger Weise können die dezentralen Funktionseinheiten
verkehrsüberwachende und verkehrssteuernde Einheiten, wie insbesondere Signale, Weichen, Achszähler,
Gleisstromkreise, punkt- und linienförmige
Zugbeeinflussungselemente, steuern und/oder überwachen. Dementsprechend kann dann das übergeordnete
Steuerungssystem ein Stellwerk und/oder ein Leitsystem umfassen. Es ist anzumerken, dass ein ggfs. noch
vorhandenes Stellwerk gegenüber einem Stellwerk
herkömmlicher Bauart erheblich schlanker aufgebaut ist, weil im Besonderen die bisher von einem Stellwerk
wahrgenommenen ungemein wichtigen und
sicherheitskritischen Verschlussfunktionen in die
dezentralen Funktionseinheiten ausgelagert worden sind. Bei einer vollständigen Umsetzung der vorliegenden
Erfindung kommt es jedoch sogar zu einem Verschwinden des Rechnerraums des Stellwerks.
Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der vorliegenden Erfindung sind den übrigen Unteransprüchen zu entnehmen. Vorteilhafte Ausführungsbeispiele der vorliegenden
Erfindung werden anhand der Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigen:
Figur 1 in schematischer Ansicht den Aufbau einer
Einrichtung zur Steuerung und/oder Überwachung von entlang eines Eisenbahnnetzwerkes angeordneten dezentralen Funktionseinheiten; und Figur 2 in schematischer Ansicht eine Topologie eines dezentralen Stellwerks.
Figur 1 zeigt in schematischer Ansicht den Aufbau einer Einrichtung E zur Steuerung und/oder Überwachung von entlang eines Eisenbahnnetzwerkes (hier nicht weiter dargestellt) angeordneten dezentralen Funktionseinheiten DFE1A bis DFEnA, DFE1B bis DFEnB usw. (im Nachfolgenden auch Element Controller EC genannt) . Sollte nicht eine bestimmte Funktionseinheit gemeint sein, werden die dezentralen Funktionseinheiten nachfolgend mit DFE oder EC bezeichnet. Derartige dezentrale Funktionseinheiten DFE werden genutzt, um zugbeeinflussenden und/oder zugüberwachende Einheiten zu steuern und zu überwachen. Als zugbeeinflussende Einheiten können beispielsweise Signale, Weichen, Balisen, Linienleiter, Gleismagnete und dergleichen genannt werden. Als zugüberwachende Einheiten können ebenfalls Balisen und Linienleiter, aber auch Achszähler und Gleisstromkreise genannt werden.
Beispielhaft wird durch die dezentrale Funktionseinheit DFE1C ein Signal S gesteuert und überwacht. Die
dezentrale Funktionseinheit DFE1C steuert dabei die
Anzeige der Signalbegriffe und führt respektive
assistiert bei Überwachungsfunktionen, wie beispielsweise der Überwachung des Lampenstroms im Signalstromkreis.
Jede dezentrale Funktionseinheit DFE respektive die von ihr gesteuerte/überwachte Einheit verfügt im gesamten Netzwerk über eine eindeutige Adresse, beispielsweise eine IP-Adresse oder eine MAC-Adresse.
Die Einrichtung E umfasst weiter ein
Datentransportnetzwerk TN mit einer Anzahl von
Netzzugangspunkten 2 bis 16. An einem Teil dieser
Netzzugangspunkte 6 bis 16 sind Kommunikationseinheiten 18 bis 28 angeschlossen. Das Datentransportnetzwerk TN ist hierbei als hochverfügbares Netzwerk ausgestaltet. Solche hochverfügbaren Strukturen können sich einerseits durch eine redundante Ausführung des Netzes selbst und/oder andererseits durch eine geschickte Re¬ organisation des Netzes beim Ausfall eines
Verbindungsstückes ergeben.
Ausserdem umfasst die Einrichtung E ein übergeordnetes Steuerungssystem 30, das neben anderen hier nicht weiter aufgeführten Komponenten eine Leitstelle LT und eine Service/Diagnose-Einheit SD umfasst, die über die
Netzzugangspunkte 2 und 4 mittels Ethernet-Verbindungen an das Datentransportnetzwerk TN angeschlossen sind.
