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Ein- oder mehrachsiges künstliches Gelenk, insbesondere Bremskniegelenk
Künstliche Kniegelenke, z.B. für Beinprothesen, haben meistens eine oder auch mehrere
Achsen, die den Oberschenkel mit dem Unterschenkel der Prothese gelenkig verbinden.
Die mehrachsigen, künstlichen Kniegelenke haben zum Teil eine starre, zum Teil eine
federnde Verbindung zwischen Knie- und Wadenteil. Zum Teil setzen sich Flächen des
Knieteiles auf Flächen des Wadenteiles, auf denen ähnlich wie beim gesunden Kniegelenk
der Bewegungsablauf bei der Kniebeuge vor sich geht.
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Eine bestimmte Gruppe der sehr zahlreichen und verschiedenen Arten
von Kniegelenken sind die sogenannten Bremskniegelenke. Bei diesen ist die Knieachse
in einem aus mehreren Teilen bestehenden und zusammengesetzten Element aufgenommen.
Dieses ist im Höhensinne beweglich im Knie eingesetzt, so daß sich bei Belastung
das Knieteil auf das Wadenteil aufsetzen kann. Die Berührungsflächen sind als Bremsflächen
ausgebildet. Die Bremsflächen haben die verschiedensten Formen. Sie können flach,
kugelförmig oder keilförmig ausgebildet sein und geben je nach Belastung unterschiedliche
Bremswerte und damit unterschiedliche Sicherheitsfaktoren für den Kunstbeinträger.
Das im Höhensinne bewegliche Element ist durch die Knieachse mit dem Wadenteil fest
verbunden, so daß gleichzeitig davon gesprochen werden kann, daß das dazugehörige
Knieteil im Höhensinne beweglich ist. Das aus mehr oder weniger Einzelheiten bestehende
und zusammengesetzte Element wird häufig als sogenanntes Kulissenlager ausgebildet.
Es kann jedoch an Stelle des Kulissenlagers auch ein Schwinglager verwendet werden.
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Bei hochentwickelten Kniegelenken, wie sie die sogenannten Bremskniegelenke
darstellen, gehört zum Bewegungsablauf des Kunstbeines nicht nur eine Schwenkbarkeit
des Unterschenkels um die sogenannte Knieachse. Vielmehr gehört dazu beispielsweise
auch eine einstellbare Regulierung der Schwingbarkeit des Knies um die Knieachse.
Diese Regulierbarkeit wird durch sogenannte Achsbremsen erreicht.
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Diese Achsbremsen konnten bisher wegen der schwingenden Lagerung des
Kulissen- oder Schwingelementes entweder nur in die Knieachse selbst in Form einer
Aufspreizung eingebaut oder auf andere Art nur auf sehr komplizierte Weise und in
seiner Wirkung unzureichend angebracht werden.
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Außerdem ist an den erwähnten Kniegelenken zweckmäßig ein sogenannter
Vorbringer angeordnet, der den Unterschenkel aus der Beuge heraus wieder in die
Strecklage bringt. Diese Vorbringer sind in sehr verschiedener Weise ausgebildet
worden. Entweder sind sie als Gummizug vorn vom Oberschenkel über das Knie zum Unterschenkel
gezogen - diese Methode kann als veraltet angesehen werden - oder sie sind als sogenannte
Innenvorbringer im Wadenteil untergebracht, wo sie am Knieteil angreifen.
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Da diese Bremskniegelenke im Bereich ihrer Bremsflächen einem besonders
hohen Verschleiß unterliegen, hat man sie mit einem sogenannten Hubregler versehen,
der das zwischen den beiden Bremsflächen des Knieteiles und Wadenteiles auftretende
Spiel möglichst ausschaltet. Dieser Hubregler konnte bislang ebenfalls nur auf mehr
oder weniger umständliche und reparaturanfällige Weise im Knieteil angebracht werden.
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Da sich die Bremsflächen im Gebrauch nicht immer durch das Gewicht
des Unterschenkels von selbst lösen, sind bei dieser Art von Bremskniegelenken im
Knieteil ein oder mehrere Druckfedern eingesetzt, die ein Lösen der Bremsflächen
voneinander bewirken sollen, so daß beim Gehen keine Blockierung des Gelenkes eintritt.
Diese Gegendruckfedern liegen meistens in einem in das Knieteil eingebauten Gehäuse.
