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Verfahren zur Herstellung von Firnissen und Lacken aller Art. Die
übliche Herstellungsweise von Lacken aller Art ist die folgende: Die lackbildenden
Grundsubstanzen, Natur- oder Kunstharze oder harzähnliche Substanzen, Kautschuk,
Wachse usw. werden kalt oder heiß in Lösungsmitteln aufgelöst.
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Gegenstand vorliegender Erfindung ist nun ein neues Verfahren, welches
nicht nur die obengenannten Lackgrundsubstanzen, sondern auch andere Stoffe, wie
z. B. vulkanisierte, lösliche oder unlösliche Natur- oder Kunstkautschukarten, Kautschukhalogenide,
polymerisierte -Vinyl- bzw. Akrylester usw. für die Herstellung von Firnissen und
Lacken zu verwenden gestattet, und zwar durch eine besondere Art der Verteilung
dieser Stoffe in einer Flüssigkeit, in der die Grundsubstanz sich gar nicht oder
nur schwer auflöst bzw. mir aufquillt.
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Auf Grund des neuen Verfahrens gelingt es, den Lackgrundstoff in einer
derartigen Flüssigkeit so fein zu verteilen oder zu suspendieren (dispergieren),
d@aß .er sich nicht mehr absetzt; er befindet sich vielmehr im Dispersionsmittel
kolloidartig gelöst. Bedeckt man nun mit einem solchen Lack oder Firnis irgendeinen
Gegenstand, so erhält man nach dem Verdunsten des Dispersionsmittels eine gleiche
Deckschicht, als ob der Lackgrundstoff in einem Lösungsmittel gelöst gewesen wäre.
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Das neue Verfahren beruht darauf, daß man die Lackgrundsubstanzen
in einer geeigneten Apparatur auf mechanischem Wege in einem Dispersionsmittel weitgehend
dispergieren kann. Mit dem bekannten Emulgieren von flüssigen Stoffen in anderen
Flüssigkeiten (z. B. von Öl in Wasser usw.) hat dieser Vorgang des Suspendierens
von- festen Lacksubstanzen in einer Flüssigkeit nichts gemeinsam. Auch unterscheidet
sich diese Behandlung wesentlich von dem sogenannten Durchkneten. Es ist wohl bekannt,
einen festen Körper, z. B. Kautschukabfälle, mit geringen Mengen einer Flüssigkeit
in Knetmaschinen usw. (vgl. z. B. amerikanische Patentschrift 1133952) bis
zu einer gewissen Homogenität mechanisch zu vermengen, dagegen ist es aber bisher
nicht bekannt gewesen, z. B. unlösliche Weich oder Hartgummiabfälle in einem Dispersionsmittei
so fein zu verteilen, diaß eine kolloid4le Lösung dieser Stoffe resultiert: Es wurde
nämlich gefunden, daß man die meisten Lackgrundsubstanzen in* eine solche feine
Dispersion überführen kann, wenn man sie in genügender Verdünnung ' (i : 5 bis i
: 2o) mit geeigneten organischen- Flüssigkeiten, die keine lösenden Eigenschaften
zu besitzen brauchen, in sogenannten Schlag-, Kreuz-, Stift-, Dismembrator- oder
ähnlichen Mühlen behandelt. Durch genügend langes und starkes Schlagen werden Lackgrundsubstanzen
verschiedenster Art, z. B. Natur-oder Kunstharze oder harzähnliche Stoffe, wie polymerisierte
Vinylverbindungen, polymerisierte Akrylsäuren oder deren Ester, Phenol-Formaldehydharze
oder ihre Kondensationsprodukte, mit anderen organischen Substanzen (z. B. mit organischen
Säuren, Terpenen,
Cumaron, Inden usw.) oder mehr oder weniger lösliche
oder vulkanisierte Natur-oder Kunstkautschukarten im Dispersionsmittel so weitgehend
dispergiert, daß sie darin wie gelöst erscheinen. Die gleichzeitige Anwesenheit
von i bis 5 Prozent eines Lösungs-oder Quellungsmittels für die Lacksubstanz oder
eines Mittels, welches die Dispersion fördert, erhöht die Homogenität des Lackes
und steigert außerdem die Lagerfähigkeit erheblich.
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Als Dispersionsmittel kommen die vei#schiedensten Flüssigkeiten in
Betracht; z. B. können angewendet werden: Benzin, Benzol und seine Homologen und
deren Gemische (Siedepunkt bis 2oo°), ferner Terpene (Siedepunkt bis 2oo°), Chlorhydrine,
insbesondere Dichlorhydrine, Epichlorhydrine, Chlorkohlenwasserstoffe (Siedepunkt
bis 2oo°), Ketone oder ihre Kondensationsprodukte (Siedepunkt bis 2oo°), Ester organischer
Säuren aller Art (Siedepunkt bis 2oo°), auch Alkohole (Siedepunkt bis i35°), oxydierte
oder sulfurierte, pflanzliche oder tierische Öle, Mineral-, Gas- oder Teeröl oder
Mischungen von einigen der oben aufgeführten Dispersionsmittel. Man hat es dabei
ganz in der Hand dem herzustellenden Lack, je nach Wahl des Dispersionsmittels,
jede beliebige Eigenschaft zu- verleihen.
