-
Die vorliegende Erfindung betrifft Verbesserungen bei der
Regenerierung von durchtrennten peripheren Nerven bei Säugetieren
und dem Menschen.
Struktur und Funktion der peripheren und autonomen
Nervensysteme
-
Die peripheren und autonomen Nervensysteme werden durch
Nervenzellenkörper und Verfahren gebildet, d. h. Axone und Dendriten,
die Bündel bilden, welche die Haut, skelettale Muskeln, Drüsen
und ähnliche Strukturen innervieren. Die Nervenzellenkörper
liegen im Gehirn, Rückenmark oder in Ganglien. Alle
markhaltigen Nervenfasern werden von Schwann-Zellen eingehüllt, während
im Falle von nicht markhaltigen Fasern mehrere Axone in jeder
Schwann-Zelle eingeschlossen sind. Die Schwann-Zellen sind
eingehüllt von einer Basalmembran, etwas extrazellularer Matrix
und einem endoneuralen Mesenchymalblatt. Viele derartiger
Einheiten bilden einen Nerv, der begrenzt wird durch perineurales
Collagen, Fibroplasten und ähnliche Zellen. Eine Nervenscheide
schließt die ganzen Nerven ein, und umfaßt meistens mehrere
Nervenfaszikel. Eine Blut-Nerven-Barriere hindert
Plasmaproteine und viele andere Substanzen von einer unbeschränkten
Penetration in die Nervenfaszikel. Motorische und sensorische
Nerven haben die gleiche Struktur, unterscheiden sich jedoch
bezüglich der Axon- und der Myelin-Dimensionen. Dies bedeutet,
daß es in einem gemischten peripheren Nerv nicht möglich ist,
durch morphologische Charakteristika anzugeben, ob ein
einzelnes Axon afferent oder efferent ist.
-
Autonome Nervenfasern, sympathetische und parasympathetische
begleiten die sensorischen und motorischen Nervenfasern wie
auch Blutkörperchen.
Aspekte der Entwicklung des Nervensystems
-
Nervenzellen und ihre sie stützenden neuroglialen Zellen leiten
sich vom Neuroektoderm ab. Obgleich sie ursprünglich einen
gemeinsamen embryonischen Ursprung haben, differenzieren sich
Nervenzellen zu einem frühen Zeitpunkt und erlangen ihre
strukturellen Charakteristika. Vor fast 40 Jahren zeigten Hamburger
und Levi-Montalcini, daß die Entwicklung von Neuronen abhängig
ist von ihren Zielstrukturen, um nicht nach der Differenzierung
zu degenerieren. Sie lieferten einen direkten Nachweis, daß
Neuronen während der normalen Entwicklung absterben können,
falls sie nicht synaptische Kontakte gewinnen. Dies gilt sowohl
für die zentralen, peripheren wie auch autonomen Nervensysteme.
Diese Beobachtungen bildeten schließlich den Hintergrund der
Demonstration von Levi-Montalcini und Mitarbeitern (J. Ex.
Zool. 116, 321-362, 1951) von wichtigen trophischen Faktoren,
die freigesetzt werden von den Targetorganen zu den Neuronen,
was zum Überleben notwendig ist.
-
Die Nervenzellen im zentralen und peripheren Nervensystem
erreichen ihre Endzahl etwa bei der Geburt der Säugetiere. Die
regenerative Kapazität, die für periphere und autonome Nerven
während der Kindheit vorhanden ist, vermindert sich mit
steigendem Alter. Dies bedeutet, daß keine neuen Nervenzellen nach
der Geburt erzeugt werden, obgleich Axone und Dendriten in
begrenztem Umfange regeneriert werden können. Das autonome System
hat eine beträchtlich größere regenerative Kapazität als das
periphere Nervensystem.
Normale Regenerierung von peripheren Nerven
-
Eine Verletzung von peripheren und autonomen Nerven führt zu
einer Degeneration der distalen Teile der Axone und
Dendriten.
Die Wallersche Degeneration, die folgt, führt zu einer
Hypertrophie und Hyperplasia der Schwann-Zellen, welche die
entfernten Nerven begleiten. Das proximale Ende des verletzten
Axons zieht sich in variablem Umfang ein und nach einer kurzen
Zeitspanne beginnt der Wiederherstellungsprozeß. Sprößlinge mit
fingergleichen Ausdehnungen bilden ein Führungsteil des
fortschreitenden Zellprozesses, wobei der Weg durch die reaktiven
Schwann-Zellen bestimmt wird. In den meisten Systemen liegt der
Grad der Regenerierung im Bereich von 1 bis 2 mm/Tag. Höhere
Werte sind im Falle des autonomen Nervensystems dokumentiert
worden. Nach etwa einem Monat jedoch, je nach dem untersuchten
Testsystem, scheint sich die Regenerationsgeschwindigkeit zu
vermindern und wird schließlich ganz eingestellt. Wenig ist
bekannt über den Mechanismus, der den Grad der Regenerierung
steuert. Eine Rückverteilung von axoplasmischem Material,
einschließlich des Axolemma, scheint sich durchzusetzen. Ein
detailliertes Wissen verschiedener wichtiger Aspekte des
Mechanismus für den regenerativen Prozeß ist unbekannt.
Modellsystem in vivo für experimentelle Studien der
Nervenregeneration
-
Es wurden ausgedehnte Studien bezüglich der Regeneration von
hauptsächlich peripheren Nerven nach verschiedenen Typen von
experimentellen Verletzungen durchgeführt.
-
Eine Nervenquetschung ist eine Verletzung von mäßiger Schwere,
die meistens zu einer vollständigen Wiedergewinnung der
Struktur und Funktion der verletzten Axone und Dendriten führt. Es
wurde festgestellt, daß die Kontinuität der Basismembran wie
auch eine frühe Wiederherstellung der Mikrozirkulation in
peripheren Nerven nach einer Quetschungsverletzung eine
Vorbedingung für eine vollständige Wiederherstellung ist.
Diskontinuitäten in der Basismembran oder sogar eine begrenzte
hartnäckige Beschädigung der Blutkörperchen verzögert oder
behindert die Wiederherstellung.
