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Verfahren zur gleichzeitigen Gewinnung und Reinigung von Zuckersaft
aus Zuckerrüben Seit vielen Jahrzehnten ist in allen Zuckerfabriken des In- und
Auslandes das Diffusionsverfahren zur Saftgewinnung mit daran anschließender Saftreinigung
durch Kalkmilchscheidung und Saturation mit CO,
und mehrfacher Filtration
üblich. Die Nachteile der Diffusionsarbeit liegen vor allem in dem erheblichen Verbrauch
an Wasser und den großen Verlusten in den Abwässern, die außerdem große Schwierigkeiten
in ihrer restlosen Beseitigung bereiten. Neuere Verfahren, diese Abwässer und Verluste
durch restlose Zurücknahme zu beseitigen, waren zwar bis zu einem gewissen Grade
erfolgreich, doch traten dabei zum Teil außerordentlich große Schäden durch Korrosion
auf, weshalb die Einführung des Rücknahmeverfahrens auch heute noch von dem größten
Teil der Fabriken abgelehnt wird. Ein weiterer Nachteil der Diffusionsarbeit ist
die große Empfindlichkeit der Apparatur bei nicht einwandfreien Schnitzeln (Mus,
Frostrüben usw.), da durch das dann auftretende schlechte Drücken der Batterie eine
zu lange Diffusionsdauer entsteht, die wiederum eine Minderverarbeitung und schlechtere
Säfte verursacht.
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Um diese Nachteile der Diffusionsbatterien zu vermeiden, sind in den
letzten Jahren neueKonstruktionen zur abwasserlosen Auslaugung von Schnitzeln herausgekommen.
Diese haben sich noch nicht voll durchsetzen können, da deren technische Mängel
noch so groß sind, daß die Praxis, trotz der schon geschilderten Nachteile, fast
immer wieder auf die Diffusionsbatterie zurückgreift.
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Nur das sogenannte Brühv erfahren beschritt grundsätzlich neue Wege,
doch mit dem Nachteil, daß zuviel Zucker in den Schnitzeln verbleibt, was in den
Zeiten besseren Zuckerabsatzes für die Fabriken, die dies Verfahren
besitzen,
von großem Nachteil ist. Allen vorgenannten Verfahren ist eines gemeinsam: daß die
Reinigung des Saftes erst dann stattfindet, wenn derselbe von der Rübensubstanz
restlos getrennt ist. Dabei liegt der größte Nachteil darin, daß der nach der Ca0-Scheidung
und der C02 Saturation abfiltrierte Schlamm noch sehr wertvolle Bestandteile der
Rüben enthält, die durch die Verwendung des Schlammes als Düngemittel gar nicht
oder nur unwesentlich genutzt werden. Bei vielen Fabriken ist dieser Schlamm überhaupt
nicht zu verwerten und verursacht in seiner Beseitigung noch zusätzliche Kosten.
Ein neueres Verfahren fußt aufden schonalten Gedanken, de_i Schlamm in irgendeiner
Form zur Futtermittelerzeugung heranzuziehen, doch wird hierdurch ein weiterer Arbeitsgang
nötig, um dieses Ziel zu erreichen.
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Die Erfindung geht grundsätzlich neue Wege, und zwar von folgenden
Gedanken aus: i. das Rübenmaterial so zu zerkleinern und die Zellen zu öffnen, daß
der Zuckersaft nicht erst durch allmähliche Diffusion, sondern fast augenblicklich
durch direkte Auslaugung und Auspressung gewonnen werden kann; 2. daß gleichzeitig
mit dieser Auslaugung die Saftreinigung durch Zugabe von Ca0 in Form von Kalkmilch
durchgeführt wird und 3. daß durch das hierauf folgende gemeinsame Abfiltrieren
und Abpressen aller Rückstände ein sehr hochwertiges Futtermittel anfällt, und zwar
in wesentlich größeren. Mengen, wie es bei den bisher üblichen Verfahren erzeugt
wurde.
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Der Arbeitsgang nach der Erfindung ist folgender: Die Rüben werden
nach geeigneter Vorzerkleinerung in Spezialmühlen vollständig zu Brei zerrieben..
