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Verfahren zur Herstellung gastrointestinal resorbierbarer Arzneimittelzubereitungen
Es ist bekannt, perorale Arneimittel mit verlängerter Wirkung dadurch herzustellen,
daß man den Arzneistoff mit einem verdaulichen oder unverdaulichen Fettstoff innig
mischt oder zusammenschmilzt.
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Die Abgabe des Wirkstoffs geschieht infolge Diffusion durch die umgebenden
Fettschichten oder durch langsame Verdauung bzw. Emulgierung des umgebenden Fettes
oder durch Herauslösen des Wirkstoffs aus der Fettmatrize.
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Die Abgaberate des Wirkstoffs wird dabei durch das Verhältnis vom
Wirkstoff zum Fettanteil bestimmt. Durch Zusatz eines Emulgators oder Netzmittels
kann man die Wirkstofffreigabe beeinflussen.
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Allgemeine Gesetzmäßigkeiten lassen sich für diesen Vorgang nicht
festlegen. Im Regelfalle beginnt die Abgabe des Wirkstoffs nach der Passage des
Magens im oberen Darmabschnitt unter der Einwirkung von Enzymen bzw. unter Emulgierung.
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung
gastrointestinal resorbierbarer Arzneimittelzubereitungen, die bereits im sauren
Milieu des Magen-Darm-Kanals einstellbare Wirkstoffmengen abgeben und auch späterhin
eine gleichbleibende Freigaberate besitzen. So ist es möglich, ohne die sonst notwendige
Zumischung einer Initialdosis aus Wirkstoff in freier Form auszukommen. Außerdem
wird das häufige Risiko der ungenauen Freigabe infolge schwankender Verweilzeit
im Magen praktisch ausgeschaltet.
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Es wurde gefunden, daß man gastrointestinal resorbierbare Arzneimittelzubereitungen
mit weitgehend kontinuierlicher Freigaberate dadurch erhalten kann, daß man den
Arzneistoff mit Dextran vermischt, eine Lösung des Arzneistoffs auf festes Dextran
auftrocknet, eine Arzneistoff-Dextran-Lösung zur Trockne bringt oder aus einer solchen
Lösung in an sich bekannter Weise die Arzneistoff-Dextran-Mischung ausfällt, das
gegebenenfalls granulierte Produkt in die Schmelze eines Fettkörpers einbringt oder
mit einem Fettkörper verreibt, durch Sieben, Mahlen oder Sprühen auf eine gewünschte
Kongröße einstellt und gege benenfalls mit einem Überzug versieht oder zu Tabletten
verpreßt.
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Dextran ist eine auf biologischem Wege herstellbare Substanz, die
auf Grund ihrer großen physiologischen Verträglichkeit klinisch als Blutersatzmittel
Verwendung findet. Im Magen-Darm-Kanal wird Dextran wegen seines hohen Molekulargewichts
kaum resorbiert. In geringem Umfang erfolgt ein Abbau zu Glucose, weswegen auch
teilweise hydrolysiertes Dextran physiologisch unbedenklich ist. Durch Wasser bzw.
durch die Verdauungssäfte wird eine Quellung
des Dextrans bewirkt, welcher sich ein
langsames Inlösunggehen anschließt.
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Durch die Quellung des Dextrans im Magen-Darm Kanal wird eine begrenzte
Auflockerung der erfindungsgemäßen Arzneimittelzubereitung hervorgerufen.
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Die Quellung ist vom pH-Wert des Verdauungstraktes praktisch unabhängig,
so daß der Arzneistoff aus der Zubereitung unbeeinflußt vom wechselnden Aciditätsgrad
mit gleichbleibender Diffusionsrate austreten kann. Die Diffusionsgeschwindigkeit
ist im wesentlichen vom Dextran-Fettkörper-Mengenverhältnis der Zubereitung abhängig.
Aus den inneren Teilen einer Dextran-Fettkörper-Zubereitung in granulierter Form
werden beispielsweise die Arzneistoffe erst längere Zeit (bis zu 24 Stunden) nach
Herauslösen gewisser Mengen Dextran zugänglich. Daneben wird die Abgaberate vom
absoluten Betrag des Arzneistoffs be stimmt. Durch geeignete Wahl der Verhältuiszahlen
ist es möglich, die Abgaberate in weitem Bereich variierbar einzustellen. Bei besonders
kurz wirkenden Arzneimitteln, d. h. bei solchen, welche vom Organismus besonders
rasch inaktiviert oder abgebaut werden, kann man in den oberen Darmabschnitten eine
erhöhte Abgaberate erzielen, wenn man für die Arzneimittelzubereitung besonders
leicht verdauliche Fettkörper auswählt oder der Zubereitung Netzmittel bzw. Emulgatoren
zusetzt.
