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Verfahren zur Veredelung von Stahl Bei den Untersuchungen über die
Einwirkung voll schmelzflüssigen, kieselsäurereichen, etwa 5o bis 6o0/, Si02 enthaltenden
Schlakken auf Stahl wurde festgestellt, daß in gewissen Fällen eine heftige Gasentwicklung
eintritt. Gießt man z. B. einen kohlenstoffhaltigen, nicht beruhigten Stahl, der
gegebenenfalls Mangan enthalten kann, dem aber keine Beruhigungsmittel, wie Silicium,
Aluminium, Titan o. dgl., zugesetzt sind, vorsichtig auf die am Boden einer Gießpfanne
befindliche Schlacke, so beobachtet inan ein starkes Kochen.
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Die Feststellungen, welche sich aus den Versuchen ergeben, lassen
sich folgendermaßen zusammenfassen: i. Es besteht keine Beziehung -zwischen der
bei der Reaktion auftretenden Gasbildung und dem Endgehalt des Stahles an Sauerstoff.
Es kann sich also nicht um eine Entgasungserscheinung handeln, die parallel mit
einer Desoxydation verläuft.
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2. Mit einer siliciumreichen Schlacke von bestimmter Beschaffenheit
und bestimmter Temperatur tritt die Gasentwicklung nur dann auf, wenn der Kohlenstoffgehalt
des Stahles einen Mindestwert übersteigt.
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3. Bei einem bestimmten Stahl finit niedr igeinKohlenstoffgehalt und
bestimmter Temperatur tritt die Gasbildung erst bei einem 1-lindestgehalt der Schlacke
an Eisenoxydul auf.
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:I. Bei dem gleichen Stahl und einer an Eisenoxydul armen Schlacke
treten die Gasbildung und die damit verbundene Durchwirbelung für gewisse Kohlenstoffgehalte
erst auf, wenn man eine stark überhitzte Schlacke anwendet, und zwar um so stärker,
je mehr die Schlacke überhitzt ist.
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Mit Schlacken, die So bis 6o01, Kieselsäure und etwa '21/, Eisenoxydul
enthalten, und einem Stahl, dessen Kohlenstoffgehalt z. B. 10/" beträgt, entsteht
die Gasbildung sehr leicht schon dann, wenn die Schlacke eine Temperatur hat, die
der des Bades entspricht.
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Mit Stählen, die 0,3 bis o,50/, Kohlenstoff enthalten, und
mit den gleichen Schlakken treten die gleichen Erscheinungen auf, «-enn die Schlacke
stark überhitzt ist, dagegen nicht, wenn man ohne diese Überhitzung der Schlacke
arbeitet.
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Ist bei den Schlacken gleicher Art der Gehalt an Eisenoxy dul hoch,
beispielsweise g bis io°J" und in ihnen außerdem nur noch Kieselsäure und Tonerde
enthalten, so zeigen sich diese Erscheinungen auch dann, wenn die Stähle weich und
die Schlacken nicht überhitzt sind.
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Daraus geht hervor, daß die Ursache für die Gasbildung beim Aufgießen
von Stahl auf kieselsäurereiche Schlacken die Bildung von Kohlenoxyd ist, das durch
Reduktion gewisser Bestandteile der Schlacke durch den Kohlenstoff des Stahles entsteht.
Diese Bestandteile der Schlacke sind Eisenoxydul, Manganoxy dul oder Kieselsäure,
alles Sauerstoffverbindungen, die wesentlich leichter reduzierbar sind als Kalk,
Magnesia, Titansäure,
Tonerde, Natriumoxyd und andere in der Schlacke
vorhandene Bestandteile. Es findet also eine tatsächliche Oxydation des Kohlenstoffes
statt, obwohl die Kohlenstoffgehalte von Stahlproben vor und nach der Reaktion nicht
immer so stark voneinander abweichen, daß sie nicht als Analysenfehler bezeichnet
werden könnten. Diese Geringfügigkeit der Unterschiede im Kohlenstoffgehalt spricht
aber nicht gegen die Auffassung, daß die aufgetretene und festgestellte Durchmischung
von Schlacke mit Stahl auf Oxydation des Kohlenstoffes unter Bildung von Kohlenoxyd
zurückzuführen ist, denn es genügt schon die Oxydation sehr kleiner Kohlenstoffmengen,
um ein großes Gasvolumen bei der Temperatur von 1500' zu erzeugen. Je höher die
Temperatur der Schlacke und auch die des Metalls liegt -man hat natürlich kein Interesse,
das Metall zu überhitzen -, um so mehr wird die endothermische Reduktion von Schlackenbestandteilen
durch den Kohlenstoff des Stahles begünstigt und um so stärker werden die in der
Schlacke vorhandenen Silicate dissoziiert, weshalb die Schlacken bei gleicher Zusammensetzung
bei hoher Temperatur einen höheren Gehalt an freien Oxyden haben.
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Es wurde nun versucht, diese Erscheinungen gewerblich auszunutzen
und dabei die Herstellung von sauerstoffarmem Stahl zu ermöglichen, was von vornherein
als widerspruchsvoll angesehen werden könnte.
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Um ein gutes Frgebnis zu erzielen, muß die Kohlenoxydbildung und die
gegebenenfalls gleichzeitig verlaufende Oxydation des Mangans durch die Kieselsäure
der Schlacke bewirkt werden, wi--c'Iurch man einen an Silicium angereicherten Stahl
einerseits, andererseits eine einen höheren Gesamtgehalt an MnO und Fe0 aufweisende
Schlacke enthält.
