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Verfahren zum Verhüten von Eisenerzen im Hochofen Durch Anreichern
des Hochofenwindes mit Sauerstoff wird die Erzeugung an Roheisen bei gleichzeitiger
Koksersparnis im Hochofen erheblich gesteigert. Dabei ändern sich der Wärme- und
der Gashaushalt im Hochofen. Insbesondere geht der niedersinkenden Beschickung im
Ofenschacht weniger Gas entgegen. Das kann bei hoher Sauerstoffkonzentration des
Ofenwindes dazu führen, daß die Beschickung vom Gas nicht mehr zureichend erwärmt
wird und daß die Heizkoksmenge gesteigert werden muß, um den im Schacht hervorgerufenen
Wärmemangel zu beheben. Der angestrebte Vorteil der Koksersparnis geht dabei wieder
verloren.
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Die Betriebsführung mit hoher Sauerstoffkonzentration bietet jedoch
noch andere metallurgische Vorteile, um derentwillen man sie beizubehalten wünscht.
Es sind deshalb bereits verschiedene Vorschläge zur Beliebung des Wärmemangels im
Schacht gemacht worden. Z. B. ist vorgeschlagen worden, den Möller vor der Begichtung
anzuwärmen, ein Verfahren, welches wohl aber praktisch kaum in Frage kommt. Ferner
wurde vorgeschlagen, heiße reduzierende Gase in das Gestell,- die Rast oder beide
Stellen des Hochofens einzublasen. Eine Wärmebilanz lehrt indes, daß man alsdann
große Mengen von Reduktionsgas braucht und dieses auf Temperaturen erhitzen müßte,
die praktisch bisher nicht erreicht werden konnten. Nach einem weiteren Vorschlag
soll Luft in den Hochofenscbacht eingeblasen werden, um einen Teil des im Hochofen
aufsteigenden Gases zu verbrennen. Auch dieser Vorschlag hat keine praktische Bedeutung,
weil an der Einblasestelle das aufsteigende Gas mindestens Zündtemperatur haben
muß, damit keine Explosionen im Hochofenschacht auftreten. Auch würden da, wo Luft
und Gas miteinander verbrennen, örtlich sehr hohe Temperaturen entstehen und die
gebildete Kohlensäure vom Koks reduziert werden. Das Ergebnis wäre also ein Mehrverbrauch
an Koks statt einer Ersparnis.
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Zum Teil haben bezüglich der Vorgänge im Oberteil des Schachtes bei
Heißwind oder Sauerstoffwind sogar falsche Vorstellungen bestanden. So wurde z.
B. vermutet, daß im Sauerstoffbetrieb ein Wärmeüberangebot im Hochofenschacht auftreten
und vorgeschlagen,
zwischen Rast und Schacht einen Teil des Gases,
der aus der Schmelzzone kommt, aus dem Schacht abzuziehen und eventuell nach Abkühlung
wieder einzublasen.
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Erfindungsgemäß wird beim Verhütten von Eisenerzen im Hochofen unter
starker Anreicherung des Windes mit Sauerstoff der zu-,-folge der Verminderung der
spezifischen GA:-menge im Ofenschacht bestehende Wärriaeinangel für das Vorwärmen
der Beschiclztttlg , dadurch behoben, daß außerhalb des Hoc:: ofens verbranntes
Gichtgas in den Ofenschacht eingeführt wird, und zwar in der die Erfindung kennzeichnenden
Weise, daß die verbrannten Gichtgase in den Oberteil des Ofenschachtes mit einer
solchen Temperatur und in ein solches Temperaturgebiet des Schachtes eingeblasen
werden, daß keine Reduktion der eingeblasenen Kohlensäure zu Kohlenmonoxyd erfolgen
kann. Es tritt dann auch kein Verbrauch an Koks im Ofenschacht ein.
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Ist die Temperatur des außerhalb des Schachtes verbrannten Gases höher,
so daß ein Angriff des Kokses im Schacht zu befürchten wäre. so wird die Temperatur
auf das zum Vermeiden einer Wiederreduktion der eingeblasenen Kohlensäure im Ofen
erforderliche Maß durch Zumischen eines kälteren Gases, z. B. Stickstoff oder Rauchgas
oder unverbrannts Gichtgas, vor dem Eintritt in den Ofen herabgesetzt wird. wobei
im letztgenannten Fall der Vehalt des eingeblasenen Gases an Kohlmonoxyd im Verhältnis
zum Gehalt an Kohlensäure so niedrig gehalten wird, daß das eingeblasene Gasgemisch
das Erz im Oberteil des Schachtes nicht reduziert.
