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Verfahren zum stetigen Scheiden und Saturieren des Rohsaftes der Zuckerindustrie
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur' Scheidung und Saturation von Zuckersäften..
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Bei der üblichen Reinigung von Rübenrohsaft wird auf ungefähr
85' C erhitzt, wodurch ein Teil der Eiweißstoffe koaguliert wird. Gleichzeitig
wird dadurch der Saft für die Klärung vorbereitet. Dann wird Kalk, gewöhnlich in
Form von Kalkmilch, oder Calciumsaccharat zugesetzt, und zwar im Mengenverhältnis
von 2 bis 3°/o der angewandten Rüben. Der mit Kalk versetzte alkalische Saft wird
häufig einer längeren Rühreinwirkung bei erhöhter Temperatur unterzogen,. welche
x5 bis 2o Minuten andauert. Nun wird der Saft mit Kohlendioxyd saturiert. Die Behandlung
erfolgt gewöhnlich absatzweise in mehreren Behältern. Ein Behälter des gekalkten
Saftes unterliegt der Saturation, während die anderen Behälter hierfür vorbereitet
werden. Sobald das Gas in den gekalkten Saft eingeführt wird, entsteht ein gelatinöser
und praktisch sich nicht absetzender Niederschlag. Wenn die Gaszuführung fortgesetzt
wird, ändert sich die Natur des Niederschlages, und wenn die Alkalität bis zu o,ro
bis o,z5 g Kalk per zoo ccm Flüssigkeit reduziert ist, wird der Niederschlag flockig
und kann abgesetzt oder filtriert werden. Wird die Gaszuführung noch weiter fortgeführt,
die Alkalität des Saftes noch stärker verringert, so wird der Niederschlag immer
flockiger; aber es wird dann ein Punkt erreicht, wo ein Teil der Unreinlichkeiten,
die aus der Lösung ausgefällt sind, wiederum sich zu lösen beginnen.
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Dieses Behandlungsverfahren erfordert genaue Beaufsichtigung durch
geschulte Arbeiter. Wenn z. B. die Carbonisation im Anfang zu weit oder nicht weit
genug getrieben wird, dann ist es praktisch unmöglich, ein klares Filtrat zu erzielen,
d. h. mit anderen Worten, wenn die Gaszuführung nicht bis zu einem bestimmten Punkt
durchgeführt wird, dann ist es praktisch unmöglich, eine Trennung der Feststoffe
von der Flüssigkeit zu erreichen. Da nun die Operationen absatzweise durchgeführt
werden und die Kontrolle von Hand erfolgt, z. B. vermittels Probenahme, so ist es
außerordentlich schwierig, einen praktisch gleichmäßig gereinigten und geklärten
Zuckersaft herzustellen.
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Die vorliegende Erfindung dient einer weitgehenden Vereinfachung und
Verbesserung der bekannten Verfahren. Die zur Reinigung und Klärung dienenden Maßnahmen
können genau kontrolliert werden; es ergibt sich eine bessere Scheidefähigkeit der
Feststoffe und der Flüssigkeit. Die Folgeerscheinung ist, daß die erzielten Säfte
bis zu einem hohen Grade gleichmäßig sind. Die Erfindung geht dabei von der bekannten
Maßnahme aus, Schlammsaft, und zwar ein Vielfaches des Volumens an Rohsäft, zurückzunehmen.
Diese
Schlammsaftrücknahme erfögte bisher, um einen besser filtrierbaren =Niederschlag
zu erhalten, doch hat sich gezeigt, daß das Ver7;i fahren mit erheblichen Schwierigkeiten
v' Bunden ist. Einer der Gründe dieser Schwie, keiten liegt wohl in der Entstehung
verschiede *x ner Konzentrationen an verschiedenen Stellen' im Reaktionsbehälter.
Über die Bedeutung dieser verschiedenen Konzentrationen, z. B. zu hoher Alkalität,
wird weiter unten gesprochen. Die Erfindung ermöglicht aber eine sehr rasche und
sichere Durchführung der Saturation und ergibt einen Niederschlag, der sich ausgezeichnet
weiterbehandeln läßt.
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Außerdem kann das Verfahren gemäß der Erfindung in sehr einfachen
Apparaten stetig durchgeführt werden. Dies wird dadurch erreicht, daß örtlich getrennt
von der Stelle, wo der Rohsaft mit einem Vielfachen seines Volumens an Schlammsaft
gemischt, wurde, dem Gemisch Kalk unter gleichzeitigem Einleiten von Kohlensäure
zugesetzt wird.