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Es wurde nun festgestellt, daß gute Ergebnisse mit Stählen, deren
Kohlenstoffgehalt über 0,3 °/o, etwa zwischen 0,3 bis 0,5 °/o,
liegt, und mit Schlacken, die arm an Eisenoxydul sind, dann erzielt werden können,
wenn man die Schlacke über den Schmelzpunkt des Stahles hinaus, beispielsweise auf
Temperaturen von 160o° C, überhitzt.
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Beim Arbeiten mit so hocherhitzten Schlakken erzielt man sowohl eine
merkliche Anreicherung des Stahles an Silicium als auch gleichzeitig eine wesentliche
Herabsetzung des Sauerstoffgehaltes des Stahles, der nach der Behandlung weniger
als 25 % des ursprünglichen Sauerstoffgehaltes betrug. Der so gewonnene Stahl konnte
ohne Schwierigkeiten gegossen werden und blieb in der Kokille unter einer Holzkohleschicht
absolut ruhig, ohne daß Beruhigungsmittel, wie Silicium, Aluminium oder Titan, zugesetzt
werden mußten.
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Stähle mit einem höheren Kohlenstoffgehalt verlangen keine so starke
Überhitzung der: @ Schlacke wie weiche oder halbweiche Stähle. Bei Kohlenstoffgehalten
von o,8 bis r °/o des Stahles war eine Überhitzung der Schlacke überhaupt nicht
mehr erforderlich. Bei Verarbeitung von Stählen, deren Sauerstoffgehalt infolge
des hohen Kohlenstoffgehaltes nur sehr gering war, ließ sich eine wirksame Herabsetzung
des Sauerstoffgehaltes durch Analyse nicht mehr feststellen, denn die Abweichungen
lagen innerhalb der bei Entnahme verschiedener Proben festgestellten Unterschiede.
Es wurde jedoch eine Anreicherung an Silicium ohne Bildung von Einschlüssen festgestellt.
Einschlüsse würden aber bekanntlich dann vorhanden sein, wenn man Silicium in üblicher
Weise ohne Mitwirkung der Schlacke zusetzen würde. Auch zeigte sich, daß der Stahl
in den Kokillen nicht stieg, obwohl kein Beruhigungsmittel zugesetzt worden war.
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Der Stahl wird vorsichtig in die Gießpfanne gegossen. Bei harten Stählen
sind Unterbrechungen beim Eingießen des Stahles einpfelilenswert. Man regelt die
Gußgeschwindigkeit so, daß durch die Oxydation des Kohlenstoffes zwar eine Dttrchmischun
g von Schlacke mit dem Metall stattfindet, jedoch ein Oberlaufen verhindert wird.
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Das neue Verfahren besteht also grundsätzlich darin, die teilweise
Reduktion der Kieselsäure der Schlacke durch den Kohlenstoff des verwendeten Stahles
zur Bildung von Gas und zu einer Durchmischung des Systems auszunutzen, wodurch
eine schnelle Reaktion erzielt wird. Es muß daher der Stahl entweder einen genügend
holten Kohlenstoffgelialt besitzen, oder es muß bei mittleren Kohlenstoffgehalten
mit überhitzter Schlacke gearbeitet werden. Man muß ferner Schlacken verwenden,
die arm an Eisenoxydul sind, weil sonst an Stelle der Reduktion der Kieselsäure
der Schlacke eine Reduktion des Eisenoxyduls stattfindet.
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Das Verfahren führt zu gleichmäßigen Ergebnissen. Die Beruhigung tritt
ohne Aluininium oder mit nur geringem Aluminiumzusatz ein. Das Verfahren ermöglicht
es, in kurzer Zeit Silicium in einen Stahl von geringem Sauerstoffgehalt einzuführen;
beispielsweise sind für die Behandlung einer Stahlmenge von 15 t nur wenige Minuten
erforderlich.
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Beispiele i. 15 t Stahl mit 4365 % C, 0,010 %
Si, 0,440 °%a Mn wurden portionsweise auf eine schmelzflüssige, synthetische, heiße,
dünnflüssige
Schlacke gegossen, die 56 % Kieselsäure und außerdem
3 % Mn O enthielt und sehr arm an Eisenoxydul (0,75 % Fe0) war. Es fand ein heftiges
Kochen statt. Die Gesamtdauer des Eingießens des Stahles betrug 5 Minuten. Nach
dem Absitzen der Schlacke wurde der Stahl gegossen, ohne daß in den Kokillen Beruhigungsmittel
zugesetzt worden waren. Der Stahl hatte folgende Zusammensetzung: 1,310'/, C, o,i4o
% Si, 0,22o 0/0 Mn. Der Siliciumgehalt ist also um 0,130°/o erhöht worden. Die Schlacke
selbst ist reicher an MnO und Fe 0 geworden, aber ärmer an Kieselsäure. Sie enthält
45 % Si O@, 2,3 0/0 Fe 0 und 8 % Mn O.
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2. Unter ähnlichen Bedingungen wie im Beispiel i wird ein Stahl mit
o,630 % C, 0,010'/, Si, 1,44o % Mn, o,oi To % O auf eine schmelzflüssige Schlacke
gegossen, die 52 % S102, 0,73 % Fe 0 und 5 % Mn 0 enthält. Die Gasbildung ist sehr
heftig und führt zu den gleichen Erscheinungen wie im Beispiel i. Der nach dem Absitzen
der Schlacke gegossene Stahl enthält o,61o% C, o,i22% S1, 0,96o % Mn, 0,003 % O.
Er ist also wesentlich siliciumreicher und wesentlich sauerstoffärmer geworden.
Die Schlacke enthält 43 0/0 S102, 2,5 % Fe 0 und f0,5 % Mn 0.