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Fahrzeug zum Befahren von Schlick- und Schlammböden Die Landgewinnung
im Watt konnte bisher nur durch Spatenarbeit von Menschenhand betrieben werden.
Versuche, Rad- und Raupenschlepper mit zur Verminderung des spezifischen Flächendrucks
vergrößerten Laufflächen bei diesen Landgewinnungsarbeiten auf Schlick- und Schlammböden
einzusetzen, scheiterten an den zu hohen Eigengewichten und an der Unwendigkeit
bzw. an der unzulänglichen Lenkung dieser Fahrzeuge. Die Räder fanden im Schlick
keinen festen Halt, sondern wühlten bei ihren Umdrehungen den Schlick immer weiter
auf und sanken dabei so tief ein, daß sie nach keiner Seite hin eingeschwenkt werden
konnten. Hinzu kam die Verschmierung der Räder oder Raupen durch den zäh anhaftenden
Schlick, wodurch ein Befahren des Watts mittels motorgetriebener Fahrzeuge sehr
erschwert wurde. Ein Befahren von Schlickböden bzw. des Watts ist nur dann möglich,
wenn das eingesetzte Fahrzeug seine Lenkfähigkeit auch bei tieferem Einsinken in
den Schlick behält.
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Bekannt sind Fahrzeuge, bei welchen die üblichen Räder durch kugelsegmentförmige
Kappen ersetzt sind, welche mit konstanter Geschwindigkeit angetrieben und zur Erreichung
von stufenlos veränderbaren Geschwindigkeiten sowie zur Lenkung des Fahrzeuges gegenüber
dem Fahrgestell geneigt werden.
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Voraussetzung für das Erreichen der stufenlosen Geschwindigkeitsänderung
und das Lenken des Fahrzeuges ist eine annähernd punktförmige Berührung der kugelsegmentförmigen
Kappen mit dem Erdboden, die eine hohe spezifische Bodenpressung hervorruft.
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Ein derartiges Fahrzeug könnte zwar auf schlaminigem Boden infolge
seiner verhältnismäßig großflächigen
Kappen stehen, ohne allzu
tief einzusinken ; es könnte sich jedoch nicht fortbewegen, da die kugelsegmentförmigen
Kappen nur im Schlamm herummahlen würden. Während nämlich die die Lenkung überhaupt
ermöglichende annähernd punktförmige Berührungszone zwischen Untergrund und kugelsegmentförmigen
Kappen bei hartem und ebenem Untergrund eindeutig festliegt, ist eine solche bei
schlammigem und unebenem Boden überhaupt nicht vorhanden, sondern an die Stelle
der annähernd punktförmigen Berührung tritt daher, je nach Beschaffenheit des Untergrundes,
eine Berührung an unendlich vielen Punkten. Infolgedessen erteilen die einzelnen
kugelsegmentförmigen Kappen dem Fahrzeug verschiedene Geschwindigkeiten, so daß
es nicht geradeaus, sondern in unbestimmbaren Kurven fahren würde.
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Die Erfindung liegt demgegenüber die Aufgabe zugrunde, ein Fahrzeug
zu schaffen, welches auf Schlammböden, die kein Mensch mehr betreten kann, fahren
und darüber hinaus noch mehrere Arbeitsmaschinen oder Transportvorrichtungen schleppen
kann.
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Die Lösung dieser Aufgabe besteht darin, daß erfindungsgemäß schwenkbare
Druckrollen, geben Verschmierung geschützt, innerhalb über ortsfeste Antriebswellen
angetriebener, an sich bekannter Rotationshohlkörper an Stelle der üblichen Fahrzeugräder
- die eine teller- oder kegelstumpfartige Form haben und bei Fahrzeugstillstand
wie auch bei jeder Fahrzeuggeschwindigkeit oder Lenkbewegung in unveränderlicher
Schräglage zum Boden mit einer sich über die gesamte Kegelstumpfmantelhöhe längs
der Mantellinie verlaufenden Auflagefläche am Boden aufliegen - angeordnet sind,
wobei das Schwenken der Druckrollen um eine senkrechte Achse im Stand oder während
der Fahrt ein Lenken des Fahrzeuges in beliebiger Richtung in bezug auf die Fahrzeuglängsachse
ermöglicht, und daß die Rotationshohlkörper auf der dem Erdboden zugekehrten Seite
des Kegelstumpfinantels mit in dessen Längsrichtung sich erstrekkenden rippenartigen
Greifern versehen sind, daß weiter die Rotationskörper in an sich bekannter Weise
Gruppenantrieb aufweisen und daß schließlich die Antriebswellen der Rotationshohlkörper
senkrecht verlaufen und jede Antriebswelle über ein Kreuzgelenk mit der Bodenplatte
der Rotationskörper verbunden ist. Ferner sind die auf einer Schiene aufliegenden
Druckrollen unter Zwischenschaltung von Armen an Hohlwellen angeordnet, die über
Verbindungsorgane, wie Ritzel, Ketten od. dgl., mit Hilfe eines Lenkhandrades gemeinsam
verschwenkt werden können, wodurch beim Fahren in Richtung der Fahrzeuglängsachse
die Kegelstumpfmantelflächen der beiden vorderen Rotationshohlkörper zueinander
weisen, die der beiden nachlaufenden Rotationshohlkörper aber entgegengesetzt schräg
zu den vorderen stehen.