Wie in der Figur 1 gezeigt, müssen die dezentralen
Funktionseinheiten DFE über eine der
Kommunikationsgruppen 18 bis 28 und den entsprechende Netzwerkknoten 6 bis 16 an dem Transportnetzwerk TN angekoppelt sein und können so über dieses
Datentelegramme erhalten oder austauschen. Die
dezentralen Funktionseinheiten DFE sind dabei zu
Untergruppen a, b, c, d und e mit jeweils eigenem
Subnetzwerk NA, NB, NC, ND und NE zusammengefasst . Die Untergruppe a wird beispielsweise aus den dezentralen Funktionseinheiten DFE1A, DFE2A, DFE3A bis DFEnA
gebildet. Dabei sind die Untergruppen a bis e immer an ihren beiden Enden mit je einer der Kommunikationsgruppen 18 bis 28 und einem Netzzugangspunkten 6 bis 16
verbunden. Jeder dezentralen Funktionseinheit DFE ist zudem ein Vermittlungsrechner SU oder SCU, der alternativ auch direkt in die dezentrale Funktionseinheit DFE integriert sein kann, vorgeschaltet, welcher für die dezentralen Funktionseinheiten DFE den Anschluss an das Subnetzwerk bereitstellt, damit jede dezentrale
Funktionseinheit DFE beim Ausfall einer
Kommunikationsgruppe noch von einer zweiten redundanten Kommunikationsgruppe 18 bis 28 angesprochen werden kann.
Jedes Subnetzwerk (NA bis NE) ist somit aus einer Anzahl von Punkt-zu-Punkt-Verbindungen von logisch benachbarten dezentralen Funktionseinheiten (DFE) aufgebaut. Dabei ist eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung als autonome
Übertragungsstrecke innerhalb des Subnetzwerks
ausgebildet, zum Beispiel als ISDN-Übertragungsstrecke oder als xDSL-Übertragungsstrecke oder LWL-
Übertragungsstrecke . Somit kann ein einzelnes Subnetzwerk sozusagen aus einzelnen Übertragungszellen aufgebaut werden, die ihrerseits jeweils immer nur die Übertragung von Punkt zu Punkt beherrschen müssen. Mit anderen Worten gesprochen können so beispielsweise aus einfachen, eher kurzreichweitigen Übertragungstechniken auch ein viel längeres und komplexeres Subnetzwerk zusammengesetzt werden. Aus diesem Grund ist es zweckmässig, die Punkt- zu-Punkt-Verbindung an jedem Ende mit einem
Vermittlungsmodul (SU) zu terminieren, wodurch sich sogar die Chance ergibt, die Punkt-zu-Punkt-Übertragungstechnik von Zelle zu Zelle zu ändern und so die jeweils
geeigneteste Übertragungstechnik auswählen zu können. Ein geeignetes Vermittlungsmodul (SU) kann hierzu so
ausgestaltet sein, dass es eine Anzahl von Punkt-zu¬ Punkt-Übertragungstechniken bereitstellt und in
Abhängigkeit von der Beschaltung selbstorganisierend die
durch die Beschaltung bestimmte Punkt-zu-Punkt- Übertragungstechnik bereitstellt .