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Die gute und auch erwünschte Bremseigenschaft der bekannten Bremskniegelenke
wird sehr stark dadurch beeinträchtigt, daß letztere aus zu vielen Einzelteilen
bestehen. Das Zusammensetzen und Auseinandernehmen dieser Gelenke ist kompliziert
und kann wegen der zu vielen Einzelteile zu Montagefehlern führen. Hinzu kommt,
daß der erwähnte Vorbringer sowie die Knieachsbremse, der Hubregler und die Gegendruckfedern
wiederum aus mehreren Einzelteilen bestehen, wobei alle diese vielen Einzelteile
mit Hilfe von Bohrungen und Einfräsungen in das Knieteil eingesetzt sind, und damit
von außen her auf das Kulissenlager oder das Schwingelement einwirken. Die Wartung
einer solchen Knie-
mechanik ist daher sehr umständlich, und infolge
der vielen Teile entstehen erhebliche Reparaturaufwendungen, die häufig lästig und
daher auch dem Amputierten nicht zumutbar sind.
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Ein weiterer Nachteil der sogenannte Bremskniegelenke ist der, daß
bei Belastung des Kunstbeines durch den Amputierten erst das zwischen den Bremsflächen
liegende Spiel, der sogenannte Hub, überwunden werden muß, auch wenn dieser noch
so gering ist und damit bis zum Eintritt der Bremswirkung ein bestimmter Unsicherheitsfaktor
überwunden werden muß. Auch wenn der sogenannte Hub zwischen den Bremsflächen nach
Neuregulierung nicht vorhanden ist, so entsteht er doch immer wieder nach verhältnismäßig
kurzem Gebrauch, und zwar dann, wenn sich die Bremsflächen geringfügig abgesetzt
oder abgerieben haben. In solchen Fällen mußte bisher immer wieder auf verhältnismäßig
umständliche Weise, meistens mittels eines Schraubenziehers, das durch die Benutzung
entstandene Spiel zwischen den Bremsflächen wieder nachgestellt und damit ausgeglichen
werden.
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Gegenstand der Erfindung ist nun ein ein- oder mehrachsiges Kniegelenk
mit Schwinglager, das im Gegensatz zu den bekannten Ausführungsformen aus nur wenigen
Teilen besteht, dementsprechend auch eine ausgesprochen einfache Montage zuläßt,
funktionssicher ist, beinahe keine Wartung mehr benötigt und praktisch keinem Verschleiß
unterliegt. Es läßt sich außerdem vom Amputierten ohne Schwierigkeit und durch die
Kleidung hindurch einstellen.
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Die Erfindung besteht darin, daß ein einfacher Schwingarm in einer
von der Prothesenrückseite zugänglichen Ausnehmung des Kneiteiles einerseits an
diesem und andererseits durch die von ihm getragene Knieachse auf dem Wadenteil
gelagert ist.
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Dabei ist es vorteilhaft, daß der Schwingarm, Träger eines Hubreglers,
vorzugsweise in Form einer von der Prothesenrückseite aus bedienbaren Reglerschraube
ausgebildet ist, die sich zumindest in einer Richtung gegen das Knieteil abstützen
läßt.
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Ferner ist es zweckmäßig, daß an dem Schwingarm ein unter Federspannung
stehender Vorbringer angreift.
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Eine vollkommene Ausführungsform des neuen Gelenks besteht darin,
daß in den Schwingarm eine zweckmäßig nachstellbare Kniebremse eingebaut ist.
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Eine Weiterbildung der Erfindung besteht darin, daß der Schwingarm
gleichzeitig Träger von Gegendruckschrauben ist.
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An Hand der Zeichnung ist die Erfindung beispielsweise erläutert.
Es zeigen F i g. 1 und 2 einen als Schwinglager für die Knieachse dienenden Schwingarm
mit Höhenversteller und Knieachsbremse in Seiten- und Draufsicht, Fig. 3 das neue
Kniegelenk; geschnitten nach LinieA-B aus F i g. 4, F i g. 4 das neue Kniegelenk
in Rückansicht.
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Danach ist zwischen dem Knieteil 1 und dem Wadenteil 2 einer Prothese
ein Schwinglager vorgesehen. Dieses besteht aus einem einfachen Schwingarm3, der
in einer von der Rückseite der Prothese aus zugänglichen Ausnehmung 4 des Knieteiles
1 untergebracht ist. Das hintere Ende dieses Armes 3 ist an einer herausnehmbaren
Achsen im Knieteil 1 schwingbar gelagert. Etwa seine Mitte trägt die Knieachse6,
und diese ist beiderseits von dem Wadenteil 2 getragen. Durch das vordere Ende des
Schwing-
armes 3 ist eine Hubreglerschraube 7 mit einem besonders breiten, gerändelten
Kopf 8 geführt. Diese läßt sich wahlweise an Gegendruckflächen9, 10 des Knieteilesl
anlegen. Außerdem trägt das vordere Ende des Schwingarmes 3 eine Querachse 11, an
der ein unter der Wirkung einer Vorspannfeder 12 stehender Vorbringer 13 angreift.
