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Kolbendampfmaschine. In der Beschreibung des Patents 430 554 ist neben
anderen Quellen zur Beschaffung des Spüldampfes auch die Entnahme des Dampfes durch
Anzapfen des Dampfzylinders während der Expansion genannt, auch ist die Möglichkeit
der Vereinigung der Anzapfung für die Spülung mit einer Anzapfung für Speisewasservorwärmung
erwähnt.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist eine eigenartige Führung
des Anzapfdampfes in bezug auf den Dampfzylinder und im Überhitzer. Es ist dabei
(auch .für doppelt wirkende Maschinen) nur eine Schlitzreihe oder nur eine gemeinsam
durchströmte Gruppe von Schlitzen erforderlich, welche sowohl für die Entnahme des
Anzapfdampfes wie auch, entgegengesetzt durchströmt, für die Einführung des überhitzten
Spüldampfes dient. Der alte Dampf -und der Spüldampfüberschuß wird durch die Auslaßorgane
und Auslaßöffnungen der bisher bei Dampfmaschinen gebräuchlichen Art abgeführt;
dazu gehören auch von Kolben überfahrene Schlitze in der Zylinderwandung. Auzh die
Anordnung mit zwei Auslaßschlitzen und nachgeschalteten Auslaßventilen gehört dahin.
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Der Dampfmaschinenauslaß wird vor Beginn der eigentlichen Spülung
geöffnet; dadurch wird der Dampf annähernd auf Ausschubspannung entspannt, und dann
kann die Spülung beginnen, entweder als Folge des nun gegenüber dem Dampfzylinder
gewonnenen Überdruckes im Überhitzer selbsttätig oder vermöge einer zwischen Dampfzylinder
und Überhitzer eingeschalteten Steuerung. Anordnungen, bei welchen die Anzapföffnungen
nicht außerdem auch für die Spüldampfeinführung benutzt werden, sind als nahehegende
Ausführungsformen des Gegenstandes des Hauptpatents anzusehen und können durch die
zu ihr gehörige Beschreibung als erledigt gelten.
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Die einfachste Form des Gedankens ist in Abb. z dargestellt; sie enthält
weder selbsttätige Ventile noch Steuerungen. Die Strömung und Strömungsumkehr findet
allein auf Grund der Veränderungen des Druckes im Zylinder, die von der normalen
Dampfmaschinensteuerung bewirkt werden, statt.
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Wenn auf der linken Kolbenseite beim Lauf des Kolbens von links nach
rechts der linke Kolbenrand die Schlitzkante k überfahren hat, tritt Dampf aus dem
Zylinder in den Überhitzer vermöge des Überdruckes, welchen der Dampf im Zylinder
mit dem Druck p1 über dem Druck im Überhitzer hat, ein. Durch den Übertritt des
Dampfes steigt der Druck im Überhitzer, der keine Abflußöffnung hat, während der
Druck im Zylinder sinkt einmal durch den Dampfabfluß vom Punkte k ab und dann durch
die weiterschreitende Expansion. Im Punkte a des Diagrammes beginnt dann die Vorausströmung,
welche .durch den normalen Dampfmaschinenauslaß a gesteuert wird. Infolge des starken
Druckabfalles im Zylinder gewinnt jetzt der Druck im überhitzer Oberhand, und es
tritt überhitzter Spüldampf bei geöffnet bleibendem Auslaß in den Dampfzylinder
ein. Dieser
Spülvorgang ist in die Abb. i eingetragen. Beim Rückgange
des Kolbens dauert die Spiilung noch an, bis der Kolbenrand die Kante k wieder erreicht
hat.
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Nach Überschreitung der Schlitzkante k beim Linkslauf des Kolbens
findet dann noch Ausschub durch das Auslaßorgan statt, bis dieses für den planmäßigen
Beginn der Kompression im Punkte 5 geschlossen wird.
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Der Überhitzer wird bei den erläuterten Vorgängen nicht von Dampf
in nur einer Richtung durchströmt. Der Dampfeintritt und -austritt regelt sich vielmehr
nach Maßgabe des wechselnden Druckes. Bei höherem Druck nimmt der unveränderliche
.Raum des Überhitzers mehr Dampf auf als bei niedrigerem. Um namhafte Mengen Dampf
ein-und 'ausströmen zu lassen, muß einmal der Rauminhalt des Überhitzers ziemlich
groß sein, und dann tnuß der Druck sich in weiten Grenzen ändern. Ein tberhitzer
der vorstehenden Art möge geschlossener Überhitzer genannt werden. Der Name bezieht
sich auf den Spüldampfraum; das Heizmittel wird dagegen in gewöhnlicher Weise die
Rohre des Überhitzers durchströmen..