Dieser Brei gelangt in genau abgewogener oder abgemessener Menge in ein Rührgefäß,
das zugleich als Scheidepfanne dient. Der Brei wird in dieser Pfanne zu Beginn der
Fabrikation mit der mehrfachen Menge Wasser, dann fortlaufend mit der mehrfachen
Menge filtriertem Saft der optimalen Scheidung eingemaischt. Dies Saft-Brei-Gemisch
wird im gleichen Arbeitsgang geschieden. Dieser Punkt liegt etwa bei einem pH-Wert
von io,8 und zeigt den besten Ausflockungspunkt an. Der Kalkmilchzusatz wird zweckmäßig
nicht direkt in den verdünnten Rübenbrei gegeben, sondern in den vorher abgemessenen,
zur Verdünnung des Breies dienenden Saft. Dadurch wird eine vollständig gleichmäßige
Scheidung erzielt und eine sogenannte Überscheidung vermieden.
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Nach rasch erfolgter guter Durchrührung und nachfolgender Anwärmung,
vorzugsweise nicht über 74°, wird dieser dünnflüssige Brei direkt filtriert und
abgepreßt. Es können hierfür Filter verschiedener Bauart, Nutschen, Trennzentrifugen
oder Pressen Verwendung finden. Der erhaltene Saft entspricht dem Filtrat der i.
Saturation der bisherigen Arbeitsverfahren und wird entsprechend weiterbehandelt.
Der Filterrückstand wird vor der Abpressung je nach Bedarf abgesüßt. Bei einer sehr
starken Abpressung kann auf eine Absüßung verzichtet werden, wodurch einerseits
sehr schwere Säfte, andererseits größere Mengen stark zuckerhaltiger Futtermittel
erzielt werden. Das Absüßfiltrat und der Preßsaft werden vorzugsweise wiederum zum
Einmaischen des Rübenbreies verwendet. Desgleichen wird der Schlamm von der Filterung
der 2. Saturation sowie der Schlamm der Beutelfilter der Dünnsaftnachfilterung und
der Dicksaft- und Klärefilterung unausgesüßt mit etwas Saft eingemaischt und ebenfalls
zur Scheidung zurückgenommen, so daß kein Abfallprodukt die Fabrikation verläßt,
wodurch weitestgehend alle Verlustquellen ausgeschaltet sind. Die eventuell noch
fehlende Flüssigkeitsmenge wird durch filtrierten Saft ersetzt, denn es ist unbedingt
erforderlich, daß der Rübenbrei flüssig genug gehalten wird, damit eine genügend
gute Durchmischung bei der Scheidung möglich ist. Es findet die eigentliche Auslaugung
und Saftgewinnung erst beim Filterprozeß und gegebenerfalls durch die anschließende
Abpressung statt. Denn der einzige Frischwasserzusatz wird vorzugsweise beim Absüßen
vorgenommen, und die Absüßer wiederum werden durch das Einmaischen mit frischem
Rübenbrei mit Zucker angereichert. Die Menge dieses Frischwasserzusatzes muß nach
der gewollten Saftdichte errechnet werden.
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Der fertig abgesüßte und gegebenenfalls abgepreßte Schlamm enthält
nun außer einem mehr oder weniger hohen Prozentsatz Zucker das gesamte Rübenmark,
alle Nichtzuckerstoffe sowie die zugeführte Kalkmenge, sofern diese nicht in geringen
Mengen gelöst im Saftfiltrat geblieben sind und auch nicht durch die «eitere Saftreinigung
abgeschieden werden können, um schließlich in die Melasse zu gehen. Er stellt ein
außerordentlich wertvolles Futter dar, dessen Nährwert mindestens den nach dem Steffenschen
Brühverfahren hergestellten Schnitzeln gleichkommt.
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Besonders die aufgeschlossene Form des Futters (durch die vorher stattgefundene
feine Zerfaserung der Rüben) macht es außerordentlich leicht verdaulich. Auch der
Kalkgehalt fördert bei Vierfütterung an Jungtiere den Knochenbau derselben. Selbstverständlich
kann auch die anfallende Melasse ganz oder teilweise zugemischt und angetrocknet
werden. Der Rückstand kann naß zum Einsäuern abgegeben «-erden, zweckmäßig wird
er aber getrocknet und in Form von Pulver, Flocken oder Platten in den Handel gebracht.
