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Kernreaktor Die Erfindung betrifft einen Kernreaktor, insbesondere
Druckwasserreaktor,mit relativ zum Reaktorkern bewegbaren Steuerstäben mit neutronenabsorbierendem
Material, die im Normalbetrieb im Verhältnis zu ihrer Länge kleine Wege pro Zeiteinheit
zurücklegen und nur in besonderen Fällen eine wesentlich schnellere Bewegung vorzugsweise
unter dem Einfluß der Schwerkraft ausführen. Die schnelle Bewegung hat man bisher
in erster Linie zur Schnellabschaltung des Kernreaktors benutzt. Dabei läßt man
die Steuerstäbe vollständig in den Kern hineinfallen, um den Kernreaktor durch maximale
Neutronenabsorption unterkritisch zu machen. Das neutronenabsorbierende Material
der Steuerstäbe erstreckt sich dann aber praktisch die gesamte Kernhöhe.
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Aus der OS 1 945 044 ist es auch bekannt, nur einzelne der Steuerstäbe
in den Kern einfallen zu lassen, damit die Leistung des Kernreaktors schnell gesenkt
wird. Hierdurch soll keine Schnellabschaltung bewirkt, sondern eine solche gerade
vermieden werden, damit man auf das sonst erforderliche zeitraubende Anfahren des
Kernreaktors verzichten kann. Auch in diesem Fall werden aber die Steuerstäbe mit
ihrem über praktisch die gesamte Kernhöhe reichenden neutronenabsorbierenden Material
voll im Kern wirksam.
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Im Gegensatz zu den vorstehend behandelten Möglichkeiten zur schnellen
Herabsetzung der Leistung bzw. der Schnellabschaltung beschäftigt sich die Erfindung
mit dem Problem, die Leistungsverteilung über den Reaktorkern in optimaler Weise
zu vergleichmäßigen,speziell in Bewegungsrichtung der Steuerstäbe.
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Zu diesem Zweck kann man bekanntlich sogenannte Teilsteuerstäbe verwenden,
bei denen sich das neutronenabsorbierende Material nur über einen Bruchteil der
Höhe des Reaktorkernes
erstreckt. Mit ihnen kann man z.B. nur im
unteren Teil des Reaktorkernes die Leistung verringern, wenn nur dort eine Neutronenabsorption
durch den Teilsteuerstab bewirkt werden soll, weil im oberen Teil des Reaktorkernes
die zur Leistungsregelung dienenden Steuerstäbe die örtliche Leistung begrenzen.
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Teilsteuerstäbe wurden bisher mit normalen Antrieben ausgerüstet,
die relativ zur Kernhöhe nur eine langsame Bewegung zulassen, so daß kleine Wege
pro Zeiteinheit, etwa im Bereich von wenigen Zentimetern pro Sekunde, zurückgelegt
werden.
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Üblicherweise spielt die Antriebsgeschwindigkeit auch keine große
Rolle, da man die Teilsteuerstäbe ungeachtet ihrer Reaktivitätsbeeinflussung in
der Mitte des Reaktorkernes stehen läßt, wenn sie nicht an bestimmten anderen Stellen
des Reaktorkernes benötigt werden.
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Bei der erfindungsgemäßen Ausbildung des Kernreaktors der eingangs
genannten Art sind die Steuerstäbe dadurch gekennzeichnet, daß sich das neutronenabsorbierende
Material nur über einen Bruchteil der Höhe des Reaktorkernes erstreckt und durch
die schnelle Bewegung von der einen Seite des Kernes auf die andere bewegbar ist.
Es handelt sich also um Teilsteuerstäbe, die ähnlich wie die bisher zur Schnellabschaltung
dienenden Steuerstäbe nicht nur langsam, sondern auch schnell bewegbar sind.
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Mit der Erfindung ist es möglich, Teilsteuerstäbe außerhalb des Reaktorkernes
stehen zu lassen, die durch die schnelle Bewegung auch an Stellen gelangen, die
auf der anderen Seite des Kernes liegen, ohne daß dafür erstens viel Zeit benötigt
wird und zweitens beim Weg dorthin die Leistungsverteilung in anderen Bereichen
des Reaktorkernes unerwünscht beeinflußt wird. Für Druckwasserreaktoren, bei denen
Steuerstäbe zumeist von oben her in den Kern einfahren, kann man sich dies so vorstellen,
daß bei einer Leistungsspitze in der unteren Kernhälfte, die mit Hilfe der Teilsteuerstäbe
abgebaut werden soll, das langsame Einfahren der Teilsteuerstäbe in der bisher
üblichen
Weise zunächst eine Vergrößerung der unerwünschten Leistungsspitze zur Folge hat,
solange die Teilsteuerstäbe mit ihrem neutronenabsorbierenden Material noch im Bereich
der oberen Kernhälfte wirksam sind. Bei den normalen Verstellgeschwindigkeiten von
einigen Zentimetern pro Sekunde dauert diese Vergrößerung der Ungleichmäßigkeit
in der Leistungsverteilung unerwünscht oder gar unzulässig lange an, weil übliche
Kerne von Reaktoren zur industriellen Energieerzeugung Kernhöhen von einigen Metern
aufweisen.
