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Verfahren zur Gewinnung von für die Immunisierung gegen Infektionen
durch Infektionserreger geeignetenVaccinen In der Immunisierungstherapie sind schon
seit langer Zeit Versuche gemacht worden, für die Immunisierung an Stelle von Infektionserreger
enthaltenden Lösungen Suspensionen von abgetöteten Infektionserregern zu verwenden.
Für die Abtötung der Infektionserreger sind verschiedene Mittel angewandt worden,
z. B. Erhitzung, Versetzung mit abtötenden Chemikalien, Einbringung in nichtisotonische
Lösungen und andere auf - energische Weise die Infektionserreger abtötende Verfahren.
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Die auf diese Weise gewonnenen Suspensionen abgetöteter Infektionserreger
haben sich aber für die Immunisierung von Menschen urid Tieren gegen die Einwirkung
derselben Erreger nur in beschränktem Maße bewährt. Es war immer nötig, sehr große
Mengen abgetöteter Infektionserreger zu verwenden, und auch in diesem Fall war die
Immunisierung oft eine nur sehr unvollkommene.
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Es ist auch schon vorgeschlagen worden, säurefeste Bakterien, wie
z. B. Tuberkelbazillen, durch Lecithinemulsionen oder durch Lecithin in Substanz
zur Auflösung zu bringen -und auf diese Weise therapeutisch wirksame Präparate herzustellen.
Da aber bei den früheren Vorschlägen völlig salzfreie Lecithinemulsionen verwandt
wurden, so ist in diesen Fällen die Auflösung der Bakterien auf die Nichtisotonität
der verwandten Lecithinemulsionen zurückzuführen. Erfindungsgemäß werden nun für
die Immunisierung gegen Infektionen durch Infektionserreger geeignete Vaccine dadurch
gewonnen, daß isotonische, feindisperse Lipoidsuspensionen, vorzugsweise isotonische
Lecithinemulsionen oder isotonische Extrakte aus phosphatidreichen Organen, wie
z. B. aus Hirnen, auf suspendierte Krankheitserreger oder auf aus ihnen gewonnene
Toxine zur Einivirkung gebracht werden.
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Durch die Einwirkungen der isotonischen feindispersen Lipoidsuspensionen
auf die Krankheitserreger werden diese langsam zur Auflösung gebracht. Hierbei handelt
es sich anscheinend um einen andersartigen Auflösungsvorgang als den, der bei Einwirkung
nichtisotonischer Lösungen auf die Krankheitserreger stattfindet. Dies geht daraus
hervor, daß nach dem neuen Verfahren Präparate erhalten werden, die nicht nur bei
säurefesten Bakterien, wie z. B. Tuberkelbazillen, sondern auch bei nichtsäurefesten,
eigenbeweglichen Krankheitserregern, wie Trypanosomen und Spirochäten, therapeutisch
hoch wirksame Präparate darstellen. Wahrscheinlich beruht das darauf, daß die langsamere
Auflösung der Infektionserreger unter der Einwirkung der isotonischen Lipoidsuspensionen
wesentlich mehr den biologischen Verhältnissen entspricht als die Sprengung der
Bakterienleiber durch Einwirkung nichtisotonischer Lösungen.
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Die Durchführung des neuen Verfahrens
geschieht in
der- Art, daß man zu einer phosphatidreichen Lipoidsuspension, wie man sie z. B.
durch Extraktion von Hirnen erhält, eine solche Menge Kochsalz zusetzt, daß die
Gesamtlösung isotonisch ist. Eine derartige isotonische Lipoidsuspension wird dann
dea.-Infektionserregeraufschwenunung zugesetzt. Hierdurch erfolgt eine Abtötung
und Auflösung der Infektionserreger, und man erhält eine in hervorragendem Maße
zur Herbeiführung der Immunität gegen die Infektion durch Erreger dieser Erregerart
geeignete Vaccinlösung. Nicht nur durch die Tatsache, daß mittels der mit isotonischer
Lipoidsuspensionen versetzten BakterienaufschwemmunZen keine Infektionen im Tierversuch
oder Bakterienwachstum auf geeigneten Nährböden mehr hervorzurufen sind, kann die
Abtötung der Infektionserreger durch die isotonischen Lipoidsuspensionen nachgewiesen
werden, sondern auch durch die unmittelbare mikroskopische Beobachtung. Nach Zufügung
der isotonischen Lipoidsuspensionen zu der Infektionserregeraufschwemmung verlieren,
wie bei mikroskopischer Beobachtung deutlich feststellbar, zuerst die eigenbeweglichen
Krankheitserreger ihre Eigenbeweglichkeit, dann schwindet allmählich die gesamte
morphologische Struktur, und die Bakterien zerfallen langsam, bis sie dann gar nicht
mehr mikroskopisch nachweisbar sind. Die so -erhaltenenSuspensionen sind, wie schon
v orher ausgeführt, nicht mehr imstande, Infektionen hervorzurufen, wohl aber vermögen
sie Tiere, denen sie.eingespritzt werden, gegen Infektionen mit derselben Erregerart
zu immunisieren. Durch zahlreiche Parallelversuche ist nachgewiesen worden, daß
weder durch die Einspritzung von auf andere Weise abgetöteten Infektionsaufschwemmungen
noch durch Einspritzung isotonischer Lipoidemulsionen, die keine abgetöteten Bakterien
enthalten, noch durch getrennte Injektionen von Infektionserregeraufschwemmungen
und isotonische Lipoidsuspensionen derselbe Immunisierungseffekt zu erzielten ist.