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Aufgabe des Einblasgases ist es also nicht, Erz zu reduzieren. sondern
@löller anzuwärmen.
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Die Reduktion von Kohlendioxyd durch Koks geht unterhalb einer Temperatur
von 9oo bis 95o° nur sehr langsam vor sich. Die vereinigte Wärmekapazität von Einblasgas
und aus dein Gestell aufsteigendem Gas darf also eine höhere Erhitzung von Erz und.
Koks als auf goo° oberhalb der Einblasstelle nicht herbeiführen. Oft wird auch eine
geringere Vorwärmung des Möllers, beispielsweise auf 500`=, schon hinreichend sein,
um den durch Stickstoffausscheidung aus dem Ofenwind hervorgerufenen Wärmemangel
im Schacht zu beseitigen. Menge und Temperatur des Einblasgases sind nach diesen
Gesichtspunkten zu regeln. Die Einblasstelle im Schacht ist entsprechend zu wählen.
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Die Verhältnisse lasen sich leicht an Hand eines Wärmeinhalttemperaturschaubildes
der Erzverhüttung übersehen, wie es in den Abb. i und 2 nach E. S e n f t e r-,
Arch. f. d. Eisenhüttenweseii. Bd.
12, S. 59, Jahrg.
1938. dargestellt
ist. In die Schaubilder sind die Stofftemperaturlinie
a, die Gastemperaturlinien
b
für Luftbetrieb und c als Beispiel für'den Betrieb des Hochofens mit stark
sauerstoffreichem Wind ein" ezeichnet. Die stärkere
,@\,'eigting der Linie c ist der _Ausdruck für die |
@''#rringerung der beim Sauerstofthetrieh im |
nschacht aufsteigenden Gasmenge. Sie |
'_. iirde die Stofftemperaturlinie bei etwa ioo° |
#Abb. ( i i bzw. 270' (Abb. 2) schneiden und |
auf der i-Achse bei etwa 58oKcal (Abb. i) yoo Kcal (Abb. 2) je Kilogramm Roheisen
enden, worin das Fehlen einer entsprechenden Wärmemenge im Schacht zum Ausdruck
kommt.
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Bei 6oo° Gastemperatur hat in Abb. i die Linie c einen Knick und verläuft
auf den Endpunkt der Luftkennlinie b bei t = i5o° und i = 0. Damit ist das
erfindungsgemäße Verfahren in dem Beispiel dargestellt, da: dein im Ofen aufsteigenden
Gasstrom dort, er (ioo° und der 21löller 40o° Temperatur haben. etwa das i.2fache
an verbranntem, auf 6oo` temperiertem Gichtgas beigefügt wird und so der fehlende
Wärmebetrag für die Mölleranwärmung gedeckt wird. Im Gegensatz zum Arbeiten mit
sauerstoffreichem Wind ohne Einblasglas treten nunmehr an Gicht und Einhlasort zwischen
Gas und Beschickung ausreichende Temperaturunterschiede für die Wärmeübertragung
auf. Sie sind allerdings nicht so groß wie im Luftbetrieb. Sie werden größer, wenn
man die gleiche Gasmenge mit höherer Temperatur, z. B. Soo=, an einer anderen Stelle
einbläst (Linienzug-c') oder wenn man bei 6ooo mehr Gas einbläst (Linienzug c').
In beiden Fällen steigt die Gichttemperatur über die des Luftbetriebes, was besseren
Wärmeübergang zur Folge hat.
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Mit geringerem Koksaufwand und kleinerem Wärmeverlust an der Gicht
und daher vorzugsweise arbeitet man nach dem Beispiel der Abb. 2, deren Gaskennlinie
c für einen geringeren Heizkokssatz gezeichnet ist. Hier zeigt die Stufung der Gaskennlinie
c, daß dein aufsteigenden Gasstrom an der Stelle, wo seine Temperatur 6oo° ist.
ungefähr das gleiche Volumen 95o= heißen Einblasgase: beigemischt wurde, so daß
die Mischtemperanir auf 800= ;teigt und das Gemisch die Gicht mit 12o° verläßt.
Hier sind die Wärmeübertragungsbedingungen günstiger als im Beispiel der Abb. i.
Auch ist die Gasmenge, die . oberhalb der Einblasstelle der Beschickung entgegengeht,
kleiner als im Beispiel der Abb. i. Sie ist nur wenig größer als im Luftbetriel).
