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Feuerschutzmittel Zum Schwerentflammbarmachen von Holz u. dgl. dienen
Anstrich- und Imprägniermittel. Die Anstrichmittel bestehen vorwiegend aus Wasserglas
oder Sorelzement und enthalten meist Pigmente. Mit oder ohne Pigment sind sie ziemlich
viskos und lassen sich meist ohne Mühe in genügend starker Schicht auftragen. Die
Imprägniermittel dagegen, meist in. Wasser zu lösende Salze, ergeben sehr dünnflüssige
Lösungen, die in der Regel ohne Mitverwendung von Pigmenten aufgestrichen oder aufgespritzt
werden. Infolge des Fehlens von Pigmenten und der Dünnflüssigkeit ist die Aufnahme
bei einem einmaligen Spritz- oder Streichgang auf dem zu schützenden Untergrund,
vorzugsweise Holzwerk, verhältnismäßig gering; beim Versuch eines reiehliaherenAufbringens
läuft einerheblicher Teil der Lösung ungenutzt ab. Der Umfang der Feuerschutzwirkung
hängt aber, wie erst neuerdings genauer festgestellt wurde, von der Menge des auf
dem Holzwerk aufgebrachten Feuerschutzsalzes ab. In älteren Schrifttumsangaben war
dies noch keineswegs eindeutig erkannt worden, und daher kommt es, draß früher auch
sehr schlecht lösliche Salze als Feuersc'hutzimprägniermittel empfohlen oder für
gut lösliche viel zu geringe Auftragsmengen vorgeschlagen wurden.
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In jüngster Zeit ist die Feuersbhutzprüfung genormt worden (Neufassung
DIN 41o2), was zur
Folge hatte, daß manche der im Schrifttum angegebenen
Imprägniermittel nicht mehr oder wenigstens nicht nach der früher angewendeten Auftragsmenge
und Art als genügend feuerhemmend anerkannt werden. Beispielsweise ist es schon
bekannt gewesen, daß durch Imprägnierung mit Chlorzink-oder Ammonchloridlösungen
oder Zinkammonchloridlösungen oder Ammonsalzharnstoffmischlösungen eine Feuerschutzwirkung
erzielt wird. Erst neuerdings ist aber erkannt worden, daß dieser Feuerschutz für
Holz nur bei verhältnismäßig hoher, nicht immer leicht erreichbarer Auftragsmenge
wirklich ausreicht.
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Um nun mit den heute üblichen und amtlich zugelassenen Imprägnierungsmitteln
eine genügende Feuersc'hutzwirkung zu erreichen, ist ein 2- bis 3maliges Spritzen
oder Streichen des zu behandelnden Holzwerkes od. dgl. mit zwischenliegenden Trockenpausen
erforderlich, damit bei der vorgesehenen höchstens etwa 33o/oigen Auflösung der
Salze die behördlich geforderte Mindestauftragsmenge von i 5o g an trocknem Schutzstoff
je Quadratmeter erreicht wird. Heute gilt es deshalb als Norm, daß alle Lösungen
handelsüblicher Imprägniersalze 2- bis 3mal aufgestrichen oder -gespritzt werden
müssen, zumal da diese Mittel vielfach sogar nur als noch niedrigerprozentige Lösungen
anwendbar sind. Nach dem heutigen Stand der Technik gibt es kein Feuersahutzimprägnierungsmittel,
das sich mit einem einzigen Spritz-oder Streichgang in der für die Erreichung der
Feuerschutzw inkung genügenden Menge aufbringen ließe.
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Es 'tat sich nun gezeigt, daß die nachfolgend beschriebenen chlorzinkhaltigen
Imprägniersalze bei nur einmaliger Streichung oder Spritzung bereits imstande sind,
Holzwerke so wirksam zu schützen, wie es die Brandprüfung nach DIN 4102 erfordert,
und daß dabei überraschenderweise noch eine Reihe weiterer Vorteile auftreten, die
überhaupt erst die Verwendung von. Chlorzink für diese Zwecke in technischem Ausmaß
ermöglichen. Erfindungsgemäß wird dies dadurch erreicht, daß als Feuerschutzmittel
Chlorzinkharnstofl'komplexsalze benutzt werden, vorzugsweise solche mit weniger
als 2 Mol Harnstoff auf i Mol Zinkchlorid. Diese Salze lassen sich in Wasser in
einer bisher nie erreichbaren Konzentration lösen, nämlich je nach Zusammensetzung
6o- bis 75o/oig. Die so erhaltenen hochkonzentrierten, Lösungen sind ebenso dünnflüssig
wie die sonst benutzten 2o- bis 35o/oigen Lösungen bekannter Feuerschutzimprägniersalze;
sie lassen sich deshalb mit Leichtigkeit verspritzen oder verstreichen. Durch das
Einsparendes zweiten oder des dritten Arbeitsganges wird eine bisher nicht für möglich
gehaltene Vereinfachung des ganzen Imprägniervorganges durch sehr beträchtliche
Einsparungen an Arbeitskraft, Lohn und Zeit erreicht.
