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Zierfahren zur Herstellung von Polymerisaten und Mischpolymerisaten
Gegenstand vorliegender Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von Polymerisaten
mit bestimmten optischen, elektrischen, wärmetechnischen und mechanischen Eigenschaften,
die in der Technik als Isoliermaterialien, Verglasungsmaterialien und als Austauschstoffe
für Metalle Verwendung finden.
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Die nach dem erfindungsgemäßen ,Verfahren hergestellten Kunststoffe
können in ihren Eigenschaften weitgehend abgewandelt werden, so daß ihnen Eigenschaften
von Naturstoffen verliehen werden können. Sie können beispielsweise keine oder auch
eine verhältnismäßig hohe elektrische Leitfähigkeit aufweisen. Umgekehrt können
Naturstoffen, wie beispielsweise trocknenden Ölen, nach dem Verfahren Eigenschaften
von Kunststoffen verliehen werden, so daß Standöl aus Leinöl als Isolierlack gegen
Feuchtigkeit und basische Salze verwendet werden können.
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Es ist schon früher vorgeschlagen worden, Stoffe, wie beispielsweise
Styrol, einer Wärme- oder Lichtbehandlung auszusetzen, um daraus glasartige Produkte
herzustellen. Diesen Vorgang bezeichnet man als Polymerisation. Diese Polymerisation
wird im Block, in Lösung, in Emulsion und in der Gasphase durchgeführt, wobei bestimmte
Zusätze zur Beschleunigung der Reaktion gemacht wurden.
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Es ist nun ferner bekannt, daB durch Zusatz sauerstoffhaltiger oder
Sauerstoff übertragender Stoffe der Polymerisationsvorgang beschleunigt wird. Es
ist auch weiterhin bekannt, daß ein Zusatz von beispielsweise Benzaldehyd in ähnlicher
Weise den Polymerisationsvorgang beeinfluBt. Ebenso ist bekannt, daß die Reaktion
durch gleichzeitige Zugahe
je einer oxydierend und reduzierend
wirkenden Substanz stark beschleunigt werdenkann. Dieses Verfahren wird als Redoxpolymerisation
bezeichnet.
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Nicht bekannt ist jedoch, daß es unter milden Versuchsbedingungen,
d. h. auch bei weitgehendem Ausschluß von Sauerstoff, gelingt, aus dem zu polymerisierenden
Stoff aldehydische Bruchstücke im Status nascendi herzustellen, die, wie gezeigt
werden kann, wesentliche Einflüsse auf die Eigenschaften des fertigen Polymerisates
ausüben. So konnte u. a. gezeigt werden, dafi Polystyrol, bei dessen Polymerisation
der bei dieser Arbeitsweise entstehende Formaldehyd durch chemische Reaktion bzw.
durch Entlüften der Apparatur entfernt «-orden war, ein hohes Molekulargewicht aufwies,
während bei der Entfernung des sich laufend bildenden Benzaldehydes, durch Oxydation
beispielsweise, Produkte entstanden, die eine sehr geringe Kettenlänge aufwiesen
und zudem optisch nicht klar waren, wobei als trübendes Medium der Paraformaldehy
d erkannt wurde, der sich in dem Ansatz bildet. Die elektrischen und mechanischen
Eigenschaften werden durch diese gebildeten Aldehyde dadurch weitgehend beeinflußt,
daß unter gewissen Versuchshedingungen die Aldehyde weiter zu den entsprechenden
Säuren oxydiert werden.
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Gemäß der Erfindung gelingt es nun, Polymerisate mit den jeweils gewünschten
Eigenschaften bezüglich der optischen, mechanischen sowie elektrischen Kennzahlen
herzustellen, indem man diejenigen bei diesem Vorgang sich bildenden Aldehyde bzw.
der hieraus entstandenen Produkte entfernt, die zu einer Beeinträchtigung der gewünschten
1?igenschaften führen würden. Das erfindungsgemäße Verfahren besteht in der Regulierung
der molaren Konzentrationsverhältnisse der aus der monomeren Substanz entstehenden
Aldehyde, Säuren, Peroxyde und Persäuren, was entweder durch chemische Reaktionen
oder durch Maßnahmen, wie Destillieren, Kristallisieren, Filtrieren erreicht werden
kann. Die Regulierung der Konzentrationsverhältnisse der Oxydationsprodukte der
sich aus der monomeren Substanz zunächst l» ldenden Bruchstücke kann auch in der
Weise erfolgen, daß beispielsweise durch Temperaturerhöhung verhältnismäßig mehr
Benzoesäure als Ameisensäure gebildet wird, während umgekehrt durchTemperaturerniedrigung
oder auch durch weitgehenden Sauerstoffausschluß das Verhältnis zugunsten der Ameisensäure
verschoben werden kann. Durch geeignete Auswahl der chemischen Reaktionen gelingt
es gleichzeitig, gefärbte Polymerisate zu erzeugen, in-(lern ein Teil der sich in
dem Ansatz bildenden Reaktionsteilnehmer mit einer farl>gel)enden Komponente gekuppelt
wird.