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Um eine Änderung der Fahrtrichtung zu erreichen, sind die Druckrollen
mit ihren Haltearmen an Hohlwellen angeordnet und um die senkrechte Antriebswelle
frei schwenkbar. Die Fahrtrichtung liegt dann stets senkrecht zur Stellung der resultierenden
Druckrollenachse, welche in' der Mitte zwischen den beiden einzelnen Druckrollenachsen
liegt. Durch entsprechendes Verstellen der Druckrollen und damit auch der Rotationshohlkörper,
welche von o bis 36o° und darüber hinaus möglich ist, kann das erfindungsgemäß gestaltete
Fahrzeug in allen Richtungen, also auch senkrecht zur vorigen, fahren und die Fahrtrichtung
aus dem Stand heraus oder auch während der Fahrt ändern. Es ist gleichgültig, ob
vier, sechs oder auch acht Hohlkörper an dem Fahrzeug angebracht sind.
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Die Vorteile des erfindungsgemäß gestalteten Fahrzeuges für das Befahren
des Watts liegen darin, daß I. die Lenkfähigkeit des Fahrzeugs unabhängig von der
Größe des V ortriebs der Rotationshohlkörper ist, 2. durch Verschwenken der Druckrollen
in den Rotationshohlkörpern eine Fahrtrichtungsänderung im Winkel von 9o° möglich
ist, d. h., das Fahrzeug kann senkrecht zu seiner ursprünglichen Fahrtrichtung von
einem Graben in einen anderen anschließenden Graben einschwenken, ohne einen Bogen
zu fahren, 3. bedingt durch die unveränderliche Schräglage der mit einer sich über
die gesamte Kegelstumpfmantelhöhe längs der Mantellinie verlaufenden Auflagefläche
am Boden aufliegenden Rotationshohlkörper, Unebenheiten des Untergrundes keine Änderung
der Größe des Vortriebs der einzelnen Rotationshohlkörper bewirken können.
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Die Zeichnung stellt ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäß gestalteten
Fahrzeugs schematisch dar, und zwar zeigt Fig.I den hinteren Teil des Fahrzeug,
und zwar links der Linie A-B im Schnitt durch die senkrechte Antriebswelle und rechts
der Linie A-B in Ansicht, Fig. 2 die Draufsicht, Fig. 3 die eine Seitenansicht,
Fig.4 eine Teilansicht von vorn, und zwar die Stellung der hintereinanderliegenden
Rotationshohlkörper, Fig. 5 die Anordnung der Druckrollen bei abgenommenem Oberteil
des Rotationshohlkörpers und Fig. 6 die Anordnung der Druckrollen mit Steuerung
bei fortgenommenem Rotationshohlkörper. An den vier Ecken des Fahrzeugrahmens i
ist eine senkrecht nach unten führende Antriebswelle, 2 drehbar gelagert, welche
am oberen Ende ein Kegelrad 3 trägt. In dieses greift ein Gelenkkegelrad .I ein,
welches auf einer von Lagerböcken 5 getragenen waagerechten Antriebswelle 6 aufgekeilt
ist. Mit Hilfe eines Kettenritzels io wird die Antriebskraft des durch Kupplungshebel
29 zu schaltenden Motors 26 unter Zwischenschaltung eines weiteren Kettenritzels
30 sowie einer Schnecke mit Schneckenrad 28 und einer Kette 27 auf die waagerechte
Antriebswelle 6 und von ihr auf sämtliche senkrechten Antriebswellen 2 übertragen.
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Jede senkrechte Antriebswelle 2 ist über ein durch zwei Bolzen 17
bewegliches Kreuzgelenk 18,
2o mit der Bodenplatte I9 des außen
mit Greifern 16 versehenen Rotationshohlkörpers I4 verbunden.
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Zur Lenkung des Fahrzeugs sind in jedem Rotationshohlkörper I4 zwei
Druckrollen 22 angeordnet, welche auf einer kreisförmigen Druckschiene I5 aufliegen.
Die Druckrollen 22 werden von Lagerbolzen 2I getragen, welche mit Hilfe von durch
Rippen verstärkten Armen 23 an einer die senkrechte Antriebswelle 2 umschließenden,
ein oberes und unteres Drucklager II aufweisenden Hohlwelle 13 angeordnet sind.