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Es ist zwar schon eine Verbindung von i Mol Chlorzink und 2 Mol Harnstoff
beschrieben worden (Annalen der Chemie 1857, Bd. C1, S. 339), die ebenfalls komplex
zusammengesetzt sein dürfte; es ist jedoch bisher nicht erkannt worden, daß diese
und auch ähnlich zusammengesetzte oder an Harnstoff ärmere Verbindungen in konzentriertester
wäßriger Lösung sehr brauchbare Mittel zur Feuerschutzimprägnierung darstellen.
Übrigens steht diese bekanntgewordene Verbindung aus i Mol Zinkchlorid und 2 Mol
Harnstoff bei gleicher Anwendungsmenge den obengenannten, vorzugsweise als Flammschutzmittel
geeigneten Verbindungen, die weniger als 2 Mol Harnstoff auf i Mol Zinkchlorid enthalten;
etwas nach.
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Die erwähnten Chlorzinkh.arnstoffkomplexsalze können entweder für
sich allein angewendet werden oder auch mit besonderem Vorteil in Form von Chlorammoniumdoppelsalzen,
z. B. von der Formel [Zn, NH2-CO-NH2] C12+2NH,CI [Zn, N H2 - CO- N H2] C12+3
N H4 C1 bis -[Zn, 2 N H2 - C O - NH21 C12 + 2 N H4 C1 Doppelsalze von Chlorzink
und Chlorammonium sind an sich bekannt, Chlorammoniumdoppelsalze von Chlorzink!harnstoffkomplexsalizen,d@ageg@en
nicht.
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Daß es sich bei den beanspruchten Harnstoffverbindungen um Komplexsalze
handelt, wird durch folgendes nahegelegt: Wenn man in. eine beispielsweise 66o/oige
Chlorzinklösung ein Aluminiumblech einlegt, so zersetzt sich dieses unter Abscheidung
von metallischem Zink unter Bildung von Aluminiumchlorid, entsprechend .der bekannten
Tatsache, daß Aluminium in der elektrischen Span, nungsreihe unter dem Zink steht
und aus Salzen der Schwermetalle dieses ausfällt (U 1 I m an n, 2. Auflage, 1940,
S.247). Ersetzt man hei dem beschriebenen Versuch die C'hlörzin'klösung durch eine
ebenfalls 66o/oige Lösung der beanspruchten Chlorzinkharnstoffverbindung mit und
ohne Ammonchlorid, so wird das Aluminium praktisch nicht angegriffen und insbesondere
kein metallisches Zink ausgeschieden. Dieses Verhalten der Komplexsalze ist günstig
für ihre praktische Anwendung im Feuerschutz, da hierbei etwaige Schädigungen von
Leichtmetallteilen nicht befürchtet zu werden brauchen.
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Ein weiterer Beweis für die Komplexe, nicht bloße Mischungsform ist
.die unerwartet hohe Löslic'h'keit 1>e1 ausgezeichnetem Kristallisationsvermögen
der abgekühlten oder zur Trockne gebrachten Lösungen. Es ist an sich bekannt, daß
Zusätze von Harnstoff zu Lösungen des Chlorammoniums oder Gemische von Natrium-
oder Magnesium,salzlösungen die Lö slirhkeit dieser Stoffe in Wasser um ein geringes
er'hö'ht. Diese Erhöhung der Löslichkeit wird aber bei weitem übertroffen durch
diejenige, die beim Zugeben von Harnstoff zu Chlorzink durch Bildung von Komplexverbindungen
auftritt: i Grammol Harnstoff + 2 Grammol Ammonchlorid lösen sich bei 25° C erst
in etwa 477 g Wasser, lösen sich also in der Wassermenge von 130g, die zur
Herstellung einer 7oo/oigen Lösung des Grammols [Zn, N H2 - C O - N H2] C12 + 2
N H4 Cl bei 25° C notwendig wäre, nur zu etwa einem Viertel auf. Fügt man, nun nac'hträglic'h
zu einer solchen, sehr viel Bodenkörper enthaltenden
gesättigten
Salzlösung die stöcliiometrisdh erforderliche Chlorzinkmenge (1 Grammol) hinzu,
so löst sich nicht nur das Chlorzink, sondern gleichzeitig auch der Bodenkörper
mit auf, ein Zeichen einer chemischen Umwandlung. Umgekehrt lösen sich in eben dieser
Wassermenge von 130 g i Grammol Chlorzink + 2 Grammol Ammonchlorid bei 25°
C erst 'dann vollständig, wenn 1 Grammol Harnstoff nachträglich (oder sofort) zugesetzt
ist (s. Tabelle I).
