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Verfahren zur Herstellung von Viscose Das gewöhnliche Verfahren der
Herstellung von Viscose krankt an dem Umstand> daß die Hemicellulose, und zwar hauptsächlich
die sogenannte ß-Cellulose in viel zu ungenügender Weise beseitigt wird. Bei der
Anwendung gewöhnlicher Tauchlauge von etwa 180/a Natrongehalt löst sich beim Tauchen
im wesentlichen nur die sehr leicht lösliche y-Cellulose aus dem Zellstoff heraus,
während die besonders schädliche ß-Cellulose im Zellstoff und demzufolge nachher
auch in der Alkalicellulose und Viscose verbleibt. Man kann die ß-Cellulose in der
Weise fernhalten, daß man im voraus von f-Cellulose befreiten Zellstoff verwendet.
Aber die Reinigung des Zellstoffs, die zumeist durch eine Heißbehandlung mit verdünnten
Alkalien geschehen inuß, ist verhältnismäßig kostspielig und verlustreich.
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Es ist bereits vorgeschlagen worden, Zellstoff dadurch zu reinigen,
daß man die Cellulose in fein verteiltem Zustande mit Alkalilauge von zunehmend
stärkerer Konzentration systematisch auslaugt, mercerisiert und dann von der überschüssigen
Mercerisierlauge in kontinuierlichem Verfahren befreit. Man hat auch empfohlen,
Zellstoff in einer Natronlauge von niedrigerer Konzentration zu tauchen, als zur
eigentlichen Mercerisierung erforderlich ist, abzupressen und dann in einem zweiten
Tauchvorgang in an sich bekannter Weise zu mercerisieren. Dieses zuletzt genannte
bekannte Verfahren ist aber mit den Mängeln behaftet, daß die gesamte Tauchzeit
sich
zu lange ausdehnt und sehr umfangreiche Apparate für Tauchen und Laugenurnlauf erfordert,
beim zweiten Tauchen die Diffusion der Starklauge in die bereits laugenhaltige,
abgepreßte Cellulosemasse hinein unvollständig und ungleichmäßig ist und im Falle
i-ori Tauchpressen die Celluloseblätter vor und beim zweiten Tauchen leicht zerfallen.
Man ist bei der Herstellung von Kunstprodukten aus Celluloseestern und -äthern auch
so vorgegangen, daß man einen mit etwa 9 0 `oiger Ätzalkalilösung behandelten und
gereiften Zellstoff verwendet hat. Bei einer anderen be-(cannten Arbeitsreise wird
feuchter Zellstoff während des Zerfaserns mit starker Natronlauge besprüht, um so
eine Alkalicellulose herzustellen.
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Es ist nun ein Verfahren gefunden worden, nach welchem man von gewöhnlichem,
hernicellulosehaltigem Zellstoff, entweder Sulfitzellstoff, Fichtenholzzellstoff
oder auch alkalisch erkochtein Buchenholzzellstoff ausgehen kann, wobei es gelingt,
die ß-Cellulose im Verlaufe des Alkalicelluloseherstellungsverfahrens selbst ohne
erhebliche Änderung der üblichen Apparaturen auszuscheiden. Nach dem neuen Verfahren
wird der Zellstoff zunächst mit einer Natronlauge von bestimmter Temperatur und
einer solchen Konzentration zusammengebracht, welche ,ein größtmögliches Lösungsvermögen
gegenüber der f-Cellulose aufweist. Unter solchen Umständen geht dann bei genügender
Einwirkungszeit auch die größtmögliche Menge an f-Cellulose durch diese verdünnte
Tauchlauge in Lösung und kann bei nachfolgendem Abpressen ausgeschieden werden.