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Gegen die Knieachse 6 liegt ein über deren ganze Breite reichendes
Bremsstück 14 an, dessen Lage sich durch zwei Stellschrauben 15 regeln läßt.
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Schließlich sind in die Oberfläche des Schwingarmes 3 Gegendruckfedern
16 eingelassen.
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Aus dieser Darstellung sind die Vorteile der neuen Konstruktion klar
erkennbar. Das neue Gelenk besteht aus nur wenigen, leicht herzustellenden Teilen,
die sich ohne Hilfswerkzeuge von jedermann ohne Montagefehler in die Prothese einsetzen
lassen. Hubregler7,8, Knieachsbremsel4,15 und Gegendruckfedern 16 bilden mit dem
Schwingarm 3 eine Montageeinheit. Sie können deshalb auch während der Montage und
Demontage im Schwingarm 3 verbleiben.
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Der Hubregler 7, 8 wirkt direkt auf die Gegendruckflächen 9, 10 im
Knieteil 1. Er ist wegen seiner Einfachheit in Form einer nur noch aus einem Teil
bestehenden direkt wirkenden Schraube ohne Reparaturanfälligkeit. Der Vorbringer
13 ist nicht mehr im Knieteil gelagert, sondern greift nunmehr unmittelbar am Schwingarm
3 an. Dadurch sind einer seits die bisher erforderlichen Achsen, Achsschrauben und
Bohrungen sowie Lagerbuchse im Knieteil eingespart. Andererseits sind nunmehr die
Bremsflächen des Knieteiles 1 und des Wadenteiles 2 in eine ständig unter der Vorspannung
des Vorbringers 12, 13 stehende und durch diese Vorspannung regulierbare gleitende
Berührung gebracht. Letztere ist aber außerdem auch durch den Hubregler 7, 8 beeinflußbar.
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Durch ihn kann die ständig gleitende Berührung der Bremsflächen sowie
die durch die Belastung des Knies entstehende Bremswirkung völlig aufgehoben werden.
In diesem Fall wird der Hubregler so eingestellt, daß er bei Belastung des Knies
mit seinem oberen Teil 8 gegen die obere Gegendruckfläche 9 des Knieteiles 1 zur
Anlage kommt, bevor eine Berührung der Bremsflächen erfolgt. Dieses völlige Ausschalten
der Bremswirkung wird bei Bremskniegelenken häufig gewünscht, wenn der Amputierte
beispielsweise radfahren will. Dann muß das Kniegelenk möglichst freies Spiel haben,
damit die Kraftaufwendung des Stumpfes ohne Behinderung des Gelenks auf das Pedal
übertragen werden kann. Auch beim Autofahren würde ein steifes Kniegelenk hinderlich
sein, das umgekehrt beispielsweise beim Gehen auf einem unebenen Boden Halt bietet
und deshalb unter solchen Voraussetzungen geradezu erforderlich ist.
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Die Kniebremse 14, 15 schwingt ständig mit dem Schwingarm 3 mit und
ist auf der ganzen Breite des Schwingarmes 3 wirksam. Dadurch ist der in der Bremse
auftretende spezifische Flächendruck im Gegensatz zu den bekannten Ausführungsformen
und dementsprechend auch der Verschleiß der Bremse außerordentlich gering. Durch
die Nachstellbarkeit der Bremse durch die Schrauben 15 läßt sich die Gängigkeit
der Knieachse lange Zeit konstant halten.
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Die Lagerung der Gegendruckfeder 16 im Schwingarm 3 entbehrt der
bisherigen Notwendigkeit, diese Elemente oberhalb des Schwingelements im Knieteil
anzuordnen und dort ein besonderes Gehäuse vorzusehen.
Auch dadurch
ist die Konstruktion einfacher geworden. Außerdem können aber durch diese Einsparung
an Bauhöhe nunmehr Gelenke der hier in Rede stehenden Art auch für Stümpfe verwendet
werden, die weit bis auf das Kniegelenk herabreichen.
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Insgesamt bilden die einzelnen Funktionsteile, wie Hubregler, Vorbringer,
Knieachsbremse und Gegendruck mit dem Schwingelement eine Einheit. Diese zeichnet
sich durch die übersichtliche klare Anordnung, ihre Einfachheit, Funktionstüchtigkeit,
Verschleißfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit aus sowie durch ihr geringes Gewicht.