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Ein weiteres Merkmal der Erfindung besteht darin, daß bei stetiger
Ausführung des Verfahrens der Zusatz von Kalk bzw. Calciumsaccharat oder einem anderen
alkalischen Mittel sowie der Kohlensäure zu dem stetig durch einen Reaktionsbehälter
fließenden Saft stetig erfolgt, wobei der Saft in gleicher Strömungsrichtung mit
dem alkalischen Zusatzmittel geführt wird, während die Kohlensäure im Gegenstrom
durch das Reaktionsgefäß geleitet -wird. _- Diese Maßnahmen gewährleisten eine sehr
gute und rasche Durchmischung der Substanzen, welche aufeinander reagieren sollen;
und verbürgen vor allem eine volle Ausnutzung aller Zusätze. Wird nämlich nach vielen
bisher angewendeten Verfahren der Kalk mit dem Rohsaft vor der Gasbehandlüng gemischt,
dann erreicht der Saft eine hohe Alkalität, wobei sich ein außerordentlich feiner
kolloidaler Niederschlag bildet. Diese Kolloide verhindern dann später das Wachstum
der Calciumcarbonatkristalle, so daß sich _ der _ Niederschlag nur schwer filtrieren
läßt.
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Gemäß dieser Erkenntnis ist nun ein weiteres sehr wichtiges Merkmal
der Erfindung, daß bei der Ausführung des stetigen Verfahrens die richtigen Mengenverhältnisse
in der Zeiteinheit gewählt werden. Es ist bekannt, daß eine Überkonzentration des
sauren Zusatzes (z. B. der Kohlensäure) vermieden werden muß ; im Verlaufe der Studien,
die der Erfindung zu,-runde liegen, wurde dementsprechend festgestellt, daß auch
beim Zusatz des Kalkes bestimmte Bedingungen genau eingehalten werden müssen, wenn
die besten Ergebnisse erreicht werden sollen. Die Einhaltung dieser Bedingungen
ist beim stetigen Verfahren um so mehr von Wichtigkeit, als es hier auf die rasche
Reaktion und auf. die Ausfällung eines sofort gut filtrierbaren Niederschlages ankommt.
Diese Bedingungen müssen nun gemäß der Erfindung ,'solche sein, daß beim stetigen
Zusatz von >1k und Kohlensäure zum Saft eine auch zeitweilige Überkonzentration
des Kalkes Safte vermieden wird.
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Die Einhaltung dieser Bedingungen kann durch verschiedene Maßnahmen
und Vorrichtungen gesichert werden. Ein Mittel hierzu ist beispielsweise das schon
genannte Merkmal, daß der Kalk mit dem Saft in gleicher Strömungsrichtung durch
das Reaktionsgefäß geführt wird, während die Kohlensäure in Gegenstrom fließt. Hierbei
könnte sich aber unter Umständen die ganze in der Zeiteinheit zufließende Kalkmenge
zunächst mit der gleichzeitig zufließenden Saftmenge so mischen, daß eine Überkonzentration
des Kalkes in diesem Safte erfolgt. Dies wird nun aber gemäß der Erfindung beispielsweise
dadurch vermieden, daß man den Kalk zwar gleichzeitig mit dem Safte, aber in einer
genügenden Entfernung von dessen Einführungsstelle, in den Reaktionsbehälter einleitet.
Durch die in dem Behälter stattfindenden" Reaktionen und durch die in der Flüssigkeit
aufsteigenden Gase wird sofort eine gute Durchmischung und Verteilung des jeweils
ankommenden Kalkes in der ganzen Reaktionsflüssigkeit erzielt, so daß in keinem
Querschnittsteil des Behälters der Kalk sich stark anreichern und zur Überkonzentration
führen kann. Natürlich muß dabei auch in an sich bekannter Weise auf die in der
Zeiteinheit zugegebenen Mengenverhältnisse geachtet werden. Die Regelung derselben
geschieht bei dem Verfahren gemäß der Erfindung jedoch leichter und sicherer als
bei den bisher bekannten Verfahren.
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Bei Einhaltung aller der genannten Maßnahmen erreicht man eine Scheidung
und Klärung des Saftes sowohl auf physikalischem als chemischem Wege. Die physikalische
Reinigung beruht darauf, daß die in den rückgeführten Schlammsaft suspendierten
Calciumcarbonatteilchen sich mit kolloidalen Teilchen aus dem Rohsaft bedecken bzw.
diese absorbieren. Die Entfernung dieser kolloidalen Stoffe aber begünstigt die
weitere normale Fällung der Calciumcarbonatteilchen bei der Saturation, bei der
sie dann ungehindert wachsen und zur Bildung eines guten flockigen Niederschlages
führen können. Die Vorteile dieser geschilderten physikalischen Reinigung kann man
sich dadurch zunutze machen, daß man den bereits carbonisierten Saft wiederholt
mit dem Rohsaft mischt und durch den Reaktionsbehälter kreisen läßt.