-
Eine Durchtrennung eines Nervs führt zu einer Diskontinuität
des Epi-, Peri- und Endoneuriums wie auch der Basismembran,
welche die stützenden Schwann-Zellen mit den eingeschlossenen
Axonen und Dendriten umhüllen. Ebenfalls tritt eine ausgedehnte
vaskulare Schädigung auf. In den zuletzt genannten Fällen
beginnt eine Nervenregeneration nach einem Tag oder wenigen Tagen
in den meisten klinischen und experimentellen Systemen, bei
denen periphere Nerven verwendet werden. Selbst eine metikulose
Mikrochirurgie, die nahezu zu einer Wiederherstellung der
Nervenfaszikel-Kontinuität durch Nervenfaszikel führt, genügt
nicht, um eine wesentliche Verbesserung der Regeneration
herbeizuführen. Die Entfernung des Peri- und/oder Epineurums führt
zu keiner Verbesserung des Ausmaßes der Nervenregeneration,
und zwar weder in struktureller Hinsicht noch bezüglich der
Funktionalität. Die meisten angewandten Techniken führen zu
einer begrenzten Verbesserung im Vergleich zu dem Fall, bei dem
die Nervenenden zusammengefügt verbleiben. Weitere
Komplikationen, die in Fällen von abgetrennten peripheren Nerven
auftreten, sind z. B. die Bildung von Nervenfasergeschwulsten und
fasrigem Narbengewebe, das sich nach etwa einer Woche zu bilden
beginnt. Dies führt gegebenenfalls zu einer Bildung von
Nervenfasergeschwulsten und einer permanent beeinträchtigten Funktion
der Nerven. In Begleitung hiermit findet eine
Nervenzellenregeneration in variablem Umfang im Gehirn, Rückenmark und
Spinalganglion statt, was weiterhin zu einer permanent
beeinträchtigten Nervenfunktion führen kann.
Demyelinisation
-
Eine Demyleinisation der peripheren Nerven, herbeigeführt durch
Ischämie, gelegentlich kombiniert mit Druckverletzungen oder
verursacht durch chemische Mittel wie Isoniaziden und ähnlichen
Arzneimitteln, führt zu segmentalen Nervenschädigungen. Dies
beeinträchtigt die Nervenfunktion und kann zu einer
progressiven strukturellen degenerativen Veränderung der Nervenfasern
führen. Wird jedoch die Kontinuität der Basismembran, welche
die Fasziklen umhüllt, beibehalten und findet eine adäquate
Mikrozirkulation statt, so regenerieren Axone und Dendriten per
cuntinuum in ihrer ursprünglichen Spur. Oftmals wird eine
funktionelle und strukturelle Wiedergewinnung erreicht. Andere
chemische Mittel, wie Hexachlorophen und Schwermetallverbindungen
induzieren eine segmentale Degeneration des Rückenmarks und von
Nervenstützgewebe, die manchmal von der Peripherie in Richtung
des zentraleren Teiles des peripheren Nervensystems
fortschreitet. Selbst in diesen Fällen ist eine Regeneration erreichbar,
wenn die Kontinuität der Fasziklen und die Zirkulation
beibehalten werden. Die peripheren und autonomen Nerven sind in
einem wesentlichen Umfang zu einer vollständigen Regeneration
befähigt, sofern eine Kontinuität der Fasziklen gegeben ist und
eine geeignete Mikrozirkulation nach Entfernung des
verursachenden Mittels.
-
Immunologische Methoden sind angewandt worden, um eine
Degeneration von Schwann-Zellen und/oder von Nervenmark zu
induzieren, gefolgt von einer Regenerierung. Infektionen mit
bestimmten Viren oder eine Exponierung gegenüber mikrobiellen Toxinen
kann in entsprechender Weise eine mehr oder weniger intensive
Nervenschädigung herbeiführen. In diesen Fällen jedoch kann
eine geeignete Wiedergewinnung der Struktur und der Funktion
von Axonen und Dendriten in den meisten Fällen erreicht werden,
falls die Nervenfaszikel eine Kontinuität beibehalten und die
Beeinträchtigung der Mikrozirkulation in den Nerven in ihrer
Schwere begrenzt ist.
-
Es kann geschlossen werden, daß physikalische,
mikrobiologische, immunologische und giftige Mittel eine Degeneration von
Nervenfaszikeln herbeiführen können und daß eine Regeneration
möglich sein kann, falls die Kontinuität der Fasziklen nicht
gestört ist und die Mikrozirkulation adäquat ist. Ein
wesentlicher Faktor scheint zu sein, daß die Basismembran, welche die
Schwann-Zellen einhüllt, intakt bleibt. Eine ausgedehnte
Exponierung gegenüber schädlichen Mitteln kann gegebenenfalls zu
einem Zerfall der Basismembran führen, was wiederum zu einer
beeinträchtigten und verzögerten strukturellen und
funktionellen
Wiedererholung der Nerven führt. Das gleiche gilt für die
Mikrozirkulation, der offensichtlich eine Schlüsselrolle
bezüglich des Endergebnisses zufällt.
Effekte von Schäden von innervierenden Strukturen
-
Eine adäquate Funktion des Target, innerviert durch periphere
und autonome Nerven scheint eine Voraussetzung für die
Beibehaltung der Funktion der peripheren und autonomen Neuronen zu
sein. Hamburger und Mitarbeiter lieferten wesentliche Beiträge
zur Erkenntnis, daß Neuronen bezüglich ihres Überlebens von
ihren Targets abhängen. Dies bedeutet, daß eine Schädigung der
Skelettmuskelzellen, des Integumentums oder der Drüsen zu einer
Unterbrechung der Nervenverbindungszellen vom Targetorgan führt
und zu einer mehr oder weniger ausgedehnten Degeneration
mindestens der distalen Teile von Axonen und Dendriten. Die
Degeneration kann von einem solchen Ausmaß sein, daß sogar Neuronen
verlorengehen. Die Wiedererholung des Targetorgans kann zu
einer Wiedererholung der Funktion nach einer entsprechenden
Regeneration führen. Sogar in solchen Fällen scheint eine
Kontinuität der Faszikel, mindestens in enger Umgebung der
Targetorgane und eine adäquate Mikrozirkulation eine Voraussetzung für
eine erfolgreiche Regeneration zu sein.