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Ist der Möller oberhalb der Einblasstelle erfindungsgemäß angewärmt,
so erfolgt seine
weitere Erwärmung auf die Temperatur des Eintritts
in das Gestell allein durch den Wärmestrom des vom Gestell kommenden Gases. Hierzu
ersieht man aus den Schaubildern, daß zwar.die Temperaturdifferenz an der Einblasstelle,
namentlich im Fall der Abb. r, kleiner als im Normalfall des Luft-Betriebes ist.
Die Temperaturdifferenz zwischen Gas und Beschickung am Eintritt.. des Möllers in
das Gestell ist aber wesentlich größer zufolge der Sauerstoffanreicherung des Ofenwindes
und damit auch die für den Wärmeumsatz in diesem Abschnitt maßgebendemittlere Temperaturdifferenz
zwischen Einblasort und Gestell.
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Allerdings ist nicht bei jedem Grad der Sauerstoffanreicherung und
jedem Kokssatz, die zusammen ausreichend wären, um den Wärmebedarf in derGestellzone
zu decken, die Voraussetzungen in Bezug auf Wärmemenge und Temperaturgefälle zwischen
Gas und Beschickung erfüllt, unter denen die geforderte Anwärmleistung für den Möller
zwischen Einblasstelle und Eintritt in die Gestellzone erreicht wird. Es liegt aber
durchaus im Bereich des fachmännischen Könnens, durch richtige Wahl von Windtemperaturen,
Sauerstoffkonzentration im Wind und Kokssatz die Wärmekapazität der im Ofen aufsteigenden
Gase so auf den Wärmebedarf des Möllers abzustimmen, daß eine ausreichende Erwärmung
des Möllers durch das aufsteigende Gas zwischen Einblasstelle und Gestellzone gewährleistet
ist. Man wird beispielsweise das Hauptgewicht auf hohe Windtemperaturen legen und
den Wind weniger stark mit Sauerstoff anreichern, wenn man zu diesem Zweck die vom
Gestell aufsteigende Gasmenge vergrößern muß. -Für die stoffliche Vorbereitung des
Möllers, insbesondere die indirekte Erzreduktion, sind die vom Gestell aufsteigenden
Gase wegen ihres hohen Kohlenoxydgehalts, den sie der Sauerstoffanreicherung des
Windes verdanken, bestens geeignet.
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Wenn die Summe aus der vom Gestell emporsteigenden Gasmenge und der
eingeblasenen Gasmenge so groß wird, daß die Gase im Emporströmen im Schachtoberteil
den Niedergang der Beschickung hindern, nimmt man unterhalb der Einblasstelle einen
Teil des aufsteigenden Gases, welches ja schon weitgehend abgekühlt war, aus dem
Ofen heraus und führt dafür vom heißen Einblasgut etwas mehr ein.
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Statt dessen oder im Zusammenhang damit kann man bei neu zu errichtenden
Hochöfen oberhalb der Einblasebene den SchachFdurc'hmesser vergrößern. Der Widerstand
gegen das Niedersinken der Beschickung wird hierdurch verringert und die Geschwindigkeit
des Niedersinkens der Beschickung kann sich dann der Schmelzgeschwindigkeitanpassen.
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Das an den vorstehenden Ausführungsbeispielen beschriebene Verfahren
der Beheizung des Schachtes mit eingeblasenem verbranntem Gas ist immer dann anwendbar,
wenn der Schachtofen in den Gebieten hoher Temperatur in der Schmelzzone ausreichend
mit Wärme versorgt ist, dagegen im Schacht die emporsteigende Gasmenge nicht zur
Vorwärmung des Möllers ausreicht. Solche Verhältnisse liegen nicht nur bei starker
Anreicherung des Windes mit Sauerstoff vor, sondern auch dann, wenn sehr hohe Windtemperaturen
angewendet werden oder wenn sehr heißer mit Sauerstoff angereicherter Wind verwendet
wird.
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Hohe Gehalte an Feuchtigkeit, Hydratwasser und Kohlensäure im Erz,
letztere z. B. gebunden in Fe C 03, bedingen großen Wärmeverbrauch im Schacht. Erze
dieser Art werden daher mit Vorteil nach dem neuen Verfahren verarbeitet.
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Dem neuen Verfahren sind alle Vorteile zu eigen, welche eine ausgiebige
Sauerstoffanreicherung des Windes oder höchste Winderhitzung mit sich bringen, wie
z. B. große Koksersparnis, gesteigerte Schmelzgeschwindigkeit, Leistungsteigerung,
Unempfindlichkeit gegen hohe Freilauftemperaturen der anfallenden Schlacken, hohe
Manganausbeute usw., und zwar in größerem Umfang als dies bisher möglich war. Denn
bisher konnten Sauerstoffanreicherung und Winderhitzung nur iri beschränktem Maße
angewendet werden, nach dem neuen Verfahren jedoch in weit größerem. Dagegen ist
ein Nachteil der bekannten Arbeitsweisen, nämlich evtl. mangelnde Vorbereitung der
Beschickung vor dem Eintritt in die Schmelzzone, beseitigt.