Um den Performance-Anforderungen zu genügen und mit einfachen Übertragungsmitteln, wie z.B. ISDN, xDSL, SHDSL, arbeiten zu können, können die Telegramme
innerhalb der Subnetzwerke a bis e unterschieden werden in Realtime und Nichtrealtime-Telegramme :
- Realtime Telegramme: Nutzdatentelegramme vom Stellwerk zu den DFE's als spezielle TCP/IP-Telegramme, spezieller
Ethernet-Frametyp;
- Nicht-Realtime Telegramme: normale TCP/IP-Telegramme, keine Nutzdatentelegramme. Anders als im Stand der Technik sind die dezentralen Funktionseinheit DFE hier vorliegend logisch nach dem Spurplanprinzip gekoppelt. Das Spurplanprinzip - wie schon weiter im einleitenden Teil diskutiert - bewirkt, dass jede dezentrale Funktionseinheit mit ihren nächsten für den Aufbau einer Fahrstrasse erforderlichen Nachbarn logisch verbunden ist. Da die dezentralen
Funktionseinheiten DFE hier nun auch Verschlussfunktionen wahrnehmen, ist es ausreichend, wenn beim Aufbau einer Fahrstrasse der Verschluss der von der jeweiligen
dezentralen Funktionseinheit gesteuerten
verkehrsüberwachenden und/oder verkehrssteuernden
Einheiten gemäss dem Weg des Spurplans weitergemeldet wird. Mit anderen Worten heisst dies, dass beispielweise eine Weiche 2 erst dann stellwerkmässig verschlossen werden kann, wenn beispielsweise die im Spurplan zuvor angeordnete Weiche 1 stellwerkmässig verschlossen worden ist. Stellwerkmässig verschlossen heisst hierbei, dass die Lage der Weiche eingefroren wird und es damit unmöglich wird, dass die stellwerkmässig verschlossene Weiche einer anderen Fahrstrasse zur Verfügung gestellt werden kann. Erst nach einer erfolgten Befahrung der Fahrstrasse bzw. durch einen absichtlichen Eingriff des Fahrdienstleiters aus dem Leitsystem LT heraus kann die
Einstellung einer Fahrstrasse aufgehoben und der
Verschluss der verkehrsüberwachenden und/oder
verkehrssteuernden Einheiten gemäss der logischen
Anordnung für diese Fahrstrasse im Spurplan beginnend am Anfang der befahrenen/betroffenen Fahrstrasse aufgehoben werden kann.
Beispielhaft für die logische Verknüpfung von dezentralen Funktionseinheiten DFE gemäss dem Spurplan ist eine gestrichelte Linie L eingezeichnet, die die dezentralen Funktionseinheiten DFE1D und DFE3C verbindet. Gemäss der Pfeilrichtung der gestrichelten Linie L muss also erst der Verschluss von dezentralen Funktionseinheit DFE3C an die dezentrale Funktionseinheit DFE1D gemeldet werden, bevor letztere ebenfalls die von ihr gesteuerte
verkehrsüberwachende und verkehrssteuernde Einheit verschliesst .
Figur 2 zeigt nun in schematischer Weise eine
beispielhafte Topologie für die Einrichtung E mit einem dezentralen virtuellen Stellwerk. Der Ausdruck „virtuell" wird hier bewusst verwendet, weil die eigentliche
Stellwerkinnenanlage nicht mehr existend ist. Die
Sicherungsfunktionalität, die nach wie vor auch in dieser Einrichtung E wahrgenommen wird, ist nun dezentral auf die dezentralen Funktioneinheiten, hier vereinfachend eingezeichnet als Controller Cl bis C4, verteilt und gemäss Spurplanprinzip logisch verschaltet. Bei der Projektierung wird nun jedem Controller Cl bis C4 seine im Spurplan benachbarten Controller Cl bis C4 mitgeteilt, z.B. in Form einer IP-Adresse oder einer Mac- Adresse. Einige Controller Cl bis C4 müssen noch
zusätzliche Aufgaben übernehmen, deren Verteilung durch die Projektierung festgelegt werden kann. So übernehmen die beiden Controller C2 und C4 die Kommunikation zu einem Nachbarstellwerk STW (virtuell oder zentral mit Innenanlage vorhanden) . Diese Kommunikation könnte aber
auch über das Datennetzwerk NT zu dem Nachbarstellwerk geroutet werden.
Die eigentliche Gleistopologie umfasst drei
Gleisabschnitte Gl bis G3 sowie eine Weiche Wl mit einem Weichenantrieb WA1 und drei Lichtsignalen Sl, S2 und S4. Die Controller Cl bis C4 verwalten hier auch die
Verschlüsse und die Gleisfreimeldung GF für die ihnen jeweils zugeordneten Gleisabschnitte Gl bis G3. Das übergeordnete Steuerungssystem 30 ist hier in Form einer Cloud dargestellt, in der die Funktionalität des
dispositiven Leitsystems LT und der Service/Diagnose- Einheit SD ausgeführt werden. Nachfolgend wird ein Beispielablauf für die Einstellung einer Fahrstrasse erläutert; die einzustellende
Fahrstrasse umfasst dabei die Gleisabschnitte Gl und G2.