Auch wenn man hierbei bei gewöhnlicher Raumtemperatur von 15 bis 20° C ärbeitet.
empfiehlt es sich, nicht bei allen Zellstoffarten eine gleich hoch konzentrierte
Natronlauge zu verwenden; denn es hat sich gezeigt, daß die verschiedenen Zellstoffe
nennenswert verschieden hoch konzentrierte Natronlaugen benötigen, wenn eine beste
Befreiung von ß-Cellulose bewirkt werden soll. So eignet sich bei gewöhnlichem Sulfitzellstoff
aus Fichtenholz. meist eine Konzentration von io bis i i °/o, während man hei einem
alkalisch erkochten Buchenholzzellstoff bei der gleichen Temperatur von 15 bis 2o°
C zweckmäßig 6 bis 90.'o verwendet. Die geeignete Konzentration läßt sich übrigens
auch durch einen Vorversuch leicht bestimmen.
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Derart getauchter, abgepreßter und von PJ-Cellulose befreiter Zellstoff
besitzt aber noch nicht die Eigenschaft einer brauchbaren Alkalicellulose, welche
in gewöhnlicher Weise stilfidiert und als Viscose verwendet werden kann, weil die
erforderliche Alkalikonzentration, die dem --\lercerisierzustand entspricht, nicht
vorhanden ist. Es ist nun gefunden worden, daß es möglich ist, den brauchbaren Mercerisierzustand
der Gellulosemasse im Verlaufe des nachfolgenden Zerfaserungsprozesses dadurch herzustellen.
daß man nach Beginn der Zerfaserung und vor Beendigung derselben eine höher konzentrierte
Natronlauge durch Zerstäubungsdüsen in feiner Form in den Zerfaserer bzw. die Cellulosemasse
einsprüht. Hierbei sind eine solche Menge von Natronlauge und eine solche Kon-7_entration
in Anwendung zu bringen, daß eine Alkalicellulose von genügender Alkalikonzentration,
die sich gut sulfidieren läßt, entsteht. Zur Durchführung der Erhöhung des Alkaligehalts
in der Alkalicellulose auf dem beschriebenen Wege reicht die sonst übliche Zerfaserungsarbeit
von etwa 3 Stunden vollkommen aus. Die Sulfidierung so hergestellter Alkalicellulose
ist einwandfrei.
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Das Einsprühen der Natronlauge wird, uni Belästigungen durch Laugennebel
zu vermeiden, wie festgestellt «-orden ist, am besten mit solchen Sprühdüsen durchgeführt,
bei welchen -die Lauge direkt unter hohen Druckgesetzt wird, d. h. also mit solchen
Düsen, «-elche ohne Luft oder sonstige Hilfsgase arbeiten. Das Einsprühen der Natronlauge
in den voralkalisierten Zellstoff braucht an sich nicht unmittelbar im Zerfaserer
selbst zu erfolgen, sondern kann auch in eineingetreimten Gefäß unter Bewegung der
Massen vorgenommen werden, nachdem der alkalisierte Zellstoff vorher bereits eine
gewisse Zerkleinerung, z. B. vermittels eines Reißwolfes oder eines sogenannten
Eirich-Zerfaserers, erfahren hat.
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Die gleichmäßige Verteilung der zugesprühten 'Natronlauge in der Alkalicellulose
und die gleichmäßige Durchdringung der ganzen Masse kann noch dadurch begünstigt
werden, daß man die Temperatur der zugesprühten starken Lauge auf 30, 4.o und sogar
3o° C erhöht oder den Zerfaserer selbst bei höherer Temperatur laufen läßt oder
beide Maßnahmen verbindet. Zu demselben Zweck kann man der eingesprühten starken
Lauge auch Netzmittel zugeben. Sowohl Netzmittel als auch Temperaturerhbhung der
eingesprühten starken Lauge erleichtern das Versprühen. Die Durchführung des Zerfaserns
bei erhöhter Temperatur hat, wie bekannt, auch den Vorteil, daß die sonst übliche
Vorreife der Alkalicellulose gekürzt oder unter Umständen ganz fortgelassen werden
kann.