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Verschiedene Bakterienarten sind gegen die abtötende Einwirkung von
isotonischen Lipoidsuspensionen in verschiedenem Maße widerstandsfähig. Es ist aber
möglich, in jedem Falle festzustellen, ob es gelungen ist, die vorhandenen Bakterien
abzutöten. Ein sicheres Kennzeichen hierfür ist das oben heschriebene mikroskopisch
wahrnehmbare Phänomen. Ist es nämlich gelungen, durch den Zusatz der isotonischen
Lipoidsuspensionen den allmählichen Verlust der morphologischen Struktur der Bakterien
zu erhalten, so daß sie mikroskopisch nicht mehr darstellbar sind, so ist die gewonnene
Suspension geeignet für die Immunisierung. Zur Sicherung könneu noch biologische
Versuche (Kulturversuch, Tierimpfung) herangezogen werden. Gegebenenfalls kann,
um einzelne besonders widerstandsfähige, noch nicht abgetötete Erreger zu vernichten,
den gewonnenen Vaccinlösungen noch nach Durchführung der oben beschriebenen Prüfungen
auf lebende Erreger ein Desinfiziens, z. B. Phenol, zugesetzt werden; hierdurch
wird gleichzeitig ein Konservieren der Suspension gewährleistet. Sehr wesentlich
für die zu erzielende Wirkung ist der Dispersitätsgrad der kolloidalen Suspension.
Er wird vorteilhafterweise so gewählt werden, daß das einzelne Kolloidteilchen kleiner
ist als die Größe de`s zur Auflösung zu bringenden Infektionserregers.
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Ein Fortschritt gegen früher geübte Methoden der Vaccinegewinnung
ist auch-noch in folgendem zu erblicken: Während z. B. zur Herstellung von Vaccine
aus bluthaltigen Medien (Autovaccine usw.) Bakterienkulturverfahren notwendig waren,
gelingt es durch Zusatz von isotonischen Lipoidsuspensionen zu der bluthaltigen
Flüssigkeit die Bakterien mit Hilfe der isotonischen Lipoidsuspensionen zu eliminieren,
wobei man Vaccine gewinnt, die aus den Krankheitserregern des befallenen Organismus
direkt hervorgehen, und nicht solche aus Bakterien, die durch das Kulturverfahren
oder ähnliche Methoden unter Umständen weitgehend in ihrer Virulenz abgeschwächt
sind.
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Das Verfahren der Erfindung besteht, wie schon angegeben, darin, daß
man zu .einem infektionserregerhaltigen Medium :eine isotonische Lipoidsuspension
möglichst solchen Dispersitätsgrades hinzufügt, daß die Lipoidteilchen kleiner sind
als die abzutötenden Erreger.
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Der Nachweis, daß die so gewonnene Suspension wirklich zur gefahrlosen
Herbeiführung der Immunisierung gegen die Infektion durch dieselbe Infektionserregerart
geeignet ist, wird durch die mikroskopische Beobachtung und die anderen oben schon
genannten Verfahren (Kulturversuch, Tierimpfung) erbracht. Eine zur Immunisierung
geeignete Lösung liegt in den Fällen vor, wenn keine lebenden Krankheitserreger
in den Lipoidsuspensionen mittels der üblichen genannten Prüfungen mehr nachzuweisen
sind.
