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Auslegerbrücke mit Entlastung durch bodenverankerte Kabel Eines der
schwierigsten Probleme des Brückenbaues stellen die weitgespannten Eisenbahnbrücken
dar, weil die großen Verkehrslasten sehr kräftige Querschnitte erforderlich machen
und damit das Eigengewicht der Brücke rasch anwachsen lassen. Bekannte große Eisenbahnbrücken
mit Spannweiten von über 5oo m sind als Auslegerfachwerkbrücken erbaut worden. Die
Konstruktionshöhe dieser Fachwerke über den Stützen. betrug etwa r oo m, und dadurch
ergab sich für diese Brücken, abgesehen von den großen Stahlgewichten, ein architektonisch
unschönes Bild.
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Große Straßenbrücken dagegen sind in der Form der klassischen Hängebrücken
mit lotrechten Hängern gebaut worden. Diese Hängebrücken besitzen jedoch eine sehr
geringe Steifigkeit und sind deshalb für schwere Verkehrslasten, wie sie sich bei
Eisenbahnbrücken ergeben, ungeeignet. Infolgedessen hat sich die Hängebrücke für
den Eisenbahnverkehr nicht durchsetzen können. Jedoch kann bei Verwendung von vorgespannten
Schrägkabeln bei Hängebrücken großer Spannweite die für den Eisenbahnverkehr notwendige
Steifigkeit erreicht werden. Durch die vorgespannten Schrägkabel werden die Biegungsmomente
und die D,urchbiegungen des Versteifungsträgers sehr stark abgemindert. Eine weitere
Verminderung folgt aus den im Verhältnis zu den Verkehrslasten sehr hohen Eigengewichtslasten.
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Bei den Brücken mittlerer Spannweite von etwa 3oo bis 8oo m geht der
zweite Vorteil, der sich aus dem günstigen Verhältnis von g/p ergibt, stark. zurück,
so daß bei diesen Spannweiten auch bei Verwendung von Schrägkabeln zwecks Einhaltung
der zulässigen D,urchbiegungen entweder das Eigengewicht zusätzlich erhöht oder
die Seilspannung gegenüber der zulässigen ermäßigt werden muß. Beide Maßnahmen .sind
aber mit erheblichen Zusatzkosten verbunden.
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Beide Schwierigkeiten lassen sich mit dem erfindungsgemäßen. neuen
Tragsystem ohne weiteres beseitigen. Hierbei wird eine Auslegerfachwerkbrücke
mit
einem in der Bodenscheibe verankerten Tragkabel kombiniert, wobei die Obergurtlinie
des Fachwerkes nach der Seillinie des Kabels verläuft. Durch das Kabel wird das
gesamte oder ein beliebiger Teil des Eigengewichtes der Brücke abgetragen. Der Kabelzugkraft
entspricht eine gleich große, in der Bodenscheibe verlaufende Druckkraft. Da. einerseits
diese Druckkraft nicht von dem Untergurt des Fachwerkes, sondern von der Bodenscheibe
übernommen wird und andererseits die Zugkraft des Obergurtes aus Eigengewicht durch
das Kabel bei etwa dreifach höheren Spannungen übernommen wird, kann der Fachwerkträger,
der nunmehr im wesentlichen nur durch die Verkehrslasten beansprucht wird, sehr
leicht gehalten werden.
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In Sonderfällen kann man dem Kabel durch eine Vorbelastung oder durch
Vorspannen der Hänger mittels hydraulischer Pressen vor Inbetriebnahme der Brücke
einen, größeren Lastanteil als das Eigengewicht selbst zuerteilen und damit die
Verkehrslastmomente abmindern.
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An der Übertragung der Verkehrslasten beteiligt sich das Kabel nur
in. ganz geringem Maße, weil der Fachwerkträger eine vielfach höhere Steifigkeit
besitzt als das nachgiebige Kabel. Infolgedessen werden die Verkehrslasten zum größten
Teil von dem Fachwerkträger und nur zu einem geringen Teil (etwa 150/0) von dem
Kabel getragen, während bei einer Hängebrücke die Verkehrslast fast ausschließlich
durch das Kabel getragen wird.
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Für .die Dauerfestigkeit des Kabels ist diese fast nur ruhende Belastung
außerordentlich günstig, weil erstere um so größer ist, je geringer die schwankenden
Spannungen des Kabels sind. Bei den Hängebrücken betragen. die schwankenden Spannungen
infolge der Verkehrslasten bis zu etwa 500!o der, Eigengewichtsspannungen, bei dem
erfindungsgemäß-en System dagegen, mir etwa i o 1!b. Gleichzeitig gehen mit den
schwankenden Spannungen aber auch die Biegespannungen der Kabeldrähte zurück. Mit
Rücksicht auf .die schwankenden Spannungen und die zusätzlichen Biegespannungen
der Kabeldrähte wird für die Kabel gegenüber den Stahlträgern eine erhöhte Bruchsicherheit
verlangt. Während bei Formstahl die Sicherheit gegen Bruch nur 1,75 ist,
verlangt man bei den Kabeln wenigstens eine 2, 5fache Sicherheit. Aus den erörterteny
Gründen kann diese bei den Kabeln der erfindungsgemäßen Konstruktion wenigstens
auf 2,25 herabgesetzt werden.