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Das Verfahren nach der Erfindung ermöglicht, ohne apparative Änderungen
der in jedem einschlägigen Betrieb vorhandenen Maschinen, ohne Celluloseverluste
und ohne Erhöhung der Laugenmenge eine so hochwertige Viscose herzustellen, wie
sie bisher
nur mit Aufwand besonderer Mittel und Vorrichtungen,
starken Celluloseverlusten und erheblich größeren Laugenmengen gewonnen werden konnte.
Man kann also die in jedem Betrieb vorhandenen Maschinen benutzen, um nach dem vorliegenden
Verfahren zu arbeiten, und braucht außerdem nicht die langwierigen und mit bedeutenden
Kosten verknüpften üblichen Reinigungsmethoden des Handelszellstoffes durchzuführen,
um zu einem veredelten Zellstoff zu gelangen.
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Arbeitsbeispiel i ioo kg gewöhnlicher lufttrockener SulfitzellstOff
mit 8701, a-Cellulosegehalt werden in Blattform in einer Tauchpresse mit io,5o/oiger
Natronlauge bei i5° C getaucht und nach il/, Stunden Tauchzeit auf 23o kg abgepreßt.
Dann wird das Preßgut in einem Werner-Pfleiderer-Zerfaserer während 3 Stunden zerfasert
und während dieser Zeit der Alkaligehalt in der Alkalicellulosemasse auf Mercerisierstärke
erhöht. Zu diesem Zweck wird nach einer ersten Vorzerkleinerung damit begonnen,
Natronlauge von d.0 0.`o Na OH-Gehalt in den im vollen Laufe befindlichen Zerfaserer
einzusprühen, und zwar mit einer solchen Geschwindigkeit, daß im Verlaufe von il/,
Stunden 8o kg 4oo/oiger Natronlauge in die Alkalicellulosemasse gelangen. Das Zerfasern
wird ohne Unterbrechung bis zur vollen Zerfaserungszeit von insgesamt 3 Stunden
weitergeführt. Alsdann wird die so erhaltene gemahlene Alkalicellulose in bekannter
Weise, soweit wie gewünscht, vorreifen gelassen und hierauf auf Viscose verarbeitet.
Arbeitsbeispiel 2 ioo kg lufttrockener Sulfitzellstoff gewöhnlicher Qualität mit
87/, a-Cellulosegehalt werden in Flockenform in einem eisernen Kasten mit io,5o/oiger
Natronlauge bei i5° C zusammengebracht und innig verrührt. Nach i Stunde wird die
alkalihaltige Cellulosemasse in einer Schneckenpresse auf 240 kg abgepreßt und dann
durch eine Reibmühle, z. B. System Eirich, in einen Zerfaserer nach Werner Pfleiderer
gebracht. Der Zerfaserer wird 3 Stunden laufen gelassen, und in den ersten i1/2
Stunden werden 7o kg d.5 o/oiger Natronlauge durch Zerstäubungsdüsen eingesprüht.
Hierauf wird die Alkalicellulose in an sich bekannter Weise auf Viscose verarbeitet.
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Arbeitsbeispiel 3 ioo kg lufttrockener, alkalisch erkochter Buchenholzzellstoff
werden in Blattform in einer Tauchpresse mit 7 °/oiger Natronlauge bei 2o° C getaucht
und nach i1/2 Stunden auf 22o kg abgepreßt. Dann wird das Preßgut in einen Zerfaserer
eingebracht und zerfasert. Nach einer Vorzerfaserungszeit von i Stunde werden während
des weiteren Zerfaserns im Verlaufe von 1/. Stunde ioo kg d.8 1%iger' NTatronlauge
in feiner Verteilung eingesprüht, und das Zerfasern wird bis auf insgesamt 3 Stunden
fortgesetzt. Hierauf wird die Alkalicellulose in an sich bekannter Weise weiterverarbeitet.