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Daneben erlaubt das neue Verfahren, alles anfallende Gichtgas im Rahmen
des Hochofenbetriebes selbst zu verbrauchen, was von besonderer Wichtigkeit ist,
wenn auf Erzbasis mit teuerem Koks lediglich Umschmelzroheisen erzeugt werden soll,
nicht aber die üblicherweise das überschußgichtgas verbrauchenden Stahl- und Walzwerksbetriebe
dem Hochofenwerk angegliedert sind. Bekanntlich stieß man bisher bei der Lösung
der Aufgabe, bei solchen Verhältnissen eine ausgeglichene Gic'htgaswirtschaft zu
führen, auf die größten Schwierigkeiten und mußte die Errichtung energieverbrauchender,
dem Hochofenbetrieb jedoch wesensfremder und teurer Zusatzanlagen vorsehen. Bei'
dem Verfahren der Erfindung wird jedoch erstens weniger Kohlenoxyd erzeugt, weil
zufolge der Sauerstoffanreicherung oder gesteigerter Windtemperatur weniger Koks
verbraucht wird, und zweitens wird von dem wenigen Gichtgas
ein
großer Teil vor dem Einblasen in den Hochofenschacht verbrannt, ein anderer Teil
für die Sauerstoffherstellung bzw. gesteigerte Winderhitzung verbraucht. Trotz eingeschränkter
Windmengen beim Sauerstoffbetrieb verbraucht man für die Winderhitzung nicht weniger
Gichtgas als im Luftbetrieb. wenn man zusammen mit der Sauerstoffanreicherung höchste
Windtemperaturen anwendet, was häufig von Vorteil ist. Erwähnenswert ist auch, daß
als Einblasgas ungereinigtes Lichtgas verwendet werden kann. Besondere Gaserhitzer
für das Einblasglas erübrigen sich. Der Hochofen erhält lediglich am oberen Schachtteil
eine Reihe von Lichtgasbrennern mit Gasmischkammern.
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Ein grundsätzlicher Vorzug des neuen Verfahrens ist, daß man die Wärmezufuhr
zur Vorbereitungszone im Schacht und zur Schmelzzone im Gestell des Ofens weitgehend
unabhängig voneinander mit Menge und Temperatur des Einblasgases, Sauerstoffkonzentration
und Temperatur des Windes regeln kann, während beim üblichen Hochofenbetrieb die
Regelung nur mit Windtemperatur und Kokssatz erfolgt und sehr träge ist.
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So kann man durch Veränderungen im Wärmehaushalt des Schachtes die
Reduktionsvorgänge im Gestell beeinflussen. Bei reichlicher Vorwärmung der Beschickung
wird man z. B. bei hohen Uastemperaturen hochmanganhaltiges oder hochsiliziertes
Roheisen erhalten, letzteres besonders leicht, wenn eine saure Schlacke geführt
wird. Hochsiliziertes Roheisen eignet sich u. a. gut als Umschmelzroheisen, denn
beim Umschmelzen im Hochofen ersetzt die Wideroxydation des Siliziums einen Teil
des erforderlichen Schmelzkokses: Nach dem Verfahren der Erfindung kann aber auch
niedrig siliziertes Roheisen. z. B. Thomasroheisen, erzeugt werden, indem man die
Beschickung .im Schacht weniger hoch anwärmt, dem Wärmeangebot im Ofengestell also
einen größeren Bedarf an Wärme für die direkte Reduktion sowie für Anwärm- und Schmelzleistungen
gegenüberstellt, so daß weniger Wärme für die Siliziumreduktion übrigbleibt.
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Nach Vorstehendem eignet sich das Verfahren gut für die Verhüttung
eisenarmer saurer Erze, die ohne vorherige Aufbereitung mit kleinstem Koksverbrauch
und bei völliger. Ausnutzung der Lichtgase für die Zwecke des Hochofenbetriebes
zu Umschmelzroheisen oder auch zu Thomasroheisen verarbeitet werden können, Der
Aufbau eines solchen mit ausgeglichener Gichtgaswirtschaft arbeitenden Hütten-Werks
wird äußerst einfach. denn es bedarf keiner Aufbereitungs- und Röstanlagen und keiner
Zusatzanlagen zur Verwertung überschüssigen Gichtgases.