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Die Durchführung der Polymerisation kann mit der Masse ohne Zusatz
von Lösungsmitteln im Block oder auch im gelösten oder gasförmigen Zustand oder
schließlich auch nach Emulgierung der Masse in geeigneten Flüssigkeiten, gegebenenfalls
auch unter Zusatz von Emulgierungsmitteln, durchgeführt werden. Es werden hierbei
Stoffe mit mindestens einer Doppelbindung benutzt, wobei auch Mischpolymerisate
hergestellt werden können. Mit der Polymerisation kann gegebenenfalls eine Kondensation
Hand in Hand gehen. Farbgebende Komponenten können gegebenenfalls bei der Reaktion
zur Kupplung gebracht werden.
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Für die Durchführung des Verfahrens werden nachstehend einige Beispiele
unter Verwendung von Styrol wiedergegeben: i. In frisch destilliertes Stvrol wird
bei Zimmertemperatur ein Sauerstoffstrom mit einer Strömungsgeschwindigkeit von
etwa 2 1/Std. eingeleitet. Dann wird so lange auf etwa 5o° erwärmt, bis soeben Aldehyde
(in diesem Fall Benz- und Formaldehyd) nachgewiesen «-erden können. Dann wird unter
Zusatz eines geeigneten Emulgators in Wasser gegossen und zu Ende polymerisiert.
Der Formaldehyd und die sich bildende Ameisensäure werden bei diesem Vorgang weitgehend
in wäßrige Lösung übergeführt, und es entsteht ein amorphes Pulver, das beim Schmelzen
ein optisch klares Produkt mit einem @lolekularge«-icht von größer als ioo ooo darstellt.
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2. In Stryrol wird Benzoyll>eroxyd gelöst und auf etwa 5o° erwärmt,
wobei auch gleichzeitig belichtet werden kann. Sobald Aldehyde nachweisbar sind,
wird eine niedere aliphatische Säure, beispielsweise Ameisensäure oder Citronensäure
Hinzugesetzt, wobei die Konzentration dieser Säuren zweckmäßig zwischen o,i bis
5 % liegt. Im Falle eines Ameisensäurezusatzes werden Produkte erhalten, die ausgesprochen
hochmolekular sind und eine verhältnismäßig hohe Plastizität aufweisen. Der elektrische
Verlustwinkel liegt höher als im Beispiel i.
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3. In Styrol wird kurzzeitig unter Erwärmung Luft eingeleitet bis
zur Entstehung von Aldehyden. Dann >wird in Wasser gegossen. das zur weiteren Oxydation
des Formaldehvdes ein Oxvdationsmittel,@beispielsweise Kaliumpersulfat, enthält,
und zu Ende polytnerisiert. Es entsteht ein Produkt mit einem MolekulargeNwicht
von über foo ooo.
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q. In Styrol wird kurzzeitig unter Erwärmung Luft eingeleitet bis
zur Entstehung von Aldehyden. Dann: wird Benzoylperoxvc1 zugesetzt (etwa
0,3 °/o) und in Wasser gegossen, das als Emulgator Natriumoleat enthält.
Die Polvmerisation wird bei 8o° zu Ende geführt. Durch Zusatz des Oxydationsmittels
zur styrolischen Phase wird der gebildete Benzaldehyd teilweise zu Benzoesäure oxydiert.
Es entsteht ein Produkt mit geringerem Molekulargewicht als nach Beispiel 2. Der
elektrische Verlustwinkel liegt jedoch unter dein des Beispiels 2.
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5. In Stvrol wird 2.5-I>iclilc>rl>enzoesäure bis zu etwa 250/0 gelöst.