Methoden zur Verbesserung der Regeneration von peripheren
autonomen Nerven
-
Die meisten publizierten Arbeiten beschäftigen sich mit
peripheren Nerven, wobei auf ihre Bedeutung bezüglich normaler
motorischer und sensorischer Funktionen hingewiesen wird. Die
autonomen Nervenfasern haben jedoch unter normalen Umständen
eine höhere Fähigkeit zur Regenerierung als periphere Nerven.
Es ist jedoch anzunehmen, daß ähnliche Bedingungen für sowohl
periphere als auch autonome Nerven gelten.
Mikrochirurgie
-
Während der letzten Dekade der Verwendung des Mikroskops und
mikrochirurgischer Techniken hat sich das Zusammennähen von
Nerven stark erhöht. So wurden Methoden entwickelt für die
meticulose Reparatur von verletzten peripheren Nerven. Die
erreichte Verbesserung hält sich jedoch in Grenzen, trotz
sorgfältiger mikrochirurgischer Wiederherstellung von Verbindungen
zwischen den Nervenenden. Ganz offensichtlich ist die
Wiederherstellung eines engen Kontaktes nicht genug für eine
erfolgreiche Nervenregeneration.
Führer für die Nervenregeneration
-
Mehrere Techniken sind entwickelt worden, seit der
Pionierarbeit von J. Forssman, die fast ein Jahrhundert zurückliegt, der
eine verbesserte Regeneration von peripheren Nerven durch
Verwendung eines Rohres als Führung veranschaulichte. Danach
wurden verschiedene ähnliche Vorrichtungen entwickelt, mit dem
Ziel, die Nervenregeneration zu verbessern. Lundborg & Hansson
(Brain Res. 178, 573-576, 1979) entwickelten eine Technik,
unter Verwendung einer pseudomesothelial-ausgekleideten Kammer,
mit welcher ganz offensichtlich die Nervenregeneration in
gewissem Umfang verbessert werden konnte. Weiterhin wurden
Silikonröhren und Röhren aus einem biologisch abbaubaren Material
entwickelt und in umfangreicher Weise verwendet.
-
Sämtlichen dieser Techniken scheint gemein zu sein, daß sie das
Anfangsergebnis der Nervenregeneration verbessern, meistens
aufgrund der Verminderung des Ausmaßes einer Neuromabildung. In
verschiedenen Berichten konnten wichtige, obgleich geringe
Verbesserungen bezüglich der Anzahl wieder hergestellter
Nervenkontakte veranschaulicht werden, wie auch eine Erhöhung der
Markbildung und des Durchmessers der Axone. Unglücklicherweise
jedoch konnte ein beträchtlicher Anteil der Nervenfaser nicht
regeneriert werden oder regenerierte sich nicht und errichtete
keine synaptischen Kontakte. Es scheint kein Unterschied
zwischen
motorischen Nervenfasern und sensorischen zu bestehen.
Dies bedeutet, daß, obgleich strukturelle Kontakte wieder
hergestellt werden können, funktionelle Mängel bestehen bleiben.
Weiterhin führt die lange Zeitspanne, die für die
Nervenregeneration benötigt wird, zu einer Atrophie und sogar zu einer
ausgedehnten Degeneration von Targetgewebe, wie skelettalen
Muskeln und Hautstrukturen, einschließlich Drüsen und Rezeptoren.
Eine Konditionierung von Schädigungen ist weiterhin angewandt
worden, um die Regeneration von peripheren Nerven zu
verbessern. Umso länger die Entfernung und umso extensiver die
Schädigung ist, umso weniger eindrucksvoll sind die Vorteile, die
erreicht wurden, bei Anwendung einer der bekannten Techniken
zur Verbesserung der Nervenregeneration. Ganz offensichtlich
fehlen einige tragende, zusätzliche Stimuli.
-
Extrazellulare Matrixkomponenten, wie Fibronectin und Laminin
sind Substanzen, die von Basismembranen und assoziierten
Strukturen in peripheren Nerven isoliert wurden. Eine Rekonstitution
von solchen gereinigten Proteinen und Glycoproteinen wurde
durchgeführt und in vitro veranschaulicht, um eine
Nervenregeneration zu fördern. Die bisher aus in vivo Studien erhaltenen
Ergebnisse führten jedoch bisher nicht zu versprechenden
Ergebnissen, wie sich durch Studien an Gewebekulturen ergab.
Umfangreiche Arbeiten sind noch erforderlich, bevor es möglich ist
festzustellen, ob bei Tieren und Menschen Fibronectin und
Laminin und ähnliche Substanzen die akuten und Langzeit-Ergebnisse
bezüglich der Regeneration von peripheren Nerven per se
verbessern.
Wachstums-Faktoren
-
Levi-Montalcini & Hamburger (1951) stellten fest, daß ein
Nervenwachstumsfaktor unter bestimmten Bedingungen gebildet werden
kann, der die Regeneration von fetalen sensorischen und
autonomen Neuronen verbessern kann. Nach ausgedehnten Studien wurde
der Nervenwachstumsfaktor (NGF) identifiziert und
charakterisiert. Es wurde gezeigt, daß NGF wichtig im Falle von
speziellen
sympathetischen Neuronen ist, jedoch auch für sensorische
Nervenzellen während ihrer Entwicklung. Zur Verfügung stehende
Daten scheinen jedoch anzuzeigen, daß im Falle von jungen und
erwachsenen Säugetieren NGF nicht erforderlich ist für
motorische und sensorische Neuronen um zu überleben, mit der Ausnahme
von einigen sympathetischen autonomen Neuronen. Es wurde
festgestellt durch Hybridisierungstechniken, daß Targetorgane NGF
zu synthetisieren vermögen, das dann aufgenommen und in
retrograder Richtung zum Körper bestimmter Neuronen transportiert
wird. Motorische Neuronen nehmen jedoch kein NGF auf, so daß
dieser kein trophischer Faktor für das periphere Nervensystem
ist. Eine Infusion von NGF wurde bei mehreren Gruppen unter
Verwendung verschiedener Modellsysteme durchgeführt. Bis heute
wurden keine ins Gewicht fallenden Verbesserungen für periphere
sensorische oder motorische Neuronen in vivo im Falle von
jungen und alten Säugetieren festgestellt. Von einigen
Verbesserungen wurde im Falle von autonomen Neuronen und bei bestimmten
Büscheln von Neuronen im Gehirn berichtet. Andere Faktoren, wie
Vitamin B, CAMP, Gangliosiden, Testosteron, ACTH und Thyroid-
Hormone sind bezüglich ihrer Eignung zur Verbesserung einer
Nervenregeneration in vitro und in vivo getestet worden. Es
wurde berichtet, daß mehrere Substanzen zu vorteilhaften
Ergebnissen in Gewebskultursystemen führten. Bis heute jedoch
wurde keine überzeugende Verbesserung bezüglich der akuten oder
Langzeit-Regeneration von peripheren Nerven durch verschiedene
unabhängige Forscherteams in vivo für junge und/oder ältere
Säugetiere gezeigt.
