-
Gewinnung von Schwefel aus Gemischen, die Schwefel neben lyletallverbindungen,
teerigen Stoffen und anderen Verunreinigungen enthalten. Die wirtschaftliche Gewinnung
von reinem Schwefel aus Produkten, wie Gasreinigungsmasse und anderen, in denen
Schwefel neben z. B. Eisenverbindungen, Cyanverbindungen, teerigen Stoffen usw.
enthalten ist, hat sich bislang, wenn es nur auf die Gewinnung des Schwefels ankam,
nicht in der Praxis durchsetzen können, weil es hierzu an genügend einfachen Verfahren
fehlte und vor allen Dingen deshalb, weil der erhaltene Schwefel nicht den hohen
Anforderungen, die der Markt an die Reinheit des Schwefels stellt, ohne weiteres
genügt. Ausschlaggebend für die Wirtschaftlichkeit der in Frage kommenden Verfahren
ist insbesondere der niedrige Preis, den der reine Schwefel erzielt; damit ist eine
weitgehende Beschränkung in den verwendbaren Verarbeitungsmethoden von vornherein
gegeben. Das Produkt, an dein zur Gewinnung von reinem Schwefel die meisten Versuche
gemacht worden sind, ist die in großer Menge in Deutschland zur Verfügung stehende
ausgebrauchte Gasreinigungsmasse. Für deren Aufarbeitung auf Schwefel sind eine
ganze Anzahl Vorschläge gemacht worden, so z. B. die Extraktion des Schwefel: »durch
Behandeln mit Schwefelkohlenstoff, Benzol, Trichloräthylen, bei 25o° siedendem Petroleum
oder Dichlorbenzol ...« (vgl. U 1 1 m a n n , Enzyklopädie der technischen Chemie,
Bd. X, 1922, S. i36). »Der auf diese Weise gewonnene Schwefel ist meist durch teerige
Substanzen dunkel gefärbt ...« (vgl. U 11 m a n n , 1.c.). Er kann somit nicht mit
dem reinen sizilianischen oder amerikanischen Schwefel in Wettbewerb treten, und
es sind noch besondere Verfahren nötig, um ihn von diesen Verunreinigungen zu trennen.
Der Nachteil aller Verfahren, die sich organischer Lösungsmittel zum Herauslösen
des Schwefels bedienen, liegt darin, daß diese die im Ausgangsmaterial vorhandenen
organischen Substanzen gleichzeitig mit dem Schwefel zusammen lösen und sie bei
der Kristallisation des Schwefels zusammen mit diesem ganz oder teilweise abscheiden,
wobei noch hinzukommt, daß der kristallisierende Schwefel ein großes Bestreben hat,
bei der Kristallisation Verunreinigungen einzuschließen.
-
Der Grundgedanke des vorliegenden Verfahrens besteht darin, daß das
Herauslösen des Schwefels nicht durch organische Lösungsmittel, sondern durch wä.Brige
Lösungen, die die Teerbestandteile nicht aufnehmen, geschieht. Als einzige derartige
wäßrige Lösung ist bisher zu diesem Zwecke Ammonsulfidlösung in Vorschlag gebracht
worden. Diese hat aber den Nachteil, daß die dem Schwefel beigemischten Metallverbindungen
mit dem Ammonsulfid reagieren, wobei sich
die voluminösen, technisch
schwer zu handhabenden Metallsulfide bilden und außerdem ein ständiger Verbrauch
an Ammonsulfid in Kauf genommen werden muß.