Vorher oder auch hinterher werden durch Sauerstoff bzw. durch ein sauerstoffübertragendes
Mittel aus <lern St vrol Benz- und Formaldehyd hergestellt. Der Ansatz kann durch
gleichzeitigen Zusatz von etwa 0,i °/o Ameisensäure rasch zum Anspringen gebracht
werden. Sollte infolge einer Verschlechterung der Löslichkeit der Dichlorl>enzoes<iur@
in dem Stvrol mit fortschreitender Polymerisation lZekristallisation eintreten,
so muß der Ansatz von den überschüssigen Kristallen abfiltriert «-erden. Es entsteht
ein hartes
Polymerisat mit erhöhtem Lichtbrechungsvermögen. Der
elektrische Verlustwinkel liegt extrem niedrig.
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6. In frisch destilliertes Styrol wird unter Druck von einigen Atmosphären
formaldehydhaltiger Sauerstoff eingeleitet und vorsichtig auf 50° erwärmt: Sobald
Benzaldehyd nachgewiesen wird, wird die Temperatur vorsichtig auf ioo° gesteigert
und zu Ende polymerisiert. Der Benzaldehyd wird hierbei größtenteils in Benzoesäure
umgewandelt, und es entsteht ein durch Paraformaldehyd völlig getrübtes Glas. Molekulargewicht
kleiner als ioooo. Der elektrische Verlustwinkel ist kleiner als bei dem Produkt
nach Beispiel i.
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7. In Styrol wird Benzoylperoxyd gelöst und vorsichtig auf 5o° erwärmt,
wobei auch gleichzeitig belichtet werden kann. Sobald Aldehyde nachgewiesen werden
können, wird bis zur gewünschten Farbtiefe 2, .4-Dinitrophenylhydrazin hinzugefügt
und unter Entlüftung der Apparatur bei ioo° zu Ende polymerisiert. Es entsteht infolge
der Entfernung des entstehenden Formaldehydes ein blasenfreies, optisch klares,
gelb bis grün gefärbtes Polymerisat mit einem Molekulargewicht größer als ioo ooo.
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B. Um das nachträgliche Trübwerden der Kunstgläser zu vermeiden, wird
in geschmolzenem Polystyrol Dimethylanilin oder Phenylhydrazin gelöst. Derartige
Produkte trüben bei der Alterung in Sauerstoffatmosphäre (infolge der Kupplung des
Formaldehydes an Hydrazin oder Dimethylanilin ist die Ausscheidung von Paraformaldehyd
unmöglich gemacht) nicht mehr nach.
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Die Säure- und Aldehydbildung aus den zu polymerisierenden Stoffen
bei der Polymerisation in Ciegenwart von (auch nur Spuren) Sauerstoff oder sauerstoffabgebenden
Mitteln ist nach folgendem Schema verständlich:
Beispiele zur Führung der Polymerisation i. In frisch destilliertes Styrol wird
bei Zimmertemperatur so lange Luft oder Sauerstoff eingeleitet, bis die Gewichtszunahme
etwa o,oi bis 0,03 MOI-prozent beträgt. An Stelle des Einleitens von Sauerstoff
kann auch o,i bis 0,3 % Benzoylperoxyd in dem Styrol gelöst werden. Zunächst
wird auf etwa 5o bis 6o° erwärmt, bis Aldehyde nachgewiesen werden können. Zur Erzielung
glasklarer Produkte wird nunmehr unter Vakuum von etwa 5oo mm Hg auf ioo° erwärmt,
wobei gleichzeitig zur stärkeren Austreibung des Formaldehydes ein Stickstoffstrom
durch den Ansatz geblasen werden kann. Wenn die Masse sehr zähflüssig geworden ist,
wird die Temperatur nach Aufhebung des Vakuums vorsichtig auf 14o bis 15o° gesteigert.
Die Polymerisation, ist beendet, wenn die Masse bei ioo° erstarrt ist oder die Wärmebeständigkeit
nach Martens etwa 6o° beträgt.
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Ergebnis: Optisch klares, säurefreies Polymerisat. Molekulargewicht
über ioo ooo.
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2. In Styrol wird so lange bei Zimmertemperatur Sauerstoff eingeleitet,
bis die Gewichtszunahme etwa o,5 Molprozent beträgt. Es kann auch eine entsprechende
Einwaage an N%'asserstoffperoxyd gemacht werden. Dann wird so lange erwärmt, bis
Aldehyde in deutlicher Reaktion nachweisbar sind. An Stelle
des
Erwärmens kann der Ansatz auch bei Zimmertemperatur gelagert werden, wobei zweckmäßig
zur Beschleunigung der Aldehydbildung das Styrol mit Licht, Kurzwelle u. dgl. behandelt
werden kann. Durch Einwirkung von Ultraschall sowie eines elektrischen Feldes kann
die Aldehydbildung ebenfalls beschleunigt werden. Nach dem Auftreten der Aldehyde
wird unter lebhafter Bewegung des Ansatzes Sauerstoff eingeleitet, dem zur Steigerung
der Polymerisationsgeschwindigkeit noch gasförmigerFormaldehyd zugesetzt werden
kann. Zweckmäßig wird hierbei mit Überdrucken bis zu etwa 2 atü gearbeitet. Der
Ansatz ist so zu heizen, daß die Temperatur i io° nicht überschreitet, da anderenfalls
Explosionen auftreten können. Die Polvmerisation ist beendet, wenn die Formbeständigkeit
nach Martens etwa 5o bis 6o° beträgt.