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Bei der Erfindung kann der Teilsteuerstab dagegen durch die schnelle
Bewegung, z.B. ein Einfallen des Steuerstabes unter dem Einfluß der Schwerkraft
oder durch einen anderen Antrieb, beispielsweise mit Hilfe von Federn, unmittelbar
von der einen Seite, beim Beispiel der oberen Seite des Kernes, auf die andere untere
Seite gelangen. Dort wird er sofort wirksam.
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Seine genaue Lage zur optimalen Vergleichmäßigung kann dann vom unteren
Rand des Kernes aus durch die langsame Bewegung in genügend kurzer Zeit erreicht
werden. Zu diesem Zweck ist eine Kopplung eines für die schnelle Bewegung vorgesehenen
Antriebsgliedes mit einem Antrieb für die kleinen Wege in der Art günstig, daß der
schnelle Bewegung eine langsame Bewegung in umgekehrter Richtung folgt.
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Die Erfindung ist nicht auf die Anwendung bei einzelnen Teilsteuerstäben
beschränkt. Man kann auch mehrere gleiche oder ähnliche Teilstäbe zusammenfassen.
Eine gleichzeitige schnelle und gegebenenfalls anschließende langsame Bewegung mehrerer
Stäbe erhält man vorteilhaft durch eine gemeinsame Steuerung von deren Antrieben,
die mit Vorteil gleich ausgebildet sind.
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Es ist aber auch denkbar, für mehrere Stäbe einen gemeinsamen Antrieb
für schnelle und langsame Bewegungen vorzusehen.
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Zur näheren Erläuterung der Erfindung wird im folgenden anhand der
vereinfachten Zeichnung ein Ausführungsbeispiel beschrieben.
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Mit 1 ist der Kern eines Druckwasserleistungsreaktors bezeichnet,
der in bekannter Weise aus nicht näher dargestellten Brennelementen zusammengesetzt
ist und die Kernhöhe H aufweist. Zur Steuerung der Reaktivität des Kernes und damit
der Leistungsabgabe sind Steuerstäbe 3, 4 und 5 über die Höhe H des Kernes bewegbar
angeordnet, die von oben durch Stutzen 6, 7 und 8 am Deckel 9 eines nicht weiter
gezeichneten Reaktordruckbehälters, der den Kern 1 umschließt, betätigt werden.
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Die Steuerstäbe sind zu diesem Zweck über Antriebsstangen 12, 13 und
14 mit schematisch dargestellten Betätigungseinrichtungen 15, 16 und 17 gekoppelt,
die auch zur Stellungsmeldung benutzt werden können.
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Die Steuerstäbe 3 und 4 sind gleich ausgebildet. Sie enthalten über
ihre gesamte wirksame Länge, die praktisch der Höhe H des Reaktorkernes 1 entspricht,
neutronenabsorbierendes Material 20, wie durch eine Schraffur angedeutet ist. Als
neutronenabsorbierendes Material kann z.B. eine Silber-Indium-Oadmium-Legierung
verwendet werden, wenn es um sogenannte schwarze Steuerstäbe hohen Absorptionsvermögens
geht.
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"Graue" Stäbe kleineren Absorptionsvermögens bestehen beispielsweise
aus einer Nickellegierung. Zur Leistungsregelung werden die auch als Leistungsbank
bezeichneten und gegebenenfalls gemeinsam verfahrenen Steuerstäbe 3 und 4 im Normalbetrieb
nur über einen kleinen Teil der Kernhöhe von oben in den Reaktorkern 1 eingefahren.
Durch das neutronenabsorbierende Material 20 der Leistungssteuerstäbe 3 und 4 wird
also die Leistungsdichte im oberen Teil des Reaktorkernes abgesenkt.
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Demgegenüber ergibt sich eine Leistungsspitze im unteren Teil des
Kernes, die die verfügbare Gesamtleistung des Kernreaktors begrenzt, weil diese
von der maximalen örtlichen Leistungsdichte abhängt. Eine ungleichmäßige Leistungsdichteverteilung
führt ferner zu einem unwirtschaftlichen, ungleichmäßigen Abbrand.