-
Das vorliegende Verfahren macht durch eine Kombination an sich bekannter
Reaktionen die Gewinnung des Schwefels aus derartigen Produkten, wie ausgebrauchte
Gasreinigungsmasse, technisch so einfach durchführbar, daß damit ein wirtschaftlicher
Effekt und die Gewinnung eines reinen Produktes erzielt wird. Es besteht darin,
daß man das schwefelhaltige Ausgangsmaterial im trockenen oder feuchten Zustande
mit der Lösung eines Sulfits kocht, wobei der Schwefel des Ausgangsmaterials sich
unter Bildung von Thiosulfat so gut wie vollständig in der Flüssigkeit löst unter
Hihterlassung der metallischen und organischen Verunreinigungen. Die erhaltene Thiosulfatlösung,
die durch Filtrieren oder Dekantieren leicht rein und klar erhalten werden kann,
läßt sich dann leicht nach dein Verfahren der Patentschrift q.15587 zu elementarem
Schwefel und Sulfat zersetzen. Der so gewonnene Schwefel ist schon so rein, daß
er weitgehenden Ansprüchen genügt. Zur vollständigen Reinigung kann er dann noch
destilliert oder aber durch längeres Erhitzen auf z. B.' 36o° einer Reinigungsschmelze
unterworfen werden, dabei reagieren die etwa in ihm noch vorhandenen geringen Mengen
organischer -Substanzen derart, daß sie entweder zu kohligen Produkten zersetzt
werden oder in Form von gasförmigen Verbindungen die Schwefelmasse verlassen. Durch
nachfolgende Filtration, z. B. über Asbest, Glaswolle, Schlackenwolle oder entsprechend
geeignete Substanzen, können dann diese letzten Verunreinigungen evtl. unter Zusatz
geringer Mengen absorbierender Substanzen, wie Kieselgur u. dgl., entfernt werden,
oder aber man kann durch eine letzte Destillation oder eine Kombination der Reinigungsschmelze
mit der Destillation Schwefel erzeugen, der auch den höchsten Reinheitsansprüchen
genügt.
-
Für die Praxis und besonders für die Aufarbeitung von Gasreinigungsmasse
in Gasanstalten oder Kokereien, wo auf den Betrieben ohnehin Gaswasser zur Verfügung
steht, ergibt sich als besonders wirtschaftlicher Weg folgende Arbeitsweise: Die
Hälfte der gewonnenen Gasreinigungsmasse oder sonstige Schwefelprodukte werden in-einem
Röstofen, Pyritofen, Drehrohrofen o. dgl. zu SO, abgeröstet, wobei als Rückstand
Eisenoxyd oder sonstige Metallverbindungen zurückbleiben; aus denen durch den Gang
des Verfahrens zwangläufig die organischen Verbindungen herausgebrannt werden, so
daß diese wieder benutzbar sind. Die abziehenden S:OZ-haltigen Gase werden mit Gaswasser
oder, um Ammoniakverluste zu vermeiden, mit (NH4)ZS03 Lösungen ausgewaschen, wobei
Sulfit- bzw. Bisulfitlösung entsteht. Im letzteren Falle ist dann zur Verwendung
dieser Lauge noch nach der Wäsche so viel Ammoniakwasser zuzufügen, daß sie zur
Thiosulfatbildung in Sulfit übergeführt wird. Es ist unschwer zu erreichen, diese
Lösung in der für die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens günstigsten Konzentration
zu erzeugen, da verdichtetes Gaswasser hierfür auf der Mehrzahl der-Werke zur Verfügung
gestellt werden kann. Die erhaltene Sulfitlösung wird dann mit der zweiten Hälfte
des Ausgangsmaterials, die nicht abgeröstet ist, einige Zeit gekocht, wobei der
Schwefel von der Lösung aufgenommen wird. Man läßt absitzen und zieht die Lösung,
zweckmäßig noch heiß, vom Eisenschlamm ab, evtl. unter Verwendung einer Absitzzentrifuge,
Filterpresse o. dgl. Um das Absitzen zu erleichtern, hat es sich als vorteilhaft
erwiesen, bei der Thiosulfatbildung die Lösung ganz schwach ammoniakalisch zu halten.
Die erhaltene Thiosulfatlösung wird nach dem Verfahren der Patentschrift 415587
zersetzt, der abgeschiedene Schwefel abgeschleudert und ausgewaschen, und die entstehende
Lösung, die Ammonsulfat enthält, verdampft und dabei Ammonsulfat gewonnen. Ein Teil
des Schwefels wird also auf diese Weise im Gang des Verfahrens zwangläufig in Schwefelsäure
übergeführt und in Form von Ammonsulfat in direkt verkäuflicher Form gewonnen. Wenn
der aus der Thiosulfatlösung erhaltene Schwefel weiter gereinigt werden soll, wird
er z. B. einige Stunden auf 3oo bis 36o° erwärmt, dann filtriert und destilliert.