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Der geschlossene überhitzer hat für den eigentlichen Spülvorgang den
Vorteil, daß beim Öffnen des Spülschlitzes ein kräftiger Spülstoß eintritt, welcher
in der Nähe des Hubwechsels die kurze Zeit der geringen Kolbenbewegung für das Hinauswerfen
des alten Dampfes ausnutzt, und daß der Druck für den Kolbenrückgang mehr und mehr
abflaut, so daß die Abflußquerschnitte des normalen, nur mit etwas reichlicher Vorausströmung
arbeitenden Dampfmaschinenauslasses nicht überlastet werden und kein erhöhter, arbeitverzehrender
Gegendruck auftritt.
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Wenn mehrere Dampfzylinder mit versetztem Hubwechsel auf einen Überhitzer
arbeiten, kann zeitweise ein Zylinder Dampf abgeben, während ein anderer Dampf aufnimmt.
Damit hört der überhitzer wenigstens zeitweise auf, ein geschlossener zu sein. Die
Druckschwankungen werden kleiner sein, aber auch die Eigenschaft, zur geeigneten
Zeit einen kräftigen Spülstoß zu geben, hört auf. Wenn man auf diese Eigenschaft
nicht verzichten will, wird man die Überhitzer trennen.
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Um bei einem geschlossenen Ü berhitzer mit gemeinsamer, nacheinander
für Ein- und Austritt dienender Öffnung ohne Zuhilfenahme von Steuerorganen eine
einigermaßen wirksame Dampfführung zu erlangen, muß man die Stoßkraft des Dampfes
beim ersten Öffnen des Schlitzes benutzen, um mit dem noch nicht überhitzten Dampf
in die weit abgelegenen Teile des Überhitzers zu gelangen. Dazu muß (in der Richtung
des Dampfeintrittes in den Überhitzer) die Bahn zu diesen Teilen frei gehalten werden.
-Sonst kehrt der in der Nähe der Öffnung verbleibende Dampf, ohne gehörig überhitzt
zu sein, bei der Spülperiode in den Zylinder zurück.
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In Abb. a ist ein Crberhitzer mit solcher, Dampfführung dargestellt.
Den Stutzen desselben hat man sich an den Raum h des Dampfzylinders (Abb. i) angeschlossen
zu denken. Wenn der Kolben bei der Expansion die Öffnungen in der Zylinderwand freigegeben
hat, stößt der Dampf unter ziemlich starkem Überdruck in die unteren Schichten des
Überhitzers vor. Der Diffusor q dient weiter dazu, die Strömungsenergie in Druck
zu übersetzen, so daß am unteren Teil des Überhitzers ein etwas höherer Druck entsteht
als an der Unterbrechungsstelle des Strahles. Dieser Druckunterschied wird sich
auch den oberen, seitlich von der Unterbrechungsstelle liegenden Räumen mitteilen.
Die Unterbrechungssteller dient dazu, gut überhitzten Dampf aus den oberen Teilen
des Überhitzers in den Zylinder zurücktreten zu lassen, wenn der Druck im Zylinder
durch weitere Expansion und Vorausströmung so Zweit gesunken ist, daß der Druck
im Überhitzer das Übergewicht gewonnen hat.
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Abb. 3 zeigt die Dampfströmung beim Austritt aus dem Überhitzer, also
für den Spülvorgang, Abb. a für den Eintritt in den Überhitzer, also für den Anzapfvorgang.
Es tritt beim Spülvorgang in nicht ganz erwünschter Weise auch eben erst eingetretener
Dampf aus den unteren Teilen des Überhitzers durch den Diffusor zurück. Um das zu
verhindern und auch einen besseren Dampfumlauf im überhitzer zu gewinnen, kann man
ein Umwälzgebläse einbauen, welches den Anzapfdampf in der Richtung nach den Heizröhren-
treibt und auch rückkehrenden Dampf in Umlauf hält. Dieses Umwälzgebläse würde sich
dadurch wesentlich von einem eigentlichen Spülgebläse unterscheiden, daß es nur
-die geringen Widerstände innerhalb des geräumigen Überhitzers zu überwinden hätte;
der Spülüberdruck für den Dampfzylinder wird, wie bei den anderen hier beschriebenen
Anordnungen, durch die Anzapfung bei höherem Druck gewonnen. Vollkommener wird die
Dampfführung im Überhitzer durch besondere Organe geregelt. Sie können entweder
als gesteuerte Schieber oder Ventile ausgebildet sein oder auch selbstöffnende Ventile
sein. Wenn man sich in den Diffusor q in Abb. 3 etwa bei c eine Drehklappe angebracht
denkt, welche durch einen Steuerungsantrieb für die Anzapfperiode geöffnet wird,
für die Spülperiode geschlossen wird, so ist damit schon eine geregelte
Dampfführung
erreicht, insofern kein Dampf umüberhitzt aus den unteren Teilen des überhitzers
zurücktreten kann. Eine solche schwingende Klappe braucht nicht: absolut dicht abzuschließen,
da innerhalb des geräumigen Überhitzers die Druckunter-.schiede ganz gering sind.