Letztere trägt unterhalb ihres oberen Drucklagers II an ihrem oberen Ende ein Kettenritzel
12, in welches eine um alle vier Kettenritzel 12 laufende Steuerkette 24 faßt. Letztere
wird durch das vor dem Führersitz 9 angeordnete Handlenkrad 7 unter Zwischenschaltung
einer am unteren Ende mit einem Ritzel 25 versebenen Lenkwelle 8 verstellt.
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Die Anwendungs- und Wirkungsweise des erfindungsgemäß gestalteten
Fahrzeugs ist folgende: Zunächst wird der Motor 26 angeworfen und mittels Kupplungshebel
29 auf den Antriebsmechanismus geschaltet, so daß die Rotationshohlkörper 14 über
das Kettenritzel 3o, die Schnecke mit Schneckenrad 28, eine Kette 27, ein weiteres
Kettenritzel Io, die waagerechte Antriebswelle 6, das Kegelräderpaar 3, 4, die senkrechte
Antriebswelle 2 und das Kreuzgelenk 18, 20 in Drehung versetzt werden. Da sie am
äußeren Umfang mit Greifern 16 versehen sind, mit denen sie sich auch in schlammigem
Boden abstützen, bewegt sich das Fahrzeug im Schlick und Schlamm des Watts vorwärts.
Die Rotationshohlkörper sind kegelstumpfartig ausgebildet, so daß das gesamte Fahrzeug
auf dem annähernd horizontal liegenden Teil dieser vier Kegelstumpfmäntel (Fig.
4) ruht, welcher sich bei tieferem Einsinken entsprechend der Einsinktiefe vergrößert.
Beim Ablösen des außer Eingriff mit dem Boden gelangenden Greifers fällt etwa anhaftender
Schlamm sofort ab, so daß der Greifer bei Wiedereingriff keine Verschmutzungen oder
Verkrustungen aufweist.
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Die Rotationshohlkörper 14 sind derart angeordnet, daß beim Fahren
in Richtung der Fahrzeuglängsachse die mit Greifern versehenen Kegelstumpfmantelflächen
der beiden vorderen zueinander weisen, während die beiden hinteren entgegengesetzt
zu den vorderen stehen. Dies hat den Vorteil, daß die hinteren Rotationshohlkörper
nicht in den Spuren der vorderen, sondern in eigenen Spuren laufen. Die nachlaufenden
Rotationshohlkörper gelangen demnach nicht auf den von den vorderen bereits heruntergedrückten,
sondern auf unberührten Boden, so daß das Fahrzeug vom Boden besser getragen wird.
Es hinterläßt infolgedessen nicht zwei, sondern vier Spuren.
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Das Fahrzeug schwimmt gewissermaßen mit Hilfe von Schwimmkörpern (Rotationshohlkörpern
14) auf dem zähflüssigen Schlamm und arbeitet sich mit Hilfe von Schwimmflossen
(Greifern I6) im Schlamm vorwärts, wobei letztere nach Zurücklegung ihres Weges
wieder aus dem Schlamm herausgezogen und vorn erneut eingesetzt werden. Das Lenken
des Fahrzeugs erfolgt in der Weise, daß der Auflagepunkt der Rotationshohlkörper
14 mit Hilfe der in ihnen angeordneten Druckrollen 22 verlegt wird. Da die Druckrollensteuerung
aller vier Rotationshohlkörper 14 starr miteinander gekuppelt ist, werden diese
durch Drehung des Lenkrades 7 gleichmäßig beeinflußt. Es ist nicht möglich, den
einen oder den anderen Rotationshohlkörper 14 in seiner bisherigen Lage zu belassen,
während die anderen verstellt werden, sondern ihr Verschwenken geschieht gleichzeitig.
Werden die Auflagepunkte der Druckrollen in den Rotationshohlkörpern um einen gewissen
Winkel verlegt, so fährt das Fahrzeug in einer um diesen Winkel gegenüber der bisherigen
Richtung veränderten Richtung weiter. Bei einer Verlagerung der Druckrollen um 9o°
bewegt sich das Fahrzeug im rechten Winkel zur bisherigen Fahrtrichtung seitwärts,
bei einer Verstellung um I8o° dagegen nach rückwärts. Dabei kann die Bewegungsrichtung
nicht nur während der Fahrt geändert werden, sondern man kann leim haltenden Fahrzeug
bereits die Druckrollen verstellen, so daß es beim Einkuppeln des Motors sofort
in der gewünschten neuen Fahrtrichtung fährt. Dies ist von ausschlaggebender Bedeutung
für die Verwendung des Fahrzeugs im Watt, wo es in nur 2,20 m breiten und rechtwinklig
zueinander verlaufenden Kanälen hin- und herfahren muß. Zum bogenförmigen Einbiegen
des Fahrzeugs aus einem Kanal in einen dazu senkrecht verlaufenden Kanal, wie man
es von den üblichen Straßenfahrzeugen her kennt, ist dort kein Platz vorhanden.
Es lassen sich daher dort nur Fahrzeuge verwenden, welche ohne Übergangslogen eine
neue Fahrtrichtung einschlagen können.