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Flugzeugtragflügel. Die schädliche Eigenschaft der bisherigen Flugzeugtragflügel
besteht bekanntlich darin, daß ihr kritischer Anstellwinkel, d. h. derjenige Winkel,
bis zu welchem der Auftrieb sich vermehrt, sehr gering ist und bei den meisten Tragflügeln
i5° nicht überschreitet. Infolgedessen wird einerseits die kleinste Schwebegeschwindigkeit
bzw. die Landegeschwindigkeit des Flugzeuges sehr groß, und anderseits tritt eine
seitliche Labilität des Flugzeuges ein, sobald der kritische Anstellwinkel überschritten
ist. Dies liegt daran, claß die unter dem überdrucke auf der Flügelunterseite sich
befindende Luft, welche bei kleineren Anstellwinkeln glatt von dem Flügel abströmt,
nach Überschreitung des kritischen Anstellwinkels stürmisch um die Flügelhinterkante
auf die Flügeloberseite herum zuströmt und dort Wirbel hervorruft, welche in einer
Richtung gegen die Flugrichtung wirken. Dadurch verringert sich der Auftrieb, und
da außerdem ein glattes Abströmen der Luft längs der Flügeloberseite verhindert
wird, tritt eine seitliche Labilität ein.
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Diesen Übelstand zu beseitigen, ist der !weck des Gegenstandes der
Erfindung. Wenn es nicht möglich ist, zu verhindern, daß die unter dem überdrucke
auf der Flügeltinterseite sich befindende Luft auf die Flügeloberseite zuströmt,
so kann man doch erreichen, daß die Luft auf der Oberseite unschädlich anlangt,
d. h. claß sie dort keine schädlichen Wirbel mehr schaffen kann. Aus diesem Grunde
«-erden iin Flügelhinterteile Spalten eingerichtet (Abb. i), deren Richtungen mit
der Flugrichtung zusammenfallen und deren Öffnungen a auf der Flügelunterseite breiter
als die, b, auf der Oberseite sind (Abb, a, welche den Querschnitt m-n der -üb.
z zeigt). Durch diese Anordnung gelangt
die unter dem Überdruck
auf der Flügelunterseite sich befindende Luft durch die Spalten auf die Oberseite,
doch vermag sie hier keine schädlichen Wirbel mehr zu schaffen, da sie durch die
sich verjüngenden Spalten eine vermehrte kinetische Energie und außerdem eine bestimmte
Richtung erhalten hat, welche der Flugrichtung nicht mehr entgegengesetzt ist, sondern
senkrecht zur Flugrichtung nach den Flügelenden zu verläuft, so daß die durch die
Spalten strömende Luft gegen die Flügelenden abgeführt wird. Da damit die Ursachen
wegfallen, welche eine Verringerung des Auftriebes hervorrufen, so muß der kritische
Anstellwinkel eines solchen Flügels bedeutend größer als bei den üblichen Flügeln
sein.
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Gleichzeitig erhält man die Möglichkeit, eine zweite schädliche Eigenschaft
der bisherigen Flugzeugtragflügel, nämlich den induzierten Widerstand des Tragflügels,
abzustellen. Die Wirkungsweise hierbei kann man sich folgendermaßen vorstellen:
Bekanntlich besteht auf der Flügelunterseite ein Überdruck und auf der Oberseite
ein Unterdruck. Dieser Druckunterschied gleicht sich an den Flügelenden aus, da
hier die Luft den Flügel umströmen kann, wodurch besondere, sogenannte »Randwirbel«
entstehen, die abwärts gerichtet sind. Infolgedessen tritt zu der Horizontalgeschwindigkeit
v (Abb. 3) durch die Wirkung der sich ablösenden Randwirbel eine abwärts gerichtete
Geschwindigkeit w' hinzu, wodurch die resultierende Geschwindigkeit u' unter dem
Winkel 9p' abwärts gelenkt wird. Da der Auftrieb Y' immer lotrecht zur Richtung
des ausströmenden Mediums stehen muß, also lotrecht zu u', so wird auch er unter
demselben Winkel 9z' gegen die Vertikale rückwärts abgelenkt und gibt deshalb eine
in die Bewegungsrichtung fallende und der Bewegungsrichtung entgegengesetzte Komponente
Y, welche den induziertenWiderstand darstellt.
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Wenn nun die Spalten des Flügels an den Flügelenden ihre Richtung
allmählich so ändern, daß die letzte Spalte der Flügelvorderkante parallel ist (Abb.
q.), wobei die Spaltenöffnungen auf der Flügelunterseite breiter als die auf der
Oberseite werden und die von der Unterseite durch die Spalten auf die Oberseite
strömende Luft ihre Richtung dabei immer mehr der Flügelvorderkante zukehrt, so
daß die durch die letzte Spalte durchströmende Luft sich direkt zu der Flügelvorderkante
begibt, so wird, da die Luft die Oberseite mit einer vermehrten kinetischen Energie
erreicht, an den Flügelenden auf der Oberseite ein größerer Druck herrschen als
auf der Unterseite. Dieser Druckunterschied muß auch in diesem Falle sich ausgleichen,
und es entstehen so wieder Randwirbel, deren Wirkung auch in diesem Falle abwärts
gerichtet ist, wodurch die resultierende Geschwindigkeit u (Abb. 3) auch jetzt abwärts
unter dem Winkel 9-, abgelenkt wird. Da auf der Flügeloberseite ein größerer Druck
herrscht als auf der Flügelunterseite, so werden die Flügelenden keinen Auftrieb,
sondern einen Abtrieb K aufweisen, der jedoch nicht rückwärts, wie bei bisherigen
Flugzeugtragflügeln, sondern vorwärts abgelenkt ist, da er immer lotrecht zu der
Richtung des anströmenden Mediums LT stehen muß. Dieser Abtrieb K gibt eine in die
Bewegungsrichtung fallende Komponente T, deren Richtung jetzt nicht entgegengesetzt
der Flugrichtung sein wird, sondern mit der Flugrichtung zusammenfällt, was mit
anderen Worten bedeutet, daß diese Komponente nicht einen induzierten Widerstand,
sondern einen Vortrieb darstellt. Ein solcher Flügel wird also nicht bloß einen
großen kritischen Anstellwinkel besitzen, sondern unter Umständen auch einen Vortrieb
statt eines Rücktriebes aufweisen, falls der an den Flügelenden geschaffene Vortrieb
größer als der Profilwiderstand des Flügels ist.
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Nun ist eine Spaltanordnung, wie sie die Erfindung vorschlägt, schon
bekannt; auch Spalten einen sich verjüngenden Querschnitt zu geben, ist an sich
nicht mehr neu, aber durch keine dieser bekannten Anordnungen allein wird die neue,
eigenartige, oben beschriebene Wirkung erzielt, sondern diese Wirkung ergibt sich
erst aus der Anwendung der an sich bekannten Anordnung der Spalten, die einen an
sich bekannten, sich verjüngenden Querschnitt erhalten. Nur durch diese Zusammenstellung
nach der Erfindung wird die genannte Wirkung erreicht.