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Auch kann man während der Behandlung neutrale Farbstoffe anorganischer
oder organischer Natur hinzusetzen und so Farblacke erzeugen.
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Folgende Substanzen fördern, in geringen Mengen zugesetzt, die Suspensionsbildung
stark: Ammoniak oder dessen organische Derivate, ferner in Kohlenwasserstoffen lösliche
Alkali-, Erdalkali- oder Metallseifen (Oleate) oder Harzseifen (Resinate), Naphtenseifen
(Naphtenate), sulfurierte Öle, Phenole, Naphtendisulfonsäuren, ferner Anilin, Toluidin,
Xylidin, Nitrobenzol usw. Diese Mittel verhalten sich außerdem noch wie Schutzkolloide
für die gebildeten Dispersoide, sie wirken einer Ausfällung der Lackgrundsubstanzen
entgegen.
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Wenn einige dieser Mittel auch schon angewendet wurden, um das Emulgieren
(z. B. von Öl in Wasser) zu erleichtern, so kann doch nicht .daraus geschlossen
werden, daß diese Stoffe auch das Suspendieren oder Dispergieren von festen Teilchen
in einem Dispersionsmitt.el zu dem vorliegenden Zweck befördern.
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Die Erzielung einer kolloidalen Dispersion auf mechanischem Wege gemäß-
vorliegender Erfindung ist- nur möglich durch die mechanische Bearbeitung in Schlagmühlen
mit hoher Umlauf sgeschwindigkeit; bei 300 m pro Minute beginnt die Suspendierung
allmählich, bei 15 oo bis 25oo m pro Minute wird sie erst wirtschaftlich.
Deshalb können hier .die gewöhnlichen Kollergänge, Reibmühlen, Rührwerke usw. nicht
gebraucht werden, wie sie z. B. für die Erzeugung von Emulsionen Verwendung finden
können. Durch folgende Beispiele wird die Ausführung des Verfahrens näher erläutert:
Beispiel i: Herstellung eines Firnislackes aus Hart-oder Weichgummiabfällen: Einem
Gemisch von ioo Teilen Xylol und 3 Teilen Limonen (Dipenten und Terpentin) werden
i bis 3 Teile Ammoniakseife aus Olein hinzugefügt, dann werden 5 bis ioTeileHartgummimehl
eingerührt und das Gemenge in einer Schlagmühle i bis Stunden (je nach Feinheit
des verwendeten Hart- bzw. Weichgummimehles) behandelt. Die geschlagene flüssige
Mischung läuft in ein Reservoir, aus welchem sie durch eine Schlammpumpe kontinuierlich
in die Schlagmühle zurückgeführt wird. Das Reservoir und damit auch die Flüssigkeit
wird zweckmäßig mit Dampf auf ioo bis i2o° C erhitzt, doch ist das nicht unumgänglich
nötig. Das Hartgummimehl wird auch bei gewöhnlicher Temperatur weitgehend dispergiert;
durch Erwärmung kann die Bearbeitungszeit unter sonst gleichen Verhältnissen um
mehr als die Hälfte verkürzt werden. Arbeitet man ohne Erwärmung, so ist nach 2
bis 5 Stunden das .gesamte Hartarummimehl verschwunden, als wäre es in einem Lösungsmittel
aufgelöst: Es hat sich eine dünne, leicht bewegliche_ vollkommenhomogen.eFlüssigkeitgebildet.
Bestreicht man mit ihr -einen Gegenstand, so hinterbleibt nach dem Trocknen eine
feste, lackartig aussehende Schicht, die durch Erhitzen ivie .eine dünne Hartgumm.ischicht
fest- und hart wird.
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War statt,der Hart- eine Weichgummisorte angewendet worden, so erhält
man eine gummiartige, mehr oder weniger zähe Schicht. Durch geeignete Mischung -von
Hart- und Weichgummi oder durch Zusatz von Natur-oder Kunstkautschuk oder von Schwefel
kann man die Eigenschaften -der Lacke weitgehend variieren. Selbstverständlich kann
man auch durch Zusatz von Natur- oder Kunstharzen, Asphalt oder Pechen usw. dem
Lack oder Firrris verschiedene Eigenschaften-verleihen, z. B. seine Isolationsfähigkeit
erhöhen, ihn verbiliigen usw. Um den Lack für gewisse Zwecke (z. B. für die Verwendung
als Klebemittel usw.) zu verdicken, kann man mehr als die Hälfte des Dispersionsmittels
durch Erwärtuen
im Vakuum auf nicht über 40 bis 50° abdestillieren.