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Ergebnis: Optisch trübes, stark säurehaltiges Polymerisat. Molekulargewicht
unter io ooo. Sehr niedriger elektrischer Verlustwinkel.
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3. Soll das Produkt nach der Vorschrift 2 bei sonst gleichen. Eigenschaften
optisch klar sein, so kann vom ausgeschiedenen Paraformaldehvd abfiltriert werden,
was bis zu einem Gehalt von etwa 30 % Polymerisat noch möglich ist. Bei bereits
auspolymerisiertem Produkt kann der Paraformaldehyd durch Erwärmen im hohen Vakuum
oder auch durch Waschen in warmer Bisulfitlauge nachträglich aus dem Polymerisat
wieder entfernt werden.
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4. Styrol, das zwischen o,i bis 2o 0!o Phenol enthält, wird bis zum
Auftreten der Aldehyde nach i, 2 behandelt. Daraufhin wird in Wasser gegossen, das
neben einem geeigneten Emulgator, wie o,i % Fettalkoholsulfonate, 2 0/0 Kaliumpersulfat
enthält. Das Wasser kann hierbei noch schwefelsauer gemacht sein. Nachdem sich unter
lebhaftem Rühren eine homogene Emulsion gebildet hat, wird bei 8o° polymerisiert.
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Ergebnis: Klares, je nach Phenolgehalt durch Säure härtbares Polymerisat.
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5. Styrol mit einem Gehalt von o,i bis. 2o Olo Trichlorphenol wird
nach i oder 2 behandelt. Dann wird wie unter 4 polymerisiert, wobei das Wasser bis
zu etwa 2 0/0 Wasserstoffperoxyd enthält und zur Erzielung gegebenenfalls eines
irreversibel härtbaren Produktes durch Alkali, beispielsweise Ammoniak, alkalisch
gemacht sein kann. Durch die Anwendung von Trichlorphenol wird die elektrische Leitfähigkeit
des Produktes erhöht. Eine solche Leitfähigkeit ist deshalb erwünscht, um bei kochempfindlichen
1leßgeräten eine Aufladung des Gehäuses oder der Klarsichtscheibe durch statische
Elektrizität zu vermeiden, die zu Fehlern, führen kann.
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6. Styrol mit einem Gehalt von etwa i bis 5 0/0 Butylphenol wird nach
i, 2 oder 4 behandelt. Das Produkt weist eine höhere Plastizität auf. Durch Zusatz
von gleichzeitig Milchsäure bis zu etwa 5 0/0 kann die elektrische Leitfähigkeit
des Produktes erhöht "werden.
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7. Im Block erzeugtes Styrolpolymerisat wird geschmolzen und in dieser
Schmelze bis zu etwa io 0/0 Phenol gelöst. Gleichzeitig wird ammoniakhaltiger Sauerstoff
in die Schmelze gedrückt.
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Ergebnis: Härtbares Polymerisat.
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Zur Verbesserung der elektrischen Eigenschaften von Polymerisaten
der Acrvlsäure und =derivaten, beispielsweise Methacrylsäureester, werden solche
Stoffe benutzt, die entweder keinen Formaldehyd zu bilden vermögen, wie beispielsweise
Angelicasäuremethylester oder a-Methyl-f-phenylacrylsäure, oder die nur etwa
30 bis 35 Gewichtsprozent Formaldehyd, bezogen auf das Grundmolekül, abspalten
können, wie beispielsweise St_vrol, Divinylbenzol u. dgl.
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B. Methacrylsäure, der zwischen 2 bis 20')/o Stilben zugesetzt sind,
wird nach r. 2 oder ,4 polymerisiert. Dem Ansatz kann noch i his 5 0!o Styrol als
Puffersubstanz zugegeben werden.
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Auch die Polymerisation von Vinylchlorid mit einem Zusatz von Phenol
führt zu härtbaren Produkten, die nach i, 2 oder 4 hergestellt werden können.