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Eint ganz gleichartiges Verhalten der Kabel ergibt sich bei den vorgespannten
Stahlbetonbalkenbrücken, bei denen ebenfalls, und zwar in noch etwas höherem Maße,
die Verkehrslasten fast ausschließlich von den Stahlbetonbalken getragen werden,
so daß die schwankenden Spannungen der Kabel nur wenige Prozent betragen. In Hinsicht
darauf sind in den vorläufigen Richtlinien für vorgespannte Stahlbetonkonstruktionen
die zulässigen Spannungen der Kabel mit 55()/o der Bruchfestigkeit festgelegt (Sicherheit
i,82).
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Das beschriebene Tragwerksystem eignet sich auch besonders für Auslegerbrücken
.mit mehreren Öffnungen. Wähnend die klassischen Hängebrücken für mehrere öffnungen
ungeeignet sind, weil sich hierbei bei Verkehrsbelastung nur einer Öffnung infolge
der großen Kabeldehnungen zu große Durchbiebgungen .ergeben, ist dies bei dem erfindungsgemäßen
Tragwerk ;nicht der Fall, weil die Verkehrslasten fast ausschließlich durch die
Fachwerkträger ,abgetragen werden.
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Die Montage dieser Auslegerträger erfolgt zweckmäßig in der Weise,
daß diese zunächst in den Seitenöffnungen hergestellt wird. Alsdann werden die Kabel
eingezogen und an diesen der Fachwerkträger der Hauptöffnung ohne Stromgerüste angehängt,
wobei dem Kabel eine entsprechende überhöhung gegeben werden muß, um die aus den
Eigengewichtslasten folgenden Durchbiegungen der Kabel auszugleichen. Bei. durchlaufenden
Brücken mit mehreren Öffnungen ist das Montageverfahren das gleiche. Diese durchlaufenden
Brücken sind wirtschaftlich ganz besonders bedeutungsvoll, weil bei mehreren Hauptöffnungen
die Kosten der Verankerungsblöcke entsprechend der Anzahl der Öffnungen zurückgehen.
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Dias neue Tragsystem ist wegen. seiner hohen, Steifigkeit besonders
für Eisenbahnbrücken geeignet. Aber nicht nur für Eisenbahnbrücken, sondern auch
für Straßenbrücken ergeben sich dadurch wesentliche wirtschaftliche Vorteile. Auch
ist es bei den letzteren möglich, die Fachwerkträger anstatt aus Stahl auch aus
Stahlbeton herzustellen.
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Zweckmäßig koppelt man bei den Stahlbrücken die Stahlbetonfahrbahn@en
nach vorangegangener Vorspannung mit den Stahlträgern des Untergurtes, wodurch sich
für diese infolge der Verbundwirkung eitle weitere Stahlersparnis ergibt.
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Abb. i zeigt das erfindungsgemäße Tragwerk, bei welchem das Eigengewicht
des Auslegerträgers i ganz oder zu einem beliebigen Teil durch die Kabele getragen
wird, die in der Bodenscheibe mittels der Betonblöcke 3 verankert sind; Abb.2 zeigt
das Kabellager auf den Fachwerkständern q. über den Mittelstützen, die als Rollen-oder
Pendellager 5 ausgebildet sind; Abb. 3 zeigt die Anhängung des Fachwerkträgers an
den Kabeln; diese erfolgt durch die Hängestangen 6 an einem Knotenpunkt des Obergurtes;
Abb. ¢ zeigt die Verankerung des Kabels 2 in dem Betonblock 3, wobei bei der gewählten
Konstruktion zwei Umlenklager benötigt werden; das obere Umlenklager 7 stützt sich
auf einen mit dem Widerlager verbundenen Dreibock 8, das untere, 9, dagegen direkt
gegen den Betonblock; Abb. 5 zeigt den erläuterten Auslegerträger, bei dem sich
das Kabel über .mehrere Hauptöffnungen erstreckt.
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Bei Brücken mit nur ,einer Hauptöffnung ist ein Fachwerk in den Seitenöffnungen
in architektonischer Hinsicht nicht tragbar. Zweckmäßig ersetzt man in diesem Falle
das Fachwerk der Seitenöffnungen durch einen im Fundament verankerten Dreiecksb@ock
nach Abb.6. Dieser besteht aus einem Zugstab io und einem auf der Unterlage beweglichen
Druckstab i i, der in den Untergurt des Fachwerks der Mittelöffnung einmündet.
In
Abb. 7 und 8 ist schematisch angegeben, wie die Vorspannung der zunächst beweglich
gelagerten St,ahlbetonfahrbahn erzeugt wird. Die beiden Abbildungen geben Teillängs-
und -qerschnitte wieder.
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Auf dem Untergurt ia des Fachwerkträgers i liegt die Stahlbetonfahrbahn
13. Sie ist zunächst über Rollen 14, Walzen. oder Gleithager auf dem Träger abgestützt.
Gegen einen Bock 15 am Träger liegt die hydraulische Presse 16, .mit der
die Fahrbahndecke unter so großen Druck gesetzt werden kann, daß in ihr auch bei
der Höchstbelastung nur Druckspannungen auftreten können. Die feste Verbindung zwischen
Fahrbahn und Träger, beispielsweise durch Schweißur oder Nieten, wird erst vorgenommen,
wenn die Gewähr dafür gegeben ist, daß die eingebrachten Spannungen auch erhalten
bleiben, gegebenenfalls also erst nach mehrmaligem Nachdrücken mit der Presse 16.
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Als Widerlager der Presse können auch hoch vorgespannte Seile im Untergurt
des Fachwerkträgers dienen.