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Die Reinigung auf chemischer Grundlage erfolgt wie bei den bekannten
Verfahren, nur ist sie durch die Maßnahmen, die eine Überkonzentration an Kalk verhindern,
besser.
Auch wird die Calciumcarbonatfällung durch die Anwesenheit
früher gefällter Calciumcarbonatteilchen begünstigt, indem diese gewissermaßen die
Keime für die Bildung größerer Calciumcarbonatkristalle darstellen.
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An Hand der beigefügten Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel der
Erfindung sowie eine Vorrichtung zur Ausführung des Verfahrens erläutert.
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Es sind drei Behälter i, 2, 3 vorhanden, die oben mit Auslässen für
nicht absorbiertes Gas versehen sind. Ein Behälter 4 für den Rohsaft ist durch ein
Rohr 5 mit einem Behälter 6 verbunden, dessen Flüssigkeitsspiegel konstant erhalten
wird, und zwar mittels eines Schwimmers 7. Der Behälter 6 ist durch Rohr 8 mit dem
Behälter i verbunden. Ein Kalkvorratsbehälter io ist durch Rohr ii mit dem Behälter
12, in welchem der Flüssigkeitsspiegel unter Zuhilfenahme eines Schwimmers 13 in
gleicher Höhe erhalten wird, verbunden. Ein Rohr 14 verbindet den Behälter 12 mit
einem Kontrollkasten 15. Dieser Kasten enthält eine Vorrichtung, die der Messung
der Menge des durch ihn fließenden Kalkes dient. In dem Rohr ist ein durch eine
Kette zu betätigender Hahn 16 vorgesehen. Die Saturationsgefäße 2 und 3 sind mit
dem Kasten 15 durch Rohre 17 und 18 verbunden. In beiden Rohren sind Hähne i9 und
2o vorgesehen.
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Die Behälter i, 2, 3 sind in geeigneter Weise miteinander verbunden.
Der Behälter i ist mit Behälter 2 durch ein Rohr 21: verbunden, welches sich vom
Boden des Behälters i bis ungefähr in die Mitte des Behälters 2 erstreckt. Ein Rohr
z2 führt von dem Rohr 21 nach der Mitte von Behälter 3. In diesem Rohr sind Hähne
23, 24 angebracht, so daß die Behälter 2 und 3 abwechselnd mit dem Behälter i in
Verbindung gebracht werden können. Die Behälter 2 und 3 sind unten durch die Rohre
25, 26, 27 mit einer Absetz- oder Filtriervorrichtung 28 verbunden. In jedem dieser
Rohre sind Hähne "29, 30, 31 vorgesehen. Rohr 27 ist mit einem Krümmer versehen
zu dem Zwecke, das Niveau des carbonisierten Saftes in dem Behälter in einer bestimmten
Höhe zu erhalten. Ein Anschlußstück 33 ist vorgesehen, damit die Siphonwirkung verhindert
wird, die sich in dem Zuführungsrohr zu dem Absetzbehälter 28 entwickeln kann.
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Die Behälter 2 und 3 sind am Boden durch Rohre 25 und 26 verbunden.
Eine Zirkulationsleitung 34 mit Hahn 35 ist mit einer Pumpe 36 versehen, zu dem
Zweck, den Inhalt der Behälter 2 oder 3 in den Behälter i überzuführen.
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Die Behälter 2 und 3 sind mit Gaszuführungsvorrichtungen versehen.
Vorhanden ist eine Hauptgasleitung 37, mit Abzweigrohren 38 und 39, in denen Hähne
38' und 39' angeordnet sind. Diese Rohre sind mit einer Mehrzahl von Verteilern
40 und 41 versehen. Ein Druckregulator 42 ist in der Hauptzuführungsleitung 37 angeordnet,
des ferneren ein Hahn 43, und ::zwar zwischen dem Druckregulator und den Zuführungsrohren,
der dazu dient, die zugeführte Kohlendioxydmenge zu bestimmen. Dieser Regulator
ist vorzugsweise automatischbetätigt.
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Die Betriebsweise des eben beschriebenen Apparates ist die folgende:
Rohsaft wird in den Behälter 4 eingeführt; eine genügende Menge dieses Saftes strömt
durch die eigene Schwere in den Behälter 6, um den konstanten Druck zu erzeugen,
der durch den Schwimmer 7 bestimmt ist. Der Hahn 9 ist geöffnet zu dem Zwecke, den
Saft durch das Rohr 8 in den ersten Behälter i einzuführen.
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Der Saft passiert vom ersten Behälter i durch das Rohr 21 in den carbonisationsbehälter
2, bis derselbe bis zu seinem Arbeitsniveau geführt ist. Der Hahn 24 im Rohr 22
ist geschlossen, während der Behälter 2 unter Behandlung steht.