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Der Zusatz der Ammoniakszife kann auch unterlassen werden; statt dessen
kann man 3 bis 5 Prozent eines Kautschuklösungsmittels hinzufügen, das gleichzeitig
auch die Eigenschaft besitzt, Schwefel zu lösen oder zu binden (Pseudocumol, sulfurierte
Öle, Teeröle, Phenole, Anilin, Xylidin, Kohlenwasserstoffe usw.).
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Statt Xylol können auch andere Stoffe der Benzolreihe oder Benzine
als Dispersionsmittel dienen.
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Auch Clhlorkohlenwasserstoffe eignen sich sehr gut. Die Auswahl des
DIspersionsmittels hängt nur von dem Grad der Feuergefährlichkeit oder seiner Flüchtigkeit
usw. ab, richtet sich also nach den gewünschten Eigenschaften des Lackces und nach
den technischen Anforderungen, die an ihn gestellt werden sollen. Das Verfahren
kann auch insofern verändert werden, daß die lackbildende Substanz mit geringen
Mengen :eines Quell- und/oderLösungsmittels (5 bis io Prozent) zunächst auf Walzen
bearbeitet und dann erst mit der erforderlichen Menge Verflüssigungsmittel in der
Schlagmühle behandelt wird. Es kann dadurch eine Verkürzung der Arbeitszeit und
somit eine beträchtliche Energieersparnis erzielt werden. Man kann auch Hart- oder
Weichgummiabfälle mit mineralischen Zusätzen der gleichen Behandlung unterwerfen
und trotzdem brauchbare Lacke gewinnen. Diese Zusätze setzen sich nämlich beim Stehen
aus dem fertigen Lack ab und können dann von demselben getrennt werden.
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Wie aus Gummiabfällen können in gleicher Weise aus anderen Stoffen
Lacke hergestellt werden, z. B. aus Harzen, Asphalt, Pechen, Formaldehydkondensationsprodukten,
Vinylpolymerisationsprodukten usw.
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Beispiele: Zu iooTeileri Benzol gibt man 5 bis ioTeile acetonlösliches
Phenolformaldehydkondensationsprodukt (welches vorher :eventuell mit kleinen Mengen
Aceton u: dgl. aufgequellt sein kann bei Anwesenheit von i bis 5 Prozent Kolophoniumharz
oder einem fossilen Harz) und schlägt, wie im Beispiel i das Gemisch etwa 3 Stunden
bei einer 70° C nicht übersteigenden Temperatur, am besten bei. 5o° C. Man erhält
einen homogenen Lack, der nicht eine eigentliche Auflösung .der Lacksubstanz in
Benzol darstellt, sondern eine kolloide Dispersion derselben im Dispersionsmittel.
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Dasselbe kann mit anderen Kunstharzen (oxydierten Pechen, Cumaronharzen,
Vinylpolym:erisationsprodukten, Akrylsäureestern usw.) oder Naturharzen, wie Kopalen,
Flemi, Mastik, Asphalt, Kolophonium und auch Schellack, erreicht werden. Bei letzterem
wird als Quellmittel Alkohol, Phenol o. dgl. angewendet und als Schutzkolloid Kolophonium.
Als Dispersionsmittel können hierbei auch Halogenkohlenwasserstoffe verwendet werden.
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In manchen Fällen - besonders wenn Hart- oder Weichgummi als lachbildende
Grundsubstanzen angewendet werden - wird der erreichbare Dispersitätsgrad nicht
gleichmäßig sein. Die Lacksubstanz wird zum Teil schon hochdispers, zum Teil aber
auch noch grobdispers sein. Um alles genügend fein zu erhalten, würde man längere
Zeit gebrauchen, was jedoch nicht immer wirtschaftlich wäre. In solchen Fällen kann
man die gröberen Teile durch etwa 24stündiges Stehen sich absetzen lassen und einen
gebrauchsfertigen Lack oben abziehen. Auch kann man die Lacke bei einer gewissen
Umdrehungszahl zentrifugieren. Es hat sich gezeigt, daß gerade solche Lacke sich
.dann sehr gut halten und sehr gut wirken. Die ausgesonderten gröberen Suspensionsteilchen
können bei der Herstellung neuer Mengen Lack wieder verwendet werden. Wendet man
bei der Herstellung der eben genannten Lackarten Wärme über 5o° C an, so muß man
das Schlagen nach Beendigung der Dispergierung so lange fortsetzen, bis die Temperatur
auf 25 bis 30° C zurückgegangen ist. Beachtet man diese kleine Vorsicht nicht, so
erhält man selten lange lagerfähige Lacke.