-
In jüngerer Zeit ist jedoch gezeigt worden, daß sowohl Insulin
wie auch insulinartige Wachstumsfaktoren einen Einfluß auf die
Neurit-Formation in vitro (Bothwell, J. Neurosci. Res. 8, 225-
231, 1982; Ishii und andere, Intern. J. Neurosci. 26, 109-127,
1985; Recio-Pinto und andere, J. Neurosci, 6 (5), 1211-1219,
1986) haben können. Es wurde auch gezeigt, von Sara und anderen
(Acta Physiol. Scand. 115, 467-470, 1982), daß Somatomedine
(insulinartige Wachstumsfaktoren 1 und 11), gemessen durch
Radiorezeptorbestimmung, sowohl in der CNS als auch peripher in
Hüftnerven von Katzen gefunden wurden.
-
Schwann-Zellen in reaktiven Nerven, verletzt durch Zerschneiden
oder Zerquetschen, üben einen positiven Einfluß auf die
Regeneration von peripheren Nervenfasern aus. Eine Quetschung eines
Nervs zwei Wochen vor einer zweiten Verletzung führt zu einer
verbesserten Regeneration im Vergleich zu "non-primed" Nerven.
In entsprechender Weise verbessert die Verwendung eines
körperfernen Hüftgelenksnervs als Target in einem Kammersystem die
Regeneration des Hüftgelenknervs in Ratten. Eine
Predegeneration des Targetnervs durch Verletzung ein oder zwei Wochen vor
Wiederherstellung des Kontaktes induziert somit eine Bildung von
Faktoren, die scheinbar die Langzeitdegeneration verbessert.
Verschiedene unterschiedliche experimentelle Systeme wurden von
verschiedenen Gruppen während den letzten Dekaden entwickelt.
Bis jetzt wurden jedoch keine spezifischen Faktoren
identifiziert oder dafür verantwortlich gemacht, daß sie für die
verbesserte Nervenregeneration verantwortlich sind.
-
Durch immunohistochemische Techniken haben Hansson und andere
gezeigt (Acta Physiol. Scand. 126, 609-614, 1986), daß der
insulinartige Wachstumsfaktor I (IGF-1) hauptsächlich in den
Schwann-Zellen nach Verletzung gefunden wird, jedoch auch
extra-zellular in dem Wachstumskegel des sich regenerierenden
Nervs. IGF-1 wurde ferner in den Nervenzellenkörpern des
Vorderhorns des lumbalen Rückenmarks und in spinalen und autonomen
Ganglien festgestellt. Hansson und Mitarbeiter zeigten auch
(Cell. Tissue Res. 247, 241-247, 1987), daß IGF-1 mit schneller
axoplasmischer Geschwindigkeit hauptsächlich in der
anterograden Richtung transportiert wurde, jedoch auch, obgleich in
geringerem Ausmaß in retrograder Richtung. Es wurde ferner
gezeigt, daß IGF-1 die Entwicklung von Oligodendrocyten zu
stimulieren vermag, was einen möglichen Effekt von IGF-1 auf
Myelinisation anzeigt.
Zusammenfassung des Hintergrundes der Erfindung
-
Es wurde festgestellt, daß allein in Schweden mehrere tausend
Fälle von Nervenschäden in den Extremitäten und im Gesicht von
einer solchen klinischen Bedeutung sind, daß chirurgische
Eingriffe erforderlich sind, um das Endergebnis zu verbessern. Die
angewandten Methoden jedoch, die sich von einer meticulosen
Chirurgie bis zu einer konservativen Behandlung erstrecken,
haben jedoch die Langzeitergebnisse der Nervenfunktion nicht in
bemerkenswertem Ausmaß verbessern können. Aufgrund dieses
klinischen Hintergrundes ist es sehr wichtig, die Bedingungen für
die Regeneration von peripheren als auch autonomen Nerven zu
verbessern, um bessere Endergebnisse nach Verletzung der
Hauptnerven zu erreichen zum Wohle der Lebensqualität der Patienten.
Die vorliegende Erfindung stellt eine solche Verbesserung
bezüglich der Regeneration von peripheren Nerven bei Säugetieren
und dem Menschen bereit.
Die Erfindung
-
Gemäß der vorliegenden Erfindung wurde gefunden, daß der
insulinartige Wachstumsfaktor 1 (IGF-1) dazu verwendet werden kann,
um die Regeneration von durchtrennten peripheren Nerven zu
erhöhen und um die Nachwirkung von permanenten
Nervenfunktionsmängeln zu vermindern. Spezielle Bereiche, in denen es wichtig
ist eine Nervenregeneration herbeizuführen, sind beispielsweise
die Hand- und Gesichtschirurgie (in vielen Fällen aufgrund von
Unfällen) wo bisher keine klinischen Verbesserungen bezüglich
der Langzeiteffekte der Nervenfunktion bis heute erreicht
wurden.