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In den Behälter io wird Kalkmilch eingebracht, welche durch das Rohr
ii in den Behälter 12 fließt. Der Hahn 16 ist geöffnet, damit die Kalkmilch durch
den Kasten 15
strömen kann. Der Hahn 2o im Rohr 18 ist geschlossen, so daß
die Kalkmilch durch Rohr 17 in den Behälter 2 gelangt, wo sie mit dem Saft gemischt
wird. Wenn die Behälter bis zu ihrer normalen Betriebshöhe gefüllt sind, wird die
Zuführung von Saft und Kalk geschlossen, die Zirkulationspumpe angelassen und Kohlensäure
zu der Mischung zugeführt. Die Zuführung erfolgt durch die Hauptleitung 37 bei durch
Hahn 42 kontrolliertem Druck. Der Hahn 39' ist geschlossen, so daß das Gas in den
Behälter 2 geht. Da das Gas am Boden eintritt, dringen die Gasblasen von unten durch
die Flüssigkeitssäule hindurch.
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Sobald die Carbonisation die übliche Zeit angedauert hat, wird die
Zuführung von Saft und Kalk wieder begonnen und der Prozeß so kontinuierlich weitergeführt.
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Ein Teil des carbonisierten Saftes wird vom Boden des Behälters 2
durch die Leitung 25 und 27 in den Absetzbehälter 28 geführt, während der Rest in
den Behälter i gepumpt wird. Das Verhältnis des zirkulierten, carbonisierten Saftes
ist im vorliegenden Fall i : 8, d. h. es werden acht Volumina Saft für jedes neu
dem Kreislauf zugeführtes Volumen Saft im Kreislauf erhalten. Vollkommen carbonisierter
Saft wird dem Behälter 28 zugeführt in gleicher Weise, als Rohsaft in das System
eintritt. Durch diese Weise kann die Carbonisation kontinuierlich durchgeführt werden.
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Die Zuführung von Kalkmilch in den Behälter 2 erfolgt während der
Gegenbehandlung.
Es findet kein Umrühren des Saftes mit Kalk vor
der Carbonisation statt. Die Zeitspanne zwischen Kalk- und Gaszuführung kann vernachlässigt
werden. Das Wesentliche ist, daß das Gas zu dem gekalkten Saft zugeführt wird, bevor
eine Sättigung desselben mit in Lösung befindlichem Kalk eingetreten ist, oder mit
anderen Worten, der Saft wird schon der Gasbehandlung unterworfen, wenn er teilweise
mit Kalk gesättigt bzw. wenn seine Alkalität geringer ist, als wenn er ganz mit
gelöstem Kalk gesättigt wäre. -Da carbonisierter Saft aus dem Behälter 2 mit rohem
Saft im Behälter i zur Mischung gelangt, so ergibt sich die Basis für die Durchführung
der eingangs gekennzeichneten Reaktion. Der carbonisierte Saft enthält Calciumcarbonatpartikel
suspendiert. Diese dienen der mechanischen Reinigung des Rohsaftes im Behälter 1,
bevor er im Behälter 2 der Gasbehandlung unterliegt. Kolloidale Stoffe des Rohsaftes
werden hierbei von Calciumcarbonatpartikeln aufgenommen.
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Der in Lösung gegangene Kalk, der vom Behälter 2 nach Behälter 1 übergeführt
wird, bewirkt eine chemische Reinigung des rohen Saftes. Die Kalklösung reagiert
mit gewissen gelösten Salzen und bildet unlösliche Salze; gleichzeitig werden kolloidale
Schwimmstoffe auf diesen Fällungen absorbiert.
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Wenn der rohe Saft aus Behälter 1 die Kalk-und Gaszuführungszone des
Behälters z erreicht, ist er praktisch gereinigt. Dieser Saft kann dann zwecks Fällungen
frischer Calciumcarbonatpartikel mit Gas behandelt werden, welche nicht mehr durch
kolloidale Stoffe verunreinigt werden und daher unbegrenzt wachsen können.
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Wenn der Behälter 2 außer Betrieb gesetzt werden soll, werden die
Hähne in den Zuführungsleitungen dieses Behälters geschlossen und die Hähne in den
nach Behälter 3 führenden Leitungen können geöffnet werden, um den Behälter 3 in
Betrieb zu setzen.
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Die beschriebene Anlage kann natürlich im Rähmen der Erfindung auch
in anderer Weise betrieben werden. Der obere Teil, der durch eine Wand von dem unteren
Teil abgetrennt ist, kann als Leerraum dienen, in welchem der rohe Saft mit carbonisiertem
Saft gemischt wird, während die Kalk- und Gaszuführung in dem unteren Teile des
Behälters vor sich geht.