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Verfahren zur schonenden Gewinnung von Extraktivstoffen aus Körpersäften
Die Extraktivstoffe aus Körpersäften, wie z. B. Pflanzen- und Tierlipoide, besitzen
neben ihrer allgemeinen Bedeutung als Aufbaustoffe und Nährmittel einen besonderen
Wert .als Heilmittel. Häufig beruht der Heilwert einer Lipoidfraktion, z. B. aus
manchen Organen und Drüsen oder bestimmten Pflanzenteilen, auf einem hohen Gehalt
an den für die Regelung des menschlichen Stoffwechsels so wichtigen Hormonen und
Vitaminen. Das Problem, diese Extraktivstoffe schonend zu gewinnen, ist daher von
großer Bedeutung.
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Es wurde nun gefunden, daß man Extraktivstoffe aus Körpersäften, beispielsweise
aus Zellen und Zellsäften, in schonender Weise gewinnen kann, wenn man grenzflächenaktive
Stoffe auf die Körpersäfte einwirken läßt.
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So hat sich beispielsweise gezeigt, daß die Gewinnung der Lipoide
und anderer Extraktivstoffe aus Körpersäften in einfacher Weise durch Einwirkung
fettlösender, grenzflächenaktiver Flüssigkeiten von geringer Wasserlöslichkeit,
wie z. B. höhermolekulare Alkohole, gelingt. Als geeignet erweist sich beispielsweise
der Oktylalkohol, der bekanntlich in der Reihe der höheren Alkohole die Oberflächenspannung
des Wassers ,am stärksten erniedrigt. Ferner sind verwendbar Amylalkohol, Hexylal'kohol,
Heptylalkohol, Nonylalkohol, Decylalkohol oder Gemische derselben. Man kann bei
der Gewinnung von Lipoiden aus Zellen oder Zellsäften so verfahren, daß man den
Alkohol in der Kälte durch Schütteln oder Durchleiten von Stickstoff innig mit dem
Extraktionsgut vermischt und das -erhaltene Lipoid-Alkohol-Gemisch durch Abheben
oder mit Hilfe der Zentrifuge oder durch Filtration von den extrahierten Bestandteilen
abtrennt. Infolge ihres besonders guten Lösungsvermögens für Lipoide genügen oft
sehr geringe Mengen der höheren Alkohole, um die Extraktivstoffe aus ihrem Zellverband
in Freiheit zu setzen und aufzunehmen. Im Vergleich zu den bisher bekannten Extraktionsverfahren
wird hierdurch erheblich an Extraktionsmittel gespart. Die Befreiung der extrahierten
Substanz vom Lösungsmittel geschieht in bekannter Weise durch Verdunsten in der
Kälte. Da bei dem beschriebenen Verfahren keine Abschwächung der biologischen Wirksamkeit
sowohl der Extraktivstoffe als auch der in der wä.ßrigen Lösung verbleibenden Reststoffe
.der Körpersäfte eintritt, eignet sich das Verfahren auch für solche Fälle, in deinen
eine Entfernung der Extraktivstoffe aus besonderen Gründen erwünscht ist, z. B.
bei der Reinigung therapeutisch wirksamer Eiweiß- oder Kohlehydratlösungen.
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An Stelle der erwähnten kapillaraktiven Alkohole lassen sich auch
andere fettlösende und in Wasser schwer lösliche Flüssigkeiten
von
geringer oder ohne Oberflächenaktivität für die Extraktion von @ Körpersäften mit
Erfolg verwerten, wenn gleichzeitig wasserlös-, liche Substanzen von starker Kapillaraktivitäit
dem Extraktionsgemisch zugesetzt werden. Es eignen sich hierzu besonders Substanzen
vom Seifentypus und ,ähnlich zusammengesetzte Verbindungen, u. a. auch die oxalkylierten
Fettalkoholderivate. Geeignet sind beispielsweise Polyäthylenglykolmonodecyläther,
Polyäthylenglykolduodecyläther oder Polyäthylenglykololeyläther. Es kann zweckmäßig
sein, die Einwirkung der grenzflächenaktiven Stoffe bei einer bestimmten Wasserstoffionenkonzentration,
die sich nach der Natur des zu gewinnenden Produktes richtet, vorzunehmen.
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Durch Anwendung des Verfahrens in der Kälte, bei bestimmten Säurestufen
und unter Luftabschluß können auch leicht zersetzliche Extraktivstoffe isoliert
werden, die bei anderer Methodik teils durch Anwendung höherer Temperatur oder durch
zu lang dauernde Extraktion zerstört werden. Gegenüber dem bekannten und oft benutzten
Weg, die zu extrahierenden Körpersäfte zunächst zu entwässern und dann erst mit
organischen Lösungsmitteln zu behandeln, besitzt das neue Verfahren den, großen
Vorzug, daß es die Isolierung der Extraktivstoffe in einer Phase erreicht und eine
durch die Wasserentziehung bewirkte Veränderung des Lösungszustandes der Lipoide
vermeidet, durch den die Extraktionsbedingungen sonst sehr ungünstig beeinflußt
wurden.
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Das Verfahren gestattet eine Gewinnung der Extraktivstoffe aus Zellgewebe
oder Zellpreßsäften ohne Vorhehandlung des Zellguites. Das unter den geschilderten
Gesichtspunkten ausgewählte Extraktionsmittel verhindert die bei den bekannten direkten
Extraktionsverfahren stets zu beobachtenden Änderungen des Ladungszustandes der
Zellkolloide. Bei Verwendung von Äther und ähnlichen Extraktionsmitteln der bekannten
Verfahren bilden sich als unliebsame Begleitreaktion schwer zu trennende Adsorptionsverbindungen
der Extraktivstoffe mit Eiweiß- und Kohlehydratdenaturierungspro,dukten. Ähnliche
Schwierigkeiten treten auch bei Anwendung von Benzol und anderen Kohlenwasserstoffen
auf. Es muß daher als ein besonderer Fortschritt des beschriebenen Verfahrens gewertet
werden, daß mit ihm eine Extraktion ohne die übliche Behinderung durch andere Bestandteile
der zu extrahierenden Körperflüssigkeit gelingt.