-
Es ist ferner wichtig, die Nervenregeneration nach einer
chirurgischen Entfernung von Tumoren zu verbessern, die nahe den
speziellen Targetorganen liegen oder periphere Nerven umhüllen,
die spezielle Targetorgane innervieren. Weiterhin ist die
Wiederherstellung einer Innervierung von transplantierter Haut ein
anderer wichtiger Bereich.
-
In allen Fällen ist es außerordentlich wichtig, den Grad der
peripheren Nervenregeneration zu erhöhen, damit der Nerv sein
Targetorgan so schnell wie möglich erreicht, um die Möglichkeit
einer vollständigen Wiedergenesung nach der Verletzung zu
erreichen einschließlich der Durchtrennung von peripheren Nerven.
-
Gemäß einem Aspekt stellt die Erfindung ein Verfahren zur
Verbesserung der Regeneration von durchtrennten peripheren Nerven
in Säugetieren und beim Menschen bereit, durch Verabfolgung
einer ausreichenden Menge des insulinartigen Wachstumsfaktors 1
(IGF-1) an ein Säugetier oder einen Menschen, der einer solchen
Behandlung bedarf. Die Verabfolgung kann erfolgen, z. B. durch
lokale Verabfolgung an den beeinträchtigten Bereich oder durch
Verabfolgung von IGF-1 an die Ganglien in den beeinträchtigten
Nerven.
-
Gemäß einem anderen Aspekt betrifft die Erfindung die
Verwendung des insulinartigen Wachstumsfaktors 1 (IGF-1) bei der
Herstellung eines Medikamentes für die Verbesserung der
Regeneration von durchtrennten peripheren Nerven.
-
Der insulinartige Wachstumsfaktor 1 (IGF-1) ist eine Substanz,
die bekannt ist.
-
In klinischer Praxis kann IGF-1 durch Infusion verabfolgt
werden oder durch lokales Aufbringen auf die beeinträchtigten
Bezirke. Eine weitere Art der Verabfolgung von IGF-1 ist die über
die Ganglien der beeinträchtigten Nerven, wobei der
verbleibende Teil der Nerven IGF-1 zu den Nervenenden transportiert.
-
Die Menge, in der IGF-1 verabfolgt wird, kann innerhalb eines
weiten Bereiches variieren und hängt von den Umständen ab, z. B.
der Art und der Lokalisierung der geschädigten Nerven. Die
Behandlung kann über mehrere Tage und Wochen fortgesetzt werden,
bis der gewünschte therapeutische Effekt erzielt worden ist.
Das Ziel ist es, eine volle Regeneration des verlorenen Teiles
der Nerven zu erzielen.
Experimente unter Verwendung von IGF-1 zur Beschleunigung der
Regeneration in peripheren Nerven in vivo.
-
Es wurden drei Haupttypen von Experimenten bezüglich der
wachstumsfördernden Effekte von IGF-1 durchgeführt in verletzten,
sich regenerierenden Hüftnerven in Ratten.
A. Langzeiteffekte einer IGF-1-Infusion
A1. Testmethode
-
Eine Kammer, hergestellt aus Silikon wurde chirurgisch
implantiert in den Schenkel der Hinterbeine von erwachsenen
männlichen Ratten (Körpergewicht 250 g). In die Silkonkammer wurde
ein Y-förmiger Tunnel mit einem Durchmesser von 1,8 mm gebohrt.
Infolgedessen lagen in der Silikonkammer drei miteinander in
Verbindung stehende Bahnen und Öffnungen vor. Die
Silikonkammern erlaubten die Regenerierung des Nervs von einer Bahn in
eine der beiden anderen Bahnen. Infolgedessen ist es möglich,
den Vorrang des Wachsens von Nervenfasern im Falle
verschiedener Targets zu testen.
-
Der linke Hüftnerv wurde im Falle von anästhetisierten Ratten
durchtrennt und das proximale Ende wurde 1 mm weit in einen der
Tunnel eingeführt und vernäht. Eine miniosmotische Pumpe (Alca,
Modell 2001) wurde an eine zweite Öffnung angeschlossen,
während die dritte Öffnung offen gelassen wurde. Die
miniosmotische Pumpe war dazu bestimmt, Flüssigkeit in einer
Geschwindigkeit von etwa 1 ul/Stunde zwei Wochen lang zuzuführen. Der
insulinartige Wachstumsfaktor 1 (IGF-1), der bei den Versuchen
verwendet wurde, wurde in bekannter Weise nach der
DNA-Technologie hergestellt und nach üblichen biochemischen Methoden
gereinigt.
-
Die folgenden Lösungen wurden dazu verwendet, um den möglichen
trophischen Einfluß von zugesetzten Substanzen in das
Silikonimplantat bei der Regeneration der Hüftnervfasern zu testen:
-
1. Physiologische Kochsalzlösung, abgepuffert mit 10 mM
Phosphatpuffer.
-
2. 1% Rinderserumalbumin (BSA) in abgepufferter
Kochsalzlösung.
-
3. IGF-1 in einer Konzentration von 250 ug/ml in sterilem
gereinigtem Wasser (Ansatz 2043 : 2, KabiVitrum AB,
Stockholm, Schweden).
-
4. IGF-1, gelöst in sterilem nicht-pyrogenem Wasser in einer
Konzentration von 100 ug/ml.
-
5. Der entfernte Hüftnerv wurde an eine Öffnung und an eine
miniosmotische Pumpe angenäht, welche 100 ug/ml IGF-1
förderte.
-
6. Ein Segment der vorderen Tibial-Sehne wurde an eine
Öffnung und eine miniosmotische Pumpe angenäht, die ein ul/h
von 100 ug/ml IFG-1 förderte.
-
Große Sorgfalt wurde darauf verwendet, Infektionen und
Blutungen während der chirurgischen Arbeiten zu vermeiden. Den Ratten
wurde erlaubt, sich frei entweder zwei oder vier Wochen nach
der Chirurgie zu bewegen.