Die Fahrstrasseneinstellung beginnt mit einer Anforderung der Fahrstrasse seitens des dispositiven Leitsystems LT. Es soll also über das Signal Sl und die Weiche Wl aus dem Gleisabschnitt Gl in den Gleisabschnitt G2 gefahren werden. Der Controller Cl erhält nun diese Anforderung direkt von dem Leitsystem LT. Der Controller Cl leitet dieses Kommando an den Weichencontroller C3 weiter. Der Weichencontroller C3 prüft mit der Gleisfreimeldung GF, wie z.B. ein Achszähler-Controller, Gleisstromkreis- Controller, ob die Weiche Wl frei ist. Bei Vorliegen dieser Gleisfreimeldung steuert der Weichencontroller C3 die Weiche Wl durch Ansteuern des Weichenantriebs WA1 nach links um und setzt nach Quittierung der richtigen Weichenendlage (z.B. durch ein
Weichenzungenkontrollgestänge) einen Verschluss für die Weiche Wl . Anschliessend leitet der Weichencontroller C3 das ursprünglich eingegangene Kommando zur
Fahrstrasseneinstellung an den Controller C2 weiter. Der Controller C2 prüft nun, ob für den von ihm überwachten Gleisabschnitt G2 die Meldung, dass das Gleis G2 frei ist
(Gleisfreimeldung GF = FREI), vorliegt. Ausserdem
kommuniziert der Controller C2 diese
Fahrstrassenanforderung an das Nachbarstellwerk STW, weil natürlich aus dem Gleisabschnitt G2 dann in einen von dem Nachbarstellwerk kontrollierten Gleisabschnitt
eingefahren werden wird. Der Controller C2 leitet nun die Information, dass die Prüfungen für den von ihm
kontrollierten Gleisabschnitt G2 erfolgreich
abgeschlossen sind, an den Controller C3 weiter. Der Controller C3 wiederum leitet diese Information an den ihm im Spurplan vorgeschalteten Controller Cl weiter. Zu diesem Zeitpunkt sind nun sowohl die Weiche 1 als auch das Signal S2 in der entsprechenden Einstellung
verriegelt (verschlossen) . Der Controller Cl schaltet nun die grüne Signallampe des Signals Sl ein und verschliesst diese Einstellung. Damit kann der Controller Cl nun an das Leitsystem melden, dass die angeforderte Fahrstrasse nun eingestellt und stellwerkmässig verschlossen ist. Ein Zug/Schienenfahrzeug kann diese Fahrstrasse nun gefahrlos abfahren, was auch im Leitsystem LT auf den Lupenbildern des Fahrdienstleiters entsprechend angezeigt wird.
Der Aufbau der Fahrstrasse erfolgt daher auch bei dieser Einrichtung E nach den regulären Regeln (z.B. gemäss Fahrreglement des BAV/EBA) und den dort festgeschriebenen Regeln des Spurplanprinzips. Ein besonderer Vorteil dieser Lösung besteht nun darin, dass im Falle von
Ausfällen in der Regel dann nur die betroffene dezentrale Funktionseinheit ausfällt und nicht wie heute leider meist in einem Störungsfall das gesamte Stellwerk. Zudem ist die Prozessinformation über den Verschlussstatus von einzelnen dezentralen Funktionseinheiten direkt in der Aussenanlage verfügbar, sodass zum Beispiel auch die Anschlussmöglichkeit für eine Rottenwarnanlage besteht. Durch einen konsequenten Aufbau der Netztopologie nach dem vorstehenden Muster kann auch das Leitsystem LT als echte Cloud-Lösung ausgeführt werden. Für Diagnosen können an jedem dezentralen Funktionselement
Netzwerkanschlüsse zur Verfügung gestellt werden. Ebenso werden Ferndiagnosen erleichtert und der Zugriffsschutz kann verbessert werden. So können beispielsweise
sicherheitsrelevante Diagnosefunktionen nur lokal zur Verfügung gestellt werden.