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Es ist bereits ein, Verfahren zur Herstellung von Lösungen schwer
löslicher Organpräparate bekannt gewesen, welches darin besteht, daß man das betreffende
fertige Präparat in höheren primären Alkoholen auflöst. Es handelt sich hierbei
lediglich um die Herstellung von Lösungen einheitlicher Endprodukte, die vorher
nach einem beliebigen anderen Verfahren aus tierischen Organen ge-:."rjnen worden
sind. Es wird also bei dieser 'Arbeitsweise. keine Aufarbeitung tierischer Örgane,
sondern die Lösung des einheitlichen Endproduktes vorgenommen.
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Ein weiteres bereits bekanntes. Verfahren befaßt sich mit der Extraktion
von Sexualhormonen. ,aus Harn unter Zuhilfenahme von festen Alkoholen. Abgesehen
davon, daß in diesem Falle .ausdrücklich nur feste Alkohole verwandt werden; während
sich das hier beschriebene Verfahren auf flüssige oberflächenaktive Substanzen erstreckt,
unterscheidet sich das alte Verfahren vorn dem neuen dadurch, daß es keine schonende
Gewinnungsmethoden für Lipoide darstellt. Arbeiten in der Wärme und Zusatz von heißem
Alkohol sind Faktoren, die koagulierend auf gelöste Proteine wirken, so daß auch
hier eine Behinderung des Extraktionsvorganges infolge 1NTiederschlagsbildung bzw.
Viscositätsanstieg eintritt. Allein durch die Verwendung von flüssigen und besonders
oberflächenaktiven Substanzen wird der neuartige Effekt einer durchaus schonenden
Extraktion gewährleistet. Es wird sogar darüber hinaus eine Verwertung der in ihrem
Lösungszustand nicht beeinträchtigten Eiweiß-und Kohlehydratverbindungen durch das
Verfahren ermöglicht.
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Beispiele i. iol Leberpreßsaft von der Säurestufe 6, 8-7, o, werden
mit 5o ccm n-Oktylalkohol versetzt und unter Kühlung mit Eis 3 bis q. Stunden lang
Stickstoff durch das Gemisch geleitet. Die in halbflüssig fester Form abgeschiedenen
Lipoide werden zusammen mit anhaftendem Alkohol abfiltriert und im Vakuum von letzterem
befreit. Das erhaltene Produkt löst sich leicht in Chloroform, Äther, Benzol, schwer
in kaltem Aceton und Alkohol. Es enthält 1,5901o N und i,i2% P. Die Säurezahl beträgt
61,4, die Verseifungszahl 26o.
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z. io 1 HirnpreBsaft werden bei pa 5,0 mit i oo ccm n-Nonylalkohol
versetzt und nach 3stündigem Durchleiten von Luft das flüssige Lipoid-Alkohol-Gemisch
durch Zentrifugieren abgetrennt. Nach Verdunsten des Alkohols hinterbleibt das Lipoid
als hellbraune wachsartige Masse, die in. Benzol, Äther, Xylol, Chloroform, Methylenchlorid
leicht in Lösung geht, in Methyl- und Äthylalkohol sowie Aceton jedoch schwer löslich
ist. Die Substanz enthält 18,o% Cholesterin, 1,45 N, 2,080/0 P, Säurezahl 27,0,
Verseifungsz.ahl 96,8.
3. In i o 1 Hirnsaft werden 6 g Polyäthylenglykololeyläther
gelöst und mit ioo ccm Xylol i Stunde lang geschüttelt. Nach Abtrennen der lipoidbaltigen
Xylollösung mit Hilfe der Zentrifuge und Verdunsten des Xylols erhält man ein mit
Polyäthylenglykololeyläther verunreinigtes Produkt. Die Abscheidung des letzteren
;gelingt jedoch leicht durch Behandhandlung mit Äther. Das so gewonnene Lipoid besitzt
die in Beispiele beschriebene Löslichkeit. Es enthält 18,30'o Cholesterin, 1,51%
N, i,99 % P, Säurezahl 26, 5, Verseifungszahl 98,3.
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q.. i o 1 Pferdeserum von der S,äur estufe 7, 6 werden mit i oo ccm
eines Gemisches von Oktyl-, Nonyl- und Decylalkohol. vom Sp. 195 bis 2o5° versetzt
und 2 Stunden bei Zimmertemperatur geschüttelt. Hierdurch werden die Lipoide des
Serums in Form eines gelb gefärbten halbflüssigfes.ten Niederschlags ausgefällt,
der nach Beispiel i weiterbehandelt wird. Die isolierten Lipoide lösen sich in Aceton
und Alkohol nur teilweise, dagegen leicht und vollständig in Petroläther, Chloroform,
Benzol, Äther und Methylenchlorid. N-Gehalt o,57010, P-Gehalt o,719%, Cholesteringehalt
30%, Verseifungszahl ioi,5, Säurezahl 18,o.
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Enthält das Serum die für Konservierungs: zwecke übliche Menge Phenol,
so führt die Extraktion zu demselben Endprodukt, da dem Lipoid etwa anhaftendes
Phenol bei der Entfernung der Alkohole ebenfalls verflüchtigt wird.