-
Zum Zeitpunkt der Analyse wurden die Tiere anästhesiert und die
Kammer mit dem umgebenden Gewebe wurde exponiert, zerlegt und
durch Eintauchen in abgepufferten Glutaraldehyd fixiert. Die
transparenten Kammern wurden sorgfältig untersucht und die
verschiedenen Nervensegmente wurden sorgfältig untersucht,
fotographiert, nachfixiert in abgepuffertem Osmiumtetroxid und dann
in Epon zum Sezieren für licht- und elektronenmikroskopische
Analysen eingebettet. Das Eingewachsene des Gewebes wurde
ermittelt, und zwar sowohl durch makroskopische Untersuchung als
auch durch Lichtmikroskopie von Abschnitten, hergestellt aus
jedem Millimetersegment des Gewebes in der Kammer. Ausgewählte
Teile wurden ferner für elektronenmikroskopische Untersuchungen
vorbereitet und durch Uranylacetat und Bleicitrat vor der
Untersuchung in einem JEOL 100 CX TEMSCAN kontrastiert.
-
Morphometrische Untersuchungen der Dimensionen von Axonen,
Myelin und umgebenden Strukturen erfolgten unter Verwendung
eines IBAS I & II-Systems (Zeiss-Kontron).
Ergebnisse
-
Die Ergebnisse der durchgeführten Studien lassen sich wie folgt
zusammenfassen. Infusionen von IGF-1, 2 Wochen lang (N:4) oder
4 Wochen lang (N:7) in einer Konzentration von 100 ug/ml und
1 ug/h steigerten den Auswuchs der Nervenfasern vom proximalen
Ende der Hüftnerven. Das Vorderteil der einwachsenden
Nervenfasern erreichte in 2 Wochen eine Entfernung von 7-8 mm und
nach 4 Wochen 8-16 mm. Es wurden sowohl nicht myelinierte wie
auch myelinierte Nervenfasern festgestellt. Es gab keine
nekrotischen Bereiche, noch irgendwelche Anzeichen einer
Degeneration. Lockeres Bindegewebe umgab die auswachsenden
Nervenfasern. Ähnliche Ergebnisse wurden bei Verwendung von IGF-1 in
einer Konzentration von 250 ug/ml bei einer Anwendung von 4
Wochen erzielt. Höhere Konzentrationen, z. B. von 1000 ug/ml
wurden in Pilotversuchen angewandt, es wurde jedoch eine
Invasion von zahlreichen Makrophagen festgestellt und eine
Nervenregeneration wurde nicht gefördert. Die Vergleichsversuche,
d. h. der Zusatz von Kochsalzlösung oder BSA in die
Siliconkammer induzierte in der vorgenommenen Studie die Regeneration
lediglich um maximal etwa 1 mm. Der Zusatz eines peripheren
Segmentes des Hüftnervs oder eines Sehnenstückes zu einer
Öffnung der Y-förmigen Kammer mit gleichzeitiger Infusion von
IGF-1 führte zu einem gleich extensiven Einwachsen wie die
IGF-Infusion der se.
-
Eine elektronenmikroskopische Prüfung der sich regenerierenden
Hüftnerven zeigte, daß die neu gebildeten Axone nach 4 Wochen
in großem Umfang von Myelin normaler Struktur und Dimensionen
umhüllt waren. Es gab keine Anzeichen von ultrastrukturellen
Abnormalitäten in dem Axoplasma, d. h. Mikroröhrchen und Fäden
bildeten die dominierenden Elemente, jedoch wurden
endoplasmisches Reticulum, Vesikel und Mitochondrien in normalem Ausmaße
festgestellt. Die Schwann-Zellen in den IGF-1-behandelten
Nerven zeigten jedoch Anzeichen von Hyperplasia und Hypertrophie.
Ihr Cytoplasma war umfangsreich im Vergleich zu den
Vergleichsproben. Das endoplasmische Reticulum, Ribosomen, Mitochondrien
und Golgi-Komplexe waren auffallend ausgedehnt. Basismembran
bildete sich an der Vorderseite des auswachsenden Nervs, wie
sich auch Minimuskelfaserbündel, begrenzt durch endo- und
perineuriales Gewebe bildeten. Es trat eine extensive
Neovascularisation auf. Im Gegensatz hierzu zeigten Siliconkammern, bei
denen lediglich eine Infusion mit Kochsalzlösung oder DSA
erfolgte, keine Anzeichen einer Regeneration von Nervenfasern. Ihre
Schwann-Zellen erschienen inaktiv, wobei sie manchmal Vesikel
in steigender Häufigkeit enthielten. Makrophagen waren häufig.
Es fand keine Neovascularisation statt.
-
Es läßt sich folgern, daß die erhaltenen Ergebnisse entschieden
zeigen, daß IGF-1 die Regeneration von durchtrennten Hüftnerven
in einer Siliconkammer fördert. Sehr hohe Konzentrationen
scheinen eine Invasion von Makrophagen zu induzieren - wobei
diese letzteren Ergebnisse eine weitere Untersuchung erfordern.
Optimale Konzentrationen von IGF-1 scheinen im Bereich von 100
bis 250 ug/ml, bei einer Infusionsgeschwindigkeit von 1 ul/h zu
liegen.
A2 Testmethode
-
Hüftnerven wurden zerteilt und in ein 20 ml langes
Siliconröhrchen eingesetzt, an welches eine miniosmotische Pumpe
angeschlossen wurde. Die kleine Öffnung in der Wand, etwa in der
Mitte des Röhrchens, diente als Auslaß für überschüssige
Flüssigkeit aus dem Kammersystem und der Pumpe. Pilot-Versuche
wurden durchgeführt, unter Verwendung von 250 ug/ml oder
100 ug/ml, zugeführt mittels einer Pumpe mit einer
Pumpgeschwindigkeit von 1 ul/h und dem Volumen von 230 ul, d. h. einer
Pumpdauer von etwa 2 Wochen. Das Siliconröhrchen und die daran
angeschlossene miniosmotische Pumpe wurden subkutan am linken
Hinterbein von anästhesierten Ratten plaziert.