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Die Anwendbarkeit des neuen Verfahrens zur Gewinnung von zur Immunisierung
geeigneten Suspensionen ist bisher vor allein an Trypanosomen, Recurrensspirochäten
und Tuberkelbazillen erprobt Worden. Aber auch bei all den zahlreichen anderen Infektionserregerarten,
auf die das neue Verfahren schon angewandt worden ist, wurden zur Immunisierung
gegen die betreffende Erregerart geeignete Suspensionen gewonnen.
Eine
erschöpfende theoretische Deutung des Vorganges, durch den bei der Zufügung von
isotonischen Lipoidsüspensionen zu Infektionserregern 'eine zur Immunisierung gegen
diese Erregerart geeignete Lösung gewonnen wird, läßt sich vorläufig noch nicht
geben. Es ist aber möglich, daß es sich um eine Steigerung der Wirksamkeit der in
den Infektionserregern vorhandenen Toxine durch Absorption an Lipoiden handelt.
Hierfür spricht, daß man ebenfalls zur Immunisierung geeignete Lösungen erhält,
wenn man vorher abgetötete Infektionserreger mit Lipoidsuspensionen versetzt, oder
wenn man aus Infektionserregern gewonnene Toxinlösungen mit Suspensionen mischt.
Die beiden zuletzt genannten Arbeitsweisen sind als Abwandlungen des neuen Verfahrens
anzusehen.
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Im folgenden sind einige Versuchsergebnisse angegeben, die die Herstellung
der zur Immunisierung geeigneten Suspensionen beschreiben und die erzielbaren Erfolge
darlegen. Beispiel i i g aus Hirn gewonnenes Lecithin, wird in i o ccm Äther zur
Lösung gebracht. Zu dieser Lösung werden io ccm o,gprozentiger Kochsalzlösung zugesetzt.
Das Gemisch wird in einem kochfesten Kolben langsam im Wasserbad erhitzt und der
Äther vertrieben. Man gewinnt so eine feindisperse isotonische Leci.-thinsuspension.
Zu 5 ccm dieser Suspension werden z ccm trypenosomenhaltiges, gerinnungsgeschütztes
Blut zugesetzt, worauf i o Minuten lang geschüttelt wird. Daraufhin erfolgen mikroskopische
Dunkelfelduntersuchungen, wobei zu erkennen ist, daß die Trypanosomen schon verhältnismäßig
unbeweglich sind und nahezu vor ihrem Zerfall stehen. Der fortschreitende Zerfall
wird im Mikroskop verfolgt. Nunmehr wird das Gemisch scharf abzentrifugiert, wodurch
die Blutkörperchen abgeschieden werden. Die so gewonnenen kolloidalen Lösungen.
stellen gebrauchsfertige Vaccine dar, die nun beliebig verdünnt werden können und
gegebenenfalls zur Konservierung zeit einem geringen Zusatz von organischem Desinfiziens
versetzt werden. Mit derartigen Suspensionen werden Tiere in tageweisen Abständen
behandelt, wodurch Infektionsschutz gegen eine nachzufolgende Impfung mit derselben
Erregerart gewährleistet wird. Beispiel z zog fein zerriebenes Rinderhirn werden
mit ioo ccm 96prozentigen Alkohols extrahiert. Der so gewonnene wasserklare Extrakt
wird über dem siedenden Wasserbad verdampft und der Rückstand in i o ccm Äther aufgelöst.
Zu dieser Lösung werden io ccm o,gprozentiger Kochsalzlösung zugesetzt. Aus dem
Gemisch wird durch vorsichtiges Verdampfen nunmehr der Äther vertrieben. Man erhält
so eine feindisperse phosphatidreiche Suspension. Zu dieser Suspension werden wiederholt
gewaschene Recurrensspirochätenzugesetzt, die von Ratten auf dem Höhepunkt ihrer
Infektion gewonnen waren. Mikroskopische Kontrolle auf eingetretenen Spirochätenzerfall
wie in Beispiel i. Außerdem wird zur Sicherung des reingetretenen Spirochätenzerfalls
eine biologische Prüfung (Tierversuch) durchgeführt. Nach der Feststellung, daß
keine lehenden Krankheitserreger mehr vorhanden waren, wird die Suspension zur Befreiung
von gegebenenfalls groben Bestandteilen scharf abzentrifugiert. Die überstehende
Flüssigkeit stellt die gebrauchsfertige Suspension dar, mit der sich, wie bei Beispiel
i, durch mehrmalige Vorbehandlung der Versuchstiere ein Infektionsschutz gegen nachfolgende
Impfung mit Recurrensspirochäten erzielen läßt.