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Als Arzneistoff sind alle Stoffe geeeignet, die in Mischung mit Fetten
bzw. mit Dextran verträglich sind. Der Zubereitung können auch weitere Quellstoffe
zugesetzt werden, die diesen Bedingungen entsprechen.
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Die Dextrankomponente kann aus Rohdextran oder aus Dextran in den
üblichen Hydrolysegraden bestehen. Molekulargewicht und Verzweigungsgrad der Dextrane
sind für die Depotwirkung nur insofern von Bedeutung, als sie die Löslichkeit und
die Viskosität bestimmen.
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Für die Herstellung der erfindungsgemäßen Arzneimittelzubereitung
mit verlängerter Wirkung bestehen verschiedene Möglichkeiten. Die Mischung des Dextrans
mit dem Arzneistoff erfolgt im einfachsten Falle durch Verrühren bzw. Verreiben
beider Komponenten in gepulverter, kristalliner oder granulierter Form, wobei die
Korngröße der Partikeln von Einfluß auf die spätere Lösungsgeschwindigkeit des Medikaments
ist. Man kann auch eine Lösung des Arzneistoffs auf festes Dextran auftrocknen oder
eine Arzneistoff-Dextran-Lösung zur Trockne bringen, bzw. aus einer derartigen Lösung
nach üblichen Verfahren die Arzneistoff-Dextran-Mischung ausfällen. Vor der weiteren
Behandlung ist es auch möglich, die Mischung zu granulieren.
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Die Einbettung der so erhaltenen Arzneistoff-Dextran-Mischung in
den Fettkörper erfolgt anschließend durch Einbringen in eine Schmelze des Fettkörpers
oder durch Verreiben mit demselben. Durch Sieben, Mahlen oder Sprühen wird das Arzneimittel
sodann auf die gewünschte Korngröße eingestellt.
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Die erfindungsgemäß hergestellte Arzneimittelzubereitung wird im
einfachsten Falle als Granulat direkt verabfolgt. Granulate erhalten bei Bedarf
einen zusätzlichen Überzug, der in Wasser unlöslich sein kann, sich aber im Magensaft
bzw. Darmsaft löst.
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Auf diese Weise können Granulate hergestellt werden, an die besondere
Anforderungen gestellt werden.
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Diese isolierten Granulate lassen sich in wäßrigen oder nicht wäßrigen,
aber mit Wasser mischbaren Lösungsmitteln suspendieren. Zur Erhöhung der Stabilität
der Suspension kann durch Zugabe von spezifisch schweren oder leichten Stoffen die
Dichte des Granulats auf die Dichte des Suspensionsmittels eingestellt werden. Für
die Herstellung von gepreßten Formlingen, z. B. von Tabletten, läßt sich das Granulat
nach Zugabe von Spreng-, Gleit- und Antiklebmitteln als solches pressen. Bei geeigneter
Wahl des Dextran-Fettkörper-Mengenverhältnisses bzw. durch geeignete Wahl der Korngröße
der Dextran-Arzneimittel-Kombination erhält man Fettkörpermatrizen, die das Heilmittel
sehr langsam freigeben.
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Es ist bereits ein Verfahren zur Herstellung von Arzneimittelgranulaten
mit einstellbaren Freigabeeigenschaften bekannt, welches darauf beruht, Aluminiumseifen
höherer Fettsäuren vor oder nach Zugabe eines Arzneimittels in flüchtigen organischen
Lösungsmitteln zu lösen und durch Erwärmen zu gelieren, um anschließend aus dem
armeimittelhaltigen Produkt das Lösungsmittel, vorzugsweise Petroläther, zu verdampfen
und den Rückstand in üblicher Weise zu granulieren. Die Bildung von Gelen, z. B.
des Aluminiumstearats, erfordert stets ein Erhitzen in Gegenwart organischer Lösungsmittel,
welche sich anschließend nur schwer vollständig abdampfen oder abdestillieren lassen.
Wegen der Feuergefährlichkeit des Petroläthers sind bei dieser Arbeitsweise besondere
Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten. Die letzten Reste des Petroläthers sind aus dem
Gel nur schwer entfernbar und können das gewonnene Arzneimittelgranulat geschmacklich
beeinträchtigen.