Testergebnisse
-
Diese Pilot-Versuche zeigten, daß eine ähnlich verbesserte
Nervenregeneration erhalten wurde, bei einer Infusion von IGF-1
(100 ug/ml und 250 ug/ml; Infusionsgeschwindigkeit 1 ul/h) im
Vergleich zu der, die erhalten wurde, wenn eine abgepufferte
Kochsalzlösung verwendet wurde.
B. Spezifität von IGF-1-Effekten bei peripherer
Nervenregeneration
B1 Testmethode
Tiere
-
Für die Versuche wurden weibliche Sprague-Dawley (Alab,
Schweden) Ratten mit einem Gewicht von ungefähr 200 g verwendet. Die
Ratten wurden in transparenten Käfigen bei einem 12 h-12 h-
Licht- und Dunkel-Zyklus gehalten. Handelsübliches Laborfutter
und Wasser stand zur freien Verfügung.
-
Die Ratten wurden anästhesiert mit einer intraperitonealen
Injektion von 0,3 ml einer Mischung von Pentoparbital (60 mg/ml),
Diazepam 5 mg/ml und Kochsalzlösung in Volumenanteilen von
1 : 2:1.
Silicon-Röhrchen-Kammern
-
Es wurden Kammern aus Siliconröhrchen (STC) aus Siliconröhrchen
(Mentor Co.) von medizinischer Reinheit mit einem äußeren
Durchmesser von 3,0 ml und einem inneren Durchmesser von 1,8 ml, wie
in Fig. 1 gezeigt, hergestellt. Die entsprechenden Maße am
Auslaß lagen bei 2,0 ml bzw. 1,2 ml. Das freie Ende des STC wurde
an eine miniosmotische Pumpe vom Typ Alzet 2001 über einen
Siliconkatheter angeschlossen. Der Katheter wurde mittels eines
Siliconklebstoffes (Tremco) an das STC angeklebt.
Antikörper
-
Antikörper gegenüber IGF-1 wurden in Ratten gegenüber einer
halbreinen Präparation von sich von Plasma ableitendem
menschlichem IGF-1
erzeugt. Das Antiserum (k624) war von einem
vergleichsweise niedrigen Titer und hatte eine Cross-Reaktivität
mit IGF-II von ≤ 5% und mit Insulin ≤ 1%. Antikörper gegenüber
Schweineinsulin, erzeugt in Kaninchen, wurde von der Firma Novo
bezogen.
Verfahrensweise
-
Der Hüftnerv wurde im Oberschenkel freigelegt und in der Höhe
des Knies durchtrennt. Der Nerv wurde in einer Entfernung von
10 bis 18 mm von der Trennstelle mit einer speziell
konstruierten Zange gequetscht. Die Quetschstelle wurde markiert durch
Anbringung einer 9-0-Naht an das Epineurium. Ein kleines
Muskelstück wurde aus dem Oberschenkel herausgeschnitten und an
das freigelegte Ende des STC angenäht, um ein Auslaufen zu
verhindern. Eine weitere 9-0-Naht wurde an das Epineurium an der
Stelle des Durchschnittes angebracht. Der Nerv wurde dann in
die STC eingeführt und festgehalten durch Annähen des
Nervenendes an die STC-Wand. Die STC wurde mit Serum von
IGF-1-immunisierten oder nicht immunisierten Kaninchen, verdünnt auf 1 : 25
in einer modifizierten Ringer-Lösung (139 mM NaCl, 2,4 mM KCl,
1,4 mM CaCl&sub2;, 2 mM MgSo&sub4;, 0,6 mM NaH&sub2;PO&sub4;, 3,25 mM Na&sub2;HPO&sub4;,
pH-Wert 7,4) oder mit Kochsalzlösung gefüllt. Das freie Ende
der STC wurde über einen Katheter an der miniosmotischen Pumpe
befestigt. Die miniosmotische Pumpe und ihr Katheter wurden
subkutan im abdominalen Bereich der Ratte plaziert. Der
Katheter wurde subkutan eingeführt und an die STC gebunden. Die
Wunden wurden dann durch Nähte verschlossen. Der Auslaß der STC
penetrierte die Haut und war bezüglich der Luft an der
Außenseite des Tieres offen. Die Ratten wurden bis zu 6 Tage in
diesem Zustand belassen.
Auswertung der Regeneration
-
Die Regeneration wurde mittels des "Pinch-Testes" wie von
Lubinska L. & Olekiewicz M., Acta Biolog. Exp. 15 (10),
125-145, 1950 beschrieben, ausgewertet. Die Ratten wurden
anästhesiert, der Hüftnerv wurde im Oberschenkelbereich
freigelegt und die STC wurde entfernt. Fortlaufende Segmente des
Hüftnervs wurden mit einem Zangenpaar zusammengedrückt,
ausgehend von dem freien Ende. Wurden die regenerierten sensorischen
Axone zusammengedrückt, so wurden ihnen Reflexe entlockt, die
sich in Form einer Kontraktion der Muskeln des Rückens
bemerkbar machten. Die Entfernung zwischen dieser Stelle und der der
ursprünglichen Zusammenpressung, zuvor mit einer Naht markiert,
wurde als Regenerationsentfernung bezeichnet.
Testergebnisse
Regeneration
-
Der normale Regenerationsgrad bei den Vergleichsratten, die
lediglich mit Kochsalzlösung behandelt wurden, betrug
1,7 mm/Tag während einer Periode von 6 Tagen. Eine
histopathologische Untersuchung zeigte aktive sich regenerierende Zellen
in dem Nervengewebe und einige inflammatorische Zellen.
-
Im Falle von Ratten, die mit IGF-1 (100 ug/ml) behandelt
wurden, konnte eine beträchtliche Erhöhung der Länge der
Regeneration bereits nach 1 und 2 Tagen festgestellt werden, was
anzeigte, daß die Zugabe des Peptides zum Nervengewebe einen
schnelleren Beginn der Regeneration induzierte.
Histopathologische Untersuchungen zeigten einen moderaten Entzündungsgrad
in den Nervensegmenten nach langer Exponierung gegenüber IGF-1
(> 5 Tage; Tabelle I). NGF stimulierte nicht die Regeneration,
wenn es in die Perfusionskammer eingeführt wurde (Tabelle I).