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Überraschenderweise nimmt die Feuerschutzwirkungdurch die Anwendung
der Komplexsalze an Stelle der Einzelbestandteile, aus denen diese Komplexsalze
zusammengesetzt sind, sehr erheblich zu. Es ist schon bekannt, Harnstoff und Am@monchlorid
in Gegenwart von besonders gut vor Feuer schützenden Phosphaten für Feuerschutzzwecke
anzuwenden, doch sind beide, für sich allein gemischt, ohne Phosphatschutz, als
Feuerschutzmittel nicht beschrieben und nach den !heutigen hohen Anforderungen .gemäß
DIN 4102 Neufassung 1940, tatsächlich wertlos. Die Tabelle II gibt an, wie groß
der Unterschied in der Brandschutzwirkung nach DIN 4102, Neufassung 1940, zwischen
Harnstoffchlorammoniumgemischen ohne Chlorzink und solchen mit Chlorzink gemäß vorliegender
Erfindung ist. Da übrigens Ammoniumchloridharnstoffmisdhungen, ebenso wie auch Harnstoff
und Ammoniumehlorid allein, sich nicht 66- oder höherprozentig auflösen lassen,
mußte für diese Vergleichsversuche hilfsweise der Weg beschritten werden, von diesen
Stoffen schwächere (33o/oige) Lösungen mehrmals nacheinander zu verspritzen (3-
bis 4mal), um gleiche Aufnahmen von rund 175 g Salz je Quadratmeter zu erreichen,
wie sie erfindungsgemäß mit nur einmaligem Verspritzen einer 660%igen Lösung des
Komplexsalzes erreicht werden.
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Betrachtet man nun gemäß Tabelle II die Brandprüfungsergebnisse der
mit drei bis vier Spritzgängen: aufgebrachten Mittel im einzelnen, so erkennt man
den außerordentlich 'hohen Vorteil bei Anwendung der Komplexsalze Nr. 5, 7 und 8,
die die Prüfung nach DIN 4102 glatt bestehen (ebenso wie 1>e1 nur einmaligem Spritzen
mit 66%iger Lösung), während Harnstoff oder Chlorammonium für sich oder eine Harnstoffchlorammoniummischung
(Nr. 2, 3, 4) 1>e1 gleicher Salzaufnahmemenge auf dem Holz sie nicht bestehen. Die
Tabelle 11 zeigt weiter an, daß Chlorzink für sich allein (Nr. i) hei gleicher
Salzaufnahmemenge deutlich schlechtere Verbrennungsergebnisse ergibt, freilich die
Anforderungen nach DIN 4102 eben noch erfüllt. Zu beachten ist dabei aber, daß bei
dieser Imprägnierung reines Chlorzink vorliegt, während eine in der Gesamtsalzaufnahme
gleiche Imprägnierung mit dem Komplexdoppelsalz (Nr. 7 oder 8) in Wirklichkeit nur
44% des bei höher Menge eben, brauchbaren Chlorzinks, dafür aber 56% anderer, wesentlich
schlechterer Bestandteile enthält, die, für sich allein bei gleicher Aufnahmemenge
zum Imprägnieren benutzt, die Prüfung nicht bestehen. Aus diesen Versuchen geht
hervor, daß die Zinkchloridharnstoffkomplexsalze in bezug auf Löslichkeit und Schutzwirkung
tatsächlich erheblich höher liegen, als dies nach den Eigenschaften der Einzelverbindungen
:hätte erwartet werden können. Beispielsweise hätte, wenn die Schutzwirkung der
einzelnen Mittel rein additiv wäre, die Komplexsalzi,rnprägnierung wesentlich schlechteren
Feuerschutz :bieten müssen als die reine Chlorzin:kimprägnierung. Tatsächlich ist
sie aber deutlich besser ausgefallen.