Eine Rückschlagklappe, welche in dem Diffusor so angebracht ist, daß sie in der
Richtung des eintretenden Anzapfdampfes öffnet, würde die gleiche Wirkung ohne besondere
Steuerung haben.
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Bei den Anordnungen Abb. q. bis 6 ist die Führung eine mehr zwangläufige,
die sich nicht mehr auf die richtunggebende Kraft des in den Überhitzer einströmenden
Dampfes stützt. Abb. ¢ stellt eine Anordnung dar, bei welcher der Anzapfdampf durch
eine Ventilklappe g und den Stutzen i in den Überhitzer eintritt, nachdem der Kolbenrand
die Kante k (Abb. i) überfahren hat und reichlicher Druck zur Verfügung steht. Der
Überhitzer füllt sich unter Druckzunahme mit Dampf. Das gesteuerte Ventil v wird
gehoben, nachdem das normale Auslaßorgan a (Abb. i) Vorausströmung gegeben hat.
Der im Überhitzer in geeigneter Weise geführte Dampf tritt, da nunmehr niedriger
Druck im Zylinder herrscht, durch das Ventil v (Abb. q.) in den Zylinder als überhitzter
Spüldampf ein. Das Ventil muß bei einer doppelt wirkenden Maschine zweimal während
einer. Umdrehung geöffnet und geschlossen werden, was mittels eines Doppelschwingdaumens
oder Doppelwälzhebels oder eines Kniehebels geschehen kann.
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Wenn man sich statt der Anordnung des Ventils v in- der Wand.
m, n selbsttätige, nach dem Raume b hin öffnende Ventile g angeordnet denkt, wird
jeder Steuerungsantrieb für die Dampfauswechselung vermieden. Diese Ventile öffnen
sich, sobald der Druck im Zylinder nach erfolgter Vorausströmung so weit gesunken
ist, daß er um den Ventilwiderstand kleiner ist als der Druck im Überhitzer.
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Es besteht hinsichtlich der Spüldauer ein Unterschied bei der Anwendung
gesteuerter Organe oder selbsttätiger Ventile für den überhitzten Spüldampf. Bei
letzterem ist der Spülvorgang beendet, wenn der Kolben die Kante k beim Rückgange
wieder überfährt; bei gesteuerten Organen kann man ihn durch die Wahl des Abschlußäeitpunktes
auch früher beenden. Sonst behält bezüglich der Vorgänge im Dampfzylinder alles
Gültigkeit, was bei Erläuterung der Abb. i gesagt ist.
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Abb. 5 zeigt eine Anordnung, bei welcher Anzapfdampf und überhitzter
Spüldampf durch einen Umschaltschieber et gemeinsam gesteuert werden ohne Anwendung
selbsttätiger Ventile.
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In Abb. 5 ist der Schieber u in der Spülstellung gezeichnet, in Abb.
6 für die gleiche Anordnung in der Anzapfstellung. Der Anzapfdampf tritt durch den
Stutzen i aus dem Raume b in den L`berhitzer ein und durch den Stutzen e aus dem
überhitzer in den Raum b ein (auch in Abb. q.).
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Zur Regelung der entnommenen Dampfmenge ist im Stutzen i noch eine
Drosselklappe d (Abb. q. bis 6) angebracht. Sie ist nach im Betrieb gewonnenen Erfahrungen
einzustellen, kann aber auch in Abhängigkeit vom Stellzeug des Reglers gebracht
werden und bei größeren Füllungen weniger weit geöffnet gehalten werden, weil bei
ihnen zur Zeit des Öffnens des Schlitzes höherer Expansionsdruck herrscht, der bei
unveränderter Öffnungsweite mehr Dampf in den Überhitzer lassen würde als bei kleineren
Füllungen.
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Wenn entsprechend der Beschreibung zum Hauptpatent mit der Anzapfung
für Spülzwecke eine Speisewasservorwärmung durch Anzapfdampf verbunden wird, ist
es zweckmäßig, den Dampf für dieselbe vom Raume b abzuzweigen. Der Abzweig wird,
um möglichst hohe ' Speisewassertemperatur zu erhalten, zweckmäßig nur während des
Bestehens hohen Druckes im Raume b geöffnet gehalten, damit bei sinkendem Druck
kein Rückverdampfen des niedergeschlagenen Wassers eintritt. Die Öffnung und der
Abschluß des Abzweigers findet am einfachsten durch ein selbsttätiges, nach dem
Vorwärmer hin öffnendes Ventil oder eine Ventilgruppe statt, doch kann dafür auch
ein gesteuertes Organ angeordnet werden.