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Verfahren zur Gewinnung von kondensierten organischen Sulfonsäuren
Die Gewinnung von kondensierten organischen Sulfonsäuren spielt in der technischen
organischen Chemie eine.große Rolle. Diese Stoffe werden in der Industrie der künstlichen
Gerbstoffe, der Fettspalter, der Textil- und Lederöle, der hochmolekularen Benetzungs-,
Reinigungs- und Emulgierungsmittel sowie zahlreicher anderer Erzeugnisse angewandt.
Zur Durchführung der Sulfonierungs- und Kondensationsprozesse verwandte man früher
rauchende Schwefelsäure verschiedener Konzentration. Neuerdings ist man dazu übergegangen,
stärker wirkende Sulfonierungs- und Kondensationsmittel anzuwenden, weil .das Kondensierungsvermögen
der rauchenden Schwefelsäure nicht ausreicht. So hat man in den letzten Jahren mit
der Anwendung von reinem Schwefelsäureanhydrid Erfolge erzielt. An Stelle dieses
schwer zu handhabenden Körpers hat man vielfach Gemische von konzentrierter oder
rauchender Schwefelsäure mit wasserentziehenden Stoffen, wie Phosphorpentoxyd, Essigsäureanhydrid,
Säurechloriden usw., benutzt. Schließlich ist auch noch die Chlorsulfonsäure, eine
Verbindung, die sich durch außergewöhnlich starkes Kondensierungs- und Sulfonierungsvermögen
auszeichnet, in einer ganzen Reihe von technischen Fragen als wirksames Agens vorgeschlagen
worden. Durch die Verwendung dieser intensiv kondensierend und stärker sulfonierend
wirkenden Mittel ist es möglich gewesen, eine große Anzahl von neuartigen und in
Wirkung früher nicht erreichten Reinigungs-, Benetzungs- und Emulgierungsmitteln
von Rettspaitern, Schaummitteln usw. herzustellen. Es sind Molekülvergrößerungen
durch Kondensation zwischen Körperklassen möglich geworden, welche früher als nicht
oder nur auf großen Umwegen kondensierbar galten. Durch derartige Einführung von
kondensierbaren Gruppen haben sich die kolloidchemischen und, technisch wertvollen
Eigenschaften der Sulfonsäuren stark verbessern lassen.
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Die vorstehend erwähnten, stark kondensierend und hochsulfonierend
wirkenden Stoffe oder Gemische haben neben ihren wertvollen Wirkungen jedoch auch
äußerst unangenehme Eigenschaften. Insbesondere sind die stark Oleum oder Chlorsuifonsänre
enthaltenden Agenden äußerst leicht hydrolysierbar, was sich in ihrer Neigung zu
enormer Rauchentwicklungzeigt. Sie sind ferner sehr aggressiv, so daß die damit
durchgeführten Kondensierungs- und Saulfonierungsprozesse mitunter recht schNver
zu regulieren sind, Es treten vielfach hohe Reaktionstemperaturen, bedingt durch
lokale Überhitzungen, Verbrennung o. dgl., auf. Es kommt daher leicht
vor,
daß die Fertigprodukte von störend dunkler Farbe sind. -Man ist gezwungen, äußerst
intensiv zu kühlen. Auch apparativ bereitet das Arbeiten mit den obengenannten Sulfonierungsmitteln
erhebliche Schwierig-; keiten. Auch die Eigenschaften der Fertig-Produkte befriedigen
vielfach nicht vollkommen.
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Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß das Pyrosulfurylclilorid
einen Körper darstellt, welcher zu kondensierungs- und Sulfonierungsreaktionen,
insbesondere zur Herstellung von höher molekularen kondensierten Sulfonsüuren, die
wenigstens io C-Atome enthalten, hervorragend geeignet ist. Das Pyrosulfurylchlorid
weist die Vorteile der vorgenannten intensiv wirkenden Stoffe auf, ohne ihre Nachteile
zu besitzen. Es liydrolysiert wesentlich langsamer als Oleurn. Schwefelsäureanhvdrid
oder Chlorsulfonsäure, es raucht rinfolgedessen an der Luft nicht und läßt sich
schon aus diesem Grunde sehr viel angenehmer verarbeiten. Die mit Pyrosulfurylchlorid
durchgeführten Kondensierungs- und Sulfonierungsprozesse sind infolgedessen durchaus
kontrollierbar. Die sonst vielfach auftretenden Verbrennungen lassen sich bei Anwendung
des Pyrosulfurylchlorides vermeiden. Selbst bei höheren Temperaturen wo beispielsweise
Chlorsulfonsäure schon starke Verkohlung hervorruft, läßt sich Pyrosulfurylchlorid
verarbeiten, so daß beispielsweise mit höher schmelzenden, aber reaktionsfähigen
Verbindungen auch im geschmolzenen Zustand Sulfonierungs- und Kondensationsreaktionen
durchgeführt werden können. Das Pyrosulfurvlchlorid steht den genannten intensiv