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Ein weiterer, nicht zu erwartender Vorteil bei der Verwendung der
Chlorzinkharnstoffkomplexverbindungen gegenüber dem reinen Chlorzink liegt darin,daßletzteres
in LösungbeimVerspritzendurch Verätzung der Haut :größte Erschwernisse mit sich
bringt, die bei den Komplexsalzen wegfallen. Hierin ist ein weiterer überraschender
Vorteil der letzteren zu erblicken. Mit Chlorzink behandeltes Holzwerk ist und bleibt
ferner feucht und schmierig, auch bei noch so trockener Luft. Es läßt sich deshalb
Chlorzink in bewohnbaren oder der Arbeit oder der Warenspeicherung dienenden Holzbauten
nicht anwenden, da binnen kurzem eine schmierige Schmutzsc'hic'ht aus aufgefangenem
Ruß und Staub auf dem Holzwerk entsteht; ferner kann das so behandelte Holzwerk
niemals mit einem der Verschönerung dienenden Anstrich versehen werden. Dies ist
aber ohne weiteres durchführbar, wenn erfindungsgemäß als Imprägnierungsmittel die
wesentlich weniger 'hygroskopischen Komplexsalze benutzt werden. Audh dies ist als
weiterer wichtiger Vorteil zu werten und konnte nicht vorhergesehen werden (vgl.
Tabelle III).
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Noch eine weitere unangenehme Eigenschaft des Chlorzinks ist durch
die Komplexsalzbildung überraschenderweise verschwunden, nämlich die der angreifenden
Wirkung auf Holz bei erhöhten Temperaturen, die sich in einer Schwarzfärbung :des
imprägnierten Holzes äußert, sobald die gewö'hnlic'hen Temperaturen erheblich überschritten
werden, etwa in der Nähe einer Feuerung oder einer Darnpfheizung oder im Fall eines
Brandes in einem mit Chlorzink behandelten Holzbauwerk. Der Wert solchen Holzes
würde durch das Schwarzwerden meist erheblich gemindert.
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Aus alledem ergibt sich, daß nicht nur -die überaus hohe Löslichkeit
der Komplexverbindungen, sondern vor allem eine Reihe weiterer Vorteile bei ihrer
praktischen Anwendung im Feuerschutz von allergrößter Bedeutung sind.
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Dic erfindungsgemäß anzuwendenden Komplexsalze brauchen nicht unbedingt
in reiner Form benutzt werden, es genügt, wenn die Salzgemische vorwiegend daraus
bestehen. Auch können die in der Feuerschutztechnik üblichen sonstigen geringen
Zusätze gegeben werden, z. B.. Zusätze löslicher Farbstoffe, um die erfolgte Behandlung
besser kenntlich zu machen. Statt Chlorammondoppelsalze können übrigens auch andere
Halogenammondoppelsalze oder Gemische davon benutzt oder mitbenutzt werden, etwa
Brorrfammonium; ebenso kann das Chlorzink auch z. B. durch Chromzink ersetzt sein.
Tabelle 1 |
Chlorzink-Harnstoff-Komplex-Chlorammon-Doppelsalz in 130
g Wasser zur |
7o°/oigen Lösung gelöst und in gleicher Wassermenge (daneben
auch |
Einzelbestandteile) gelöst. |
Harnstoff (i Grammol) ........... 6o - 6o |
Ammonchlorid (2 Grammol) ....... 107 107 107 |
Chlorzink (i Grammol) ........... - 136 136 |
Wasser......................... 130 130 130 |
Aussehen der Mischung bei 25"C |
nach i Stunde................. sehr viel Bodenkörper
ziemlich viel Boden- alles gelöst |
körper (übergehend |
in Doppelsalzkristalle) |
Nachträglicher Zusatz von Chlorzink 136 - - |
Nachträglicher Zusatz von Harnstoff - 6o - |
Aussehen der dadurch nachträglich |
ebenfalls auf 70°,/o Festsubstanz |
gebrachten Mischung ........... alles gelöst alles gelöst
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Tabelle III |
Hygroskopizitätsverhalten von Chlorzink und dem |
wichtigsten Komplexdoppelsalz |
Chlorzink ............................ 10 g - |
Trockene Mischung aus |
i Mol Chlorzink, 2 Mol Chlorammon und |
i Mol Harnstoff .................... - io g |
Gewicht nach itägigem Stehen in feucht- |
kalter Luft (8°C) ................... 13,68 g ii,9o
g |
Aussehen ............................ dickflüssig, milchig
zum Komplexdoppelsalz umgewandelt, |
durch Kristallisation zusammengebacken |
Gewicht nach weiterem i tägigem Stehen |
in feuchtwarmer Luft (25° C) ........ 15,27 g 10,92
g |
Aussehen ............................. dickflüssig,
fast klar fest, trockenen Eindruck machend |