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Weiterhin ist es bekannt, feste synthetische Harze als Matrize für
Arzneistoffe zu verwenden, aus welchen der Wirkstoff durch Auslaugung oder Diffusion
über einen längeren Zeitraum hinweg freigesetzt werden soll. Die Herstellung der
Zubereitung erfordert ein maschinelles Verpressen des feinverteilten Wirkstoffs
mit dem Harzgranulat, um das Arzneimittel in
die Matrize einzuarbeiten. Bei Einnahme
derartiger Zubereitungen besteht die Gefahr, daß niedermolekulare Polymerisationsanteile
zusammen mit dem Arzneistoff in die umgebende Körperflüssigkeit diffundieren und
resorbiert werden. Da es sich bei diesen Monomeren und Oligomeren um körperfremde
und oft recht reaktionsfähige Stoffe handelt, ist namentlich bei lang andauernder
Verabreichung ein gewisses Risiko nicht auszuschließen. Beim Verpressen von Kunststoffgranulaten,
ebenso wie beim Verpressen von hartem, sprödem Granulat aus Aluminiumstearat, besteht
zudem die Gefahr, daß der Zerkleinerungsgrad sich durch die Anwendung des Preßdrucks
nachträglich verändert. Hierdurch wird die Freigaberate der Zubereitungen beeinflußt.
Wird dagegen das Granulat der erfindungsgemäßen Arzneimittelzubereitung verpreßt,
so bleibt auch nach der Verformung der ursprüngliche Charakter des Granulats erhalten.
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Ein weiterer Vorteil ist darin zu sehen, daß das Verfahren nach der
Erfindung sich durch besondere Einfachheit auszeichnet, zur Herstellung des Granulats
keine organischen Lösungsmittel benötigt und im Gegensatz zu den beiden vorgenannten
Methoden keine Anforderungen an apparative Voraussetzungen stellt. Es ist daher
auch zur Durchführung in Apotheken geeignet.
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Schließlich hat es sich gezeigt, daß erfindungsgemäß hergestellte
Arzneimittelzubereitungen besondere Verträglichkeit aufweisen und die gastrointestinalen
Schleimhäute gegen die Einwirkung reizender Arzneiwirkstoffe schützen. Dies erklärt
sich aus der Tatsache, daß unter dem Einfluß der Körperflüssigkeiten aus der Zubereitung
Dextran austritt, welches an deren Oberfläche eine dickere Schleimschicht bildet.
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Durch diese Schicht, die in dauerndem Auf- und Abbau begriffen ist,
muß der Arzneistoff hindurchdiffundieren. Auch freigesetzte Wirkstoffpartikeln werden
von Dextranschleim begleitet, wodurch Reizungen der Magen- bzw. Darmschleimhaut
offenbar vermieden bzw. reduziert werden.
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Beispiel 4,0 g 3-Piperidino-1-phenyl-1-bicycloheptenyl-propanol-(1)
werden mit 12,0 g Rohdextran (mittleres Molekulargewicht 1 000000 bis 10 000000)
gF pulvert und gemischt. Das Pulver wird in eine Schmelze von Stearylalkohol eingetragen.
Die Mischung wird bis zum Erkalten gerührt und in gerade noch knetbarem Zustand
durch ein Sieb mit 1,5 mm Maschenweite gedrückt. Das Granulat kann durch anschließende
Kühlung bei 0° C weiter verfestigt werden.
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Für die Herstellung von Tabletten wird der Kombination zweckmäßig
ein Sprengmittel wie Stärke in granulierter Form sowie Gleit-und/oder Antiklebemittel,
z. B. Stearin und Talk, zugesetzt. In entsprechender Weise lassen sich Kerne pressen,
die für eine anschließende Dragierung oder zur Herstellung von Manteltabletten geeignet
sind.
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An Stelle des Rohdextrans läßt sich auch ein gereinigtes oder teilweise
hydrolysiertes Dextran mit einem geringeren Molekulargewicht oder klinisches Dextran
(z. B. mittleres Molekulargewicht 60 000 bis 80 000) verwenden.
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Desgleichen kann Stearylalkohol durch andere Fettkörper wie natürliche
und synthetische Fette oder Wachse, feste Fettsäuren und Fettalkohole, Fettsäureester
ein
oder mehrwertiger Alkohole, Lecithin und ähnliche Verbindungen ersetzt werden.
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In entsprechender Weise lassen sich Depot-Formen bekannter Wirkstoffe
wie ß-Cyclohexyl-isopropylmethylamin, ß-(p-Oxyphenyl)-isopropyl-methylamin oder
Dihydrocodein oder deren Mischungen herstellen.