-
Tabelle II zeigt die Effekte von Kaninchenserum mit und ohne
IGF-1 Antikörpern bei der Regeneration in der STC. Perfusion
mit normalem Serum in einer Verdünnung von 1 : 25 beeinflußte die
Regeneration während eines Zeitraumes von 4 Tagen nicht. Im
Gegensatz hierzu wurde eine Regeneration durch Perfusion mit
Serum, das IGF-1 Antikörper enthielt, inhibiert. Diese
Inhibierung
konnte durch Zusatz von IGF-1 zur miniosmotischen Pumpe
überwunden werden.
-
Eine Perfusion der Nervensegmente mit Serum, das Antikörper
gegenüber Insulin enthielt, beeinflußte die Regeneration der
Ratten-Hüftnerven nicht.
Diskussion der Testergebnisse
-
Bei einer Perfusion der Siliconkammern mit Kochsalzlösung war
die Regeneration innerhalb der experimentellen Periode normal.
-
Lag in den Kammern IGF-1 vor, so war die Regeneration im
Vergleich zu den Vergleichsratten zu allen Zeitpunkten erhöht.
-
Es wurde gefunden, daß eine Perfusion des sich regenerierenden
Ratten-Hüftnervs mit IGF-1-Antikörpern die Regeneration
inhibiert. Diese Inhibition scheint spezifisch zu sein, da sie
überwunden werden konnte durch Zusatz von IGF-1 und weil
Antikörper gegenüber Insulin die Regeneration nicht
beeinträchtigten. Dies ist ein Hinweis darauf, daß endogenes
IGF-1 für eine normale Regeneration erforderlich ist.
Antikörper stellen hochmolekulare Proteine dar, die nicht
leicht in Zellen eindringen, woraus sich ergibt, daß eine
Neutralisation von extrazellularem IGF-1 durch das Antiserum
verantwortlich für die beobachtete Inhibierung ist. Die Stelle
und der Mechanismus der IGF-1-Einwirkung sind unbekannt. Es
wurde gefunden, daß eine Stimulierung der Polyferation von
verschiedenen Zelltypen erfolgt. Die Polyferation von
Schwann-Zellen wird in den freien Segmenten eines sich
regenerierenden peripheren Nerves induziert. Wird diese
Polyferation blockiert, so wird die Regeneration behindert.
C. Ganglionäre Anwendung von IGF-1
Testmethode
-
Beide Hüftnerven wurden gequetscht. Eine miniosmotische Pumpe
vom Typ Alzet 2001, gefüllt mit IGF-1 (50 ug/ml) wurde subkutan
auf dem Rücken der Tiere plaziert. An die Pumpe wurde ein
Katheter angeschlossen. Der Katheterauslaß wurde durch Vernähen
uni lateral nahe dem Hinterwurzelganglion des Hüftnervs
befestigt. Die Regenerationsentfernungen auf der IGF-1-behandelten
Seite (IGF-1) und dem kontralateralen Nerv (kontralateral)
wurden 4 Tage später ermittelt.
Testergebnisse
-
Die Testergebnisse sind in Tabelle III zusammengestellt. Die
ganglionäre Applikation von IGF-1 erhöhte die
Regenerationsentfernungen erheblich im Vergleich zu dem unbehandelten Nerv.
-
Die sich regenerierenden Neuriten sind permeabler für
Arzneimittel und scheinen dazu befähigt zu sein, Moleküle aus der
Umgebung aufzunehmen. Es ist möglich, daß extrazellulares IGF-1
in dem freien Nervensegment in die sich regenerierenden
Neuriten eingebracht werden kann und den neuronalen Zellkörper über
einen retrograden axonalen Transport erreicht ein retrograder
axonaler Transport von IGF-1 wurde festgestellt, jedoch ist
unbekannt, ob oder nicht IGF-1 in dem Neuron erzeugt wurde oder
von den Neuriten aufgenommen wurde. Die Erkenntnis jedoch, daß
eine ganglionäre Applikation von IGF-1 auch die Regeneration
erhöht, zeigt, daß der neuronale Zellkörper ein Hauptziel für
die IGF-1-Einwirkung sein könnte.
Schlußfolgerungen
-
Periphere Nerven von jungen und alten Säugetieren regenerieren
sich unvollständig, insbesondere dann, wenn die Nerven längere
Entfernungen zu überbrücken haben. Die geringe
Regenerationsgeschwindigkeit vermindert sich weiterhin mit der Zeit.
-
Die Target-Strukturen, z. B. skelettalen Muskeln, Drüsen,
Hautrezeptoren, können extensiv degenerieren, wenn sie über längere
Zeiträume hinweg ohne Versorgung bleiben, weshalb ein Bedürfnis
nach besseren Methoden zur Verbesserung von funktionellen
Langzeitergebnissen besteht.
-
Die Regeneration von peripheren Nerven beim Menschen stellt ein
wichtiges klinisches Problem dar, so daß ein Bedürfnis nach
verbesserten Behandlungsmethoden besteht.
-
Es wurde gezeigt, daß IGF-1 in vorteilhafter Weise die
Regeneration von durchtrennten peripheren Nerven verbessert.
Tabelle I EFFEKTE VON NGF AUF DIE REGENERATIONS-ENTFERNUNGEN BEIM
RATTEN-HÜFTNERV
Behandlung 4 Tage NGF
-
Regenerations-Entfernungen in mm, Mittelwert ± SD (N).
Tabelle II EFFEKTE VON ANTI-IGF-1-SERUM AUF DIE REGENERATIONS-ENTFERNUNGEN
DES RATTEN-HÜFTNERVS
Behandlung Verdünnung 3 Tage Vergleichs-Serum Anti-IGF-1-Serum Anti-Insulin-Serum
-
Regenerations-Entfernungen in mm, Mittelwerte ± SD. (N).
* P< 0,05
Tabelle III EFFEKTE VON GANGLIONARER APPLIKATION VON IGF-1 AUF DIE
REGENERATION DES RATTEN-HÜFTNERVS
Regenerations-Entfernungen Verhältnis IGF-1/kontralateral Mittel
-
* ein "tailed" t-Test P< 0,05