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Durch diese neue Arbeitsweise werden folgende Vorteile erzielt: i.
Zusammenfassung mehrerer Arbeitsgänge, 2. Fortfall der Diffusionsbatterie und der
i. Saturation, 3. Der weitere Fortfall der Scbnitzelpressen und Schlammpressen der
i. Schlammfiltration wird durch die benötigte Brei-Filtration und Abpressung ausgeglichen,
4. Fortfall der sehr lästigen Diffusionsabwässer und der darin enthaltenen großen
Verluste, 5. Fortfall von Korrosionen an Apparaten und Maschinen durch alkalische
Arbeit, 6. Fortfall aller Abfallprodukte, wie Scheideschlamm und Filterschlamm,
die nunmehr restlos im Futter verbleiben. Daher auch Fortfall der sogenannten unbestimmbaren
Verluste, 7. Einsparung an Kalksteinen und Koks (5o bis 7o°/0) und starke Verkleinerung
der Kalkofenstation, B. Schwere Säfte, daher Verkleinerung der Verdampfstation,
Kohlenersparnis, g. Große Kohlenersparnis in der Trocknung durch hohen Trockensubstanzgehalt
des Preßkuchens, io. ' Frisch@i#asserersparnis, ii. Durch stark verkürzten Fabrikationsprozeß
und Verwendung niedriger Temperaturen Gewinnung sehr reiner Säfte, 12. Futterausbeute
mindestens io,5°,lo Trockengut mit 9o°/, Trockensubstanz. Diese Ausbeute kann nach
den
jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen dadurch erhöht werden,
daß man mehr Zucker im Futter beläßt. Beispiel ioo dz Rüben werden geschnitzelt,
in einem Desintegrator zu feinem Brei zerfasert und in eine Pfanne mit eingebautem
Rührwerk verbracht. Der Brei hat eine Polarisation von 18% Zucker. In dieser Pfanne
wird der Brei mit der 3fachen Menge Saftfiltrat von der i. Saturation eingemaischt,
so daß sich eine Mischtemperatur von etwa 5J ergibt. Anschließend wird in derselben
Pfanne die optimale Scheidung bis zum pft-Wert io,8 durch Zusatz von Kalkmilch in
Menge von etwa o,35°/° Ca0 auf reines Rübengewicht vorgenommen. Das so geschiedene
Saft-Brei-Gemisch wird nach guter Durcbrührung von mindestens 5 Minuten Dauer auf
74° C angewärmt und durch eine Pumpe in eine Filterpresse gedrückt und filtriert.
Vor der eigentlichen Abpressung wirA heißes Absüßwasser in Menge von etwa 2o0/0
auf reines Rübengewicht in die Presse gedrückt. Das Saft- und Absüßfiltrat fließen
klar ab und entsprechen (lein Saftfiltrat der i. Saturation der bisherigen Verfahren.
Dieser Saft wird entsprechend den bisherigen Verfahren weiterverarbeitet.
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Der Filterrückstand fällt in Form von Preßkuchen von 3z,33°;0 Trockensubstanz
an und wird in Heißlufttrocknern auf etwa go°,..'° Trockensubstanz nachgetrocknet.
Aus ioo kg Rüben werden 36 kg Preßkuchen mit 32,33°/0 Trockensubstanz erzeugt. Derselbe
hat einen Zuckergehalt von i2,560;0 = 4,520,'0 Zucker pro Rübe. Da das Ausgangsmaterial
i80/0 Zucker hatte, wurden also 13,480/0 Zucker im Saft gewonnen, was einer Weißzuckerausbeute
von etwa 120/0 entspricht. Der Preßkuchen auf go°;°Trockensubstanz eingetrocknet
ergibt 12,67°/° Trockenfutter pro Rübe mit 35,670/0 Zuckergehalt. Die vorstehenden
Angaben stellen nur ein Beispiel für die neue Arbeitsweise dar. Die angegebenen
Zahlen und die benutzten Apparaturen können je nach den Erfordernissen variieren.