wirkenden Stoffen keineswegs nach und ist befähigt, ebenfalls kondensierte Sulfonsäuren
mit hohem Gehalt an organisch gebundenem SO, zu liefern. Es hat aber den
großen Vorzug, seine Kräfte in gemäßigter und regulierbarer Weise zu äußern und
Produkte mit besseren Eigenschaften zu liefern. Die sulfonierenden und kondensierenden
Eigenschaften des PyrosttlfuryIchlorids waren nicht zu erwarten, zumal das Sulfurvlchlorid
bekanntlich zur Durchführung von Kondensierungs- und Stilfonierungsprozessen nicht
geeignet ist. Man hat schon versucht, mit Pyrösulfurylchlorid Toluol zu behandeln,
konnte jedoch erst bei Anwendung von Katalysatoren oder ohne solche bei Temperatursteigerung
auf 6o° eine Reaktion erhalten, die nicht zu einheitlicher Sulfonsäure, sondern
zu Gemischen komplizierter Zusammensetzung führte. Man hat auch schon vorgeschlagen,
Leucoderivate von Küpenfarbstoffen mit verhältnismäßig kleinen Mengen von Pyrosulfurylchlorid
zu behandeln, jedoch wurden auf diese Weise nicht aromatische Sulfonsäuren, sondern
esterartige Erzeugnisse erhalten. Auch sind nach diesen bekannten Verfahren niemals
kondensierte ikapillaraktive Sulfonate zu erhalten. Gegenüber solchen Produkten,
bei deren Herstellung an Stelle von Pyrosulfurylclilorid die gleiche Menge Chlorsulfonsäure
zur Anwendung kam, zeichnen sich die Produkte des vorliegenden Verfahrens durch
bessere Eigenschaften, im besonderen Eigenfarbe, Beständigkeit und Kapillaraktivität,
aus.
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Nach dem vorliegenden Verfahren wird das Pvrosulfurvlchlorid als Kondensierungs-und
Sulfonierungsmittel für Neutralfette, Fettsäuren oder fettähnliche Stoffe, insbesondere
`Vollfett, Fettalkohole, Wachse, Harze und Naplitliensäuren, zusammen mit kondensierbaren
Zusatzstoffen angewandt. Als kondensierbare Zusatzstoffe kommen in Frage: Phenole
sowie Alkohole, Ketone, Carbonsäuren, deren Anhvdride oder Chloride aliphatischer,
aromatischer oder hydroaromatischer Natur. Als solche seien genannt Phenol, Kresol,
But_vlalkohol, Benzylalkohol, Methylcyclohetanol, Aceton, Methyläthylketon, Monochloressigsäure,
Essigsäureanhydrid, Benzoylchlorid.
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Einige Beispiele sollen die Verwendung des Pyrosulfurvlchlorids als
Kondensierungs-und Sulfonierungsmittel erläutern.
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Beispiel i Eine homogene Mischung von 33 Gewichtsteilen Rizinusöl
und 2o Gewichtsteilen Essigsäureanhydrid wird mit 3o Gewichtsteilen Pyrosulfurylchlorid
bei etwa 3o° behandelt. Nach beendeter Reaktion wird die Sulfonsäure mit Salzlösung
ausgewaschen. Nach dem Abziehen der abgesetzten sauren Salzlösung neutralisiert
man die obere Schicht mittels Natronlauge oder Ammoniak zu einem ölartigen Erzeugnis.
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Beispiel 2 5o Gewichtsteile Tallöl und 12,5 Gewichtsteile Monochloressigsäure
werden mittels 55 Gewichtsteilen Pyrosulfttrylchlorid bei etwa do° kondensiert und
sulfoniert. Nach nächtlichem Stehenlassen neutralisiert man die Sulfonsäure in wäßriger
Lösung mittels konzentrierter Natronlauge. Nach dem Erkalten trennt man auskristallisiertes
Glaubersalz und etwaige Verunreinigungen ab. Das erhaltene Filtrat wird als Lösung
oder als eingetrocknete Substanz angewandt.
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Beispiel 3 31,5 Gewichtsteile Cetylalkohol werden mit 1q. Gewichtsteilen
Kresol versc olzen und bei 5o° mit i i Gewichtsteilen Pmyrosulfürylchlorid behandelt.
Das nunmehr flüssige
Reaktionsprodukt wird bei etwa 30° mit 22 Gewichtsteilen
Pyrosulfurylchlorid zu Ende sulfoniert. Am nächsten Tage wird die flüssige Sulfonsäure
mit Wasser aufgenommen und alsdann mit Natronlauge von 36° B6 vorsichtig und unter
' Kühlung neutralisiert. An Stelle des Kresols kann auch die äquimolekulare Menge
n-Butylalkohol angewandt werden.
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Es ist bereits bekanntgeworden, Fettstoffe mit Halogenkohlenwasserstofben,
wie z. B. mit Tetrachlorkohlenstoff, zu verdünnen und nunmehr mit rauchender Schwefelsäure
oder Schwefelsäureanhydrid zu sulfonieren. Unter diesen Arbeitsbedingungen wirkt
aber das Sulfonierungsmittel sofort auf den Fettstoff ein und ist nicht imstande,
etwa mit dem Verdünnungsmittel zuerst Pyrosulfurylchlorid zu bilden.