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Zur Korrektur der Leistungsdichteverteilung in Bewegungsrichtung der
Steuerstäbe 3, 4, also in axialer Richtung, d.h. über
die Kernhöhe
H, wird der Teilsteuerstab 5 verstellt, der nur über einen kleinen Teil seiner Länge
neutronenabsorbierendes Material 21 aufweist. Die Länge beträgt beim Ausführungsbeispiel
etwa 1/3 der Kernhöhe, wobei das Material an dem der Antriebseinrichtung 16 abgekehrten
Ende des Teilsteuerstabes angeordnet ist.
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Wird dieser Teilsteuerstab zur Korrektur der Leistungsdichteverteilung
von oben in den Kern eingefahren, so ergibt sich notwendigerweise zunächst eine
Verschärfung der Ungleichmäßigkeit, insbes. dann, wenn das neutronenabsorbierende
Material 21 von außen in den oberen Bereich des Kernes eintritt, wo die Leistungssteuerstäbe
3 und 4 Wirksam sind.
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Bei der Erfindung besteht die Antriebseinrichtung 16 des Teilsteuerstabes
5 aus zwei Teilen. Der untere Antriebsteil 22 wird von einer Kupplung zwischen dem
eigentlichen Antrieb 23, etwa einem Motor oder einem Klinken-Schrittheber, und der
Antriebsstange 13 gebildet. Wird die Kupplung 22 gelöst, so fällt der Teilsteuerstab
5 unter der Einwirkung der Schwerkraft in den Reaktorkern 1 hinein. Seine Bewegungsgeschwindigkeit
relativ zum Reaktorkern beträgt dabei ein Vielfaches der normalen Verstellgeschwindigkeit,
die der Antrieb 23 aufbringen kann. Mithin gelangt das neutronenabsorbierende Material
21 des Teilst-euerstabes 5 ohne störende Beeinflussung der Reaktivität in der oberen
Kernhälfte in den unteren Kernbereich, wo die Reaktivität zur Vergleic'hmäßigung
der Leistungsdichteverteilung herabgesetzt werden soll. Die optimale Stellung des
Teilsteuerstabes 5 kann nach dem vollständigen Einfallen mit Hilfe des Antriebes
23 herbeigeführt werden, der z.B. durch einen Endschalter 25 am Ende der Einfallbewegung
in Tätigkeit gesetzt wird und eine Bewegung in Gegenrichtung einleitet, bis die
gewünschte Stellung des Teilsteuerstabes 5 erreicht ist.
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Die Antriebe 15 und 17 der Leistungssteuerstäbe 3 und 4 sind beim
Ausführungsbeispiel ebenfalls aus zwei Antriebsteilen 26, 27 zusammengesetzt, von
denen der eine als der eigentliche Antrieb 26 für die langsame Bewegung benötigt
wird, während der andere als Kupplung 27 dazu bestimmt ist, die Leistungssteuerstäbe
3 und 4 zur schnellen Abschaltung des Reaktors vollständig in den Kern
einfallen
zu lassen.
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Beim Ausführungsbeispiel sind nur zwei Leistungssteuerstäbe 3,4 und
ein Teilsteuerstab 5gezeichet. In der Praxis wird man je nach der Größe des Kernes
und der Feinheit der gewünschten Leistungsregelung wesentlich mehr Steuerstäbe vorsehen,
die gegebenenfalls zu sogenannten Bänken zusammengefaßt sein können, deren Stäbe
gemeinsam gleichartige Stellungen einnehmen und gleiche Bewegungen ausführen. Unter
Umständen kann man einem Antrieb 15, 16 oder 17 auch eine größere Zahl von räumlich
berteilten Steuerstäben zuordnen, die im Inneren des Reaktordruckbehälters miteinander
gekoppelt sind.
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Die schnelle Bewegung von Teilsteuerstäben gestattet die Anordnung
der nicht benötigten ileilsteuerstäbe außerhalb des Reaktorkernes ?, wahrend sie
bisher in einer mittleren Stellung gehalten wurden und demnach eine Überschußreaktivität
erforderten. Diese Reaktivität kann bei der Erfindung für einen erhöhtem Abbrand
ausgenutzt werden, obwohl der Reaktorkern gerade am Abbrandende zu labilem Verhalten
neigt.
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Bei Leistungsspitzen auf der Seite des Reaktorkernes 1, die der Ruhestellung
der Teilsteuerstäbe benachbart ist, beim Ausführungsbeispiel also auf der Oberseite
des Reaktorkernes 1, fährt man die Teilsteuerstäbe mit dem für die langsame Bewegung
vorgesehenen Antrieb direkt in die gewünschte Stellung.
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3 Patentansprüche 1 Figur